Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

(Herr Borgwardt, CDU: Ungeteilte Aufmerksam- keit!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge sind in der 2. Sitzung des Landtages am 8. Juni 2006 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden.

Die Beratungen im Landwirtschaftsausschuss fanden in der 4. Sitzung am 27. September 2006, in der 8. Sitzung am 29. November 2006 und in der 11. Sitzung am 7. Februar 2007 statt.

Die Landesregierung führte während der Beratungen aus, dass sich das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt dafür ausgesprochen habe, die landwirtschaftlich genutzten Flächen, die durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft, kurz BVVG, verwaltet werden, zu erwerben und der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt zu übertragen. Der Anteil der Pachtflächen der landwirtschaftlichen Betriebe sei historisch bedingt sehr hoch. Im Jahr 2005 habe dieser in Sachsen-Anhalt 84,1 % betragen.

Die BVVG verwaltet Flächen mit einer Größe von insgesamt 120 000 ha. Die Ankündigung der BVVG, Flächen bei auslaufenden Pachtverträgen zum Höchstgebot zu verkaufen, habe sowohl bei den Landwirten als auch beim Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Besorgnis hervorgerufen.

Das Ministerium führte weiter aus, dass sich die neuen Bundesländer in dieser Sache mit einem gemeinsamen Positionspapier an die Bundesregierung gewandt hätten. Die Bundesregierung habe zugesichert, dass die agrarstrukturellen Belange der neuen Bundesländer auch künftig berücksichtigt würden. Insbesondere SachsenAnhalt und Mecklenburg-Vorpommern hätten vorgeschlagen, dass die betreffenden Flächen von den Ländern erworben und ähnlich den Modalitäten beim Umgang mit Landesflächen durch die Landgesellschaften verwaltet werden sollten.

Das durch den Bund unterbreitete Kaufangebot habe jedoch vom Land Sachsen-Anhalt nicht akzeptiert werden können, da die Forderung des Bundes gegenüber dem vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt errechneten Verkehrswert der betreffenden Flächen um ca. 200 Millionen € höher gelegen habe.

Das Ministerium erklärte, dass es langwierige Verhandlungen mit dem Bund gegeben habe, um Verbesserungen im Sinne der hiesigen Betriebe und der Agrarstruktur zu erreichen. Es konnte ein Kompromiss gefunden werden, der unter anderem eine Ausweitung des Zeitraumes für Verkäufe zum Verkehrswert bis zum Jahr 2020 vorsieht. Außerdem sollten die Flächenverkäufe gemäß dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz parallel weitergeführt werden.

Während der Diskussion im Ausschuss vertrat die Fraktion der FDP die Auffassung, dass der mit dem Bund erzielte Kompromiss zulasten der Landwirte gehe.

Die Fraktion der Linkspartei.PDS meinte, im Sinne der Haushaltskonsolidierung sei es denkbar, den Auftrag für die Verwaltung der BVVG-Flächen den Ländern zu übertragen. Die Landgesellschaften könnten die Flächen mit einem geringeren Aufwand als die BVVG verwalten und dabei die agrarstrukturellen Fragen und die Interessen der Landwirte und des Landes besser berücksichtigen.

Die Koalitionsfraktionen schlugen vor, die Anträge für erledigt zu erklären, weil der erreichte Kompromiss mit dem Bund das maximale Verhandlungsergebnis zum jetzigen Zeitpunkt darstelle. Diesem Vorschlag stimmte der Ausschuss mir 8 : 3 : 0 Stimmen zu und reichte dieses Ergebnis als vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss weiter.

Der Ausschuss für Finanzen stimmte mit 7 : 2 : 0 Stimmen der vorläufigen Beschlussempfehlung zu und folgte damit dem Vorschlag, die Anträge für erledigt zu erklären.

Die Schlussabstimmung über die Anträge und die Verabschiedung der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung fanden in der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses am 7. Februar 2007 statt. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt in Übereinstimmung mit dem Ausschuss für Finanzen dem Landtag mehrheitlich, die Anträge für erledigt zu erklären. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank für diesen Bericht, Herr Krause. - Nun spricht Herr Barth für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Prinzip hat Herr Krause bereits alles über das gesagt, was wir im Landwirtschaftsausschuss bezüglich dieser Thematik besprochen haben. Ich möchte Ihnen dennoch ein paar Sätze zur Kenntnis geben.

