Hans-Jörg Krause

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben eine ausgiebige Bilanz zur Landwirtschaft und zu den ländlichen Räumen gezogen. Ich möchte auf einige Problemfelder eingehen und unseren Standpunkt dazu deutlich machen.
Vorweg aber einige Anmerkungen. Sie werden mir darin zustimmen, meine Damen und Herren, dass Agrarpolitik nach wie vor von der grundsätzlichen Frage getragen wird: Wie kann die Landwirtschaft die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und die Belieferung der verarbeitenden Industrie mit landwirtschaftlichen Rohstoffen in hoher Qualität und in ausreichender Menge sichern?
Ein wichtiger Anspruch besteht für uns darin, dass die Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln aus eigenem Aufkommen zuverlässig versorgt wird. Dabei hat die Produktion im Rahmen eines verantwortungsvollen Umganges mit allen natürlichen Ressourcen zu erfolgen. Im Mittelpunkt muss dabei der sachgerechte Umgang mit dem Boden stehen. Ein Maßstab gerade für den regionalen Bezug der Landwirtschaft ist auch die weitestgehende Versorgung der Tierbestände mit Futter aus dem betrieblichen Aufkommen.
Meine Damen und Herren! Außerdem wissen wir, dass an eine Landwirtschaft, die zu einem Großteil aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, seitens der Bevölkerung nicht gerade geringe Erwartungen gestellt werden. Darüber, dass Nahrungsmittel in ausreichender Menge und guter Qualität bereitgestellt werden müssen, denkt heute angesichts unserer Sattheit kaum noch jemand nach. Das ist inzwischen eine Normalität, an die man sich angesichts voller Regale in den Supermärkten gewöhnt hat und an die man sich vielerorts mit einer Gleichgütigkeit gegenüber jenen gewöhnt hat, die täglich bei Wind und Wetter sowie an Sonn- und Feiertagen dafür ihre Arbeit leisten.
Auch wer im Urlaub die Einmaligkeit einer schönen Kulturlandschaft genießt, bringt diesen Genuss in den meisten Fällen kaum mit der produktiven Tätigkeit der Bauern bzw. der Landwirtschaft in Verbindung. Ich meine, dieser Trend ist besorgniserregend, weil er mehr und mehr eine Abnabelung von der Natur ist. Auch an diese Seite der Medaille sollte gedacht werden, wenn andererseits durchaus berechtigte Erwartungen an die Landwirtschaft geknüpft werden, und zwar in puncto Sicherung des Umwelt- und Naturschutzes, der Biodiversität, der Beachtung und Einhaltung von Tierschutzstandards in der Tierproduktion oder wenn zur Linderung der Folgen des Klimawandels im Allgemeinen mehr von der Landwirtschaft erwartet wird. Es ist gut, dass wir wenigstens die Landwirtschaft und den ländlichen Raum noch immer in einem engen Zusammenhang sehen.
Letztlich ist die Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU auch aus den Erwartungen der Menschen heraus erwachsen, dass die Landwirtschaft eine entscheidende Rolle beim Erhalt und Ausbau lebensfähiger ländlicher Räume spielt.
Die Bedeutung der Landwirtschaft - der Minister verwies bereits darauf - kann nicht allein an dem Anteil von 1,6 % an der gesamten Bruttowertschöpfung der Wirtschaft des Landes gemessen werden. Ohne eine gut aufgestellte Landwirtschaft wäre auch die erfolgreiche Entwicklung der gesamten Ernährungswirtschaft kaum denkbar.
Wenn auf eine fünf- bis sechsmal höhere Wertschöpfung in der Ernährungswirtschaft verwiesen wird, muss es einfach auch gestattet sein, an die Agrarpreissituation zu erinnern sowie an eine zu erwartende Einkommensentwicklung bei den Landwirten, wenn öffentliche Zuwendungen, die ca. 40 bis 50 % des Einkommens in der Landwirtschaft des Landes ausmachen, in den kommenden Jahren immer weniger werden sollen.
Meine Damen und Herren! In den neuen Bundesländern und damit auch in Sachsen-Anhalt zeichnen sich die landwirtschaftlichen Betriebe im Unterschied zur Landwirtschaft im früheren Bundesgebiet durch ein breites Spektrum an unterschiedlichen Rechtsformen aus.
Von den nun mehr als 4 800 Agrarunternehmen, die es in Sachsen Anhalt im Haupterwerb gibt, sind 546 juristische Betriebe. Damit sind 11,3 % aller Unternehmen in so genannten Gemeinschaftsunternehmen, im Wesentlichen in der Rechtsform GmbH und Agrargenossenschaft, organisiert.
Dabei ist die Agrargenossenschaft die bemerkenswerteste Betriebsform, die durch die Länder des neuen Bundesgebietes, der früheren DDR, in die Einheit Deutschlands eingebracht worden ist und sich auch als eine solche gegen den damaligen Widerstand aus der Politik und von Wirtschaftsberatern gerade Anfang der 90erJahre durchsetzen konnte. Die Vorstände waren davon überzeugt, dass die landwirtschaftlichen Produktivgenossenschaften und das Genossenschaftswesen im Allgemeinen eine echte Chance auch unter den anderen gesellschaftlichen Bedingungen haben.
Die positive wirtschaftliche Bilanz der Landwirtschaft, die Herr Minister Aeikens in seiner Regierungserklärung gezogen hat, ist damit auch ein Beleg für die hervorragende Entwicklung der Genossenschaften im Lande. DIE LINKE hat sich von Anfang an für die neuen Agrarstrukturen und insbesondere auch für den Erhalt der Genossenschaften eingesetzt.
Meine Damen und Herren, wir hörten es bereits: Mit der neuen EU-Förderperiode ab 2014 muss sich die Landwirtschaft mit Sicherheit auf finanzielle Einschnitte einstellen. Die EU-Kommission stellte dazu - Sie haben es gehört - Mitte November 2010 ihre Pläne zur künftigen Ausgestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik vor. Die Bedeutung der Landwirtschaft zur Sicherung der Ernährung sowie zur Entwicklung der ländlichen Räume wird dabei klar hervorgehoben.
Stark diskutiert wird darüber, dass die erste Säule jetzt auch grüner werden soll. Das heißt, es wird erwogen, die Direktzahlungen nunmehr auch daran zu messen, wie bestimmte zusätzliche Umweltmaßnahmen erfüllt und in welchem Umfang Arbeitsplätze vorgehalten werden.
Wenn dabei das Ziel einer flächendeckenden multifunktionalen Landwirtschaft sowie der Erhalt und die Förderung unserer modernen Agrarstruktur nicht aus dem Auge verloren werden, ist eine solche Agrarpolitik zu unterstützen, umso mehr, wenn sie eine Landwirtschaft be
fördert, die vor allem auf der Grundlage regionaler Wirtschaftskreisläufe mit hohem ökologischem und sozialem Anspruch wirtschaftet.
Klar ist: Ein landwirtschaftliches Unternehmen, in welcher Rechtsform und Größe auch immer, wird sich nur dann nachhaltig behaupten können und in der Gesellschaft Anerkennung finden, wenn die Produktion auf einem ausgewogenen Verhältnis von wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien basiert.
Unseren Vorstellungen entspricht es auch, Arbeitsplätze vorzuhalten und daran einen Anteil von 20 % der Direktzahlungen zu binden. Damit könnte erreicht werden, dass EU-Mittel von den bisher wirtschaftlich besser gestellten Marktfruchtbetrieben, also reinen Ackerbaubetrieben, stärker zu den Misch- und Veredelungsbetrieben fließen. Das wäre zu begrüßen, da gerade in der Veredelungswirtschaft, in den Veredelungsbetrieben, also in den Betrieben mit Tierproduktion, mehr Arbeitsplätze vorgehalten werden, die der ländliche Raum dringend benötigt.
Darin sehen wir auch Chancen, verstärkt regionale Verarbeitungs- und Vermarktungslinien in Regie von oder in Kooperation mit Betrieben der Tierproduktion aus- und aufzubauen. Die Stärkung regionaler Vermarktungs- und Wertschöpfungsketten soll auch den Wettbewerb der Regionen untereinander befördern. In diesem Sinne sehen wir in der Stärkung von Direktvermarktungslinien in der Land-, Forst- und Ernährungsgüterwirtschaft in Sachsen Anhalt eine strategisch wichtige Aufgabe der Landespolitik.
Auf alle Fälle ist die Agrarpolitik ab dem Jahr 2014 so auszugestalten, dass die modernen und optimalen Agrarstrukturen im Land und auch in den neuen Bundesländern nicht benachteiligt werden. Mehr noch: Die EUAgrarpolitik ist so auszurichten, dass alle Agrarstrukturen in den Regionen Europas gleichberechtigt gefördert und gestärkt werden.
