Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Was war damals unser Ansinnen und was verbirgt sich hinter dem Programm? - Es ging uns darum, die musische und hier vor allem die musikalische Bildung bei Kindern und Jugendlichen im Land zu verbessern. Alle, die sich ein wenig mit musischer Bildung beschäftigen, wissen, dass diese für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen einen enorm hohen Stellenwert hat.

Wie bereits in der Einbringungsrede zu dem Antrag in der dritten Legislaturperiode will ich auch heute auf die Langzeitstudie von Professor Hans-Günter Bastian verweisen, der in seiner viel beachteten Studie nachweisen konnte, dass Musizieren Kinder und Jugendliche kreativ macht und soziale Kompetenzen schult. Außerdem fördert es die Konzentrationsfähigkeit und hat einen durchweg positiven Einfluss auf die gesamte Persönlichkeitsentwicklung.

Ich will ausdrücklich betonen, dass wir dieses Programm als einen wichtigen Bestandteil von Nachteilsausgleich betrachten, Nachteilsausgleich für jene Kinder und Jugendlichen, die es sich nicht leisten können bzw. deren Elternhaus es sich nicht leisten kann, einen Musikschulunterricht zu finanzieren. Solche Fälle gibt es leider immer häufiger.

Bei diesem musisch-ästhetischen Bildungsprogramm kommen alle Kinder einer Schulklasse in den Genuss, ein Instrument in der Hand zu halten, hierfür ein gewisses Gefühl zu bekommen und so musische Kompetenzen zu schulen und überhaupt erst einmal zu entwickeln. Die Musikschule kommt in die jeweilige allgemeinbildende Grundschule und gibt dort eine Art kostenfreien Musikschulunterricht.

Natürlich ist diese Form nicht mit dem richtigen Besuch einer Musikschule gleichzusetzen. Das ist aber auch nicht Intention dieses Programms. Die Intention ist, dass Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer sozialen

Herkunft die Möglichkeit bekommen, ein Gefühl für das Spielen eines Instruments zu erlangen und dadurch eigene Kompetenzen zu entwickeln bzw. zu erweitern.

Ich selbst konnte im Jahr 2002 einmal das Abschlusskonzert einer Schulklasse in einer Grundschule in meinem Landkreis besuchen, in der das Programm bereits im ersten Jahr der Entstehung umgesetzt werden konnte. Hierbei konnte ich feststellen, wie erfreut, selbstbewusst und auch stolz die Kinder, aber auch die Eltern waren, selbst dann, wenn man nur die Tonleiter hoch und runter spielen konnte.

Wie gesagt, unser Antrag wurde im Jahr 2001 vom Landtag zum Beschluss erhoben. Seitdem gibt es dieses Programm; es hat sozusagen alle weiteren Landesregierungen überlebt. Ich betone dies ausdrücklich und will diesbezüglich unserer Landesregierung auch einmal danke sagen.

(Zustimmung bei der CDU)

Denn dass Programme von Vorgängerregierungen weitergeführt und sogar noch aufgewertet werden, ist keine Selbstverständlichkeit.

Wir hatten unseren Antrag seinerzeit ausschließlich auf Grundschulen im Land Sachsen-Anhalt bezogen. Nachdem das Modellprojekt „Kinder und Musik“ von 2001 bis 2003 lief, wurde das Anschlussprogramm „Musischästhetische Bildung“ aufgelegt, welches nicht nur die Grundschulen erfasst, sondern allgemeinbildende Schulen insgesamt, beispielsweise jetzt auch die Gymnasien. Das zeigt das große Interesse, welches nach wie vor an diesem Programm vorherrscht.

