Protokoll der Sitzung vom 17.11.2006

Herr Wolpert, bitte.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie gesagt haben, dass Sie bei der Bindung der zentralörtlichen Bedeutung auf die Erreichbarkeit abstellen? Ist dies das einzige Kriterium? Und wenn dies so ist, wie erreichen Sie dann Nachhaltigkeit?

Es ist richtig, wir wollen am Prinzip der zentralen Orte festhalten. Ein maßgebliches Kriterium zur Sicherung der Mindeststandards der Daseinsvorsorge in einer zumutbaren Erreichbarkeit muss es sein, dass man eine Wegezeit berücksichtigt. Das ist ganz gewiss nicht das einzige Kriterium und wir sind jetzt in der Phase - -

Denn was steht vor einer Überprüfung überhaupt an? - Vor einer Überprüfung steht immer die Istanalyse an, welche zentralen Orte jetzt welche Funktion überhaupt wahrnehmen. Natürlich brauchen wir den Einklang von raumordnerischen Kriterien auch für das Leitbild - nicht einen zeitlichen Einklang, der nicht zu leisten ist, aber einen inhaltlichen Einklang.

Vielen Dank. Es gibt einen weiteren Wunsch, eine Frage zu stellen. - Bitte, Frau Dr. Hüskens.

Ich habe eine ganz simple Frage. Was verstehen Sie unter einer zumutbaren Entfernung?

Ja, Ende der Redezeit. Ich kann die Frage aber noch beantworten.

(Heiterkeit bei der FDP und bei der Linkspartei.PDS)

Frau Hüskens, an der Perspektivfindung für SachsenAnhalt haben sich in diesem Hohen Haus alle Fraktionen beteiligt, nicht nur einzelne Parteien, die ihre Agenda mit Zahlen versehen haben und die in der Berichterstattung durch die Öffentlichkeit verwöhnt worden sind, weil sie die damalige Oppositionsrolle zugegebenermaßen mutig ausgedeutet haben. Sie haben auch Zukunftspapiere erarbeitet. In einem Zukunftspapier der CDU-Landtagsfraktion aus dem Jahr 2005 unter dem Namen „Bürgerland Sachsen-Anhalt“ ist eine Wege-Zeit-Beziehung genannt. Ein Minimum der Erreichbarkeit für einen zentralen Ort sind 30 Minuten. Ich betone an dieser Stelle aber auch, dass das nicht das einzige Kriterium in der Diskussion sein kann. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schröder. - Herr Köck noch einmal.

Ich möchte für unsere Fraktion die gemeinsame Überweisung der beiden Anträge in die vorgeschlagenen Ausschüsse, wie sie in dem Antrag in Drs. 5/328 genannt sind, beantragen. Der federführende Ausschuss soll der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr sein.

Okay. Das sind der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Ausschuss für Umwelt usw. Dann stimmen wir darüber ab.

(Herr Scharf, CDU: Einzeln!)

Wir stimmen zunächst über die Überweisung des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/328 in die Ausschüsse ab, also darüber, ob er überhaupt

überwiesen werden soll. Wer ist dafür? - Antragsteller und FDP. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag auf Überweisung abgelehnt worden.

Jetzt stimmen wir über den Antrag selbst ab. Wer ist dafür? - Die Antragsteller. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDPFraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Jetzt kommen wir zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/338. Auch hierzu ist ein Antrag auf Ausschussüberweisung gestellt worden. Wer stimmt der Überweisung zu?

(Unruhe bei der CDU)

- Es ist beantragt worden, diesen Antrag in die Ausschüsse zu überweisen. Darüber stimmen wir jetzt ab. Wer stimmt zu? - Die Linkspartei.PDS-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.

Jetzt stimmen wir über den Antrag selbst ab. Wer stimmt zu? - Die Antragsteller und die Linkspartei.PDS-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 15 ist beendet.

Ich darf zunächst auf der Südtribüne Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen Quedlinburg begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie - Defizitanalyse und Fortschreibung der Bestandsaufnahme und Maßnahmenpläne in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/329

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/354

Ich bitte zunächst Herrn Lüderitz, den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS einzubringen.

