Protokoll der Sitzung vom 27.04.2007

Wir haben einen Einstellungskorridor von 250 Stellen gehabt und dann gemerkt, dass wir damit nicht hinkommen. Ich habe mich selbst etwas geärgert. Ich saß mit Herrn Scharf und anderen selbst in der betreffenden Gruppe. Wenn wir damals schon das Datenmaterial von heute gehabt hätten, hätten wir wahrscheinlich auch eine andere Zahl hingeschrieben. Aber es ist besser, das jetzt zu ändern und aufzuzeigen, was notwendig ist, als krampfhaft bei 250 zu bleiben.

Trotzdem stimmt der Vorwurf, dass der Altersdurchschnitt in bestimmten Bereichen der Verwaltung zunehmen wird. Aber da sage ich auch als Elektroingenieur: Bestimmte Logiken kann man nicht außer Kraft setzen.

Auf den Vorschlag von irgendjemandem, der es ermöglicht, Personalabbau im öffentlichen Dienst zu betreiben und gleichzeitig so viele neue Leute einzustellen, dass der Altersdurchschnitt sinkt, warte ich. Wenn ein solcher Vorschlag in die Enquetekommission eingebracht wird, übernehme ich ihn sofort.

Deshalb haben wir, natürlich mit Ärger, beschlossen, bis 2011, was auch wichtig ist, erst den Überhang in vielen Bereichen abzubauen, sodass wir uns dann in einem Korridor befinden wie andere Länder auch, und ab 2011 in bestimmten Bereichen demografisch nachzusteuern. Dann wird es ab 2011/2012 gelingen, zugegebenermaßen wesentlich mehr jüngere Menschen in SachsenAnhalt einzustellen. Wir rechnen mit einer Zahl von mehr als 1 000.

Ich bin einer Zeitung in Sachsen-Anhalt sehr dankbar gewesen, die über einen Artikel zum Personalentwicklungskonzept geschrieben hat, dass ab 2011, glaube ich, mehr als 1 000 junge Menschen neu in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden. Das ist doch eine Botschaft, die zeigt, dass es sich lohnt, in den nächsten Jahren an dieser Stelle noch das eine oder andere mitzumachen, was vielleicht nicht so optimal ist.

(Beifall bei der SPD)

Darüber zu reden lohnt sich allemal.

Das Personalentwicklungskonzept enthält auch viele andere Maßnahmen. Wir wollen Anfang Juli ein Verbeamtungskonzept vorlegen. Dabei bin ich sehr restriktiv.

(Beifall bei der SPD)

Ich lege dabei Wert darauf, bestimmte Bereiche auszunehmen. Wir wollen ein Beförderungskonzept vorschlagen. Wir wollen Stellenhebungen in Größenordnungen vornehmen, damit diejenigen, die im Amt sind, auch eine

Perspektive haben. Wir haben in den Planungen eine Erhöhung der Bezüge, eine Einmalzahlung und die OstWest-Anpassung vorgesehen, die 250 Millionen € kosten wird. Das macht man nicht so nebenbei. Das muss aufgefangen werden, wenn man einen Deckel darauf haben will.

Wir haben vor, ein Personalmanagementsystem einzuführen, das uns in die Lage versetzt, kurzfristig taggenau die Kosten zu analysieren.

Im Zusammenhang mit dem Personalkonzept haben wir im Kabinett mehr als 20 Beschlüsse gefasst. Wir wollen das Parlament regelmäßig - das werden Sie schon bei der Vorlage des Doppelhaushalts merken - über ein überarbeitetes Personalkonzept informieren und das Kabinett und auch das Parlament hinsichtlich der Abarbeitung innerhalb des Haushalts ständig auf dem neuesten Stand halten.

Wir werden übrigens so vorgehen, wie es die Linkspartei.PDS in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin auch getan hat. Diese beiden Länder sind in vielen Bereichen Vorbild. Wer Sigrid Keler fragt und sich das dortige anschaut oder wer weiß, was Thilo Sarrazin in Berlin alles unternommen hat, der weiß, dass auch die Linkspartei.PDS in Sachsen-Anhalt diesen Weg mitgehen wird.

Insofern nehme ich ihren Ball dankbar auf und möchte die Linkspartei.PDS herzlich einladen, in der Enquetekommission gemeinsam mit uns darüber zu streiten, was für einen öffentlichen Dienst wir für die Zukunft haben wollen, und vor allen Dingen auch darüber zu reden, was wir an Dienstleistungen den Menschen gegenüber bieten wollen auf der Grundlage eines aus Ihrer Sicht vielleicht überspannten fiskalischen Ansatzes. Wie gesagt, bessere Vorschläge sind immer gern gesehen.