Ernsthafte Probleme sehen wir darin, dass von der Kommission - darauf haben auch meine Vorredner hingewiesen - erwogen wird, insbesondere für moderne und optimale Betriebsgrößen bei den Direktzahlungen Kappungsgrenzen einzuziehen. Das würde vor allem die Agrarunternehmen in den neuen Bundesländern benachteiligen. Aber gerade die diesen Betrieben innewohnenden Potenziale müssen durch eine künftige EUAgrarstrukturpolitik zielstrebig befördert und genutzt werden. Kappungsgrenzen bremsen moderne Agrarunternehmen aus und verhindern die Ausgestaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft in Europa sowie die Entwicklung der ländlichen Räume.
Wir meinen auch, dass es für die Entwicklung der Landwirtschaft unbedingt wichtig ist, sich von den neuesten Erkenntnissen der Agrarwissenschaft leiten zu lassen. Für deren Anwendung sind auch die notwendigen Strukturen entsprechend vorzuhalten. Genau diese haben wir in Sachsen-Anhalt und diese wollen wir hüten wie unseren Augapfel.
Noch haben wir in Sachsen-Anhalt gut ausgebildete Landwirte und insbesondere Betriebsleiterinnen und Be
triebsleiter. Wenn im letzten Bundesagrarbericht angemerkt worden ist, dass für die große Spannweite der positiven Entwicklung auch die Betriebsleiterqualifikation eine wesentliche Rolle spielt und dass wir in einem entsprechenden Vergleich gut abschneiden, dann ist dies insofern bemerkenswert, als Sachsen Anhalt unter anderem mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Hochschule Bernburg über herausragende agrarwissenschaftliche Standorte verfügt, die das Land auch weiterhin nachhaltig zu nutzen verstehen muss.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf unsere parlamentarische Initiative zur Stärkung der Agrarwissenschaften in Sachsen Anhalt, die letztlich in einen Beschluss des Landtages zur weiteren Stärkung der agrarwissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mündete.
Sehr verehrte Damen und Herren! Nach wie vor sind der Umgang mit dem Boden, der Bodenverbrauch, die rasante Bodenpreisentwicklung und die Verwertungspraxis der BVVG aktuell brennende Themen. Ein Landwirt brachte es vor wenigen Tagen auf der letzten Klausurtagung des Landesbauernverbandes mit der Feststellung auf den Punkt, dass die Bodenpolitik durch das Prinzip „Cash vor Wirtschaftlichkeit“ bestimmt wird.
Für den Handel mit landwirtschaftlichen Nutzflächen gelten die Bestimmungen des Grundstück- und des Landpachtverkehrsgesetzes. Mit diesem Gesetz werden ordnungspolitische Eingriffe unter anderem in den Fällen, in denen sich Nichtlandwirte um den Kauf bzw. die Pacht von landwirtschaftlichen Nutzflächen bemühen, geregelt. Dies hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten zur Sicherung einer gesunden Bodenverteilung und zur Verhinderung von Preistreiberei und Bodenspekulation bewährt.
Die jetzigen Probleme auf dem Bodenmarkt sind ausschließlich der Privatisierungspraxis der BVVG geschuldet, die die Verwertung ihrer Flächen unter politisch gestützter Missachtung des Grundstück- und des Landpachtverkehrsgesetzes, also ohne wirksame ordnungspolitische Eingriffe, durchführt.
Für uns steht nicht, wie es der Herr Minister betonte, die Änderung des Grundstückverkehrsgesetzes an erster Stelle - nein, es geht um die Einhaltung des Grundstückverkehrsgesetzes auch in diesem Bereich und nicht nur im privaten und öffentlichen Bereich.
Der Gesetzgeber hat es in der Hand, hierbei ordnungspolitisch auf der Grundlage beider Gesetze einzugreifen, um die gegenwärtige Preistreiberei der BVVG zu beenden - die BVVG ist Eigentum des Bundes - und gleichzeitig auch deren Privatisierungs- und Verwertungsgrundsätze zum Vorteil der Landwirtschaft und der ländlichen Räume neu auszurichten.
Die Fraktion DIE LINKE hat mehrmals gefordert, dass bei der Verwertung der Flächen durch die BVVG die Verpachtung gegenüber der Privatisierung den Vorrang erhalten sollte.
Meine Damen und Herren! Mit Ihrer Passivität - anders kann ich das nicht bewerten - weisen Sie sich im Gegensatz zu Ihren öffentlichen Erklärungen und auch heute hier ganz offensichtlich wenn nicht als Träger, dann zumindest als Dulder dieser verfehlten Boden- und Eigentumspolitik aus.
Ja, Herr Minister, es wurde Ihrerseits in den zurückliegenden Monaten auch interveniert, sehr medienwirksam. Doch Ihre Interventionen bleiben politisch völlig unwirksam, obwohl Sie in Regierungsverantwortung entsprechende Möglichkeiten hätten. In diesem Zusammenhang muss ich auch die Äußerungen von Ministerpräsident Böhmer - er ist nicht mehr im Raum - von vor einem halben Jahr erwähnen, die nur Äußerungen waren; Reaktionen darauf fehlten.
Es bleibt aber dabei: Nach dem Auslaufen der gestaffelten Pachtverträge werden die frei zur Verfügung stehenden Flächen weiterhin meistbietend und weit über dem ortsüblichen Preis durch die BVVG verwertet, auch wenn wir uns bemühen, an diese Flächen heranzukommen, um hierbei irgendetwas zu bewirken.
Diese Preise übersteigen jedoch die Kapitalkraft bzw. die finanziellen Möglichkeiten der ortsansässigen Landwirte, für die Investitionen in Technologie und sonstiges Know-how ohnehin wichtiger wären als Investitionen in den Boden. Sie sind praktisch von einem Erwerb ihrer Flächen, die sie bis dahin gepachtet und bewirtschaftet haben, weitgehend ausgeschlossen.
Davon sind vor allem landwirtschaftliche Betriebe mit Veredelungsproduktion, also Tierproduktionsbetriebe, betroffen, die im Durchschnitt mehr Arbeitsplätze bereithalten, die dem ländlichen Raum deutlich mehr Wertschöpfung bringen.
DIE LINKE wird auch künftig darauf drängen, dass die Landes- und die Bundespolitik an dieser Stelle nicht länger passiv bleiben. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Bodenpolitik oder auch politische Passivität ein Einfallstor für nicht landwirtschaftliche Käufer, für finanz- bzw. kapitalstarke Investoren zweifelhafter Investitionen, für so genannte Fonds oder einfach nur für Kapitalanleger und Bodenspekulanten ist. Diesen Kapitalabfluss aus Landwirtschaft und ländlichem Raum müssen wir unbedingt verhindern.
Sehr verehrte Damen und Herren! Einige Bemerkungen zur Planung und Errichtung von Tierproduktionsanlagen in Sachsen-Anhalt, die breit in der Diskussion stehen. Investoren und Befürworter von Anlagen mit hoher Tierkonzentration bedienen sich immer wieder der Argumentation, dass Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich das Flächenland mit dem geringsten Viehbesatz sei. Darum sei die Errichtung von Tierproduktionsanlagen ein Beitrag für die weitere Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes.
Richtig ist, dass wir in Sachsen-Anhalt in der Tat noch Potenziale zur Erhöhung der Tierbestände haben und die Tierbesatzquote auch erhöhen müssen. Während bei uns weniger als 0,5 Großvieheinheiten pro Hektar gehalten werden, haben Bayern, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen die dreifache Menge zu verzeichnen.
Dies vorausgeschickt, vertreten wir nicht erst seit heute den Standpunkt, dass auf lange Sicht in Deutschland eine politisch gesteuerte Umverteilung der Viehbestände geboten ist.
Wir gehen aber davon aus, dass eine Aufstockung der Bestände nicht über Investitionen in Anlagen erfolgen darf, die dem Erfordernis regionaler Wirtschafts- und Stoffkreisläufe nicht entsprechen und die damit die
Grundsätze einer umweltgerechten Landwirtschaft konterkarieren. Wir denken dabei an überregionale Lebendvieh-, Gülle- und Futtertransporte. Es geht also um Anlagen, die durch das natürliche Umfeld verkraftet werden, die sich in landwirtschaftliche Produktionsprozesse integrieren, die bei der Bevölkerung Akzeptanz finden und die den Anforderungen des Tierschutzes gerecht werden.
Sachsen-Anhalt darf nicht weiter eine Adresse für Investoren sein, die nur auf billigen Boden und ebenso billige Arbeitskräfte spekulieren können.
