Protokoll der Sitzung vom 07.07.2005

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat am 15. April 2005 den Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die NordLB in den Landtag eingebracht. Gleichzeitig wurde der Antrag zur Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt an den Kapitalmaßnahmen bei der NordLB in Höhe von 150 Millionen € gestellt.

Heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, befassen wir uns abschließend mit diesen beiden Vorgängen. Damit stehen wir am Ende eines langen Verhandlungsprozesses über die Neuausrichtung der NordLB. Während dieser Zeit habe ich mehrfach dem Finanzausschuss und Vertretern aller Fraktionen über den Stand der Abstimmungen zwischen den Trägern der Bank berichtet. Der federführende Finanzausschuss und der Innenausschuss haben sich inzwischen, wie von Frau Dr. Weiher berichtet wurde, mit Mehrheit für eine Zustimmung zu dem Staatsvertrag und zu der Kapitalbeteiligung des Landes ausgesprochen.

Ich möchte mich, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, an dieser Stelle bei allen Fraktionen noch einmal ganz herzlich dafür bedanken, dass die Beratungen in den Ausschüssen zügig und konstruktiv geführt wurden.

Die parlamentarischen Beratungen in Niedersachsen und in Mecklenburg-Vorpommern zu dem Staatsvertrag und zu den Kapitalmaßnahmen bei der NordLB sind bereits abgeschlossen. Mit dem heutigen Tag - zufälligerweise ist heute in Hannover eine Aufsichtsratssitzung, an der ich aus nahe liegenden Gründen nicht teilnehmen kann - wäre damit der gesetzgeberische Vorgang beendet, wenn es zu einem entsprechenden Beschluss des Hohen Hauses kommen sollte.

Der Niedersächsische Landtag hat das Gesetz zu dem neuen Staatsvertrag am 18. Mai 2005 mit Zustimmung aller dortigen Fraktionen beschlossen. Auch die drei Sparkassenverbände in Niedersachsen, in MecklenburgVorpommern und in Sachsen-Anhalt haben mit ihren Gremien das Regelwerk der NordLB und ihre bedeutenden Beiträge zur Kapitalerhöhung mit großer Mehrheit gebilligt. Der Beteiligungsverband der Sparkassen unseres Landes, der SBV, wird sich mit 150 Millionen € an den Kapitalmaßnahmen beteiligen, davon knapp über 100 Millionen € in Form der Umwandlung von stillen Einlagen, der Rest, wenn man so will, „frisches“ Geld.

Die Sparkassen haben damit ihr Bekenntnis zu einer überregional tätigen Landesbank und zu ihrer Trägerschaft nachdrücklich untermauert. Für dieses Engagement möchte ich mich an dieser Stelle auch bei den Sparkassen in Sachsen-Anhalt ausdrücklich bedanken.

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Staatsvertrag ersetzt den geltenden Staatsvertrag über die NordLB vom 22. Mai 2002. Dieser Staatsvertrag war notwendig geworden, um den Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten zum 19. Juli 2005, also in wenigen Tagen, gesetzlich zu verankern.

Anlass für die erneute Änderung des Staatsvertrages ist neben dem Ausscheiden des Landes MecklenburgVorpommern aus dem Trägerkreis der NordLB vor allem das neue Geschäftsmodell der NordLB. Mit dem neuen Geschäftsmodell erhält die Bank für die Zeit nach dem 18. Juli 2005 eine neue wirtschaftliche Ausrichtung. Im Zentrum des neuen Geschäftsmodells stehen dabei die Stärkung des Regionalbankprinzips und die Intensivierung des Verbundes mit den regionalen Sparkassen.

Wir als Regierung begrüßen dies ausdrücklich; ich selbst war an den Verhandlungen beteiligt. Das war ein ganz wesentliches Element der neuen geschäftspolitischen Ausrichtung.

Grundlage für diese Ausrichtung sind Anpassungen des Staatsvertrages und eine Stärkung der Kapitalbasis der Bank. Beide Teile dieses Maßnahmenpakets gehören untrennbar zusammen. Ohne eine finanzielle Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt und seiner Sparkassen an den Kapitalmaßnahmen bei der NordLB wäre dieses Gesamtpaket zweifellos nicht möglich gewesen. Die Bank - ich sage, ganz klar, dass sie unsere wichtigste Landesbeteiligung ist - wäre ohne Zweifel in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und vielleicht sogar eines Tages sogar in ihrem Bestand gefährdet gewesen.

