Protokoll der Sitzung vom 08.07.2005

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es gegen ein Vorhaben der Landesregierung jemals einen solchen breiten Widerstand gegeben hat wie gegen die geplante Forststrukturreform.

(Herr Gürth, CDU: Wie oft die gegen Rot-Rot demonstriert haben, war unglaublich!)

Es mag ja verzeihlich sein, sich zu irren. Aber diesen Weg unbeirrt weiter zu gehen, setzt schon ein Höchstmaß an Ignoranz voraus.

Die Landesregierung hat sich nicht gescheut, im Interesse ihrer Vorstellungen Arbeitsgruppen zu bilden und deren Ergebnisse ins Leere laufen zu lassen. Da nützt es auch nichts, dass Frau Wernicke heute in der „Volkstimme“ feststellt - ich zitiere -:

„Ich war beeindruckt, mit wie viel Engagement und Sachverstand sich Forstleute beteiligt haben. Die Ergebnisse werden in der Detailkonzeption zusammengefasst, die wir regelmäßig in der Regierung beraten und dann verabschieden werden.“

Ich habe das Gefühl, es waren andere Veranstaltungen. Die Landesregierung hat hiermit einfach nur AlibiArbeitsgruppen geschaffen; denn sie ließ die Arbeitsgruppen ins Leere laufen und zur Farce werden.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Herr Gürth, CDU: Das war ein schwacher Applaus!)

Aus der Sicht der Personalvertretung hat sie die Arbeit in den Arbeitsgruppen ignoriert und sie, wie gesagt, nur als Alibi-Einrichtungen eingesetzt. Aus diesem Grund teilte der Gesamtpersonalrat gestern in einem offenen Informationsbrief mit, dass er aus allen Arbeitsgruppen zurücktritt und auch nicht mehr an den Sitzungen der Lenkungsgruppe teilnehmen wird.

(Zuruf von der PDS: Hört, hört!)

Zur Begründung nenne ich ein Zitat zu diesem Brief. Dort heißt es:

„Der Gesamtpersonalrat des Landesforstbetriebes ist kein Feigenblatt für politische Entscheidungen. Was mit dieser Kabinettsvorlage beabsichtigt und umgesetzt werden soll, ist mit dem Gesamtpersonalrat nicht zu machen.“

Ich kann mich dem nur anschließen.

Meine Damen und Herren! Was ist uns der Wald überhaupt wert? Wir haben in den letzten Jahren erleben müssen, dass der Wald erheblich unter dem Wert verhökert wurde. Maßgebend für den Preis ist dabei immer die derzeitige Situation auf dem Holzmarkt.

Bäume aber haben bis zum Holzeinschlag eine Wachstumszeit von zum Teil weit mehr als 100 Jahren. Allen ist bewusst, dass sich der Wert des Waldes in den nächsten Jahrzehnten erheblich steigern wird, da mit einem weiteren Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise zu rechnen ist. Der Wald ist insofern nicht nur eine sichere, sondern langfristig auch eine lukrative Kapitalanlage, zumal Deutschland europaweit einen der größten Holzvorräte hat.

Um dieser hohen Verantwortung gerecht zu werden, darf man den Bogen bei der Personalausstattung nicht überspannen. Der Waldschutz bedarf einer sehr fürsorglichen Waldbeobachtung, und die, meine Damen und Herren, ist nach der Einschätzung von Experten bei einer Reviergröße von ca. 3 000 ha nicht mehr gegeben.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Der heute zur Debatte stehende Gesetzentwurf ist für mich insofern der Ausdruck einer Geringschätzung gegenüber den Wohlfahrtswirkungen des Waldes. Mit dieser rein auf finanzpolitische Gesichtspunkte ausgerichteten Kahlschlagpolitik werden wir die Zukunft nicht gewinnen.

Wir brauchen Prioritäten. Die Gemeinwohlfunktionen des öffentlichen Waldes müssen einfach Vorrang vor den Nutzfunktionen haben. Die verantwortliche Fürsorge für unseren Wald hat für mich eine hohe Priorität; denn den Wald wollen und müssen wir intakt an kommende Generationen weitergeben.

Nun zu einigen Details des vorgelegten Gesetzentwurfs. Ich fasse mich ganz kurz.

(Herr Gürth, CDU: Sehr gut!)

Das Einheitsforstamt abzuschaffen, ohne den Zusammenhang mit der Gebietsreform zu sehen, ist einfach ein Zeichen von Konzeptlosigkeit in der gesamten Landesregierung. Ohne Absprache verschiedene Reformen durchzuführen, ist einfach unverantwortlich.

Unter Abschnitt B - Lösung - wird unter Buchstabe a ausgeführt, dass der Wirtschaftsbetrieb vorerst als LHOBetrieb weitergeführt werde. Was das heißt, dürfte jedem klar sein: Hierbei geht es um eine Übergangslösung. Nachdem man gemerkt hat, dass die AG zurzeit nicht durchsetzbar ist, will man offensichtlich in Etappen zum Ziel gelangen.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass mit der Streichung von § 26 Abs. 3 ein Weg bereitet wird, sich von bisher durch die Forstbehörden wahrgenommenen Aufgaben zu trennen.

Die SPD-Fraktion lehnt den Gesetzentwurf ab. Wir haben im Jahr 2002 mit der Gründung des Landesforstbetriebes trotz lauter Proteste auch vonseiten der CDU und der FDP neue Strukturen geschaffen. Diese Reform hat sich als richtig und effizient erwiesen. Bauen Sie darauf auf und zerschlagen Sie nicht unnötig Bewährtes!

