Die nach Bekanntwerden der Planungen der Landesregierung zur Strukturreform der Finanzverwaltung eingegangenen Angebote zur Unterbringung der Finanzämter wurden so weit wie möglich berücksichtigt. Die durchgeführten Kosten-Nutzen-Analysen haben gezeigt, dass die ausgewählten Liegenschaften den Interessen der Steuerverwaltung und den gesamtgesellschaftlichen Interessen so weit wie möglich entgegenkommen.
Abschließend möchte ich zu diesem Thema feststellen, dass in Abwägung aller Argumente für und gegen die
Strukturreform aus meiner Sicht deutlich geworden ist, dass das beschlossene Standortkonzept strukturpolitisch ausgewogen ist und die verschiedenen Zielsetzungen angemessen berücksichtigt. Die persönlichen Interessen der Bürger an einer wohnortnahen Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen sind ebenso zu betrachten wie die übergreifenden Interessen in Bezug auf eine effiziente und kostengünstige Verwaltung. Auflösen lässt sich dieser Zielkonflikt nicht in jedem Fall; auch das muss klar sein, wenn man eine solche Strukturreform angeht.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nun auf den im Zusammenhang mit der Neugliederung der Finanzverwaltung gestellten Antrag der Linkspartei.PDS eingehen. Ich war von dem Gutachten auch überrascht. Aber ich muss sagen, ich fand es gut. Wir haben es gelesen. Ich fände es gut, wenn wir uns damit beschäftigten. Die Linkspartei hat beantragt, dass ein Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der Finanzverwaltung vorgelegt wird, mit der klaren Maßgabe - Frau Paschke hat es gesagt; dieser Auffassung kann man ja sein -, dass man über die einzelnen Schritte hier zu entscheiden hat.
Die Erforderlichkeit wird mit einem Gutachten des GBD begründet. Hiernach sei für die Neuordnung der Finanzverwaltung eine gesetzliche Regelung erforderlich, soweit die Anzahl der Finanzämter reduziert wird. Dies soll aus § 7 Abs. 3 und 4 des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes folgen, der durch § 17 Abs. 1 des Gesetzes über die Finanzverwaltung nicht verdrängt werde. Auch wenn die Rechtsauffassung des GBD nicht mit der der Landesregierung übereinstimmt, möchte ich vorausschicken, dass wir diese Einwendung ernst nehmen und sie natürlich auch bei uns juristisch geprüft haben.
Lassen Sie mich aber Folgendes ausführen: Schon bei der Erarbeitung des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes im Jahr 2002 hat der Finanzminister darauf hingewiesen, dass in den Entwurf ein klarstellender Hinweis mit dem Wortlaut aufzunehmen sei: „Von diesem Gesetz unberührt bleiben die Landesfinanzbehörden nach § 2 FVG.“ Herr Professor Paqué, Sie werden sich daran erinnern; deshalb Vorsicht bei dem Anschließen an Überlegungen zur gerichtlichen Überprüfung.
Im Rahmen der damaligen Behandlung im Kabinett wurde diese Notwendigkeit durch die Juristen der Staatskanzlei, des MJ und des MI nicht gesehen. Ich habe nicht vor, noch Jurist zu werden. Ich sage Ihnen eines: Sobald vier Juristen im Raum sind - das habe ich bei der Befassung in den letzten Tagen gemerkt -, sind diese untereinander so unterschiedlicher Meinung, dass ich schon staune, dass der GBD das jetzt auf die Reihe gekriegt hat. Aber ich glaube, da schreibt jeweils nur einer an diesen Expertisen.
Es bestand damals wie auch heute noch die Auffassung, dass zur Änderung der Anzahl der Finanzbehörden keine gesetzliche Regelung notwendig ist. Das will ich für die Landesregierung noch einmal ausdrücklich darstellen. Unbestritten war und ist, dass der Sitz sowie der Bezirk von Finanzbehörden ebenfalls nicht durch Gesetz zu regeln ist. Hinsichtlich der Anzahl der Finanzbehörden besteht nunmehr auf der Grundlage der jetzt geltenden Rechtslage eine unterschiedliche Auffassung - ich erwähnte es - zwischen Landesregierung und GBD.