Zurzeit sind solchen Spekulationen Tür und Tor geöffnet, weil es immer noch keine auf den Standort bezogenen verbindlichen Kriterien für zulässige Konzentrationsgrößen von Tierbeständen gibt, die sich auf konkrete Aussagen auch im Landesentwicklungsplan stützen könnten.
Im Landtag gab es bisher auch keine Mehrheit dafür, das Bundes- und das Landesrecht in dieser Hinsicht auf den Prüfstand zu stellen, um diesbezüglich letztlich Klarheit zu schaffen. Der viel zitierte Raumordnungserlass bietet zwar eine breite öffentliche Beteiligung an der Planung von Großinvestitionen im Land, aber mit einer abschließenden Entscheidung durch das Landesverwaltungsamt bleibt dann doch alles beim Alten, weil es keine anderen Entscheidungskriterien gibt.
Meine Damen und Herren! Unser Ziel ist es, eine flächendeckende Landwirtschaft zu sichern, die sich durch ein ausgewogenes Verhältnis von Wirtschaftlichkeit, Energieverbrauch, Arbeitsplatzangebot, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit auszeichnet und dabei auch kommunale Entwicklungsfragen und Lebensinteressen der Menschen im ländlichen Raum berücksichtigt.
Eine letzte Anmerkung noch zur Bioenergie und zu nachwachsenden Rohstoffen. Die Aufgabe der Landwirtschaft - ich sagte es - ist in erster Linie die Nahrungsmittelproduktion. Hierin sollte sich die Verantwortung für die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen und Energieträgern einordnen. Wichtig ist für uns dabei, dass die Abprodukte der landwirtschaftlichen Produktion wie in allen anderen Bereichen der Wirtschaft konsequenter einer sinnvollen stofflichen und energetischen Nutzung zugeführt werden. Das heißt, dass auch im landwirtschaftlichen Reproduktionsprozess die stoffliche Verwertung deutlich zu verbessern ist.
Seit Langem nimmt die Produktion von Biogas eine zentrale Stellung ein. Insbesondere für Milchviehbetriebe bietet sich zu diesem Zweck die Verwertung der Gülle an. Sofern diese Anlagen in enger Verknüpfung mit dem ländlichen Raum entstehen und betrieben werden und solange sie dabei die regionalen Ressourcen nicht überfordern, haben sie eine positive Auswirkung auf die ökonomische und auf die ökologische Bilanz der Betriebe und der Region. Aus unserer Sicht haben dezentrale Anlagen in überschaubarer Größe, die auch integrierter Bestandteil der landwirtschaftlichen Produktion sind, Vorrang.
Das EEG ruft aber auch Interessenten auf den Plan, die über einen mehr oder weniger großflächigen Maisanbau
in die Biogasproduktion investieren. Solche Investitionen bzw. Anlagen, die das Potenzial einer Region überfordern, die letztlich auf überregionale Transporte von Gülle und anderen Zuschlagstoffen ausgerichtet sind oder eine unvertretbar hohe Maiskonzentration in einer Region zur Folge haben, dürfen nicht zugelassen werden. Umweltbelastungen, ein Verlust an Biodiversität, eine Schädigung des Bodens und steigende Belastungen für den öffentlichen Haushalt wären die Folgen.
Wir sind gut beraten, wenn wir weiterhin auf die Erfahrungen der Landwirte setzen und den Wildwuchs auf diesem Gebiet, der lediglich die finanziellen Vorteile des EEG nutzen will, verhindern. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Daldrup, Sie sagen: 7 % BVVG-Flächen - -
Eine Frage, ja. - 7 % BVVG-Flächen stimmt, aber Sie hätten vielleicht auch sagen müssen, dass 7 % im Land bei 70 000 ha für manche Betriebe mehr als ein Drittel ihrer Betriebsfläche sind und diese zur Disposition steht.
Meine Frage lautet: Wenn Sie so rangehen und sagen, 7 % ist eigentlich nicht das Problem, warum bemüht sich dann das Land, wir alle, an diese Flächen heranzukommen, und warum wollen wir uns in Millionenhöhe über die Landgesellschaft verschulden, um ein nichtiges Problem zu lösen?
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herrn! Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich meinen Beitrag auch zu Protokoll geben.
Ich sehe einer Berichterstattung und Diskussion im Ausschuss mit Spannung entgegen.
Herr Minister Aeikens hat bereits gestern in seiner Regierungserklärung auf negative Entwicklungstendenzen beim Maisanbau im Zusammenhang mit der Biomasseproduktion hingewiesen. Noch liegt der Maisanbau in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt bei knapp 10 %, in bestimmten Einzugsbereichen von Biogasanlagen aber auch schon mal bei über 30 %.
Auch wenn wir noch nicht wie vereinzelt in Niedersachsen auf 50 % kommen, muss uns das durchaus beunruhigen - erst recht, weil wir kaum noch Futterpflanzen im Anbau haben, die, wie unter anderem die Leguminosen, für die Bodengesundheit eine große phytosanitäre Rolle spielen. Darin besteht vor allem das heutige Dilemma.
Ich möchte dazu bemerken, dass Entwicklungen in Richtung Monokultur, Gefährdung der Biodiversität sowie die Gestaltung einer ungesunden Humuswirtschaft nicht ursächlich auf eventuell verantwortungsloses Handeln der Landwirte zurückzuführen sind. Nein, es sind die Rahmenbedingungen, die hinterfragt werden müssen.
Vom Grundsatz dürfen wir nicht zulassen, dass die Biomasseproduktion und -verarbeitung losgelöst von landwirtschaftlichen Reproduktionsprozessen organisiert wird. Damit wären die Weichen dafür gestellt, dass wir künftig weiterhin - oder sagen wir besser: wieder - eine wissenschaftlich begründete Fruchtfolge in den Agrarunternehmen einhalten können.
Ich finde, es macht schon einen Unterschied, ob sich die Landwirtschaft in erster Linie ihrem Kerngeschäft - also der Produktion von Nahrungsmitteln - zuwendet und dabei die Abprodukte der Produktion sinnvoll nutzt bzw. wiederverwendet oder ob überdimensionale Biogasanlagen in die Landschaft gestellt werden, die eine Überkonzentration zum Beispiel von Mais und/oder Verkehre nach sich ziehen, die das eigentliche ökologische Anliegen dieser Art der Energiewirtschaft ad absurdum führen.
Dies gilt übrigens nicht nur für das Feld der Biomasseproduktion, sondern muss auch grundsätzlich für die Planung und Errichtung von Tierproduktionsanlagen und den außerlandwirtschaftlichen Erwerb von landwirtschaftlich genutzten Flächen gelten. Herr Bergmann, ich bin gerne bei Ihnen, wenn Sie in der gestrigen Debatte gefordert haben, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen auch in den Händen der Landwirte bleiben sollen und nicht der Begehrlichkeit von so genannten Bodenfonds oder Konzernen anheim fallen dürfen.
Der gute Vorsatz allein, hier aufzupassen, genau hinzuschauen, kritisch zu begleiten, auf der Hut zu sein - das reicht erfahrungsgemäß nicht aus. Wir brauchen klare gesetzliche Regelungen auf Bundes- wie auf Landesebene, um von vornherein ungesunde agrarstrukturelle Entwicklungen zu verhindern. Dies gilt auch für alle Großinvestitionen im ländlichen Raum, die bei ihrer Planung ökologische und agrarstrukturelle Erfordernisse für einen ausgewogenen landwirtschaftlichen Reproduktionsprozess nicht im geringsten beachten und quasi den Landwirt aus finanzieller Sicht nötigen, die gute fachliche Praxis tendenziell zu vernachlässigen.
Abschließend möchte ich auf einen Artikel in der Zeitschrift „Neue Landwirtschaft“, Ausgabe 11/2010 unter dem Titel „Reaktor oder/und Kuh“ verweisen. Fazit dieses Artikels: Produktion von Milch, Fleisch, Marktfrucht und Biogas. In Betriebskonzepten, die diese Reihenfolge berücksichtigen, liegt die Zukunft.
Wir stimmen einer Überweisung in den Ausschuss zu und sind gespannt auf die Berichterstattung und Diskussion im Ausschuss.
Nicht ohne Grund möchte ich gern das Wort ergreifen. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Landesjagdgesetzes und des Fischereigesetzes der Landesregierung kann ich feststellen, dass dieser - Sie haben es bereits festgestellt, Herr Minister - in nicht wenigen Fassetten die Handschrift der Landesjägerschaft trägt.
Dies ist bereits auf dem Landesjägertag am 29. Mai 2010 von Dr. Stubbe, der zu dieser Zeit noch Präsident des Landesverbandes war, hervorgehoben worden.
- Genau das wollte ich anmerken. Herr Dr. Stubbe hat am 29. Mai 2010 den Staffelstab an den neu gewählten Präsidenten weitergegeben.
