Wohl war. - Herr Bullerjahn, Sie haben relativ häufig gesagt, dass es schön wäre, wenn wir in der Enquetekommission darüber reden könnten. Wir beide wissen, dass Personalentwicklungen ein bisschen wie ein Tanker sind. Ich kann in diesem Punkt nicht alle halbe Jahre die Richtung wechseln, weil ich dann besonders viel Unruhe und überhaupt keine sinnvollen Strukturen bekomme.
Um bewerten zu können, wie sinnvoll diese Enquetekommission sein wird, stellt sich mir die Frage, ob die Landesregierung zwei Jahre warten wird, bis die Beschlussempfehlung dieser Enquetekommission vorliegt und bis sie ihr Personalentwicklungskonzept auf den Weg bringt. Oder können wir davon ausgehen, dass sie spätestens nach der Sommerpause, spätestens mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2008/2009 anfangen wird, ihr Personalentwicklungskonzept auf den Weg zu bringen und umzusetzen?
Sie werden es kaum glauben: Wir sind bereits mittendrin und das gibt genug Ärger. Wir diskutieren gerade über die Aufteilung in den Ministerialkapiteln; das ist schwieriger. Ich bin der Staatskanzlei dankbar dafür, dass wir an dieser Stelle einen Verbündeten haben, der versucht, das mit allen Häusern gemeinsam hinzubekommen. Wir sind zum Beispiel bereits jetzt dabei, das Verbeamtungskonzept im Entwurf fertig zu stellen, damit wir dies im Juli beschließen können.
Denn - an dieser Stelle schließt sich der Kreis - den Haushalt beschließt letztlich das Parlament. Wir bilden das Konzept in Form von Zahlen ab und wenn das Par
lament meint, dass es so wenig Personal nicht haben will, sondern einige Tausend Beschäftigte mehr - ich überspitze es bewusst -, dann soll es das machen. Aber dann bitte mit dem Vorschlag - am Ende der zweiten Lesung muss das so sein -, wo das Geld hierfür herkommen soll.
Ich bin, so glaube ich, fern davon, dass ich dieses als Parlamentarier völlig einschränken will, aber ich möchte darauf hinweisen, dass wir bestimmte Diskussionen nicht mitmachen werden. Wenn man meint, dass es nur über Schulden ginge oder alles so bleiben könnte, dann werden wir uns dagegen einsetzen. Wenn man meint, dass man bestimmte Eckdaten anerkennt, aber die Verteilung anders machen will, dann bitte, immer ran; dafür sind die Fachausschüsse da. Aber auf diese Debatte bin ich einmal gespannt. Ich glaube, bei dieser Diskussion kann ich mich zurücklehnen und würde die eigenen Überlegungen der jeweiligen Fraktionen gern einmal hören.
Noch dazu - ich wiederhole mich bewusst - wirkt dieses Konzept über die Wahlperiode hinaus. Da keiner im Raum weiß, wer beim nächsten Mal hier vorne sitzen wird, sollten jetzt alle die Chance nutzen, sich damit zu befassen, damit wir es dem Land ersparen können, es in einigen Jahren wieder völlig auf den Kopf zu stellen. Ich glaube, dies wäre unvernünftig.
Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Wir bekommen gleich zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Doch zunächst darf ich Damen und Herren der Krankenpflegeschule Blankenburg auf der Südtribüne begrüßen.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Da der Finanzminister bereits einen umfangreichen Werkstattbericht über seine Arbeit vorgebracht hat und am Ende gesagt hat, er freue sich auf diese Enquetekommmission, dürfen wir der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass er regelmäßig oder zumindest oft daran teilnehmen wird.
Zu meiner Rede. Meine Damen und Herren! Finanzpolitik ist auch innerhalb der öffentlichen Diskussion und Wahrnehmung zu einem der zentralen Politikfelder erwachsen. Das liegt nicht an der selbstreflektierenden Bedeutung eines Finanzpolitikers, sondern am Problemdruck selbst. Dabei ist die kuriose Situation eingetreten, dass die gefühlte Konsolidierung der öffentlichen Haushalte weit vorangeschritten ist, auch bei Gesprächen mit Fachpolitikern in diesem Hause. Die tatsächliche Konsolidierung der Etats steckt allenfalls in den Anfängen. Daher sind die bereits erreichten Ergebnisse der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, auch das in Rede stehende Personalkonzept, ein guter Anfang, aber mehr eben auch nicht.