Es zeigt auch, dass die Bedenken, die es anfangs durchaus gab, sich nicht bestätigt haben. Das Programm „Musisch-ästhetische Bildung“ ist kein Ersatz für und keine Konkurrenz zu den Musikschulen. Vielmehr ist es eine Art Ergänzung und ein Beitrag zum Nachteilsausgleich. Wir nutzen die Kompetenzen der Musikschulen unseres Landes, indem sie einen sehr wertvollen Beitrag zur musischen Bildung an allgemeinbildenden Schulen leisten. Deshalb auch mein ausdrücklicher Dank an die Musikschulen Sachsen-Anhalts und den Landesverband der Musikschulen für das bisher Geleistete.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Zustimmung bei der CDU)

Das Interesse an diesem Programm ist nach wie vor ungebrochen hoch. In der Begründung unseres Antrages steht, dass es über 1 000 Schülerinnen und Schüler sind, die in den Genuss dieses Programms kommen. Wie uns der Landesverband der Musikschulen jetzt präzisiert mitteilte, sind es sogar um die 1 900 Schülerinnen und Schüler. Beteiligt sind momentan 78 allgemeinbildende Schulen, davon 59 Grundschulen, sechs Sekundarschulen, acht Gymnasien und fünf sonderpädagogische Einrichtungen. Kooperativpartner sind 25 Musikschulen Sachsen-Anhalts.

Diese Zahlen sprechen schon für ein großes Interesse an musisch-ästhetischer Bildung. Aber der Bedarf ist offensichtlich noch größer; denn seitdem es dieses Programm gibt, gibt es eine Art Warteliste. Derzeit sind es laut Auskunft des Landesverbandes der Musikschulen weitere 500 Schülerinnen und Schüler, die auf einer solchen Warteliste stehen. Das heißt konkret, 500 Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen würden sehr gern an diesem Programm partizipieren.

Die Linkspartei.PDS-Fraktion ist der Auffassung, dass wir versuchen sollten, diese Warteliste abzubauen, indem das Programm aufgestockt wird. Das ist die Hauptintention unseres Antrages, der Ihnen vorliegt. Natürlich kostet dies auch Geld. Das will ich hier gar nicht verhehlen. Wie uns mitgeteilt wurde, würden die Mehraufwendungen, die notwendig wären, bei 20 000 bis 55 000 € liegen. Die Höhe der Zahl schwankt deshalb, weil ein eventueller Zukauf von weiteren Musikinstrumenten einkalkuliert werden müsste.

Dennoch denken wir, dass es sich insgesamt um eine Zahlengröße handelt, die durchaus als machbar gelten sollte und die uns - auch in Anbetracht des Erfolgs des Programms - die Sache auch wert sein sollte. Natürlich sind wir auch bereit, hierüber in den Ausschüssen zu reden, wenn dieses gewünscht wird.

Unser Antrag hat aber noch eine weitere Intention, nämlich bisherige Erfahrungen und Ergebnisse des Projekts „Musisch-ästhetische Bildung“ und des Vorgängerprojekts „Kinder und Musik“ im Fachausschuss vorzustellen und dies auch in einer geeigneten Form zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung soll den Zweck erfüllen, das Programm weiter bekannt zu machen und dafür zu werben. Ich denke, dass Sachsen-Anhalt auf dieses Projekt stolz sein kann. Und warum sollte man nicht mit etwas werben können, um zu zeigen, dass wir etwas für die musische Bildung von Kindern und Jugendlichen tun?

Meine Damen und Herren! Ich habe mir im Vorfeld der heutigen Diskussion noch einmal den Debattenverlauf aus dem Jahr 2001 durchgelesen, als wir unseren damaligen Antrag zum selben Thema in den Landtag von Sachsen-Anhalt einbrachten. In der Debatte sprach der damalige CDU-Landtagsabgeordnete Herr Kunze zu unserem Antrag und meinte - ich zitiere -: „Schädlich ist er nicht. Im Grunde genommen rennen Sie damit offene Türen ein.“ - Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank, Herr Gebhardt, für die Einbringung. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Professor Olbertz das Wort. Bitte schön.

Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Die musikalische Bildung bei Kindern und Jugendlichen in unserem Land ist seit jeher ein Thema, das mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht und auch diskutiert wird und über dessen Bedeutung wir hier im Landtag oft ein hohes Maß an Übereinstimmung festgestellt haben.

Ich würde mich deshalb freuen, wenn der zu behandelnde Antrag heute ebenfalls diese Aufmerksamkeit erfahren würde, beschreibt er doch auf der Grundlage eines bisher sehr erfolgreichen Projekts die daraus resultierenden positiven Wirkungen.

Das Projekt „Musisch-ästhetische Bildung in Schulen“ hat zum Ziel, möglichst vielen Schülerinnen und Schülern über die Musik den Zugang zu einem Instrument zu ermöglichen.

Was im Jahr 2001 als Modellprojekt „Kinder und Musik“ des Landesverbandes der Musikschulen an einigen Grundschulen begonnen hat, ist zwischenzeitlich zu dem Programm „Musisch-ästhetische Bildung in Schulen“ her

angereift. Mittlerweile kooperieren 25 Musikschulen mit 78 allgemeinbildenden Schulen - darunter 59 Grundschulen, sechs Sekundarschulen, acht Gymnasien und fünf sonderpädagogische Einrichtungen.

In den verschiedensten musikalischen Angeboten wird so gegenwärtig rund 1 900 Schülerinnen und Schülern zusätzlich zu dem regulären Musikunterricht durch erfahrene Pädagoginnen und Pädagogen der Kontakt mit einem Musikinstrument vermittelt. Vor allen Dingen für Kinder von einkommensschwächeren Eltern ist das Projekt ein Zugewinn. Außerdem beginnen zahlreiche Schüler nach ihrer Teilnahme am „Mä-Bi Schule“, wie es genannt wird, mit dem Unterricht in einer Musikschule.

Die Attraktivität und der Erfolg des Projekts sind mittlerweile so groß, dass es - Sie sagten das - eine Warteliste gibt, auf der bereits weitere 38 Schulen mit rund 500 Kindern stehen, die dieses Angebot ebenfalls nutzen möchten. Es ist davon auszugehen, dass dieser Bedarf noch weiter wächst.

Das Land fördert das Projekt mit derzeit rund 136 000 €. In den Planungen für die Jahre 2008 und 2009 haben wir diesen Betrag ebenfalls vorgesehen. Daran wird deutlich, dass das Land diesem Projekt einen hohen Stellenwert beimisst.

Außer auf die bildungspolitischen Aspekte möchte ich an dieser Stelle auf die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Musikschulen und allgemeinbildenden Schulen hinweisen. In gemeinsamer Verantwortung wird hierbei auf einem hohen Niveau ein wichtiger Beitrag zur musikalischen und ästhetischen Bildung der Kinder geleistet. Gemeinsames Musizieren trainiert ihre Sozialkompetenzen und kommt den kognitiven Potenzialen der Kinder entgegen. Es gibt viele positive Rückmeldungen von Fachlehrern, die eine aufgrund des Musizierens gesteigerte Konzentration und ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein bei den Kindern loben.

Der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS zielt offensichtlich darauf ab, die schon genannte Warteliste abzubauen, was in der Tat wünschenswert wäre, aber auch bestimmter Voraussetzungen bedarf. Um darüber intensiver beraten zu können, empfehle ich, den Antrag in den zuständigen Ausschuss zu überweisen. Ich habe angesichts der sich abzeichnenden Einigkeit bei diesem wichtigen Thema den Eindruck, eine besonders kurze Rede gehalten zu haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir kommen jetzt zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Als erster Debattenrednerin erteile ich Frau Mittendorf von der Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat ein erfreulicher Umstand, dass ein gutes Programm auch Regierungswechsel übersteht. Ich kann nur sagen, dass wir die grundsätzliche Intention des Antragstellers teilen und dem auch zustimmen.