Ich möchte nur feststellen: Aufgrund des langjährigen Bemühens des Landesjagdverbandes ist es gelungen, einige wichtige Erfahrungen der Jägerschaft unseres Landes in den Gesetzentwurf einfließen zu lassen. An dieser Stelle ist eine sachliche Arbeit geleistet worden, deren Ergebnis den aktuellen Bedingungen und Erfordernissen im Jagdwesen Rechnung trägt.
Ich sage das ausdrücklich, weil ich mich in diesem Zusammenhang gern daran erinnere - darum ergreife ich auch das Wort -, wie damals in der sehr emotionsgeladenen Zeit um 1991 das neue Landesjagdgesetz diskutiert, erarbeitet und beschlossen wurde. Damals ging es weniger um das Jagdwesen an sich, weniger um Hege und Pflege sowie um die Wildbestandsentwicklung und auch weniger darum, die völlig anderen Agrarstrukturen und die anderen Wilddichten zu berücksichtigen.
Das Jagdwesen wurde vor allem - Herr Gürth, Herr Scharf und auch Herr Püchel werden sich daran erinnern - als Politikum behandelt. Die Erfahrungen der hiesigen Jäger, die in den Dörfern in Jagdgenossenschaften organisiert waren, waren kaum gefragt. Wir diskutierten das damals neue Jagdgesetz; eigentlich war es von Geburt an schon ein altes, das uns von Niedersachsen damals fast ohne Abstiche und ohne Änderungen übergestülpt worden ist.
Es wurde in einem Klima diskutiert, in dem selbst - - Ich möchte die drei Herren ansprechen, Herr Gürth, Herr Scharf und Herr Püchel. Sie werden sich daran erinnern: Selbst Landtagsabgeordnete aus den Koalitionsparteien hatten Angst, sich öffentlich als Jäger zu outen. Erst als es in diesem Hohen Haus um die Aufklärung eines sehr fragwürdigen Abschusses eines Hirsches ging, wurde nach und nach laut, dass es neben Herrn Krause von der PDS noch weitere Jäger im Landtag gab.
Sie werden sich an diese schönen Debatten erinnern. Entschuldigen Sie diesen kleinen Ausflug in die jüngere Geschichte. Ich möchte das einfach unter das Thema „20 Jahre Landtag von Sachsen-Anhalt, 20 Jahre Landesjagdgesetz“ stellen. Minister Daehre ist nicht da, aber ich glaube, auch Herr Minister Aeikens, der damals Abteilungsleiter war, wird sich an die Debatten und Tagesordnungspunkte zu dem Thema erinnern können.
Nun aber zu der Novelle selbst.
Mit dieser Novelle wird den Hegegemeinschaften und den unteren Jagdbehörden mehr Verantwortung zur Planung, Organisation und Kontrolle übertragen. Dem Wald-, Tier- und Artenschutz wird mehr Rechnung getragen. Die Gesetzesänderung eröffnet den unteren
Jagdbehörden ein flexibleres Handeln. Durch die Vereinfachung von Abschussrichtlinien soll wirkungsvoller dem Ansteigen des Unfallgeschehens, das durch Wild verursacht wird, entgegengewirkt werden.
Auch die Neuregelung bei der Wildfolge war längst überfällig. Aus jagdlichen Erfahrungen und aufgrund notwendiger Verbesserungen des Tierschutzes wird mit dieser gesetzlichen Neuregelung dem Tierschutz richtigerweise ein Vorrang gegenüber dem Pacht- und Grundstücksrecht eingeräumt.
Hervorheben möchte ich - sicherlich - auch die Erweiterung des § 23 - Sachliche Verbote -, unter anderem das Verbot der Ausübung der Jagd mit Bleischrot auf Wasserwild.
Diskussionsbedarf haben wir noch zur Änderung des § 12 - Teilung gemeinschaftlicher Jagdbezirke. Die Erleichterung der Teilung von gemeinschaftlichen Jagdbezirken steht aus meiner Sicht etwas im Widerspruch zu den Erfordernissen der großräumigen Wildbewirtschaftung. Einer weiteren Zersplitterung der gemeinschaftlichen Jagdbezirke sollte man entgegenwirken.
Zur Änderung des Fischereigesetzes möchte ich nur anmerken, dass die Übertragung der Fischereiprüfung für Jugendliche an den Verband deutlich macht, dass wir viel mehr behördliche Bürokratie abbauen könnten, wenn wir den vielen Verbänden, nicht nur unseren Anglerverbänden, mehr Eigenständigkeit und Eigenverantwortung zugestehen würden.
In diesem Sinne stimmen wir der Überweisung beider Drucksachen in die Ausschüsse zu. Die gestrige Anhörung zum Naturschutzgesetz - das möchte ich zum Schluss noch anmerken -, insbesondere die Stellungnahme des Vertreters des Landesanglerverbandes, des Geschäftsführers Herrn Ritzmann, hat deutlich gemacht, dass zu der Problematik, die mit dem FDP-Antrag und mit der Darlegung von Herrn Hauser deutlich angesprochen wird, unbedingter Diskussions- und Handlungsbedarf besteht. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Flurneuordnungs- und Bodenordnungsverfahren stehen und standen in allen Landkreisen auf der Tagesordnung. Tausende Grundeigentümer und eine Vielzahl von Unternehmen und öffentlichen Körperschaften waren und sind darin involviert.
Ich möchte nur daran erinnern, dass in der DDR Eigentum an Gebäuden und baulichen Anlagen getrennt vom Besitz an Grund und Boden entstehen konnte. Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften waren per Gesetz ermächtigt, genossenschaftliche Grundstücke mit betrieblichen Gebäuden und Anlagen zu bebauen. Darüber hinaus konnten sie die genossenschaftlich genutzten Flächen ihren Mitgliedern zur Eigenheimbebauung überlassen.
Wir alle wissen, dass die Bodeneigentümer in der Genossenschaft zwar nicht enteignet waren, aber doch nur sehr begrenzt über ihren Grund und Boden entscheiden konnten.
Dazu muss gesagt werden, dass wir in der DDR - - Eine Anmerkung zu dem Zuruf „Gar nicht!“: Der Landwirt als
Eigentümer konnte Flächen an einen Zweiten verkaufen. Also zu dem Zuruf „Gar nicht!“: Das war begrenzt.
Dazu muss auch gesagt werden, dass wir in der DDR, gerade auch bezogen auf den Grund und Boden, ein völlig anderes Wertesystem hatten.
Eigentum an Grund und Boden und auch Wohneigentum hatten weder eine existenzielle Bedeutung noch waren sie Bestandteil der Altersversorgung. - Das alles hat sich nach dem Jahr 1989 total verändert.
Die auf der Rechtsgrundlage der DDR geschaffenen Zustände waren nun mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Einklang zu bringen. Insbesondere in den 90er-Jahren war die Sicherung des Eigentums der Menschen im Osten Deutschlands eine der dringlichsten Aufgaben. Das war nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und der Schaffung annähernd gleicher Lebensverhältnisse der Menschen in Ost- und Westdeutschland, sondern es ging vor allem auch darum, Investitionshemmnisse zu beseitigen, Hemmnisse für die wirtschaftliche Entwicklung abzubauen und privatrechtlich klare Eigentumsverhältnisse zu schaffen.
Mit dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, Abschnitt 8, insbesondere nach § 54 - Freiwilliger Landtausch -, nach § 56 - Bodenordnungsverfahren -, der zur Anwendung kommt, wenn kein freiwilliger Landtausch zustande gekommen ist, und nach § 64 - Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum - wurden dafür die rechtlichen Grundlagen geschaffen.
Darüber hinaus ermöglicht das Flurbereinigungsgesetz zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie zur Förderung der allgemeinen Landeskultur und Landesentwicklung die Neuordnung ländlichen Grundbesitzes. Dies betrifft vor allem Maßnahmen, die zur Verbesserung der Agrarstruktur, der Siedlung und der Dorferneuerung erforderlich sind, städtebauliche Vorhaben, den Ausbau des Infrastrukturnetzes und Maßnahmen zur Umsetzung des Umweltschutzes sowie der Landschaftspflege und -gestaltung.
Nicht zuletzt möchte ich auf die Flurbereinigungsverfahren nach § 87 hinweisen, die durch die Bereitstellung von Land in größerem Umfang für Unternehmensinvestitionen erforderlich sind. Bei all diesen Ordnungsverfahren sind die Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten federführend.
Dem Landwirtschaftsbericht 2008 des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt ist zu entnehmen, dass zum Abrechnungszeitpunkt im Jahr 2007 247 Bodenordnungsverfahren auf einer Gesamtfläche von ca. 200 000 ha mit mehr als 65 000 Teilnehmern anhängig waren. Das sind zurzeit laufende Bodenordnungsverfahren, die in Regie der Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten umgesetzt werden.