Über die Beweggründe wurde im Rahmen der Einbringung dieser Vorlage bereits gesprochen. Es gab in der Sache keinen Widerspruch.

In den Ausschusssitzungen wurden uns die umfangreichen Bemühungen der Landesregierung dargelegt, eine Einigung mit dem Bundesfinanzministerium zu erzielen. Hierauf hat Herr Krause bereits hingewiesen.

Die Forderungen des Bundesfinanzministeriums sowohl bezüglich des Kaufpreises als auch hinsichtlich der Übernahme von Personal waren für das Land, insbesondere auch im Interesse der ortsansässigen Landwirte, nicht annehmbar. Das ist natürlich sehr zu bedauern, aber eine Tatsache, die wir leider so hinnehmen müssen.

Es erscheint uns nicht sinnvoll, die Verhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt fortzusetzen. Der Ausschuss hat aus diesem Grunde mehrheitlich die Auffassung vertreten, den Erwerb der Flächen im Sinne der Anträge nicht weiterzuverfolgen.

Nun können wir darüber philosophieren, welche Vorteile eine Bewirtschaftung der Flächen durch das Land hätte. Zu einem fruchtbaren Ergebnis wird das jedoch nicht führen. Folgerichtig hat sich der Ausschuss entschlossen, dem Landtag zu empfehlen, die Anträge für erledigt zu erklären, wenngleich - das möchte ich ausdrücklich betonen - dies nicht in unserem ursprünglichen Interesse lag.

Der Ausschuss - davon bin ich überzeugt - wird sich auch in Zukunft über den Verkauf von BVVG-Flächen und hierbei insbesondere nach dem EALG informieren.

Die SPD-Fraktion plädiert dafür, die Beschlussempfehlung anzunehmen. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD und von Ministerin Frau Wernicke)

Vielen Dank, Herr Barth. - Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Hauser das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ganze Leben ist ein Kompromiss, aber offensichtlich ist es für einige ein Problem einzuschätzen, was machbar und was nicht machbar ist.

Es ist meist so: Wenn man den Bogen überspannt, dann sind die Vorteile, die man erreichen wollte, weg und die Interessen, die man verfolgt hat, nicht mehr durchzusetzen. Ich muss kritisch anmerken: Wenn die Sache schief gelaufen ist, dann sucht man die Fehler meist bei den anderen.

Zu der Begründung der Beschlussempfehlung. Ich beziehe mich vor allem auf den letzten Satz:

„Dieser Kompromiss stellt zum jetzigen Zeitpunkt das maximale Verhandlungsergebnis dar.“

Was die Sache so problematisch macht, ist die Tatsache, dass eine Mitteilung des Bundesrechnungshofes an die BVVG über die Prüfung ausgewählter Aspekte der Kaufpreisbemessung für Landwirtschaftsflächen existiert.

Es gibt außerdem ein Papier vom Februar 2007 mit der Überschrift „Intern - Brüssel will billigen Ackerverkauf für Privilegierte in Ostdeutschland kippen“. Darin heißt es:

„Des Weiteren ist infolge der vorher genannten Gründe die EU dabei, die Flächenprivatisierung in Ostdeutschland erneut auf den Prüfstand zu stellen. Der verbilligte Verkauf von Agrarflächen in Ostdeutschland an eine bestimmte Käuferklientel“

- „an eine bestimmte Käuferklientel“, so steht es darin -

„ist der EU schon seit 1995 ein Dorn im Auge. Die agrarstrukturellen Interessen Ostdeutschlands müssen für alle in der EU zugänglich gemacht werden.“

Ich bitte der Empfehlung des Ausschusses zuzustimmen und endlich Ruhe zu geben. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und von Ministerin Frau Wernicke)

Vielen Dank, Herr Hauser. - Nun spricht Herr Radke für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Verwunderung haben sowohl ich als auch andere Kollegen zur Kenntnis genommen, dass über die Anträge unter diesem Tagesordnungspunkt nochmals eine Debatte geführt werden soll. Das ist umso überraschender, als sowohl der mitberatende Ausschuss für Finanzen als auch der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Anträge einstimmig für erledigt erklärt haben.