Ich kann mit Ihnen und mit dem gesamten Parlament lange darüber reden, was an Kernaufgaben in der Zukunft zu leisten sein wird. Ich glaube auch, dass wir dann im Sinne einer modernen öffentlichen Verwaltung das eine oder andere lassen können, das eine oder andere verstärken müssen, dass all diejenigen, die mehr Bildung wollen, wissen, dass sie dort auch mehr investieren müssen. Ich glaube schon, dass es enorme Möglichkeiten gibt, das alles in der Zukunft effizienter, besser technisch ausgestattet, kostengünstiger auf hohem Niveau für die Menschen in Sachsen-Anhalt anzubieten.

Ich freue mich auf die Debatte. Ich weiß auch, dass sie mich bis in die letzten Tage dieser Wahlperiode begleiten wird, weil sie vom Umfang her, von der Bedeutung her das wichtigste Thema im Haushalt insgesamt betrifft. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Möchten Sie Fragen von Herrn Gallert beantworten? - Bitte schön, Herr Gallert.

Eine Vorbemerkung und dann eine Frage. Die Vorbemerkung: Ja, unsere Leute in Berlin haben in der letzten Legislaturperiode Personalabbau real unterm Strich mitgemacht, unter anderem deshalb, weil vorher eine CDU-SPD-Koalition in Berlin einen öffentlichen Dienst aufgebaut hat, der etwa das Zweieinhalbfache dessen

ausmacht, was wir in Sachsen-Anhalt dazu haben, die kommunalen Bediensteten einmal abgerechnet.

(Unruhe bei der CDU und bei der SPD)

Zweitens. Herr Bullerjahn, ich verstehe durchaus Ihre Herangehensweise und ich verstehe durchaus auch Ihre Hoffnung, uns bei dieser Logik mitzunehmen. Die Frage ist, ob Sie Ihre eigene Koalition dabei mitnehmen können. Gestern wurde ein Beschluss über einen Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD zu Grundsätzen der künftigen Schulentwicklungsplanung gefasst. Ich lese Ihnen nur einen Punkt daraus vor - dieser Punkt ist beschlossen worden -:

„Gewährleistung einer regional bedingten Flexibilität der Vorgaben im Hinblick auf die künftig vorgesehene Mindestgröße für die einzelnen Schulformen bzw. die Eingangsklassenbildung.

Regional differenzierte Betrachtung der Fortführung von Grundschulen an bisherigen Einzelstandorten nach erfolgter Gemeindegebietsreform.“

In der Begründung wird dann noch einmal deutlich gesagt, was damit gemeint ist:

„Der Besonderheit dünn besiedelter Regionen“

- das ist ein großer Teil des Landes Sachsen-Anhalt -

„muss künftig besser Rechnung getragen werden. Sämtliche Bestimmungen zur Einhaltung einer Schulwegszeit gehen letztlich auf sie zurück.“

Frau Feußner hat gestern ganz deutlich gesagt, dass das mit dem, was im Kabinettsbeschluss zu den Lehrern vorgesehen ist, nicht zu machen sei. Sie hat es nicht direkt so gesagt, aber das ist die Botschaft, die inhaltlich darin steckt. Sie hat es ein bisschen vorsichtiger formuliert.

Jeder, der drei Minuten über diese Geschichte nachdenkt, weiß, dass sie mit dieser Einschätzung völlig Recht hat. Die Frage ist eigentlich die folgende: Warum ist die Koalition bei dem Kabinettsbeschluss noch lange nicht angeschlossen? Warum ist innerhalb der Koalition darüber noch nicht diskutiert worden, was das, was beschlossen worden ist, inhaltlich bedeutet?

Zu Berlin. Wenn ich eines in den Jahren gelernt habe, dann das, dass es keine Partei in Deutschland gibt, die bei den Themen Personalentwicklung und Personalkosten darauf verweisen kann, eine reine Weste zu haben. Ich rede hierbei nicht über die acht Jahre, in denen wir gemeinsam im Tolerierungsmodell mit voller Absicht Verantwortung getragen haben und in denen wir vielleicht im Bereich des öffentlichen Dienstes bestimmte Entwicklungen etwas stringenter hätten angehen müssen,

(Beifall bei der FDP)

obwohl es Gründe dafür gab, dies nicht zu tun. Aber im Rahmen von Regierungswechseln in allen Ländern, ob vorher die SPD, CDU, FDP oder wer auch immer an der Macht war, haben sich alle schon einmal damit herumgeschlagen. Es gibt auch bestimmte Entwicklungen, die man nicht immer vorhersehen kann; das war vorhin von mir auch nicht als Vorwurf gemeint.

