Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, ein bisschen Zeit aufzuholen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes ziehen wir die Konsequenzen aus einem Urteil des Landesverfassungsgerichts. Das Gericht hat am 13. September 2004 in einem von 56 Gemeinden angestrengten Verfassungsbeschwerdeverfahren festgestellt, dass das erste Investitionserleichterungsgesetz insoweit gegen die Landesverfassung verstößt, als es keine Regelung zur Kostendeckung für bestimmte den Gemeinden übertragene Aufgaben enthält. Bei diesen Aufgaben handelt es sich um die Überwachung von Marktfestsetzungen, die Überwachung von Gestattungen, die Aufforderung zur Erfüllung der Anzeigepflicht und Gewerbeabmeldungen von Amts wegen. Das sind kleinere gewerberechtliche Aufgaben, die näher vor Ort wahrgenommen werden sollen als in den Landratsämtern.
Hinsichtlich dieser Aufgaben fehlt es an entsprechenden Gebührentatbeständen, sodass die Gemeinden die Kosten zur Abdeckung des Verwaltungsaufwands nicht selbst erwirtschaften können. Das Verfassungsgericht hat festgestellt, dass das Land eine Kostendeckungsregelung nicht nur dann treffen muss, wenn Aufgaben vom Land auf die Kommunen verlagert werden, sondern auch dann, wenn, wie hier, Aufgaben von den Landkreisen auf kreisangehörige Gemeinden verlagert werden, also bei der so genannten interkommunalen Funktionalreform.
Der Gesetzentwurf nimmt eine Umverteilung zulasten der Landkreise vor, was ich aber in diesem Zusammenhang für legitim halte, weil diese von Aufgaben entlastet werden, die nun auf die Gemeinden übergegangen sind.
Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf enthält eine weitere Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. Es geht darum, eine Zweckbindung für die Zuweisungen einzuführen, die die Landkreise für die Erfüllung ihrer Aufgaben als Träger der Straßenbaulast für Kreisstraßen erhalten. Es geht um den Neubau, Umbau und Ausbau dieser Straßen wie auch um deren Unterhaltung.
Die Kreisstraßenbaulastzuweisungen belaufen sich seit Jahren auf 7 414 € je km Kreisstraße. Bisher handelte es sich dabei aber um allgemeine Deckungsmittel, das heißt, die Kreise durften die Mittel auch für andere Zwecke ausgeben. Ob und, wenn ja, inwieweit sie das getan haben, ist streitig.
Im Sommer dieser Jahres hat es eine Diskussion über den Vorschlag von Minister Herrn Dr. Daehre gegeben, mit Bau und Pflege der Kreisstraßen den Landesbetrieb Bau zu beauftragen. Zu einer solchen Aufgabenübertragung sind die meisten Landkreise - wie ich meine, verständlicherweise - nicht bereit. Wir diskutieren ja die Funktionalreform im Zusammenhang mit der Vergrößerung von Kommunen so, dass wir den Kommunen zusätzliche Aufgaben geben und ihnen nicht Aufgaben nehmen wollen.
Im Ergebnis der Diskussion dürfen die Landkreise - diejenigen, die das wollen - die Aufgaben hinsichtlich der Kreisstraßen weiterhin selbst wahrnehmen, und sie neh
men es hin, dass die Zuweisungen des Landes für die Kreisstraßen künftig zweckgebunden sind. Ich denke, das ist ein vertretbarer Kompromiss.
Ich möchte aber auch deutlich sagen, dass die Einführung einer neuen Zweckbindung die Ausnahme bleiben sollte. Grundsätzlich sollten bei zurückgehenden Zuweisungen des Landes an die Kommunen Zweckbindungen gelockert oder aufgehoben werden. Die Kommunen sollten mit dem weniger werdenden Geld freier wirtschaften dürfen, um Gestaltungsspielräume zu behalten.
Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat die Landesregierung am 19. Oktober 2006 in Drs. 5/285 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes eingebracht. Dabei geht es um den besonderen Finanzausgleich zwischen herausragend steuerkräftigen Gemeinden. Dieser Gesetzentwurf wurde zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss überwiesen.
Beide Ausschüsse gemeinsam haben am 22. November 2006 eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf der Landesregierung durchgeführt. Dabei haben wir den Landkreistag, vertreten durch seinen Geschäftsführer Herrn Theel, zusätzlich zu den beiden Änderungsvorschlägen befragt, die Sie jetzt in dem Gesetzentwurf wiederfinden, den ich hier heute vorstellen darf.
Der Innenausschuss hat am gleichen Tag zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung eine vorläufige Beschlussempfehlung beschlossen, in die diese beiden Änderungsvorschläge, über die wir heute reden, zusätzlich aufgenommen wurden, wobei wir den vom Landkreistag geäußerten Anregungen teilweise gefolgt sind, etwa indem die Mindestinvestitionssumme von 1 500 € auf 1 000 € je km Kreisstraße reduziert wurde.