Für den Planungszeitraum 2008 bis 2012 weist der Landwirtschaftsbericht weitere 80 Verfahren mit annähernd 81 000 ha und 24 000 Teilnehmern aus. Nicht enthalten in dieser Auflistung im Bericht sind die vielfältigen noch vorhandenen relativ kleinen Verfahren nach § 64 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes zur immer noch notwendigen weiteren Zusammenführung von Grund- und Gebäudeeigentum.
Landesweit sind mehr als 200 Beschäftigte in den Ämtern für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten mit der erforderlichen Vermessung von Grundstücken in Bodenordnungs- und Flurneuordnungsverfahren befasst. Damit - so muss man es sagen, wenn man die Fachbereiche miteinander vergleicht - arbeitet der größte Teil der Beschäftigten in diesem Bereich.
Auch wenn viele Verfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz bereits abgeschlossen sind, zeigen die Planung und die Zahl der Anträge zur Eröffnung neuer Verfahren, insbesondere nach § 87 - Unternehmensverfahren - des Flurbereinigungsgesetzes und nach § 56 - Bodenordnungsverfahren - des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes, dass in den kommenden Jahren weiterhin ein hoher personeller und finanzieller Aufwand für die Umsetzung erforderlich sein wird.
Auch die Enquetekommission des Landtages musste bei der Anhörung der Amtsleiter zur Kenntnis nehmen, dass sich der Aufgabenbestand auf diesem Gebiet nicht verringern wird. Wenn dies so ist, dann stellt sich für uns die Frage nach der möglichen Optimierung des personellen und vor allem auch des finanziellen und zeitlichen Aufwands bei der Umsetzung der laufenden und geplanten Verfahren.
Im Durchschnitt dauert ein Bodenordnungsverfahren im Land acht bis zehn Jahre. Die finanziellen Aufwendungen, die von Land, Bund und EU getragen werden, haben in der Vergangenheit pro Jahr jeweils bis zu 20 Millionen € betragen. Diese Aufwendungen geben insbesondere den Finanzpolitikern regelmäßig zur Haushaltsdebatte immer wieder Anlass zur Nachfrage hinsichtlich der Notwendigkeit dieser hohen Summen. - So viel zur Einführung in dieses Thema.
Meine Damen und Herren! Wir wollen der beantragten Berichterstattung nicht vorgreifen. Mit dem vorliegenden Antrag möchten wir die genannten Ausschüsse dazu veranlassen, sich auf der Grundlage einer umfassenden Berichterstattung der Landesregierung mit diesem Thema zu befassen, um Schlussfolgerungen hinsichtlich einer Optimierung der laufenden und der beantragten Verfahren zu ziehen. - In diesem Sinne bitten wir um Direktabstimmung über unseren Antrag und um Ihre Zustimmung dazu.
Eines möchte ich noch sagen: Ich denke, auch mit dem vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD ist eine direkte Beschlussfassung möglich. Ihr Antrag steht nicht im Widerspruch zu unserem Anliegen. Vielmehr systematisiert und erweitert er die geforderte Berichterstattung und zielt richtigerweise auf die Einbeziehung weiterer Ausschüsse ab. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Worum geht es bei unserem Antrag? - Es geht letztlich um 424 000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, die sich
per 30. September 2009 über alle neuen Bundesländer hinweg noch in der Verwaltung der BVVG befanden. Davon befanden sich zum oben genannten Stichtag 79 000 ha in Sachsen-Anhalt. Es geht in unserem Bundesland noch um mehr als 1 000 Pächter, die eine Fläche von mehr als 65 000 ha von der BVVG gepachtet haben.
Im Jahr 2008 wurden laut dem BVVG-Bericht 1 686 EALG-Kaufanträge abschließend bearbeitet. Hierbei handelt es sich um Berechtigte, die selbst Landwirtschaft betreiben, Wieder- oder Neueinrichter sind, die ortsansässig sind und über langfristige Pachtverträge verfügen.
EALG bedeutet Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz. Nach diesem Gesetz können nach bestimmten Regeln und für einen bestimmten berechtigten Personenkreis in einer ebenfalls vorgegebenen Größenordnung begünstigte Flächenankäufe wahrgenommen werden.
Ich möchte an dieser Stelle nicht darauf eingehen, dass es sich um Regeln handelt, die nach wie vor die Agrargenossenschaften benachteiligen. Das war immer ein großer Streitpunkt, über den schließlich die Mehrheit im Bundestag befunden hat.
Für das Jahr 2009 lagen noch 1 263 Anträge vor, die weitestgehend abgearbeitet worden sind. Zu bearbeiten sind aber noch 190 EALG-Anträge in Bezug auf eine Fläche von 4 000 ha, die von so genannten Berechtigten gestellt wurden, die § 3 Abs. 5 unterliegen, denen also land- oder forstwirtschaftliches Vermögen entzogen worden ist und bei denen die Rückgabe ihres ursprünglichen Betriebes aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist oder denen solche Vermögenswerte durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden sind.
Diese können kaufen, wenn die Kaufmöglichkeiten von den vorher zu berücksichtigenden Berechtigten nicht ausgeschöpft wurden. Genau hierzu mache ich mir meine Gedanken.
Seitens dieses Personenkreises wird es mit Sicherheit unter neuen und verbesserten Bedingungen ohne Zweifel einen Ansturm geben. Wenn das Interesse der heutigen Pächter am begünstigten Erwerb landwirtschaftlicher Flächen deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb und ca. 11 300 ha weniger verkauft wurden als geplant war, dann ist dies aus unserer Sicht natürlich einfach logisch. Denn sie mussten zu Preisen kaufen, die betriebswirtschaftlich gesehen bis an die Schmerzgrenze angehoben worden sind.
Was folgte, war ein Verkaufsstopp. Das Pachten war nur noch kurzfristig möglich - kurzfristig deshalb, um nicht neue begünstigte Flächenankäufe zu ermöglichen. Dies alles geschieht vor dem Hintergrund, dass bis zum Jahr 2009 das Geschäft mit dem EALG-Paket abgeschlossen sein muss. Das heißt, ab dem 1. Januar 2010 können Agrargenossenschaften oder Landwirte im Einzelbetrieb nicht mehr zu begünstigten Konditionen kaufen.
Daraus folgt, dass der so aufgesparte Boden allein den Alteigentümern vorbehalten bleibt. Sie dürfen noch über den 1. Januar 2010 hinaus begünstigt kaufen. Damit sie sich dabei auch wirklich schadlos halten, soll es ihnen
mit der vorgesehenen Änderung des Flächenerwerbsänderungsgesetzes ermöglicht werden, zu einem Preis zu kaufen - so ist es in der Diskussion -, der zum Stichtag 1. Januar 2004 galt, und nicht zu dem heute geltenden, der weit höher ist. Damit wäre der begünstigte Flächenerwerb für die Alteigentümer unabhängig von jeglicher Preisentwicklung gesichert.
Die Absicht, die sich hinter der Ankündigung im Koalitionsvertrag verbirgt, ist: Man setzt sich für Verbesserungen am Flächenerwerbsänderungsgesetz im Sinne der Alteigentümer ein und bietet den Betroffenen Grundstücke, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, zum bevorzugten Erwerb an.
Auch wenn tausendfach von allen Parteien beteuert wurde und heute noch beteuert wird, dass die Ergebnisse der Bodenreform nicht angetastet werden dürfen, so läuft eine solche Politik doch unweigerlich darauf hinaus. Erinnert sei daran, dass es in der Volkskammer zur Zeit der De-Maiziere-Regierung einen für die damaligen Verhältnisse einmaligen breiten Konsens über alle Parteien hinweg gab, der darauf hinauslief - so wörtlich -:
„Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage von 1945 bis 1949 sind nicht mehr rückgängig zu machen.“
Das hat auch die Regierung Kohl akzeptiert und damit fand dieser Grundsatz seinen Platz in der „Gemeinsamen Erklärung der beiden deutschen Regierungen zur Regelung offener Vermögensfragen“ vom 15. Juni 1990 und wurde als Anlage Bestandteil des Einigungsvertrages.
In allen Fraktionen des Bundestages gab es dazu breite Zustimmung. Auffällig aber war damals vor allem die FDP. Während es bei der CDU/CSU-Fraktion vor 20 Jahren lediglich eine Minderheit war, die dem Einigungsvertrag nur mit der Forderung zustimmte, dass sich ein künftiges gesamtdeutsches Parlament erneut mit der Bodenreform befassen müsse, haben sich 32 von 46 Bundestagsabgeordneten der FDP unmissverständlich für das Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ stark gemacht und so dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 nach einem jahrelangen politischen Tauziehen ihren Stempel aufgedrückt und damit den Einigungsprozess bis heute schwer belastet.