Hierzu noch eine Anmerkung: Nach unserem Kenntnisstand wurden Änderungen hinsichtlich der Anzahl der Finanzämter in anderen Ländern im - wie bei uns jetzt beabsichtigt - Anordnungs- bzw. Verordnungswege geregelt. Nachfragen in den von vergleichbaren Verwaltungsmodernisierungsmaßnahmen in den letzten Jahren betroffenen Ländern Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen ergaben, dass auch in diesen Ländern die Änderung der Aufbaustruktur im Verordnungswege geregelt wurde.
Meine Damen und Herren! Klar ist, dass wir an der Umsetzung der Reform festhalten werden und weiterhin die notwendigen Maßnahmen vorbereiten. Da wir allerdings vermeiden möchten, dass die Strukturveränderungen in der Finanzverwaltung einer permanenten juristischen Auseinandersetzung unterliegen, werden wir im Wege einer gesetzgeberischen Klarstellung das Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz ändern. Die Änderung wird dahin gehen, dass das Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz nicht auf die Landesfinanzverwaltung anwendbar ist. Dies ist vor allem deshalb notwendig, weil wir in Zukunft - das sage ich hier auch ganz klar - weitere Veränderungen auch in der Finanzverwaltung vornehmen müssen und auch werden.
Insofern werden wir den Antrag der Linkspartei.PDS, welcher die Klarstellung fordert, nutzen, um zum einen in den Ausschüssen darüber zu reden und uns auch vom GBD sein Gutachten erläutern zu lassen, damit unsere Juristen darauf reagieren können. Zum anderen werden wir als Landesregierung dafür Sorge tragen, dass die von mir soeben erwähnte Gesetzesänderung zügig in Angriff genommen wird.
Meine Damen und Herren! Um es nochmals deutlich zu sagen: Die Landesregierung wird an der von ihr beschlossenen Änderung in Bezug auf Anzahl, Sitz und Bezirk festhalten. Ich sage aber zu, dass wir bis zu der dazu notwendigen Beschlussfassung über das von mir erwähnte Gesetz keine rechtlichen Verpflichtungen eingehen werden, um dem parlamentarischen Prozess nicht vorzugreifen. Ich glaube damit ein Verfahren gefunden zu haben, welches allen Interessen gerecht werden kann. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Minister. Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Frau Dr. Klein. Sind Sie bereit, diese zu beantworten? - Das ist der Fall. Herr Dr. Eckert stellt die nächste Frage. - Frau Dr. Klein, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, ich habe eine Bemerkung und zwei Fragen. Zunächst die Bemerkung. Es kommt jetzt immer die Keule, man ist strukturkonservativ, wenn man keine Veränderungen will. Es gäbe sicherlich eine ganze Reihe anderer Gebiete, bei denen es in diesem Land dringend notwendig wäre, über Strukturveränderungen nachzudenken. Wie gesagt, in dem Benchmark-Gutachten, das ich sehr kritisch sehe, wird die Finanzverwaltung nicht an erster Stelle genannt. Wenn, dann hätte man auch über eine Zweistufigkeit nachdenken können. Das wäre ein sehr spannendes Thema geworden. - Das als Bemerkung.
Ich komme dann zu meinen Fragen. Erstens. In der Antwort auf die Große Anfrage wird unter Abschnitt I Nr. 5.3, wo es um die Beseitigung der Leerstände geht, ausgeführt, dass unter anderem auch die Leerstände in Köthen beseitigt werden. Da das Dienstgebäude in Köthen freigezogen werden soll, bleibt es erst einmal leer; jedenfalls wird in dem dortigen Finanzamtsgebäude kein Leerstand beseitigt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.
Zweitens habe ich eine Frage zu den Kosteneinsparungen. In der Antwort auf die Große Anfrage - das haben Sie vorhin auch noch einmal gesagt - ist davon die Rede, dass sich die Kosteneinsparungen sogar auf 17,1 Millionen € erhöhen. Im Unterschied dazu ist in dem Gutachten der OFD von 16,45 Millionen € die Rede. Es heißt, diese Erhöhung der Kosteneinsparung ergebe sich durch die Einsparung am Standort Quedlinburg und durch den Umzug in Bitterfeld.