In einer nachfolgenden Sitzung hat dann der Finanzausschuss die Aufnahme dieser beiden zusätzlichen Punkte abgelehnt, nachdem der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags eine Verletzung des Artikels 77 Abs. 3 der Landesverfassung geltend machte. Darin heißt es:
„Der Landtag behandelt Gesetzentwürfe in mindestens zwei Beratungen, zwischen denen mindestens zwei Tage liegen müssen.“
Meine Damen und Herren! Der Respekt vor dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gebietet es, dass man, wenn er Bedenken in so pointierter Form äußert, wie das hierbei geschehen ist,
die Rechts- und Sachlage gründlich prüft. Da wir aber die beiden Änderungen, über die wir heute reden, zeitnah realisieren wollen, haben wir uns dem Verfahrensvorschlag angeschlossen, dass wir eine erste Lesung veranstalten müssen und nicht in Form von zwei Änderungsanträgen zu einem bereits eingebrachten Gesetzentwurf der Landesregierung, der diese beiden Punkte nicht enthielt, hier in zweiter Beratung über diesen Gesetzentwurf zu einer Beschlussfassung über die Änderungen kommen wollen.
Das heißt, es ist beabsichtigt, dass der heute in erster Lesung beratene Gesetzentwurf im Innenausschuss mit dem dort bereits in der Beratung befindlichen Gesetzentwurf der Landesregierung verbunden wird. Wir wollen versuchen, im Januar zu einer zweiten Lesung des Ge
Der Finanzausschuss, an den alle finanzwirksamen Vorlagen nach unserer Geschäftsordnung als überwiesen gelten, hat sich inhaltlich bereits mit diesen beiden Änderungen befasst, sodass ich denke, dass das ein geschäftsordnungsmäßig sauberes Verfahren ist.
Die Frage, wie wir in Zukunft mit dem Zweilesungsprinzip umgehen sollen, wird sicherlich auch den Ältestenrat noch beschäftigen,
Nach meiner persönlichen Auffassung sollte das Zweilesungsprinzip nicht so strikt ausgelegt werden, dass der Landtag am Ende nur ja oder nein zu Gesetzentwürfen sagen kann, die regelmäßig von der Landesregierung eingebracht werden. Ich denke, es ist zweckmäßig - -
Ich denke, wir sollten in aller Ruhe über die Frage nachdenken und auch nachlesen, was die Verfassung an dieser Stelle gebietet. Wir müssen aber auch zu einem praktikablen Verfahren kommen. Es kann nicht sein, dass jede Änderung eines eingebrachten Gesetzentwurfes ausgeschlossen ist.
Das so genannte Bepackungsverbot ist in der Vergangenheit nicht sehr eng ausgelegt worden. Ich darf zum Beispiel an die Novellierung des Kommunalverfassungsrechts erinnern, die wir im Herbst 2005 beschlossen haben. Dort wurden zusätzliche inhaltliche Elemente aufgenommen, beispielsweise bei der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Kommunalpolitiker.
Wie gesagt, nachdem der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst seine Bedenken formuliert hat, ist es sachgerecht, heute zu diesen Änderungsvorschlägen zum Finanzausgleichsgesetz eine erste Lesung durchzuführen. Lassen Sie uns in den nächsten Wochen und Monaten sorgfältig und gewissenhaft prüfen, was die Landesverfassung an dieser Stelle gebietet, und dann zu einer neuen Abgrenzung kommen zwischen Veränderungen, die im Ausschuss beschlossen werden dürfen, und solchen, die einer neuen Einbringung bedürfen. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Rothe, für die Einbringung. - Es gibt eine Anfrage von Herrn Dr. Köck. Bitte sehr, Herr Dr. Köck.
Herr Rothe, ich weiß, dass Sie kein Finanzexperte sind. Trotzdem muss ich Ihnen jetzt die Frage stellen, weil Sie den Gesetzentwurf eingebracht haben. Im Koalitionsver
trag steht, dass das FAG auch genutzt werden soll, um zu einem Vorteils-Lasten-Ausgleich bei der Stadt-Umland-Problematik beizutragen. Soll diesbezüglich schon etwas mit diesem Gesetzentwurf realisiert werden oder noch nicht?
Ein besonderer Finanzausgleich im Stadt-Umland-Verhältnis ist in der Tat in der Koalitionsvereinbarung als Option vorgesehen worden, aber nicht Gegenstand des heute von mir vorgestellten Gesetzentwurfs.
Herr Kollege Rothe, können Sie uns heute etwas vorlegen oder haben Sie vor, dem Landtag bis zur Ausschussberatung eine Begründung für die Einführung einer Zweckbindung bei Investitionsmitteln für Kreisstraßen vorzulegen? Liegen Ihnen mittlerweile Zahlen vor, anhand deren ersichtlich wird, dass Mittel bisher falsch oder unvollständig verwendet worden sind, sodass sich Änderungsbedarf ergeben könnte?
Herr Minister Dr. Daehre hat im Sommer geäußert, dass es häufig Klagen über Kreisstraßen gibt, die sich in schlechtem Zustand befinden, und dass das nicht zu dem Umstand passt, dass das Land über Jahre hinweg Mittel in ordentlichem Umfang zur Verfügung gestellt hat.
Der Landkreistag ist wiederum der Auffassung, dass die Kreise die Mittel stets zweckgerecht verwendet haben, und ist deshalb auch gern bereit, die Zweckbindung hinzunehmen, wie wir sie in dem Gesetzentwurf vorsehen. Ich denke, wenn beide Seiten sich so positioniert haben, dann kann man mit beiden Auffassungen gut leben.
Danke sehr, Herr Rothe. - Von der Landesregierung wurde kein Redebedarf signalisiert. Jetzt wird für die FDP-Fraktion Frau Dr. Hüskens sprechen.