Dann, zwischen 1996 und 1998, gab es verbriefte Wortmeldungen aus höchsten Regierungskreisen, die meinten, dass unter einem FDP-Justizminister Schmidt-Jortzig die Interessen der Alteigentümer gut aufgehoben seien.
Mit einem gewissen historischen Abstand zu diesen damaligen Ereignissen muss ich bei allem, was ich mit den Sozialdemokraten im Zusammenhang mit der Abwicklung der Bodenreform erlebt habe, einfach einschätzen: Die SPD hat sich für eine solche Schweinerei, wie sie jetzt vorbereitet wird, nicht hergegeben.
Selbst die CDU hat sich dabei schwer getan, so offensichtlich geringschätzig mit dem damaligen Bekenntnis zur Bodenreform umzugehen. Das mag sicherlich daran
liegen, dass sich bei Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, ein relativ großer Anteil ehemaliger DBDMitglieder wiedergefunden hat.
Meine Damen und Herren von der FDP, ich bin erschrocken, wie unbekümmert und zielstrebig Ihre Bundespartei, kaum ist sie erneut an der Macht, ihren alten Faden wiederaufgenommen hat und Lobbyarbeit für Alteigentümer betreibt und dafür sorgt, dass die über die Bodenreform Enteigneten für ’nen Appel und ’n Ei ihre Flächen zurückkaufen können.
Die Akteure Ihrer Bundespartei unterstellen, dass die angestiegenen Bodenpreise ausgeglichen werden müssen, damit der laut EALG mögliche Erwerbsumfang von den Alteigentümern auch in Anspruch genommen werden kann.
Meine Damen und Herren! Der Erwerbsumfang wird doch von der aktuellen Rechtslage überhaupt nicht infrage gestellt; der Erwerb wird lediglich teurer. Wer schützt die bedürftigen Menschen und Familien, wenn soziale Leistungen, Bildung und Kultur teurer werden? Dann heißt es: Die LINKEN wollen immer nur verteilen. Während Sie für Ihre Klientel angestiegene Bodenpreise ausgleichen wollen, fallen Agrarunternehmen und ortsansässige Wiedereinrichter hinten herunter.
Herr Hauser, diese Politik Ihrer Partei hätten Sie am letzten Mittwoch einmal den Junglandwirten in Haldensleben offenbaren sollen, als es um den Flächenerwerb und die Betriebsprämien ging.
Sehr verehrte Damen und Herren! Außerdem läuft eine solche Politik darauf hinaus, dass massenhaft Kapital vom ländlichen Raum, von der hiesigen Landwirtschaft abfließt, während andererseits der Flächenerwerb für bestimmte Leute subventioniert werden soll. Ausgerechnet die FDP und Subventionen! Das ist doch sonst nicht Ihr Stil als Gralshüterin der freien Marktwirtschaft.
Bei aller Kritik, die wir auch am geltenden Verfahren haben: Bisher gilt zumindest das Prinzip eines einheitlichen Preises für Pächter und erwerbsberechtigte Alteigentümer. Aber das, was Sie jetzt auf den Weg bringen wollen, ist pure Klientelpolitik. Sie ist außerdem ungerecht, weil Betrug an denjenigen begangen wird, die in der Vergangenheit zu den gestiegenen Preisen kaufen mussten, weil ihnen sonst der Boden unter dem Pflug weggekauft worden wäre, die jetzt aber nicht mehr teilhaben können.
So viel zur wirtschaftlichen Komponente unseres Antrages.
Zur politischen Komponente unseres Antrages sei noch gesagt: Sie sind auf dem besten Weg, die im Einigungsvertrag festgeschriebene und international anerkannte Bodenreform ernsthaft infrage zu stellen, ihre Ergebnisse zu revidieren und die alten Eigentumsstrukturen zu restaurieren.
Das ganz Schlimme ist, dass langsam vergessen wird, dass von der Bodenreform nicht nur Eigentümer von Flächen mit mehr als 100 ha betroffen waren, wozu es ja
durchaus - das möchte ich hier noch einmal deutlich betonen - berechtigten Diskussionsbedarf gab,
sondern dass es zum größten Teil immer noch aktive Nazis und Kriegsverbrecher waren, die enteignet worden sind. Daran möchte ich auch aus aktuellem Anlass ausdrücklich erinnern.
Erinnern möchte ich außerdem daran, dass es vor allem Flüchtlinge und Übersiedler waren, die damals den Boden erhielten,
und dass mehr als 70 000 Bodenreformlandbesitzer
und deren Erben ab dem Jahr 1992 zielstrebig und entschädigungslos enteignet worden sind.
Sie waren nicht bereit, für diese Menschen etwaige Gesetze oder Verordnungen zu ändern.
Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Sie haben 1992 sozialistische Verordnungen reinsten Wassers wie die Besitzwechselverordnung wieder aktiviert,
um den Betroffenen unter völlig anderen rechtlichen Voraussetzungen den Boden entziehen zu können.
Wenn das, was jetzt in der Koalitionsvereinbarung steht, wirklich umgesetzt wird, ist das nicht nur die unverblümte Revision der Ergebnisse der Bodenreform,
sondern eine himmelschreiende Ungerechtigkeit
gegenüber diesen Menschen, den ehemaligen Besitzern von Bodenreformland und ihren Erben.
Es zeigt zugleich, dass wir seinerzeit auch im Interesse dieser Menschen hätten handeln können, wenn wir oder besser Sie es nur gewollt hätten. Dabei wären wir nicht in einen Widerspruch zum Einigungsvertrag geraten, wie es offensichtlich jetzt der Fall ist.
Meine Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund möchten wir die Regierung auffordern, auf Bundesebene
aktiv zu werden, um eine Revision der Ergebnisse der Bodenreform zu verhindern.
Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin, es ist nicht mein Stil.
Ich möchte das Gesagte nicht zerreden lassen. Herr Daldrup, Sie haben die Möglichkeit zur Intervention. Ich bitte darum, das Gesagte nicht durch fragwürdige Fragen infrage zu stellen
oder vielleicht anders im Protokoll erscheinen zu lassen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte hier nicht erwidern, nur anmerken, dass ich doch zur Kenntnis nehmen muss, dass überhört wurde - obwohl ich es gesagt habe -, dass es 1990 unter der Regierung Kohl eine breite parteipolitische Übereinstimmung zum Bestand der Ergebnisse der Bodenreform gab, die Akzeptanz der damaligen besatzungshoheitsrechtlichen Entscheidungen, dass Karlsruhe auf Anträge der Alteigentümer ganz klar Recht gesprochen hat, dass es nicht angetastet wird.
Am Europäischen Gerichtshof haben die Alteigentümer bezüglich des § 230, der Enteignung der Bodenreformlandbesitzer, auch noch einmal einen Versuch gestartet. Dieser Antrag ist zurückgewiesen worden. Auf Bundesebene, auch auf europäischer Ebene ist juristisch eine Entscheidung getroffen worden.
Was mich sehr verwundert, ist, wie Sie nach 20 Jahren trotz all dieser Entscheidungen und der damaligen historischen Akteure den Mut haben, hier mit einer geschichtsbetrachtenden Revision aufzutreten. Das ist der erste Punkt.
Zweitens. Sie sollten bedenken, dass ich gesagt habe, dass auch in Umsetzung der Bodenreform Unrecht geschehen ist, und ich bleibe dabei - ich spreche von vor mehreren Jahrzehnten agierenden Menschen -, dass auch die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden sollten. Ich hatte vorhin gesagt: Es gab Unrecht. Dazu stehe ich. Es gab in Einzelfällen Unrecht. Die geschichtliche Betrachtung war damals so, und das nicht von wenigen Menschen.
Es gab die historisch große Entscheidung, diese Bodenreform durchzuführen, und Sie sollten wissen: Durch neues Unrecht wird altes einzelnes Unrecht nicht revidiert.
Herr Minister, unabhängig von allen Argumenten, die eben ins Feld geführt worden sind, meine Frage: Warum schreiben Sie die zwei Immobilien nicht erst einmal europaweit aus und warten das Ergebnis ab? Warum schmücken Sie von vornherein diese Immobilien, ohne sie irgendwie ausgeschrieben zu haben, mit diesem riesigen Beiwerk von Wald?
Ohne dass ich falsch verstanden werde, will ich anmerken: Auch ich sehe den fiskalischen Ansatz zur Erhebung eines Wasserpfennigs äußerst kritisch.
Zu Ihren kritischen Anmerkungen aber nur so viel: Haben Sie eigentlich vergessen, dass die derzeitige Rechtslage zu einem Zeitpunkt entstanden ist, nämlich im Jahr 1993, zu dem FDP und CDU die Konstrukteure waren? - Ich möchte es nur eindeutig sagen.
