Frau Budde, auf welcher Grundlage entscheiden denn in der Zwischenzeit, solange das Leitbild noch nicht vorhanden ist, die kommunalen Aufsichtsbehörden über das Begehren von Gemeinden zu fusionieren?
Nach der gültigen Gemeindeordnung. Ich bin zwar keine Fachpolitikerin im Bereich Inneres, aber so weit ich das verstehe: auf der Grundlage der gültigen Gemeindeordnung.
Es tut mir leid, Herr Köck, ich kenne keinen strittigen Fall, an dem wir das durchexerzieren könnten, wo es in dieser Hinsicht ein Problem gibt.
Zum Beispiel das Begehren, dem stattgegeben wurde. Holleben und Zscherben sind jetzt Teil von Teutschenthal. Das wäre angesichts der Offenheit der Stadt-Um
land-Beziehungen der Stadt Halle seitens der Kommunalbehörden eigentlich nicht genehmigungsfähig gewesen.
Wenn die Kommunalbehörde dies so entschieden hat, dann wird das auf der Grundlage des geltenden Rechts geschehen sein. Deshalb sehe ich hierin kein Problem.
Vielen Dank, Frau Budde. - Nun bitte ich noch einmal Herrn Gallert, das Wort zu nehmen. Bitte schön.
Ich will kurz auf zwei oder drei Punkte aus der Diskussion eingehen. Die grundsätzliche Einschätzung habe ich vorhin gegeben. Es wird Sie nicht überraschen, dass die Debatte mich nicht davon abgebracht hat, diese weiterhin so zu präsentieren.
Erst einmal zu der Diskussion um das Leitbild. Nun kann man sagen, Frau Budde, es gibt in diesem Landtag noch kein Leitbild. Man kann auch sagen, wir wollen nicht, dass die Sonne heute untergeht. Natürlich gibt es dieses Leitbild. Die erste Debatte, die in Angersdorf bei der Unterschriftenübergabe geführt wurde, war dadurch gekennzeichnet, dass der Vertreter der CDU das Leitbild des Ministers nicht nur inhaltlich, sondern auch die Art und Weise, wie es entstanden ist und unter die Leute gebracht wurde, substanziell kritisiert hat.
Natürlich ist das Leitbild in der Diskussion. Man wird den Landtagsabgeordneten der Oppositionsparteien schlecht verbieten können, über diese Dinge zu diskutieren,
Wenn wir schon eine solche Situation haben, in der der eigene Koalitionspartner den Innenminister hinsichtlich der Fragen, in welcher Art und Weise und was er für ein Leitbild unter die Leute bringt, öffentlich demontiert, dann werden wir als Opposition wohl das Recht haben, diese Dinge infrage zu stellen und zu sagen: Liebe Landesregierung, legt erst einmal ein Leitbild vor, über das ihr euch einig seid. - Punkt 1.
Zweitens zu dem Problem der Defizitanalyse und des Leitbildes. Das große Problem sowohl des Koalitionsvertrages als auch dessen, was insgesamt bisher von der Koalition dazu gekommen ist, ist genau das, dass es keine Defizitanalyse gibt. Was stört uns nun eigentlich an der gemeindlichen Struktur? Was ist das Problem und mit welchen Mitteln wollen wir es beseitigen? Diesbezüglich haben wir eine völlig unterschiedliche Wahrnehmung.
Der Innenminister hat heute noch einmal sehr ausführlich aus der Sicht der SPD, wahrscheinlich aber eher aus der Sicht des Finanzministers als aus seiner Sicht, zu einem ganz wichtigen Motiv gesprochen. Er hat vorhin gesagt, wir brauchen Einheitsgemeinden, um die
- Das ist übrigens in diesem Zusammenhang genau dasselbe. - Ein Drittel und ein Drittel und ein Drittel in der Mitte. Jetzt haben wir folgende Situation: Wir haben eine Einheitsgemeinde, der hoch verschuldete Gemeinden zugeordnet sind, und dann gibt es Gemeinden, denen es noch richtig gut geht. Jetzt verteilen wir die Schulden der hoch verschuldeten Gemeinden auf alle. Dadurch haben wir aus der Sicht des Landes richtig was gekonnt; denn dadurch brauchen wir weniger Bedarfszuweisungen. Ist doch logisch.
Wir haben nur die Situation, ganz anders als Herr Hövelmann es dargestellt hat, dass dann nicht nur zwei Drittel der gemeindlichen Vertreter eigentlich nichts mehr zu sagen haben, sondern fast alle. Die Schulden reichen dann fast überall aus, um die Gemeinden insgesamt in eine Haushaltsschieflage zu bringen. Das betrifft auch die wenigen, die noch nicht in einer solchen Situation sind. Insofern ist das ein ganz ehrliches Argument. Aber man muss sich über dieses Argument im Klaren sein und auch sagen können, an welcher Stelle man es nicht teilt.