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Hajek. - Nun ist die CDU-Fraktion an der Reihe. Es spricht Herr Daldrup.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss sich schon manchmal wundern, worüber hier debattiert wird. Es wird versucht, alles gegen alles auszuspielen, fern jeder Sachlichkeit, jeder Fachlichkeit. Ich kann es eigentlich schon gar nicht mehr verstehen.

Es ist doch nicht so, dass jetzt mit dieser Reform die im Landeswaldgesetz, in der Leitlinie Wald festgelegten Waldziele beseitigt oder verändert würden. Das bleibt alles bestehen. Inhaltlich, sachlich, fachlich bleibt doch alles bestehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Insofern sind die Aufgaben die gleichen. Jetzt zu sagen, der Wald werde damit übernutzt oder kaputtgemacht oder sonst irgendwie seiner Funktion entledigt, das stimmt doch nicht. Das ist doch nicht wahr. Ziel der Reform ist vielmehr die Stärkung des Landesforstbetriebs,

(Zuruf von Herrn Oleikiewitz, SPD)

auch vor dem Hintergrund der Entwicklung des ländlichen Raums; Jürgen Stadelmann hat es gesagt.

Gerade vor wenigen Tagen hat die EU die Leitlinien festgelegt. Darin steht unter anderem auch: Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft im ländlichen Raum. - Wir sind ein Land mit starker Forstwirtschaft und wir wollen mit der Forstwirtschaft und mit der Holzindustrie auch Cluster sein. Wir können nicht Projekte und Strukturen des 20. Jahrhunderts für die zukünftigen Aufgaben des 21. Jahrhunderts belassen. Das ist ganz klar. Dazu braucht man eine neue Struktur, dazu braucht man zukunftsfähige Strukturen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir wollten die Trennung von Hoheit und Wirtschaft. Das ist eine Frage der Zukunftsfähigkeit. Das halten wir für richtig, damit klar wird, wo welche Aufgaben hingehören, wo sie anfallen, wo sie bezahlt werden und wo sie auch verbucht werden müssen.

Wir wollen aber auch eine Reform der Verwaltung, denn wir brauchen auch effizientere, schlankere Strukturen. Das alles wird mit diesem Konzept erreicht. Ich kann nicht erkennen, wo das nicht erreicht wird. Und wir wollen natürlich eine Kostensenkung. Wir wollen eine Kostensenkung innerhalb der Forstverwaltung.

(Herr Czeke, PDS: Die kommt doch nicht!)

- Die kommt sehr wohl.

(Herr Czeke, PDS: Ohne Entlassungen?)

- Jawohl, ohne Entlassungen. - Die kommt sehr wohl, weil die Argumentation, die hier ständig wiederholt wird, dass es nur eine Umsetzung von Personal sei, falsch ist.

Es ist eine Umsetzung von Personal auf Posten, die vakant sind. Dadurch gibt es sehr wohl eine Kosteneinsparung auch beim Personal. Darüber muss man doch nicht lange diskutieren. Das ist doch einfach so. Von dieser Seite aus gesehen ist auch die Personalumstrukturierung absolut richtig und absolut im richtigen Maße.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie müssen mir einmal erklären, wo es in der Wirtschaft oder in anderen Bereichen Maßnahmen gibt, die in dieser Form ohne Personaleinsparungen durchgeführt werden, wo die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, tatsächlich eine sinnvolle neue Aufgabe, eine andere Aufgabe zu bekommen. Das gibt es fast nirgendwo. Das ist eine große Leistung auch dieser Landesregierung, das so hinzubekommen.

(Zustimmung von Herrn Gürth, CDU)

Ausdrücklich nicht gewollt mit dieser Reform ist eine Veränderung der Funktionalität des Waldes; ich sagte es bereits vorhin.

Es ist vor allem auch keine Reform, die nur auf Kosten der Beschäftigten geht. Dass es auch Härten geben wird, das ist klar. Aber es wird aus meiner Sicht in dem jetzt vorgelegten Konzept darauf geachtet, dass alle Beschäftigten und alle Betroffenen, alle Beteiligten sich in den Prozess einbringen können. Ich kann auch nicht so ganz verstehen, warum man sich dem entzieht. Ich finde, dass es seitens der Landesregierung sehr wohl ausreichende und umfängliche Bemühungen gibt, alle in den Prozess mit einzubeziehen, sodass sich alle auch vertreten fühlen können.

Wir wollen im Ergebnis am Ende natürlich keinen Verkauf von Landeswald. Das ist auch klar. Wenn wir alles so belassen würden, wie es ist, wäre wahrscheinlich irgendwann der Druck auf den Haushalt so groß, dass wir auch diese Frage diskutieren müssten. Wir wollen das ausdrücklich nicht.

Die Privatwaldbesitzer sind eigentlich diejenigen, die am wenigsten von der Reform betroffen sind; denn sie behalten ihre Leistung und sie behalten auch die Ansprechpartner, die vor Ort sind. Da besteht offensichtlich ein Missverständnis, wenn gesagt wird, dass jetzt alles nur noch weit weg geschehe. Die Beratung der Privatwaldbesitzer wird weiterhin vor Ort möglich sein und sie wird auch über die entsprechenden Ansprechpartner vor Ort gegeben sein.

Wenn man sich die Reaktion der Verbände betrachtet, ist das alles gar nicht so dramatisch, wie Sie uns das zu erklären versuchen. Die Welt ist offensichtlich draußen viel weiter, als es Teile des Parlaments glauben hier darstellen zu müssen.

Zum Abschluss will ich sagen: Wir haben mit dieser Strukturreform eine Reform, die uns zukunftsfähig macht, die uns wettbewerbsfähig macht und die, wenn sie umgesetzt ist - ich bin davon überzeugt, dass wir sie so umsetzen können -, beispielgebend für eine Landesforstverwaltung und für die Bewirtschaftung von Landeswald sein wird. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)