Sie haben eben gesagt, dass bis zur Verabschiedung eines Gesetzes keine Rechtsverpflichtungen eingegangen werden. Es kann also auch kein Kaufvertrag mit dem Investor in Quedlinburg abgeschlossen werden. Ist der Betrag von 5,4 Millionen € überhaupt noch realistisch? Wie viel kostet der Umbau des Landratsamtes Bitterfeld, oder wird das vom Landrat übernommen?
(Heiterkeit - Herr Tullner, CDU: Vom Landrat oder vom Landkreis? - Weiterer Zuruf von der CDU: Persönlich!)
Ich sage das aus der Erfahrung der letzten Jahre. Die Linkspartei.PDS ist eine Fraktion - als Opposition; das hat sich aber auch in der Zeit gezeigt, als wir Politik gemeinsam gestaltet haben -, die nachdenkt. Aber ich muss Ihnen eines sagen: Ihr jetziges Verhalten überrascht mich schon ein bisschen. Egal was wir als Koalition hier vorschlagen - in diesem Zusammenhang muss ich der CDU Dank sagen; denn das sind ja auch keine einfachen Sachen in den Wahlkreisen -, sei es das Personalkonzept mit 16 000 Stellenrückführungen, was nicht einfach ist, sei es die Rückführung der Quote der kommunalen Finanzzuweisungen, sei es die Diskussion bei Strukturveränderungen, sei es bei der Frage von Investitionen, sei es bei allen möglichen Dingen: Ich höre bei Ihnen immer nur ein Nein.
- Bei Ihnen ist es nicht anders. - Ich sage Ihnen: So werden Sie nicht weit kommen. Deswegen werde ich die Debatte, ob es Ernsthaftes zu diskutieren gibt, nur bis zu einem bestimmten Grade führen können.
Es gibt nicht einen plausiblen Vorschlag von ihnen - außer dem, fünf Landkreise zu bilden -, wie ich in Zukunft 15 % des Gesamthaushalts zurückführen kann. Das ist das, was ich bedauere. Ich glaube, auch eine
Opposition kann sich hierbei profilieren. Wir haben damals auch so manches mitgetragen, egal ob das in der Oppositionsrolle gut oder schlecht war. Deswegen die Vorbemerkung: Ich würde mir auch von der PDS wünschen, die Dinge ein bisschen offensiver anzugehen oder auch mitzutragen, obwohl man weiß, dass das Probleme für einzelne Berufsgruppen oder Schichten im Land Sachsen-Anhalt hervorrufen würde. - Das einmal als Anmerkung.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Die PDS steht doch im Wahl- kampf! Die machen doch Kommunalwahlkampf!)
Das wird mein Hauptvorwurf an Sie bleiben, solange Sie mir die Antwort auf die Frage schuldig bleiben, wie Sie es machen würden. Ich glaube, Frau Dr. Klein, dass Sie wissen, dass ich diese Diskussion mit Ihnen fair und offen führe.
- Ja, ja, darauf komme ich gleich. - Sie haben Ihren Jäger 90. Das ist die Fünf-Kreise-Lösung. Ich habe aber auch gelesen - das haben Sie auch sofort unterstützt -, dass das am Anfang sogar noch mehr kosten würde. Auch diese Ausrede ist Ihnen ein bisschen verwehrt.
- Ich sage Ihnen auch warum, weil es nicht so einfach ist wie bei Ihnen. Ich war bei den Vorstehern. Das war meine erste öffentliche Diskussion. Da kam ich rein, dynamisch, und erzählte, was ich mir vorstelle: Zweistufigkeit usw. usf. Sie haben es alle ertragen, die Vorsteherinnen und Vorsteher.
