Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

denn es könnten dann morgen in diesem Hohen Haus Parteien auftreten, die auf der Tribüne sitzen und noch anderes Material hier herunterwerfen. Es kann nicht im Interesse dieses Hauses sein, dass wir das unwidersprochen hinnehmen. Wir haben hier schon viele Diskussionen erlebt. Wenn wir als Demokraten zusammen

stehen, dann haben wir die Verpflichtung, dem von Anfang an Einhalt zu gebieten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP und von der Regierungsbank)

Jetzt hat der Vorsitzende der FDP-Fraktion Herr Wolpert um das Wort gebeten und danach der Vorsitzende der Fraktion der Linkspartei.

Bevor ich Herrn Wolpert das Wort erteile, möchte ich auf die Kritik von Herrn Minister Daehre an meiner Person sofort reagieren. Ich bin davon ausgegangen, dass nicht jeder, der auf der Tribüne sitzt, unsere Geschäftsordnung und die Hausordnung kennt. Darauf habe ich hingewiesen und das Verhalten kritisiert. Es ist nicht wiederholt passiert, sodass ich weitere Schritte nicht habe ergreifen müssen. Wenn das jetzt von Ihnen kritisiert wird, dann nehme ich das zur Kenntnis. Ich meine, es war angemessen, wie ich reagiert habe.

Herr Wolpert, Sie haben das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin. - Herr Abgeordneter Czeke, der Beginn Ihrer Rede war indiskutabel. Indiskutabel ist aber auch, was wir jetzt erlebt haben, der Beginn Ihrer Rede und zum wiederholten Male vonseiten der Zuschauerränge Beifallsbekundungen dazu. Diese blieben ungerügt.

Ich bin der Meinung, dass wir darauf achten sollten, dass wir in diesem Hohen Haus miteinander fair umgehen, die notwendige Sachlichkeit beachten. Ein bisschen Polemik kann schon einmal sein, aber beleidigende Äußerungen sollte man weglassen. Man sollte auch nicht bei solchen emotionsgeladenen Themen die Zuschauer dazu provozieren, sich in diesem Haus noch weiter in einer nicht angemessenen Weise zu benehmen.

Ich fordere Sie auf, Herr Czeke, sich von Ihrer eingangs gemachten Bemerkung zu distanzieren und sich zu entschuldigen. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Wolpert. - Für die Linkspartei spricht der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert.

Ich kann und will als Fraktionsvorsitzender in dieser Situation kein Votum darüber abgeben, wie die Rede von Herrn Czeke, die von Ihnen jetzt so kritisiert worden ist, aus unserer Sicht zu benoten wäre. Ich hätte diese Bemerkung auf keinen Fall in diesem Hohen Haus gebrauchen wollen. Ich denke, es ist auch nicht gut, dass so etwas hier passiert.

Ob das nun die substanziellste, größte und wichtigste Entgleisung in den vergangenen 15 Jahren in diesem Landtag gewesen ist, das mag ich bezweifeln, darüber könnte man lange diskutieren, Herr Daehre. Das würde es im Endeffekt nicht besser machen, wenn es andere auch schon getan haben.

Ich will aber zumindest auf eines hinweisen, wenn es um die Reaktion derjenigen geht, die hier heute auf der Zu

schauertribüne sitzen, die sich nicht an die Geschäftsordnung gehalten haben, die sie möglicherweise in dieser Art und Weise auch nicht kennen: Das, worüber hier diskutiert wird, ist für diese Menschen von existenzieller Bedeutung. Wie diese Sache diskutiert worden ist in den Ausschüssen, mit den Betroffenen, ist eine Geschichte von Verletzungen, die uns auch in den Landtagsausschüssen erreicht hat.

(Zustimmung von Herrn Krause, Linkspartei.PDS, und von Frau Dr. Klein, Linkspartei.PDS - Zuruf von Frau Feußner, CDU)

- Jetzt hören Sie doch einfach einmal zu. Das habe ich eben bei den anderen Vertretern doch auch getan.

Sehr wohl empfinden auch Mitglieder unserer Fraktion die Art und Weise der Diskussion über dieses Waldgesetz, insbesondere auch die Frage, welche Materialien und anderen Dinge uns in den Ausschüssen zugänglich gemacht worden sind, als eine Verletzung ihrer parlamentarischen Rechte. Auch das darf ich jetzt hier sagen.

Sehr wohl empfinden sehr viele Menschen, die von dieser Reform betroffen sind, diese Reform als eine existenzielle Bedrohung. Wenn wir uns heute über die Worte von Herrn Czeke so äußern und uns von diesen distanzieren, dann will ich zumindest darauf aufmerksam machen, dass es Menschen gibt, die in diesem Zusammenhang, bei dieser Reform viel existenzieller betroffen sind als all diejenigen, die jetzt hier darüber diskutieren. - Danke.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS - Herr Gürth, CDU: Distanzieren Sie sich jetzt davon oder nicht? Ist das jetzt der übliche Sprach- gebrauch der PDS?)