Werte Damen und Herren! Werter Herr Präsident! Wir haben nun nach der Debatte über den Klimaschutz ein weiteres Schutzgut, nämlich das Wasser, auf der Agenda. Ich werde versuchen, meine Rede möglichst kurz zu fassen, auch wenn dieses Thema eigentlich sehr weitläufig diskutiert werden müsste.

Die Grundlage für diese Berichterstattung ist die europäische Wasserrahmenrichtlinie vom 20. November 2001 und die zu deren Umsetzung erlassene Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. August 2005. Wir bewegen uns also in einem durchaus sehr klar geregelten Raum. Beide Verordnungen beinhalten sehr konkrete Fristen und Aufgaben. Aus ebendiesen Fristen und Aufgabenstellungen leitet sich unser Antrag ab; denn mit dem 22. Dezember 2006 endet die so genannte Phase 2 der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie.

Was beinhaltet sie nun konkret? - Die Verordnung befasst sich mit einem sehr umfänglichen Anwendungs

bereich. Fünf Punkte sind in § 2 benannt. Da geht es um die Beschreibung, um die Kategorisierung und die Typisierung von Gewässern. Es geht um die Zusammenstellung und die Beurteilung von Belastungen und von Auswirkungen auf die Gewässer. Es geht darum, die Bestimmung der Bewirtschaftungsziele und der Umweltziele nach § 25 und § 33 unseres Wasserhaushaltsgesetzes festzulegen, die Überwachung des Zustandes durchzuführen, die Einstufung und die Darstellung des Zustandes der Gewässer ständig zu aktualisieren sowie aufgrund dessen konkrete Maßnahmenpläne zu erarbeiten.

Auf der Grundlage dieser Verordnung hat das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt eine Broschüre erstellt mit dem Titel „Die europäische Wasserrahmenrichtlinie - Gewässerschutz von der Quelle bis zur Mündung“. Frau Ministerin, dieses Informationsmaterial aus Ihrem Haus ist sehr gut. Es ist auch für Nichtfachleute durchaus verständlich und nachvollziehbar. In allen drei genannten Unterlagen kann man dieses so genannte Etappenziel der Phase 2 nachlesen.

Was verbirgt sich nun konkret dahinter? - Nachdem die in Phase 1 erfolgte erste Bestandsaufnahme und vorläufige Klassifizierung abgeschlossen ist, beinhaltet die Phase 2 erstens eine Defizitanalyse und Defizitbeseitigung für die Bestandsaufnahme, zweitens die Durchführung einer abschließenden Zustandsbestimmung und Klassifizierung und drittens die Erarbeitung und Festlegung des Umweltziels.

Ich denke, das ist eine durchaus sehr umfängliche und anspruchsvolle Aufgabe, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass das System Wasser stärker als jemals zuvor ganzheitlich betrachtet werden muss und soll - das ist auch gut so - und dass es europaweit einheitlich definiert werden soll, was ich mir sehr schwierig vorstelle.

Die erste Bestandsaufnahme für Sachsen-Anhalt gibt die Zielerreichung im Vergleich des ersten Istzustandes mit den Zielen dieser europäischen Wasserrahmenrichtlinie für das Jahr 2015 wie folgt an:

Bei den Oberflächengewässern besteht eine Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung für 1,2 % der Gewässer. Unklar ist sie bei 28,2 % unserer Gewässer und unwahrscheinlich ist sie für 70,6 % unserer Gewässer. Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung bei Grundwasser liegt bei 23 %. Das ist noch nicht einmal schlecht. Bei 77 % des Grundwassers ist die Zielerreichung unklar oder unwahrscheinlich.

Hieraus wird deutlich, welche anspruchsvolle Aufgabe sich hinter dieser Wasserrahmenrichtlinie verbirgt, und vor allem, welche Anforderungen an das Land SachsenAnhalt, an die Bürgerinnen und Bürger und an die Unternehmen gestellt werden.