Ich habe mich dann schlau gemacht: In allen Ländern, in denen die Zweistufigkeit eingeführt worden ist, wurde ein Landesamt und eine neue Abteilung gegründet und wurden neue Finanzamtsstrukturen gebildet. Am Ende wurde es wirklich teurer, weil die Aufgabe nicht verschwand bzw. es zum Teil komplizierter wurde, weil nämlich alle Steuervorgänge entweder bis zum Ministerium gehen oder eine wie auch immer geartete Einrichtung dazwischengeschaltet werden muss. Das hat mich, muss ich sagen, überzeugt, davon abzurücken und zu sagen, es wäre modern, hype und sicherlich auch gut zu verkaufen, Zweistufigkeit zu machen, aber die Wirtschaftlichkeit würde bei der ersten Nachfrage in Grund und Boden sinken. Somit habe auch ich zugestimmt, dass wir die Zweistufigkeit nach der jetzigen Struktur nicht machen.
Es wird eine ganz andere Debatte geben, wenn es möglich ist, eine Bundesfinanzverwaltung dergestalt zu etablieren, dass viele Aufgaben, die wir jetzt noch wahrnehmen, beim Bund sind. Sachsen-Anhalt hat schon anderen Landesregierungen signalisiert, das mitmachen zu wollen. Es gibt aber leider große Länder, die das nicht wollen. Das ist im Moment noch kein Punkt, den man angehen kann, aber es sind mittlerweile mehr Länder geworden, die die Schaffung einer Bundesfinanzverwaltung unterstützen würden.
Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht doch kommt, weil der Bund jetzt damit gelockt hat, die Pensionslasten der Mitarbeiter zu übernehmen, die von der Landesfinanz
verwaltung in die Bundessteuerverwaltung wechseln würden. Einige Länder denken jetzt darüber noch einmal neu nach, weil sie merken, dass das so manches ihrer Probleme lösen könnte.
Thema Leerstände. Es ist eben so, wenn man sich die einzelnen Standorte anschaut, dass es dort schon enorme Leerstände gibt und wir aufgrund der Technisierung vor allem in diesem Bereich immer weniger Leute brauchen werden. Das Internet, die Digitalisierung - je sicherer es wird, desto mehr wird es genutzt, wie beim Online-Banking - führen dazu, dass immer weniger Leute eine normale Steuererklärung abgeben und mit dem Finanzamt wirklich direkt in Verbindung treten müssen.
Diese Leerstände kann ich nur dann in einem bestimmten Grad in Einsparungen umsetzen - ich habe es vorhin gesagt -, wenn ich mich wirklich von Immobilien trenne. Ich halte es nach wie vor für wichtig, - das sage ich nicht als Phrase - lieber Geld für die Bildung und für die Wirtschaftsförderung zu besorgen, als es in Beton zu belassen. Das ist eine Meinung, die werde ich immer öffentlich vortragen.
Es gibt aber auch guten Beton, das will ich gleich sagen, bevor Sie mich darauf ansprechen. Sie wissen, was ich meine: Gebäude, in denen nur noch wenige arbeiten und die wenig Nutzen für die öffentliche Daseinsvorsorge haben.
Zu Köthen. Ich habe hier schon mehrfach festgestellt, dass wir Köthen als Vorschlag ins Gespräch gebracht haben. Es gab Diskussionen innerhalb der Region, doch eine Lösung zwischen Köthen und Bitterfeld zu finden, und auch Probleme, die man selbst hat, etwa die Frage des Standorts der Kreisverwaltung Bitterfeld, mit uns gemeinsam anzugehen. So ist diese Lösung jetzt entstanden.
Mir ist in Köthen versichert worden, dass für die Immobilien, die wir bislang genutzt haben, eine Nachnutzung organisiert wird. Auch an dieser Stelle bin ich hinterher, weil ich natürlich den Beweis dafür erbringen will - in welchen Jahren auch immer ich das noch machen kann -, dass die von mir avisierten Millionen an Einsparungen im Landeshaushalt tatsächlich effektiv eingespart werden können.
Mehr als dafür zu werben, mehr als die Berechnung vorzulegen kann ich heute nicht. Ich denke, so wie ich alle Beteiligten hier kenne, werde ich regelmäßig darüber Bericht zu erstatten haben, was praktisch passiert.