Protokoll der Sitzung vom 15.12.2006

Die Berufsvorbereitung zielt ja auch nicht auf eine wissenschaftliche Tätigkeit - die fände ich in einem Kindergarten sogar schädlich -, sondern auf einen Anspruch, der von der Wissenschaft gespeist und getragen wird. Das ist ein Unterschied. Außerdem helfen uns internationale Vergleiche oft nicht weiter, weil Hochschulbildung und Hochschulbildung selbst in Europa etwas höchst Unterschiedliches ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Zum anderen stellt die bisherige Ausbildung an der Fachschule mit verbindlichen Praktika sowie einem Berufspraktikum und einer vorgeschalteten einschlägigen Berufsausbildung insbesondere nach der erfolgten Anpassung der Ausbildung an die Erfordernisse des Bildungsprogramms eine gute Verbindung zwischen praktischer und theoretischer Ausbildung her. Sie entspricht den Anforderungen in der Rahmenvereinbarung der KMK über Fachschulen vom 7. November 2002, nach der Erzieherinnen und Erzieher bundesweit ausgebildet werden. Inhaltliche Verbesserungen der Ausbildung sind doch nicht nur durch neue Einrichtungen, sondern auch an den Fachschulen selbst möglich.

Die vorhandenen Erfahrungen sprechen meiner Ansicht nach nicht für den weitreichenden Eingriff - das ist mir jetzt sehr wichtig -, junge Leute ohne Hochschulreife vom Erzieherberuf praktisch auszuschließen. Das wäre ja die Konsequenz.

(Zustimmung bei der CDU)

In der Koalitionsvereinbarung wurde der Landesregierung der unmissverständliche Auftrag erteilt zu prüfen, inwieweit neben der notwendigen Weiterbildung der Erzieherinnen und Erzieher die Leiterinnen und Leiter von Kindertageseinrichtungen einen Fachhochschulabschluss erwerben sollten.

Die Landesregierung unterstützt die Idee, Leitungskräfte von Kindertageseinrichtungen beispielsweise durch einen berufsbegleitenden Studiengang auf Bachelor-Ebene, wie es an der Hochschule Magdeburg/Stendal vor

gesehen ist, zu qualifizieren. Sie sollen dabei vor allem die besonderen pädagogischen Qualifikationen erwerben, mit denen sie gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen bei der Erarbeitung und Umsetzung pädagogischer Konzepte berücksichtigen können.

Sicherlich gibt es auch gute Gründe, darüber nachzudenken, den Kreis dieser Fachkräfte über die Leiterinnen und Leiter hinaus um solche zu erweitern, die bei den Trägern der Einrichtungen zum Beispiel für konzeptionelle Arbeit, für Strategieentwicklung, für Qualitätscontrolling, für Fort- und Weiterbildung usw. tätig sind. Für entsprechende Überlegungen wäre ich offen.

Eine Arbeitsgruppe des Kultusministeriums und des Ministeriums für Gesundheit und Soziales hat bereits Eckpunkte für mögliche Ziele und Inhalte eines berufsbegleitenden Studiums an Fachhochschulen für Leitungs- und Führungskräfte erstellt.

Zu Punkt 2 Ihres Antrages wird das Ministerium für Gesundheit und Soziales den Ausschüssen des Landtags für Soziales sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Stand der Planungen der mit Mitteln des europäischen Strukturfonds finanzierten Projekte zur Verbesserung der vorschulischen Bildung durch Qualifizierung des Betreuungspersonals im ersten Halbjahr 2007 berichten.

Die Berichterstattung kann zu diesem Zeitpunkt aber voraussichtlich noch nicht die Umsetzung oder gar Ausschreibungen bzw. die Benennung von beauftragten Ausbildungsträgern usw. umfassen, weil die EU wahrscheinlich erst im ersten Halbjahr 2007, möglicherweise sogar erst im zweiten Halbjahr eine Entscheidung über dieses Programm treffen wird. Deshalb kann gegenwärtig auch noch nicht abschließend bestätigt werden, dass die EU dieses Projekt finanziert, auch wenn ich natürlich hoffe und im Übrigen zuversichtlich bin, dass dies der Fall sein wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Bi- schoff, SPD)

Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten jetzt in eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ein. Als erste Debattenrednerin wird die Abgeordnete Frau Reinecke für die SPD-Fraktion sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Spätestens seit Pisa sind sich alle darüber im Klaren, dass in den ersten Lebensjahren entscheidende Weichen für das weitere Leben eines Kindes gestellt werden. Das trifft sowohl auf die sozial-emotionale Entwicklung, auf die Bindungsfähigkeit als auch auf alle anderen Entwicklungsbereiche wie die Sprach-, Sinnes-, Wahrnehmungs- und Kreativitätsentwicklung zu.