In der von mir erwähnten Broschüre wird zu Recht darauf abgestellt, dass dies nur unter der aktiven Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit gelingen kann. So bestehen im Land Sachsen-Anhalt drei Mitwirkungsgremien, ein am 29. Oktober 2004 gegründeter 25-köpfiger Gewässerbeirat und zwei Gewässerforen für den Nord- und für den Südbereich. Darüber hinaus gibt es eine eigene Internetseite. Das entspricht auch den Forderungen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie.

Wir sind aber der Auffassung, dass dieses Hohe Haus vor allem in der Übergangsphase 2007 bis 2009 sehr umfassend an diesem Prozess beteiligt werden sollte.

Wir verstehen somit unseren Antrag auch als eine erste Aufforderung zur Berichterstattung und erwarten eine kontinuierliche weitere Begleitung der so genannten Phase 3 in den Ausschüssen.

Was verbirgt sich hinter der Phase 3, die von 2007 bis 2009 geht? - Überschrieben ist sie mit dem unverfänglichen Titel „Vorbereitung, Maßnahmen und Bewirtschaftungspläne für 2010 bis 2015“. Das MLU hat also die Aufgabe, auf der Grundlage eines sehr umfassenden Monitorings - die Haushälter verstehen vor diesem Hintergrund bestimmt auch die Aufwüchse bei den Haushaltsstellen in unserem Einzelplan - und unter Beachtung des Prinzips der Nachhaltigkeit - zur Erinnerung: das sind die drei Bestandteile Ökologie, Ökonomie und Soziologie - konkrete Wasserbewirtschaftungspläne zu erstellen.

Im Jahr 2007 wird es erst einmal darum gehen, für die Wasserkörper, die das Umweltziel nicht erreichen, zu ermitteln, welche Abweichungen es gibt und wie groß das Risiko für die Öffentlichkeit ist. Dies ist dann im Jahr 2008 für sechs Monate öffentlich auszulegen. Parallel dazu sind die Maßnahmenpläne unter Beachtung der ökonomischen Auswirkungen zu erarbeiten.

Bei all diesen Papieren geht es letztlich um eine ganze Menge Geld. Dabei geht es nicht nur um das Geld der öffentlichen Hand, nein, es geht auch um das Geld der Bürger und der Betriebe; denn ein wesentlicher ökonomischer Baustein der Wasserrahmenrichtlinie ist die Einführung kostendeckender Wasserpreise.

Nun, meine Damen und Herren, werden Sie sagen: Das ist doch ein alter Hut; die haben wir doch längst. Ja, was die Gebührenkalkulation für Trink- und Abwasser betrifft, stimmt das durchaus, auch wenn das nicht immer unumstritten war.

Allerdings geht die europäische Wasserrahmenrichtlinie über diesen Ansatz hinaus. Sie fordert einen Nachweis der Kostendeckung aller Wasserdienstleistungen unter Berücksichtigung der Umwelt- und Ressourcenkosten. Dies, meine Damen und Herren, ist natürlich wesentlich mehr als die uns bisher bekannten Gebühren.

Daher haben wir auch die Bitte, den Europaausschuss in die Berichterstattung einzubeziehen, da in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, wie bereits erwähnt, noch einige Kriterien fortzuschreiben sind und weil es dabei auch um umfängliche Investitionsbeträge geht. Auch dürfte die von mir beschriebene Forderung der Kostendeckung nicht so einfach zu handhaben sein.

Die Einbeziehung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten lässt sich analog begründen. Hierbei möchte ich aber noch anfügen: Wer sich mit dieser Thematik etwas näher befasst hat und sich die ersten Erfahrungen anderer Länder angesehen hat, der wird schnell erkennen müssen, dass sich die Landwirtschaft als ein wesentlicher Verursacher von Gewässerbelastungen herauskristallisiert hat.

In Brandenburg wurde eingeschätzt, dass die Landwirtschaft nicht nur das Grundwasser mit Nitraten und Pestiziden belastet, sondern dass sie auch eine wesentliche Quelle für die Phosphatbelastung der Oberflächengewässer ist. Was das unter dem Aspekt der Kostendeckung bedeutet, kann sich, so denke ich, jeder Landwirt ausmalen.

Ich hoffe, ich konnte Sie davon überzeugen, dass unser Antrag nicht der Selbstbeschäftigung dient, sondern auf