Mit unserem Engagement holen wir im Übrigen nur nach, was alle anderen Träger durch die Zeichnung stiller Einlagen in den vergangenen Jahren bereits geleistet haben. Richtig ist, dass wir dazu unsere Kreditaufnahme erhöhen müssen. Die Bank hat allerdings erklärt, dass sie im Rahmen des neuen Geschäftsmodells das insgesamt eingebrachte Kapital so auskömmlich durch Ausschüttungen bedienen wird, dass zukünftig Belastungen der laufenden Haushalte im Ergebnis nicht entstehen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der neue Staatsvertrag wurde gegenüber dem geltenden Staatsvertrag deutlich verschlankt. Er regelt nur noch das, was unbedingt einer gesetzlichen Reglung bedarf. Insbesondere die Vorschriften zum Stammkapital und zu den Organen der Bank wurden deutlich reduziert. Die Detailregelungen wurden in die Satzung der Bank überführt.

Mit dieser Verschlankung wird vor allem die Abhängigkeit vom Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern auf ein unvermeidbares Maß reduziert. Mecklenburg-Vorpommern bleibt ja Mitunterzeichner des Staatsvertrages, weil der dortige Sparkassenbeteiligungsverband drin bleibt. Das bedeutet, dass bei einer Staatsvertragsänderung auch die Einwilligung Mecklenburg-Vorpommerns eingeholt werden muss, obwohl es als Land nicht mehr Träger der Bank ist.

Meine Damen und Herren! Der Staatsvertrag sieht vor, dass die Bank besondere wirtschaftliche und finanzpolitische Aufgaben nur noch in Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt übernehmen kann. Auch einen Förderauftrag hat sie nur noch in diesen beiden Trägerländern. Das Landesförderinstitut in Mecklenburg-Vorpommern darf die Bank nur noch zu marktkonformen Bedingungen fortführen. Über deren Ausgestaltung werden

sich die Träger nach In-Kraft-Treten des Staatsvertrages, dann also ohne Mecklenburg-Vorpommern, verständigen. Schwerin als Sitz der Bank entfällt.

Meine Damen und Herren! In den Beratungen der Ausschüsse wurden insbesondere der Fortbestand des öffentlichen Auftrags der Bank und die im Staatsvertrag neu geschaffene Möglichkeit einer Umwandlung der Bank in eine Aktiengesellschaft intensiv erörtert. Lassen Sie mich dazu zwei kurze Bemerkungen machen.

Der öffentliche Auftrag der Bank bleibt auch zukünftig erhalten. Lediglich in den Formulierungen musste im Zusammenhang mit der anstehenden Kapitalerhöhung dem wettbewerbspolitischen Regelwerk der EU-Kommission Rechnung getragen werden.

Die Umwandlung der Bank in eine AG steht derzeit nicht zur Debatte. Alle Träger haben sich nachdrücklich zur Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt bekannt. Die Vorschrift wurde aufgenommen, um zukünftig auf alle marktmäßigen Veränderungen relativ rasch reagieren zu können. Vor allem aber wurde sie aufgenommen, um eine für diesen Fall ansonsten notwendige Beteiligung des Parlaments in Mecklenburg-Vorpommern zu vermeiden.

Hinsichtlich des Vermögenswertes NordLB bleiben die Beteiligungsrechte des Parlaments - das ist mir sehr wichtig - gemäß Artikel 92 der Landesverfassung in jedem Fall unberührt.

Parallel zum In-Kraft-Treten des neuen Staatsvertrages wird die Trägerversammlung der NordLB die neue Satzung beschließen. Im Rahmen der parlamentarischen Beratung des Staatsvertrages haben wir Ihnen diesen Teil des Regelwerks der NordLB ebenfalls zur Kenntnis gegeben.

Hinsichtlich der Satzung ist hervorzuheben, dass es uns gelungen ist, trotz der notwendigen Einführung des Kapitalstimmrechts in der Trägerversammlung wichtige Minderheitenrechte für Sachsen-Anhalt und die kleineren Sparkassenverbände SBV und SZV, also für den sachsen-anhaltischen und für den Mecklenburg-Vorpommer’schen, zu sichern.