Herr Krause, Sie als Ausschussvorsitzender haben selbst darauf hingewiesen, dass bei der in Rede stehenden Übertragung von BVVG-Flächen ein Kompromiss mit dem Bund gefunden worden ist, der, was meine Vorredner ebenfalls bereits gesagt haben, das derzeit erreichbare Maximum darstellt.

Meine Damen und Herren! Noch einmal zur Erinnerung: Bund und Länder haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf wesentliche Eckpunkte für die Privatisierung landwirtschaftlicher Flächen durch die BVVG geeinigt. Die getroffenen Regelungen insbesondere zur Beschränkung der Verkehrswertverkäufe der BVVG auf jährlich 25 000 ha und eine damit einhergehende Streckung der Privatisierung bis zum Jahr 2020 stellen einen tragfähigen Kompromiss dar. Dies zeigt auch, dass die Bestrebungen der Landesregierung erfolgreich waren, für die ca. 120 000 ha BVVG-Flächen, die von etwa 2 000 Landwirten gepachtet werden, sozialverträgliche Lösungen mit dem Bund zu vereinbaren.

Damit ist der von Ministerin Frau Wernicke in der Vergangenheit angesprochenen Problematik, dass ohne eine gesteuerte Verkaufstätigkeit ab dem Jahr 2011 in Sachsen-Anhalt auf einen Schlag 120 000 ha landwirtschaftliche Flächen auf den Markt gekommen wären, Rechnung getragen worden. Darüber hinaus weist die Fortführung der Möglichkeit des Direktverkaufs der BVVG-Flächen aus dem Pachtvertrag zum Verkehrswert, sofern diese Flächen zur Fortführung des Betriebes notwendig sind, in die richtige Richtung.

Wir plädieren dafür, die vorliegenden Anträge, wie bereits im Ausschuss für Finanzen sowie im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erörtert, für erledigt zu erklären. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Ministerin Frau Wernicke)

Vielen Dank, Herr Radke. - Zum Schluss der Debatte hören wir den Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS. Es spricht Herr Krause. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Eines vorweg, bevor ich konkret auf unseren Standpunkt zu sprechen komme: Herr Hauser, es geht hierbei nicht um das Anzweifeln eines Kompromisses. Es geht darum, dass wir der Meinung sind, dass das Anliegen an die Landesregierung, das Bemühen, die Flächen zu übernehmen, nicht einfach zu den Akten gelegt und für erledigt erklärt werden sollte, wie mehrheitlich beschlossen wurde, sondern als Auftrag an die Landesregierung offen gehalten werden sollte.

Darum geht es und nicht um die Kompromissfähigkeit, Herr Hauser. Ansonsten haben Sie es im Ausschuss wahrscheinlich absolut nicht verstanden.

(Zurufe von Herrn Gürth, CDU, und von Herrn Hauser, FDP)

Meine Damen und Herren! Wie bereits dargestellt worden ist, beruht die Beschlussempfehlung nicht auf Einstimmigkeit, wie Sie, Herr Radke, es eben sagten - vielleicht haben Sie sich versprochen -, sondern dies war eine Mehrheitsentscheidung, die letztlich so gefasst wurde. Demgegenüber wurden die ursprünglichen Anträge einstimmig an die Ausschüsse überwiesen. Einstimmigkeit herrschte auch über die von der Landesregierung damals erklärte Zielstellung, sich mit dem Thema zu befassen.

Die Ausschussmitglieder unserer Fraktion konnten dieser Beschlussempfehlung im Ausschuss nicht zustimmen. Folgende Begründung dafür: Wenn es zurzeit auch so aussieht, als wären in dieser Angelegenheit alle Möglichkeiten ausgeschöpft, so meinen wir doch, dass wir das Problem, das heißt die Anträge, nicht für erledigt erklären und zu den Akten legen sollten.

Das Problem selbst ist aus unserer Sicht auch im Ausschuss hinreichend erläutert worden. Es seien mir jedoch noch einige Bemerkungen aus dem Blickwinkel unserer Fraktion gestattet.

Die vorliegenden Anträge, über die wir hier abschließend entscheiden, - diesbezüglich sind wir uns im Ausschuss über die Fraktionsgrenzen hinweg auch einig gewesen - waren einerseits dem Verkaufs- bzw. Privatisierungs