Es ist in der Tat so, dass musisch-ästhetische Bildung ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil von Bildung insgesamt ist, nämlich dann, wenn man Bildung ganz

heitlich betrachtet. Es ist in der Tat richtig, dass zahlreiche Kinder - zu viele Kinder - in unserem Land zu wenig Berührung mit Musik haben und auch wenig darüber erfahren, geschweige denn, dass sich selbst musisch betätigen. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man gemeinsam musiziert oder nur den MP3-Player betätigt.

(Herr Gürth, CDU: Das stimmt!)

Ich denke, das gilt wohl für alle Schichten in dieser Gesellschaft.

(Herr Gürth, CDU: Genau!)

Ich muss einräumen, dass es in der Tat wohl so ist, dass die angespannte soziale Situation, in der viele Kinder in unserem Land aufwachsen, für das Herangehen an Musik, für die grundständige musische Ausbildung und vor allen Dingen für die aktive Ausübung ein besonders großes zusätzliches Problem darstellt.

(Herr Gürth, CDU: Der Spielmannszug ist eine wunderbare Kombination von Sport und Musik!)

Insofern - darin stimme ich meinem Vorredner zu - müssen wir, was den Nachteilsausgleich betrifft, etwas tun.

Es ist richtig, nach der relativ langen Laufzeit des Projektes die Ergebnisse und Erfahrungen einfach einmal zusammenzufassen und darzustellen - auch vor dem Hintergrund, wie das bei anderen wichtigen und guten Projekten erfolgt ist.

Aber - darin werden Sie mir sicher zustimmen, meine Damen und Herren - noch wichtiger ist es, über die Zukunft des Projektes zu reden, dafür zu werben, es beizubehalten, vielleicht sogar auszubauen, also sowohl über die qualitativen als auch über die quantitativen Gesichtspunkte zu reden. Das ist auf jeden Fall wünschenswert - auch eine Ausweitung. Das müssen wir prüfen. Das ist ohne Frage so. Über Letzteres können wir heute hier im Landtag nicht entscheiden. Wir sollten im Ausschuss darüber beraten.

Wenn es möglich sein sollte - es sind hier Zahlen genannt worden -, mit relativ wenig Geld viel Gutes zu tun, dann sollten wir versuchen, Mittel und Wege zu finden, im Rahmen der Haushaltsberatungen gute Entscheidungen zu treffen. Ich plädiere für die Überweisung des Antrages in den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Mittendorf. - Als nächsten Debattenredner rufe ich den Abgeordneten Herrn Kley von der Fraktion der FDP auf. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es ja vernommen, bei diesem Thema besteht in diesem Hohen Hause immer große Einigkeit. Ich hoffe, dass alle, die sich zu dem Thema in irgendeiner Art und Weise äußern, wenigstens wissen, worum es geht, weil es gerade bei musisch-ästhetischer Bildung wichtig ist, dass man eine gewisse Affinität zu diesem Thema hat, um auch bei solcher Art von Konzeptionen langfristig zu denken und nicht kurzfristig nur als Gutmensch zu erscheinen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Darum soll es auch gar nicht gehen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass das Thema „Musisch-ästhetische Bildung in Schulen“ heißt und nicht „Musisch-ästhetische Bildung in Schulbussen“. Dazu gab es ja bereits verschiedene Vorschläge, die, glaube ich, nicht zielführend gewesen wären.

Nichtsdestotrotz möchte ich nachdrücklich darum bitten, dass wir zunächst im Ausschuss über die Erfahrungen aus dem Projekt diskutieren, auch über die Thematik der Ausweitung auf die Kindergärten. Das haben wir ja im Rahmen des Programms „Bildung elementar - Bildung von Anfang an“ zu einem wesentlichen Bestandteil gemacht, und auch die Musikschulen sollten die Gelegenheit haben, bei derartigen Projekten Unterstützung zu erhalten.