Zur gleichen Zeit setzte sich in Deutschland auf der politischen und wissenschaftlichen Ebene die Einsicht durch, dass der Beruf einer Erzieherin oder eines Erziehers eine höhere Qualifizierung erfordert. Es herrscht also Einigkeit darüber, sich für eine Höherqualifizierung einsetzen zu wollen. Ebenso gilt es, die Kluft zwischen Kindergarten und Grundschule zu schließen.

Allerdings werden Entscheidungen, die dieser Erkenntnis folgen, bisher leider nur halbherzig angegangen. So wurde zum Beispiel im Jahr 1999 der Studiengang „Er

ziehung und Bildung im Kindesalter“ als Modellversuch der Bund-Länder-Konferenz für Bildungsplanung konzipiert, dieser scheiterte jedoch in diesem Gremium mehrmals mit Begründungen, die primär auf Kostenüberlegungen basierten.

Es muss ein Umdenken einsetzen. Kinder müssen als eigenständige Persönlichkeiten anerkannt und geachtet werden, bei denen es gilt, Selbstbildungsprozesse zu fördern. Es geht insgesamt darum, sich stark zu machen für eine Aufwertung der jetzigen Erzieherausbildung und für einen Studiengang, der uns in der bildungs- und jugendpolitischen Diskussion weiterbringt.

Wir brauchen eine qualitative Verbesserung der Struktur von Bildungsprozessen im vorschulischen Bereich, um den Bedürfnissen von Kindern gerecht zu werden. Wir brauchen aber auch eine Verbesserung, um jenen Bedarfen gerecht zu werden, die sich aus den veränderten Bedingungen des Aufwachens in den Familien ergeben.

Studieninhalte müssen sich unter anderem auf die Erkenntnisse der Elementarpädagogik sowie auf Elemente des Studiengangs der Sozialarbeit und Sozialpädagogik beziehen. Studiengrundlage sind somit Erkenntnisse aus unterschiedlichen Wissenschaften, die heute für die Bildung und Erziehung von Kindern Bedeutung haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von dieser Erkenntnis ausgehend haben wir unsere Forderung nach einer Umstellung der Ausbildung von Erzieherinnen bereits vor Jahren formuliert. Wir konnten diese nun in die Koalitionsvereinbarung aufnehmen. Entsprechend unserem Änderungsantrag erscheint es uns zielführend, dieses Thema differenziert anzugehen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint es uns realistisch, Erzieherinnen weiterzubilden und zunächst für künftige Leitungskräfte eine Hochschulausbildung einzurichten. Verbunden mit dieser Diskussion muss das Interesse an der Herausbildung national wie international vergleichbarer Standards zur Weiterentwicklung und Legitimation der Profession bestehen, gerade um auch die Voraussetzungen für die Ausgestaltung des sozialen Dienstleistungssystems im europäischen Perspektivblick zu schaffen.

Weiterhin gilt es, über Fragen zur Ausstattung eines Studienganges und zu dessen Angliederung, zu Zulassungsvoraussetzungen, zur Art des Studiums, zum Abschluss und zur zeitlichen Gliederung sowie auch zu den Finanzen zu diskutieren. Dabei muss der künftige Studiengang für das Kindesalter an den Zielstellungen und Kriterien des Bologna-Prozesses ausgerichtet werden.

Im Rahmen dessen sind die Hochschulen gehalten, ihre Studiengänge auf Bachelor- und Master-Studiengänge umzusetzen. Im Zusammenhang damit müssen die Kompetenzen der Absolventen in Modulen definiert und entsprechend der zu erwartenden Arbeitsbelastung mit Credits versehen werden.

Um die Notwendigkeit der qualitativen Weiterentwicklung der Elementarbildung in Kindertageseinrichtungen zu untermauern, ist die Einrichtung eines berufsbegleitenden Studienganges erforderlich.

Auch aus frauenpolitischen Gründen sollten die Frauen - es wurde schon mehrmals gesagt, dieser Beruf ist nun einmal leider noch eine Frauendomäne -, die jahrelang als Erzieherinnen gearbeitet haben, die Möglichkeit eines zumindest qualifikatorischen Aufstiegs geboten bekommen.

Ebenso wichtig ist die Weiterbildung - auch dieser Bereich wurde angesprochen - für Anleiterinnen bzw. Mentoren für zukünftig Studierende, um sie in ihrer Rolle zu stärken, sie mit Inhalten des Studienganges vertraut zu machen und um schließlich auf diese Weise ihre Professionalität zu verbessern.