Ohne die Zustimmung von mindestens zweien dieser Träger können insbesondere die Grundsätze der Geschäftspolitik, die Vorschriften der Satzung, die Beteiligungsverhältnisse, die Zahl der Träger und die Rechtsform nicht geändert werden. Also zwei kleine Träger müssen nicht die Sparkassenverbände sein. Aber insofern sind die Minderheitenrechte gesichert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel der Landesregierung ist es, auch nach dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung am 19. Juli 2005 ein leistungs- und wettbewerbsfähiges öffentlich-rechtliches Kreditwesen in Sachsen-Anhalt zu erhalten. Dazu gehört neben den Sparkassen die NordLB als Landesbank, die übrigens auch der Träger der Investitionsbank ist, die eine Anstalt in der Anstalt ist. Die NordLB ist mit den Sparkassen der wichtigste Pfeiler der Versorgung der mittelständischen Wirtschaft mit kreditwirtschaftlichen Leistungen in unserem Land. Die Sparkassen und die NordLB haben zusammen einen Marktanteil von 55 %.

Herr Präsident, ich bitte noch um eine Minute Redezeit, wenn Sie so freundlich wären. - Danke schön.

Zugleich ist die NordLB der Träger der Investitionsbank; ich habe es gesagt. Dieses Institut arbeitete in der kur

zen Zeit seines Bestehens außerordentlich erfolgreich und ist zu einem wichtigen Pfeiler der Kreditversorgung geworden. Die Investitionsbank in der NordLB unterstützt die Landesregierung nachhaltig bei der Umsetzung der Förderpolitik, insbesondere bei der Mittelstandsförderung, und hat sich in diesem Bereich fest etabliert.

Auch die Sparkassen sind gut aufgestellt und werden im Rahmen der Kreisgebietsreform zukunftsfähige Größenstrukturen erhalten. Durch den Abschluss von Verbundvereinbarungen der Sparkassen mit der NordLB - auch dies ist ein Verhandlungsergebnis der Träger der Bank - wird die Zusammenarbeit zum Vorteil für beide Seiten intensiviert.

Meine Damen und Herren! Wir wollen für Sachsen-Anhalt eine Landesbank, die sich für die Interessen des Landes Sachsen-Anhalts nachhaltig engagiert. Der Vorstand der NordLB hat zugesagt, die Kundenbetreuung in der mittelständischen Wirtschaft, die Kommunikation mit Landes- und Kommunalpolitikern sowie im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Bank die Förderung gemeinnütziger Projekte zu intensivieren und deutlicher sichtbar zu machen.

Dafür habe ich mich in den Verhandlungen immer wieder nachdrücklich eingesetzt und werde dies in einem Schreiben an den Vorstandsvorsitzenden der Bank nach dem Landtagsbeschluss noch einmal bekräftigen. Auch ein Teil des vorgelegten Entschließungsantrags mit den Ergänzungen, die die Fraktionen der CDU und der FDP vorschlagen, geht in diese Richtung. Ich glaube, diesbezüglich herrscht Einigkeit.

Unser Ziel ist es, die NordLB in die Lage zu versetzen, sich auch ohne Anstaltslast und Gewährträgerhaftung an den Kapitalmärkten günstig zu refinanzieren. Gemeinsam mit unseren Sparkassen wollen wir, dass die Investoren an den Märkten auch zukünftig Vertrauen in die NordLB setzen.

Dass wir dabei auf dem richtigen Weg sind, hat sich bereits in der jüngsten Bewertung durch die Rating-Agentur Moody’s gezeigt, die der Bank ein exzellentes Aa3 gegeben hat. Das ist im nationalen und internationalen Vergleich eine sehr gute Bewertung. Das ist ein gutes Signal.

Ich hoffe und wünsche mir, dass der Landtag diesem guten Signal heute noch ein gutes, ein starkes Signal hinzufügen wird, indem er den Weg für diese Kapitalerhöhung und diesen Staatsvertrag frei machen wird.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss ein persönliches Wort zu diesem schwierigen Projekt sagen. Ich glaube, dass die NordLB mit dieser Kapitalerhöhung und mit dem neuen Staatsvertrag zu dem wird, was viele in diesem Land schon seit längerer Zeit wünschen, nämlich eine Landesbank für SachsenAnhalt, auch in dem Bewusstsein der Mittelständler in diesem Land. Diesbezüglich gab es in der Vergangenheit vielleicht noch das eine oder andere Defizit. Aber ich glaube, dass der gesamte verantwortungsvolle Prozess, den wir hiermit eingeleitet haben, nachdrücklich dazu beiträgt, diese reale oder auch Bewusstseinslücke ein Stück weit zu schließen.