Übrigens, die Aussage, zwei Drittel aller Gemeinden hätten jetzt schon faktisch keine kommunale Selbstverwaltung mehr, hätte ich gern von Ihnen, Herr Hövelmann, beim Landeshaushalt und beim FAG gehört.
Diese Defizitanalyse ist völlig unterschiedlich. Natürlich haben wir auch eine Differenz zur FDP. Jawohl, wir sagen, und das schon seit längerer Zeit, dass Verwaltungsgemeinschaften aus unserer Sicht jetzt ein Problem haben. Sie haben, wenn sie 29 Mitgliedsgemeinden haben, ein Koordinierungsproblem. Deswegen haben wir beschlossen, die Verwaltungsgemeinschaften sollten eine begrenze Anzahl von Mitgliedsgemeinden haben. Vor zwei Jahren haben wir beschlossen, dass es zehn sein sollen. Dieser Meinung sind wir immer noch. Ich weiß nicht, für welche Partei es noch zutrifft, dass sie die gleiche Position wie vor zwei Jahren vertritt; aber das ist so.
Außerdem gibt es ein Defizit in den Verwaltungsgemeinschaften - das ist uns ernst -, nämlich ein Demokratiedefizit. Innerhalb von Verwaltungsgemeinschaften herrscht die Situation vor, dass eine Gemeinde, meinetwegen die Gemeinde, in der eine Schule vorgehalten wird, oder die Gemeinde, die ein Schwimmbad betreibt, eine überörtliche Funktion vorhält, aber über diese überörtlichen Funktionen können nur die Bürger entscheiden, die in dieser Gemeinde wohnen. Also können nur die Bürger, die in dem Ort wohnen, in dem sich die Schule befindet, über ihren Gemeinderat darüber entscheiden, ob in diese Grundschule investiert wird. Die Eltern der Schüler aus den sechs oder sieben umliegenden Gemeinden, deren Kinder diese Schule ebenfalls besuchen, können darüber nicht entscheiden. Das ist ein Demokratiedefizit der Verwaltungsgemeinschaft. Deswegen haben wir ge
sagt, alle überörtlichen Funktionen, die in diesem Konstrukt wahrgenommen werden, müssen von der Gemeinschaft wahrgenommen werden.
Wir wissen natürlich, dass viele das nicht teilen. Bei der CDU weiß ich überhaupt nicht, welches Defizit sie sieht. Sie haben völlig Recht, Herr Wolpert, ich weiß nicht, welches Defizit die CDU sieht.
Der Ministerpräsident redet von der demografischen Situation. Aber die Frage, warum eine Einheitsgemeinde darauf besser reagieren sollte, konnte mir auch noch niemand richtig beantworten.
Herrn Madl fand ich heute richtig klasse. Er hat den stellvertretenden Bürgermeister von Altenweddingen als Autoritätsbeweis genannt. Herr Madl, den kenne ich relativ gut. Ich hätte mir auch nicht träumen lassen, dass ein CDU-Fraktionsmitglied einen Bundessprecher der Kommunistischen Plattform als Autorität nennt.
Er hat folgende Position: Er sagt uns immer, ihr müsst die Einheitsgemeinden als solche verbieten, weil sie Demokratiedefizite mit sich bringen. - Das ist eine eindeutige Minderheitenposition. Diese teilen wir nicht.
Ich weiß tatsächlich nicht, was bei der CDU eigentlich die inhaltliche Begründung dafür ist, die Gemeindestruktur zu ändern. Wenn wir uns über diese Defizite überhaupt erst einmal im Klaren sind, wenn wir wissen, welche Argumente werden von wem vertreten und wer erkennt welche Defizite an, dann können wir zu Strukturen kommen, die man in einem Leitbild vorschlägt. Das ist unsere Antwort. Deswegen wollen wir ein Leitbild mit einer Defizitanalyse, welches das Defizit und das Lösungsmuster aufzeigt. Das ist das, was wir wollen. Das ist das, was wir beantragt haben.
Ein Leitbild der Landesregierung, welches vor seinem offiziellen Erscheinen schon vom Koalitionspartner abgelehnt wird, kann nicht ernsthaft ein Ersatz dafür sein. - Danke.
Wir stimmen über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/580 ab. Wer stimmt zu? - Das sind die Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 14 ist beendet. Das heißt, wir sind am Ende der 18. Sitzung des Landtages angelangt.
Die morgige 19. Sitzung beginnt um 9 Uhr. Wir beginnen, wie vereinbart, mit dem Tagesordnungspunkt 13.
Ich schließe die Sitzung nicht, ohne Sie noch einmal daran zu erinnern, dass heute eine parlamentarische Begegnung mit der Mitteldeutschen Medienförderung GmbH stattfindet.