Bis sich eine flächendeckende und grundsätzliche Umstellung der Ausbildung der Erzieherinnen durchsetzt, wird noch viel Zeit vergehen; denn ein solches Vorhaben braucht viel Vorlauf.

Aus meiner persönlichen Sicht wäre es gut, wenn es zwei verschiedene Ausbildungswege gäbe, nämlich ein Studium - wie vorhin angeführt - und eine Erzieherausbildung, zu der auch Realschulabsolventen Zugang haben;

(Beifall bei der SPD)

denn sie sind sehr oft im pflegerischen und im betreuerischen Arbeiten gut. Optimal wäre es, wenn beide in einer Kita-Gruppe zusammenarbeiten würden.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Danke.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Frau Reinecke. - Für die FDP-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens sprechen.

Ich teile aber zuvor mit, dass unsere Mikrofone im Saal in weiten Teilen ausgefallen sind und dass wir außerdem in Zeitverzug sind. Deshalb haben wir jetzt abgestimmt, dass wir nach dem Tagesordnungspunkt 8 in eine kurze Mittagspause eintreten werden, damit die Gelegenheit besteht, die Mikrofonanlage wieder in Gang zu setzen.

Frau Dr. Hüskens, Sie haben jetzt im Rahmen der Behandlung des Tagesordnungspunktes 15 das Wort.

Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Die Grundfrage im Zusammenhang mit dem Antrag der PDS lautet, so denke ich: Braucht man im Kindergarten wirklich durchgängig Personal mit einer Ausbildung, die zu wissenschaftlichem Arbeiten befähigt?

Dazu soll in Deutschland die Ausbildung an Hochschulen befähigen. In anderen Ländern gibt es Einrichtungen, die Hochschulen heißen und dies nicht tun. Deshalb sollte man die Vergleiche mit dem Ausland vielleicht einmal weglassen.

Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass eine Ausbildung, die zu wissenschaftlichem Arbeiten befähigt, in Kindergärten nicht durchgängig erforderlich ist. Wir lehnen deshalb eine Hochschulausbildung als verpflichtende Voraussetzung für den Beruf des Erziehers nach wie vor ab.

Wir halten es zwar für wünschenswert, dass zumindest mittelfristig Leitungspositionen mit Personal mit Hochschulabschluss besetzt werden können. Dies für alle Mitarbeiter in diesem Bereich festzuschreiben, ist aber aus unserer Sicht nicht notwendig.

Meine Damen und Herren! Erzieherinnen und Erzieher in unserem Land können auf eine solide Ausbildung bauen. Bisher können Frauen und Männer in der Regel den Beruf des Erziehers ausüben, wenn sie eine dreijäh

rige Fachschulausbildung erfolgreich absolviert haben. Dies ist übrigens in Sachsen-Anhalt als einem der wenigen Bundesländer der Fall. Ich glaube, dass das die Grundlage für die hohe Qualität in unseren Kindergärten ist.

(Beifall bei der FDP)

Wie wir damit seit Jahren beweisen, erfordert die frühkindliche Bildung grundsätzlich keine akademische Bildung. Wir sollten also nicht alle paar Monate wieder mit entsprechenden Anträgen unseren Erzieherinnen und Erziehern unterstellen, schlecht ausgebildet und unqualifiziert zu sein.

Um die Qualität der Kinderbetreuung und der frühkindlichen Bildung aber auch in den kommenden Jahren sicherzustellen, müssen wir gewährleisten, dass das Personal auch in Zukunft gut ausgebildet ist - der Minister hat dazu einiges vorgetragen - und dass es kontinuierlich weitergebildet wird. Dies kann an Fachschulen erfolgen, aber auch an Fachhochschulen.

Die Landesregierung hat unserer Auffassung nach bereits in der letzten Legislaturperiode dafür die richtigen Weichen gestellt. Die neue Landesregierung verbessert die Rahmenbedingungen dafür weiter.

Wir haben gestern dafür weitere Gelder in den Haushalt eingestellt. Die Vorlage eines ersten Berichts darüber halten wir für sinnvoll. Deshalb wird die FDP-Fraktion dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD zustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Frau Dr. Hüskens. - Für die CDU-Fraktion spricht Frau Brakebusch. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Vieles zu diesem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS wurde von meinen Vorrednern bereits vorgetragen, sodass ich die genannten Aspekte nicht noch einmal aufgreifen möchte. Ich möchte aber auf einige wenige Punkte hinweisen, die aus der Sicht der CDU-Fraktion in diesem Zusammenhang wichtig sind.