Steht „liberal“ für „labil“? Heute mal so und übermorgen mal so?
Mit welchen Grundlagen wollten Sie denn das?
Herr Minister, ich stimme Ihnen - - Zustimmen muss ich ja nicht.
Ich nehme das zur Kenntnis. Es ist so, wie Sie sagen. In keinem Land gibt es Obergrenzen. Allein die Diskussion zeigt doch, dass wir den Bedarf haben, unter dem Einfluss der Situation zu Lösungen raumordnerischer Art zu kommen.
Aber stimmen Sie mir nicht darin zu, dass viele Kriterien, die gegenwärtig ein Bestandteil des Raumordnungsrechts sind, zu Zeiten gesetzt wurden, in denen man noch nicht im Geringsten an 100 000 Schweine in einer Bestandskonzentration gedacht hat? - Ich denke nur zum Beispiel an die Diagramme, an denen sich das Landesverwaltungsamt regelrecht krampfhaft festhält, wenn es um Immissionsbewertungen geht. Stimmen Sie mir nicht darin zu, dass man zu der Zeit, als das alles festgelegt wurde, an solche Konzentrationen noch gar nicht gedacht hat?
Herr Gallert hat mir mit seiner Frage schon einiges vorweggenommen. - Frau Ministerin, vielleicht können Sie sich daran erinnern: In der letzten Legislaturperiode habe ich einen ähnlichen Antrag eingebracht, weil immer wiederkehrend die Frage der lokalen Konzentration der Tierbestände diskutiert wird. Es geht nicht um den, wie Sie hier ein bisschen polemisch darstellen, Zuwachs der Tierbestände.
Dazu stehe ich auf dem Standpunkt, dass die neuen Bundesländer, wenn es insbesondere um die Rinderwirtschaft geht - entschuldigen Sie den Ausdruck -, bundespolitisch richtig in den Hintern getreten wurden, sodass wir nicht einmal die Hälfte der Tierbestandskonzentration haben und angesichts der Milchquote damals erfahren mussten, dass sich die Rinderwirtschaft wirtschaftlich nicht entsprechend entwickeln konnte.
Aber hierbei geht es um regionale Belastungen. Haben Sie sich damit einmal befasst und würden Sie mir darin zustimmen, dass Betriebe mit mittleren Tierbestandskonzentrationen, egal welcher juristischen Konstellation, mit 2 000, 4 000 oder 6 000 Plätzen genauso wirtschaften wie ein Betrieb mit 30 000, 50 000 oder gar 100 000 Plätzen?
Die mittleren Betriebe - ich spreche jetzt über Winterfeld, ich spreche über Trippigleben -, die eine nachgelagerte Bearbeitung oder Vermarktung haben, können im Ergebnis für die Region mehr Arbeitsplätze finanzieren als einfach nur eine Anlage mit 60 000 Schweinen, die mit ein paar Leuten bewirtschaftet wird und bei der dann Gülle sowie Schweine als Lebendvieh über Kilometer transportiert werden.
Und stimmen Sie mir auch zu, dass man sich in dem holländischen Gutachten ausschließlich über die Immissionen am und die Belastung des Standortes Gedanken gemacht hat, aber den gesellschaftlichen, volkswirtschaftlichen Aufwand für den Straßentransport und die Belastung der Umwelt durch den Gülletransport gar nicht berücksichtigt hat?
Eine kleine Anfrage. Herr Kollege Hauser, Sie haben Recht, wenn Sie sagen: Wir müssen wissen, worüber wir reden. Wissen Sie eigentlich, dass die meisten Antragsteller gar keine Landwirte sind, sondern dem Gewerberecht unterliegen? - Etwa der Allstedter, das ist doch kein Landwirt mehr.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Kein Tag verging in den letzten Wochen und Monaten, an dem wir nicht durch die Medien neue Hiobsbotschaften im Zusammenhang mit der Finanzkrise erfuhren. Die Politik nimmt und nahm sich in die Pflicht, darauf zu reagieren. Dem Konjunkturpaket I folgte das Konjunkturpaket II. Für die Verschrottungsprämie gab es Nachschlag. Der Staat, oder besser gesagt: die Politik versuchte zu retten, was zu retten ist.
Das, was wir heute in vielen Banken und Konzernen vorfinden, ist hausgemacht. Das ist das Ergebnis einer Politik, die Globalisierung mit grenzenloser Marktliberalisierung gleichsetzte, einer Politik, die den international agierenden Finanz- und Kapitalmärkten hinterherlief und dabei die notwendige Stärkung regionaler Märkte und der Binnennachfrage immer mehr aus den Augen verlor.
Jetzt werden mit gigantischen Mitteln gigantische Löcher gestopft. Immer mehr Stimmen meinen, dass die Politik konzeptionslos und wenig nachhaltig ist. Mittelstand, Handwerk und Gewerbe beklagen mit Recht, dass ihre Unternehmen, in denen die meisten Arbeitsplätze beheimatet sind, bei der Politik kaum Berücksichtigung finden.
Wenn ich von Mittelstand, Handwerk und Gewerbe spreche, dann ordne ich hierunter auch irgendwie die Landwirtschaft ein. Die Beschäftigung und Selbstbeschäftigung der Politik und der Medien mit den globalen Folgen der Finanzkrise hat letztlich eine ernsthafte Hinwendung zu den Problemen, mit denen sich die Landwirte herumschlagen, nicht zugelassen.
Die Kostenentwicklung in der Landwirtschaft im Allgemeinen und die Probleme der Milchbauern im Besonderen schreien geradezu nach einer Lösung.
Vor zwölf Monaten erhielten die Milchbauern noch 28 Cent für den Liter Milch, heute sind es nur noch 20 bis 22 Cent. In der Zwischenzeit wissen wir, glaube ich, alle, dass ein Milchpreis in Höhe von 35 bis 40 Cent pro Liter notwendig ist, um auskömmlich und nachhaltig wirtschaften zu können.
Wenn die Frau Ministerin auf der Verbandstagung des Landesbauernverbandes davon sprach, dass der Milchsektor angesichts des rapiden Preisverfalls bei Milchprodukten unter einem enormen wirtschaftlichen Druck stehe, dann ist dies, gelinde gesagt, noch geschmeichelt. Allein durch den Einsatz der von Ihnen, Frau Ministerin Wernicke, angekündigten zusätzlichen Fördermittel zur Entwicklung einer naturnahen extensiven Grünlandbewirtschaftung ist eine notwendige Stabilisierung des Milchsektors nicht möglich.
Die 700 Milchproduktionsbetriebe erwarten von der Politik Antworten, um heute und in Zukunft sicher Milch produzieren zu können. Ein erster Schritt war und ist die Ankündigung, dass die Milchgespräche wieder aufgenommen werden, um gemeinsam, Ministerium, Verbände und Molkereien, über die Probleme zu sprechen und Lösungen zu suchen, um den enormen wirtschaftlichen Druck in der Milchwirtschaft abzufedern.
Meine Damen und Herren! Allein im Amtsbereich Altmark haben nun schon mehr als 20 Betriebe dem Preis
verfall nicht mehr standhalten können. Sie mussten die Milchproduktion aufgeben oder stehen kurz davor, weil sie die fehlenden Einnahmen im Betrieb nicht mehr über andere Bereiche kompensieren konnten bzw. können. Einige haben ihren Betrieb ganz aufgeben müssen.
Die Milchbauern sprechen davon, dass sie seit Wochen je nach Größe des Betriebes zwischen 10 000 und 45 000 € pro Monat regelrecht in den Kuhstall karren. Die Motivation der überwiegenden Zahl der Milchbauern ist in einem noch nie dagewesenen Tief. Erst kürzlich haben wir uns als Fraktion bei einem Besuch von landwirtschaftlichen Unternehmen im Altmarkkreis davon überzeugen können.
Es sollte uns mehr als zum Nachdenken bewegen, wenn der Geschäftsführer einer Agrargenossenschaft feststellt, dass er in den zurückliegenden 29 Jahren seiner Tätigkeit von der LPG bis heute so etwas noch nicht erlebt habe und dass heute die Schiete - er hat es anders formuliert - aus dem Stall mehr wert sei als die gemolkene Milch. - Ich war noch moderat mit dem Ausdruck.
Die Ursache für den rapiden Preisverfall sei, so überall zu hören, wieder einmal die angespannte Marktlage. Es werde zu viel Milch produziert. Was soll aber dann die Erhöhung der Milchquote EU-weit? - Selbst Ministerin Aigner spricht von Marktbereinigung. Dieser und ähnlicher Argumente bedienen sich Politik und Milchwirtschaft Jahr für Jahr, um sinkende Milchpreise zu rechtfertigen.