Herr Bischoff, Sie haben das Wort. Danach hat sich Herr Czeke gemeldet.

Da unser Fraktionsvorsitzender nicht anwesend ist, kann ich das nur als Intervention machen. Ich möchte nicht, dass unser Nichtssagen so gewertet werden würde, dass wir dazu nicht Stellung nehmen wollten.

Die SPD-Fraktion findet die Äußerung von Herrn Czeke nicht in Ordnung. Sie ist beleidigend. Unsere Fraktion weist das zurück.

Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, dass Frau Wernicke selbst gesagt hat, sie könne die Emotionen der Menschen verstehen. Ich denke, wir sollten, auch wenn wir die Geschäftsordnung einhalten und den Verstoß zu Recht gerügt haben, dafür Verständnis haben, dass Menschen, die sich zu diesem Thema äußern, auch ihre Emotionen zum Ausdruck bringen. Ich will es nicht schönreden, aber man sollte es nicht hochpuschen.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Czeke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, es wäre jetzt zu einfach, das auf die Emotionen zu schieben. Aber Herr Scharf hat mich da

hin gehend bestärkt, dass mir die Tragweite meiner Aussage und das Beispiel Frankreich in jenem Moment nicht bewusst waren. Ich bedauere das und nehme den Satz zurück. Ich wollte Frau Wernicke persönlich auch nicht verletzen. Dazu haben wir viel zu lange als Kollegen persönlich zusammengearbeitet. Dem Haus Schaden zuzufügen, war nicht meine Absicht. Das bedauere ich.

(Beifall bei allen Fraktionen und von der Regie- rungsbank)

Das Haus hat Ihre Entschuldigung zur Kenntnis genommen. - Wir setzen jetzt die Debatte fort. Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Daldrup.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dem Redebeitrag von Herrn Czeke waren einige Äußerungen sachlicher und fachlicher Art enthalten, die nicht ganz richtig sind. Das Erste ist, es hat nicht nur eine Abstimmung mit dem Ergebnis 7 : 0 : 0 gegeben, sondern es hat in der letzten Ausschusssitzung eine Abstimmung mit dem Ergebnis 6 : 4 : 0 gegeben, an der Sie als Fraktion der Linkspartei.PDS teilgenommen haben. Insofern ist diese Aussage nicht ganz korrekt.

Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass man sich, wenn man Einfluss nehmen will, an der Diskussion und deren Inhalten beteiligen und auch entsprechende Anträge einbringen muss. Das ist nicht geschehen.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu, Herr Daldrup?

Im Moment nicht. - Die Frage ist aber eigentlich eine andere. Es stellt sich die Frage, warum das eigentlich passiert und warum diese Gesetzesinitiative überhaupt entstanden ist. Wer sich die Finanzplanung und die Finanzaussichten dieses Landes für die nächsten Jahre ansieht, der muss doch erkennen, dass dieses Land versuchen muss, jeden Euro so zu investieren, dass er möglichst wirksam für Wirtschaft, für Arbeit und für Beschäftigung ausgegeben wird.

Wer weiß, woraus sich diese Entwicklung ergibt, der weiß, dass wir auch im Bereich der Forstverwaltung, der sehr zuschussbedürftig ist, definitiv Reformbedarf haben. Wir haben gesagt, wir wollen erst einmal Transparenz hineinbringen, das heißt, wir wollen die Waldbewirtschaftung von der Hoheit trennen, die Bewirtschaftung des Landeswaldes effektiv machen und so gestalten, dass sie zumindest eine schwarze Null schreiben kann. Das ist mit dieser Forstreform durchgesetzt worden. Es ist möglich; davon sind wir überzeugt.

Auf der anderen Seite wollen wir aber auch Transparenz haben, eine Transparenz in den Aufgaben. Das heißt nichts anderes, als deutlich zu machen, welchem Haushaltstitel was zugewiesen wird. Deswegen haben wir jetzt die Betreuung, die Beratung, den Bereich Waldpädagogik und weitere Dinge so gestaltet, dass sie auch für die Parlamentarier transparent sind und klar wird, wo welche Kosten entstehen. Das ist, glaube ich, ein Fortschritt, den wir bislang nicht hatten.

Im Übrigen ist das auch für die Bediensteten des Forstes sehr vorteilhaft, weil sie jetzt nicht mehr mit dem Vorwurf

belastet werden können, sie könnten nicht ordentlich wirtschaften. Sie können jetzt sagen, dass sie gute Förster und gute Waldbewirtschafter sind und den Wald so bewirtschaften können, dass er kostendeckend ist.