Ich habe mich bereits zu Zeiten der Opposition mit dem Personalkonzept von Sigrid Keler, der Finanzministerin der rot-roten Regierung in Mecklenburg, beschäftigt. An dieser Stelle sind wir heute noch lange nicht. Dort hat man für die nächsten Jahre sogar kapitelscharf heruntergefahren. Hierzu hätte ich gern einmal eine Debatte mit der PDS in der Opposition erleben mögen. In Mecklenburg-Vorpommern hat man es umgekehrt gemacht. Man hat sich dieser Verantwortung gestellt. Und siehe da, die große Koalition von heute in Mecklenburg-Vorpommern macht nichts anderes, weil Personalentwicklung und Personalpolitik, wenn man einmal ehrlich ist, in aller Regel nicht parteipolitisch geprägt sind.

(Herr Tullner, CDU: Korrekt!)

Bei der Diskussion über mehr als 20 000 Lehrer geht es um Marginalien und nicht um die grundsätzliche Frage, ob einer die Lehrer und die Polizisten nicht will. Vielmehr sind es Ausdifferenzierungen im Lichte der Möglichkeiten.

Vielleicht haben wir einmal mehr Geld und hoffentlich werden wir nicht so wenig Sachsen-Anhalter.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

In diesem Fall wird meine Zielzahl natürlich zu ändern sein. Es ist doch nicht so, dass das unbedingt eintreten muss,

(Minister Herr Dr. Daehre: Ja!)

sondern es ist eine Diskussionsgrundlage, bei der ich es all denen, die das nicht wollen, etwas schwerer machen will auszubüxen. So verstehe ich meine Aufgabe. Ich habe es, wie gesagt, bereits vor der Wahl gemacht und konnte nun nichts anderes machen, Herr Gallert. Ich musste das fortführen, womit ich mich jahrelang beschäftigt habe. Ich habe am Anfang dargestellt - Frau Feußner hat an dieser Stelle Recht -, dass das ein lernendes System ist. Wenn man einmal beschließt, dass die Bildungspolitik das Wichtigste ist, dann wird man dort andere Parameter ansetzen.

Ich weiß, dass in früheren Zeiten der SPD die innere Sicherheit das wichtigste Thema war. Dabei kam man im Bereich der Polizei sogar noch zu ganz anderen Zahlen. Das ist sozusagen im Ranking, nicht wegen Holger Hövelmann, sondern im öffentlichen Bewusstsein, etwas zurückgetreten. Wenn man dann in ein paar Jahren sagt, dass das wieder anders ist, dann wird man darüber reden müssen. Es ist keine Beschlusslage, die in Stein gemeißelt zehn Jahre lang im Schrank irgendeiner Staatskanzlei liegt und bei der alle nur noch nachgucken, ob das im Verhältnis 1 : 1 umgesetzt wird.

Das ist auch die Chance für das Parlament und für die Politik. Deswegen: Ja, das sind Zahlen zur Orientierung. Wir haben verbindliche Beschlüsse bis zum Jahr 2011 gefasst. Das ist genau das, was wir können. Alles, was darüber hinausgeht, ist die Aufgabe der nächsten Landesregierung. Wenn dies zwischen den beiden Fraktionen festgelegt ist, dann werden wir das natürlich politisch bewerten und werden versuchen, es umzusetzen.

Ich rede auch mit den Gewerkschaften. Ich habe es bereits vorher gemacht, dann gab es einen gewissen Stillstand der Gespräche, aber das kommt jetzt alles wieder. Dabei werde ich auch dafür werben, dass wir unterm Strich alle gemeinsam genügend Möglichkeiten haben, entlang dieser Zahlen das eine oder andere anders zu

machen. Die Grundlinie muss allerdings beibehalten werden.

Übrigens, Herr Gallert, die CDU- und die SPD-Fraktion haben mich in zwei Wochen zu einer gemeinsamen Fraktionssitzung eingeladen, um einmal das Personalkonzept gemeinsam in aller Kleinteiligkeit zu bereden. Ich habe das allen angeboten. Ich werde das auch immer wieder tun, weil es mir darum geht, dies aus der politischen Diskussion herauszuziehen, da ich glaube, dass es dann viel entspannter diskutiert werden kann.

Zum Schluss möchte ich sagen, dass ich mich darüber freuen würde, wenn auf der Grundlage der Diskussion im Parlament das eine oder andere im Konzept verbessert werden kann. Ich würde mich freuen, wenn wir das in einigen Jahren zu unserer gemeinsamen Sache machen könnten. Ich muss zunächst denen in meinem Haus und auch in den anderen Ministerien Dank sagen, die in den letzten Monaten sehr viel Arbeit hineingesteckt haben. Ich glaube, das Konzept ist es wert, vernünftig darüber zu diskutieren. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. Frau Dr. Hüskens möchte noch eine Frage stellen.

Sie weiß ja um die Schwere des Themas.