Ich sage mit Blick in andere Länder ganz klar, dass wir mit dem Einstieg in die NordLB in den frühen 90erJahren eine kluge Entscheidung getroffen haben. Das zeigt sich immer mehr auch im Wettbewerb der Landes

bank in diesem schwierigen Prozess der Anpassung an die globalisierten Kreditbedingungen.

Ich darf Sie im Interesse des Mittelstands dieses Landes und einer längerfristigen vernünftigen Perspektive auf den Kreditmärkten auch mit Blick auf das abnehmende Volumen der Fördertöpfe, dem wir uns auf der Ebene der EU und aufgrund der finanzpolitischen Sparmaßnahmen in Deutschland gegenübersehen, wirklich darum bitten, kreditpolitisch den Weg frei zu machen. Ich wünsche mir, dass wir auf breitestmöglicher Basis einen Konsens erreichen; denn es ist ein wichtiges Signal in unser Nachbarland, dass wir uns mit der NordLB identifizieren und von der NordLB langfristig eine Menge für dieses Land erwarten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Paqué. Aus der einen Minute sind allerdings fünf Minuten geworden.

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Ich entschuldige mich!)

Die Debatte beginnt mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Es spricht Frau Krimhild Fischer. Bitte schön.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Die Zukunft der NordLB wird durch die SPDFraktion nicht infrage gestellt. Wir wissen, dass sich für alle Landesbanken und somit auch für die NordLB infolge des Wegfalls der Staatsgarantien zukünftig spezielle Herausforderungen ergeben.

Anstaltslast und Gewährträgerhaftung haben der NordLB über damit verbundene gute Ratings bisher eine gute Refinanzierungsbasis ermöglicht. Diese Basis entfällt durch Entscheidungen der EU zum Wettbewerbsrecht ab Mitte dieses Monats.

Künftig wird das Rating stärker von der Rentabilität und der Unterlegung des Marktrisikos mit Eigenmitteln in ausreichender Höhe bestimmt. Das bedeutet aber auch, dass damit erhebliche Risiken verbunden sind. Die Diskussionen in den vergangenen Wochen im Finanzausschuss und in der Fraktion haben dies sehr deutlich gemacht. Ich kann Ihnen sagen, es war nicht einfach.

Damit die notwendigen Anforderungen an ein A-Rating erfüllt werden, ist es notwendig, die von den Trägern gezeichneten stillen Einlagen in Stammkapital umzuwandeln und zusätzlich das Kernkapital zu erhöhen. Für Sachsen-Anhalt handelt es sich hierbei um 150 Millionen €.

Wir erwarten, dass infolge der im Staatsvertrag genannten Maßnahmen das Rating der NordLB erhalten und gesichert werden kann. Damit wird auch ein Beitrag zur Stärkung der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt geleistet. Uns ist versichert worden, dass der faire Umgang zwischen den öffentlich-rechtlichen Sparkassen und den Banken mit den kleinen und mittelständischen Unternehmen aufrechterhalten bleibt und die Zusammenarbeit sogar verstärkt wird. Das begrüßen wir.

Wir wissen, dass Sachsen-Anhalt eine starke Landesbank braucht. Es gab bei uns durchaus andere Vorstellungen davon, wie dieses Ziel erreichbar wäre. Nachdem

die Verhandlungen nun so gelaufen sind, lautet das Ergebnis: Wir werden dem Staatsvertrag unsere Zustimmung geben. Wir wollen mit unserer Zustimmung dafür sorgen, dass die NordLB unter den veränderten Bedingungen eine gute Ausgangsbasis einnimmt und damit als Landesbank eine Zukunft hat.

Jeder weiß, dass wir bezüglich der daraus folgenden Kapitalerhöhung andere Vorstellungen hatten. Jetzt stehen wir nur vor der Frage, ob unser Abstimmungsverhalten die NordLB beim zukünftigen Rating stärkt oder gegebenenfalls schwächt. Unter diesem Aspekt sind wir natürlich für eine Stärkung.

Wir werden trotz aller aufgrund der Verschuldung unseres Landes bestehenden Bedenken dem durchaus problematischen Vorschlag der Landesregierung zustimmen. Wir stimmen also dem Antrag der Landesregierung zu. Dem Entschließungsantrag stimmen wir ebenfalls zu; wir schließen dabei den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP mit ein. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)