Allein ein Blick in den Landwirtschaftsbericht der Landesregierung zeigt aber, dass die Milchquote im Land in den letzten Jahren nicht überzogen wurde. Periodische Überlieferungen werden im Jahresdurchschnitt durch Untererfüllung ausgeglichen. Marktwirtschaftlich gesehen müssten eigentlich Phasen sinkender Milchpreise durch wiederkehrende steigende Preise ausgeglichen werden.
Wer hier noch von Marktwirtschaft und Wettbewerb spricht, der nimmt nicht wahr oder will nicht wahrnehmen, was hierbei wirklich abläuft. Die zurückliegenden Monate und Jahre haben zu deutlich gezeigt, dass jede weltwirtschaftliche Nervosität genutzt wird, um Preissenkungen zu rechtfertigen.
Meine Damen und Herren! Wer sich ein klein wenig in der Milchviehhaltung auskennt, der wird mir zustimmen, dass solche Schwankungen im Milchaufkommen, wie sie uns der Handel weismachen will und wie sie uns die international agierenden Handelsketten weismachen wollen, nicht nachvollzogen werden können. Darum auch unsere Forderung nach einer Milchpreisbörse, um die Milchpreisgestaltung nachvollziehbar, öffentlich und durchschaubar zu gestalten. Diese Forderung wurde übrigens auch in einem Verbandsgespräch vor wenigen Tagen - auch im Beisein der agrarpolitischen Sprecher, muss ich sagen - formuliert.
Während Anfang des Jahres 2008 der leicht steigende Milchpreis mit der überraschend wachsenden Nachfrage in Asien, insbesondere in China begründet wurde, wurde einen Monat später von einer Überproduktion gesprochen, um die erneut sinkenden Preise zu rechtfertigen. Diese Widersprüchlichkeit und auch die Tatsache, dass einige süddeutsche Länder stärker dazu beigetragen haben, dass die Milch saisonal überliefert wird und sie dennoch bis zu 6 Cent höhere Milchpreise erzielen, wirft einfach Fragen auf.
Mit dem jetzigen Preisrutsch sind wir auf einem historischen Tief seit den 40er- und 50er-Jahren angekommen. Mit einem Butterpreis in Höhe von 59 Cent haben wir den niedrigsten Preis seit der Währungsreform im Jahr 1948 erreicht.
An dieser Stelle wäre auch auf die jüngsten Eskapaden von Aldi, Norma & Co. einzugehen, bei denen ein Handelskonzern nach dem anderen die Preissenkungswelle nachvollzieht. Was die Norma-Sprecherin als „Einkaufsvorteile“ bezeichnet, ist eine himmelschreiende Missachtung der Leistung der Landwirte und des Wertes von Lebensmitteln.
Den Preis für Vollmilch von heute auf morgen von 55 Cent auf 48 Cent herunterzusetzen, kann nur Empörung und wütende Kritik hervorrufen. Ich sage: Es werden so genannte Einkaufsvorteile aufgrund einer Monopolstellung schlichtweg erpresst. Handelsketten und führende Konzerne der Milchindustrie machen gemeinsame Sache und degradieren die Bauern zu Restgeldempfängern. Das ist aus unserer Sicht sittenwidrig.
Hier ist die Politik gefragt und der Mut, neue Wege zu gehen. Bei den Banken geht und ging es den Regierenden um Enteignung und staatliche Beteiligung, und das kostet den Steuerzahler Milliarden. Warum immer erst aktiv werden, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist? Wollen wir sehenden Auges zulassen, wie die heimische Landwirtschaft, der ländliche Raum und unsere Kulturlandschaft ruiniert werden?
Es könnte auch noch schlimmer kommen. Wenn erst die Ernährungswirtschaft durch grenzenlose Liberalisierung oder, wie Frau Aigner sagt, Marktbereinigung in eine solche Krise gerät, wie wir sie heute in anderen Bereichen erleben, und dann die Ernährungssicherheit nicht mehr gegeben ist, dann werden mit Sicherheit nicht nur die Bauern auf die Straße gehen.
Meine Damen und Herren! So weit wollen wir es nicht kommen lassen. Das setzt aber voraus, dass wir für die Landwirtschaft solche nachhaltigen Bedingungen schaffen, unter denen nicht nur die heutige Generation von Landwirten, sondern auch noch deren Enkel bereit sind, sich auf den Traktor und unter die Kuh zu setzen.
Eine Agrarpolitik, die mit ständigen Halbzeitbewertungen und Gesundheitschecks in laufende Planungszeiträume eingreift sowie Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Unternehmensbilanzen auf den Kopf stellt und von daher nicht berechenbar ist, ist einem solchen Ziel wenig dienlich. Was die Landwirtschaft braucht, sind neben einer leistungsgerechten Preissituation Rahmenbedingungen, die frei von Wettbewerbsverzerrungen sind.
Es kann zum Beispiel nicht hingenommen werden, dass in Deutschland die begünstigte Agrardieselbesteuerung aufgehoben wurde, während der Agrardiesel in den europäischen Nachbarländern mit deutlich weniger als 10 Cent pro Liter besteuert wird. Die Möglichkeit, einen Verbrauch von bis zu 10 000 l zu einem Steuersatz von 29 Cent pro Liter abrechnen zu können, stellt einfach nur Peanuts dar.
Damit hat Deutschland mit mehr als 40 Cent pro Liter im Schnitt nach wie vor den höchsten Steuersatz in Europa, wenn es um Agrardiesel geht. Letztlich ergibt sich daraus ein Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen europäischen Landwirten von 40 bis 50 € pro Hektar. Eine Harmonisierung innerhalb der EU ist längst überfällig.
Was die Dieselbesteuerung insgesamt angeht, muss es auch darum gehen, zu der Regelung von vor vier Jahren zurückzufinden. Für das Aussetzen der Steuererhöhung für Biodiesel und Pflanzenölkraftstoffe sehen wir nicht nur Handlungsbedarf, sondern kurzfristig auch Handlungsmöglichkeiten. Wie Sie sich sicherlich erinnern, war die gesamte Dieselbesteuerung eigentlich das Ergebnis eines Kuhhandels zwischen den ostdeutschen Ministerpräsidenten und dem Bundesfinanzminister. Es wurde uns damals, vor vier Jahren, im Gegenzug eine vermeintlich bessere BVVG-Bodenpolitik in Aussicht gestellt. Was daraus geworden ist, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter kommentieren.
Kurzum, meine Damen und Herren: Ich bitte Sie in der Frage der Agrardieselbesteuerung einfach Verständnis dafür aufzubringen und letztlich zu akzeptieren, dass die Landwirtschaft kein Verkehrs- und Transportunternehmen ist, sofern Sie Ihren Bezugspunkt regional nicht verloren haben.
Auch die Agrarminister haben sich vor sechs Wochen in Magdeburg unter der Leitung von Frau Ministerin Wernicke dahin gehend ausgesprochen. Insofern soll unser Antrag den Meinungsbildungsprozess zur Einbringung einer Bundesratsinitiative durch die beteiligten Länder flankieren und beschleunigen.
Unter diesem Gesichtspunkt noch ein Wort zu dem von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD und von der CDU, kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag. Natürlich kennen wir den Standpunkt der Regierung und insbesondere auch den Standpunkt von Ministerin Wernicke zu dieser Problematik. Wir wollen mit unserem Antrag nichts ignorieren und auch nichts in Abrede stellen.
Die Frage ist doch aber: Wollen wir als Plenum dabei stehen bleiben, der Ministerin lediglich Beifall zu klatschen, oder wollen wir als Parlament der Ministerin bzw. der Regierung nicht auch den Rücken stärken, wenn es darum geht, sich gegenüber der Bundesregierung, im Bundesrat und meinetwegen auch gegenüber Brüssel zu behaupten? - Auf der Agrarministerkonferenz in Magdeburg ist ohnehin darüber nachgedacht worden, dies gegebenenfalls zu tun, aber voraussichtlich erst in der nächsten Legislaturperiode. Was bis dahin passiert, werden wir erleben, wenn wir nicht reagieren.
Warum also diese Zurückhaltung? - Mit Ihrem Änderungsantrag nehmen Sie sozusagen das Salz aus der Suppe. Damit will ich nicht sagen, dass es verkehrt ist, sich im Ausschuss informieren zu lassen und sich mit diesem Thema zu befassen.
Gleichwohl sollten wir an dieser Stelle nicht stehen bleiben. So verstehe ich auch die Worte des Präsidenten des Landesbauernverbandes Frank Zedler, der auf der letzten Verbandstagung im Beisein von Frau Ministerin Wernicke und einiger anderer aus diesem Haus die Worte gewählt hat: Jetzt muss gehandelt werden.
Wir sollten handeln und uns nicht nur informieren lassen. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.