Es gibt weitere Dinge, die eine Strukturveränderung notwendig machen. Ich möchte zwei Beispiele nennen. Das ist zum einen die Holzvermarktung und zum anderen die Betreuung. Beide Bereiche sind mit kartellrechtlichen Verfahren bedroht, die darauf hinauslaufen, dass das, was wir bislang gemacht haben, in Zukunft wahrscheinlich so nicht mehr gemacht werden kann.

Wenn man das weiß, muss man fragen, was zu tun ist. Ich hatte es bereits andeutungsweise gesagt. Es ist wichtig, dass wir eine Trennung von Waldbewirtschaftung und Hoheit und eine Aufgabenteilung in die entsprechenden Landesbehörden vornehmen.

Der Landesforstbetrieb wird seine Ausrichtung den Marktgegebenheiten anpassen müssen. Wir werden aber auch die Privatwaldbetreuung an die veränderten Rahmenbedingungen konsequent anpassen. Ich glaube, gerade der Privatwald kann von dieser Forststrukturreform profitieren. Denn der Privatwald bekommt nun eine spezialisierte Truppe zur Verfügung gestellt, die ihn betreut, und zwar nur ihn. Wir werden versuchen, die besten Leute dort einzusetzen, zur Rohholzmobilisierung, zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, aber auch zur Verbesserung der Strukturen der Forstbetriebsgemeinschaften.

Am Ende wird eine deutliche Verbesserung des Ergebnisses des Privatwaldes stehen. Am Ende wird eine deutliche Verbesserung der Möglichkeiten stehen, unser Potenzial in Sachsen-Anhalt zu nutzen. Das ist dringend erforderlich. Denn wir sind das Land - das hat die Ministerin richtig gesagt - mit den höchsten Investitionen in der Holzverarbeitung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir möglichst viele dieser guten Verarbeitungsbetriebe und einen möglichst hohen Anteil an der Wertschöpfung im Land behalten, indem wir ausreichend Rohstoffe anliefern.

Es stellt sich die Frage, wie sich die Forststrukturreform auf den Bereich Finanzen auswirken wird. Dazu ist heute schon einiges gesagt worden. Es wird am Ende eine deutliche Reduzierung des Zuschusses herauskommen und wir werden eine kostendeckende Bewirtschaftung ermöglichen.

Das alles geschieht unter der Prämisse, dass das, was in der Leitlinie Wald und im Waldgesetz steht, nicht verändert wird. Die inhaltlichen Vorgaben in diesem Land werden sich also nicht verändern. Diese sind weiterhin die zwingende Voraussetzung für die Waldbewirtschaftung. Ich sage, das, was wir vorhaben, ist mit dem Personal, das dann in diesen Bereichen eingesetzt wird, technisch und organisatorisch möglich.

Natürlich wird es auch so sein, dass sich im Privatwald die Eigenverantwortung verstärkt. Es gibt eine ganze Reihe von Forstbetriebsgemeinschaften und Bereiche, in denen die Betreuung so gut ist - sie wird es auch in Zukunft bleiben -, dass man sich sozusagen auf seinen Förster verlässt, indem man sagt: Bis jetzt ist alles so gemacht worden, mach mal schön weiter, das ist eine feine Sache, darum brauchen wir uns nicht groß zu kümmern, es läuft alles.

Nein, in Zukunft wird die Forstbetriebsgemeinschaft als Eigentümergemeinschaft wieder einen höheren Stellen

wert bekommen. Auch die Eigenverantwortung des Eigentums wird eine bedeutendere Rolle spielen. Das müsste eigentlich auch im Sinne der Fraktion der Linkspartei.PDS sein,

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

da sie die Sozialpflichtigkeit des Eigentums und dergleichen immer so vehement einfordert.

Der letzte Punkt - das ist der Knackpunkt; darum hat sich der Beitrag von Herrn Czeke im Wesentlichen gedreht - betrifft die Frage des Personals und den Umgang mit den Beschäftigten und den Betroffenen. Ich sage ganz bewusst: den Betroffenen. Natürlich sind sie betroffen; das ist doch klar. Wenn man eine Veränderung vornimmt, sind die Menschen davon betroffen.

Die Frage ist nur: Ist es zumutbar, wenn in diesem Lande gesagt wird, jawohl, wir machen eine Strukturveränderung, wir entlassen niemanden, wir geben dem Betroffenen eine neue Aufgabe, wir geben ihm eine Aufgabe, in der er sich auch bewähren kann? Ist das zumutbar oder nicht? - Dazu sage ich eindeutig: Meiner Meinung nach ist das zumutbar, weil in diesem Land anderen Menschen, anderen Beschäftigten ganz etwas anderes zugemutet wird als das, was jetzt in diesem Konzept steht.