Die eigentlichen Konsolidierungsschritte müssen erst noch erfolgen; das wissen wir alle. Daher wird zum Bei
spiel der Nachtragshaushalt im Juni wichtig für den weiteren Konsolidierungspfad, auf dem wir in dieser Wahlperiode fahren wollen, sein. Der Pfad der Tugend kann aus der Sicht der CDU-Fraktion nur heißen, dass alle Steuermehreinnahmen für den Abbau der Nettoneuverschuldung bzw. für den Abbau von weiteren Etatrisiken zu verwenden sind.
Auch im Bund - gestatten Sie mir diesen kurzen Exkurs - haben wir bei einem Etatdefizit von 19 Milliarden € einen Konsolidierungsbedarf in struktureller Hinsicht von über 40 Milliarden €. Daher ist die Goldgräberstimmung, die aus der Bundespolitik auch hierher schwappt und die wir alle in den Medien spüren können, vor diesem Hintergrund für uns nicht nachvollziehbar, zumal das Wirtschaftswachstum von nunmehr 1,7 % auf 2,4 % im Erwartungshorizont erhöht wird und nun als großer, dauerhafter und sich selbst tragender Aufschwung sogar für Jahrzehnte propagiert wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Wirtschaftswachstum von 2,4 % war in Deutschland einst ein Begriff für die Rezession. Wir sind sehr bescheiden geworden, was unsere Ansprüche an uns selbst angeht. Vor diesem Hintergrund und all den anderen ernüchternden Fakten, wie Demografie etc. - ich möchte das im Einzelnen nicht noch einmal aufführen -, kommt dem Bereich der Personalkosten, dem Bereich der Frauen und Männer, die im Auftrag und für dieses Land Sachsen-Anhalt tätig sind, eine besondere Bedeutung zu, und zwar aus folgenden Gründen:
erstens weil wir eine erfolgreiche Politik nur gemeinsam mit den Beamten und Angestellten werden erreichen können,
zweitens weil die Personalkosten den größten Ausgabenblock unseres Etats ausmachen, was auch hinsichtlich der Etatsanierung, vor allen Dingen vor dem Hintergrund der systemimmanenten Kostenremanenz, eine langfristige Perspektive notwendig macht.
Die Personalausgabenquote - der Minister hat es schon gesagt - liegt bei ungefähr 23 %, die Kosten selbst bei nahezu 2,3 Milliarden €. - All dies wissen wir, all dies diskutieren wir im Finanzausschuss seit Jahren.
Der vorliegende Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS zielt nun auf die Einsetzung einer Enquetekommission, die sich speziell mit den Personalfragen beschäftigen soll. Frau Dr. Paschke ist darauf im Einzelnen eingegangen. Dem Anliegen an sich kann ich durchaus Sympathie entgegenbringen, den gewählten Weg hingegen halte ich für wenig zielführend.
Das Ergebnis dieser Kommissionsarbeit hätte die Erarbeitung eines Personalentwicklungskonzepts sein müssen. Nur, dieses liegt bereits vor. Nun ist es an uns, die Konzeption der Landesregierung, die ich, nebenbei bemerkt, für sehr gelungen halte, zu bewerten, zu begleiten und durch Beschlüsse haushalterisch zu untersetzen. Dafür ist naturgemäß der Finanzausschuss zuständig und er wird es auch bleiben.
Nun kann man durchaus konstatieren, dass die systematische Behandlung des Themas Personalentwicklung im Finanzausschuss stringenter und systematischer, auch fachübergreifender gestaltet werden könnte, wenn ich an die Punkte wie Dienstrecht, Motivation, Eigenverantwortung, Aus- und Fortbildung und andere denke, die
in den Ausführungen von Frau Dr. Paschke auch schon angeklungen sind. Hier ist also durchaus Optimierungsbedarf vorhanden, aber es hätte an uns gelegen, diesen aufzugreifen.
Eine Enquetekommission bindet aus meiner Sicht Ressourcen und Kräfte, die wir gerade in den schwierigen Beratungen zum Etat 2008/2009 in den tradierten Gremien des Hohen Hauses brauchen werden und die uns dann fehlen würden, zumal es aus meiner Sicht durchaus spannendere Fragen für Enquetekommissionen gibt. Ich will nur die Fragen Reform des Parlamentarismus, neue Steuerungselemente in der Landespolitik oder auch die Governance-Ansätze aus der Politikwissenschaft hierzu ins Feld führen.
Daher wird die CDU-Fraktion im Wissen und im Respekt vor der Verfassung und der Geschäftsordnung, aber auch vor den parlamentarischen Rechten der Opposition der Einrichtung durch Stimmenthaltung nicht im Wege stehen. Aber, meine Damen und Herren, wir sollten die Erwartung an die Enquetekommission nicht überfrachten. Der breite gesellschaftliche Konsens, den wir immer wieder anmahnen, ist gelegentlich ein überschaubarer. Wir werden uns aber trotz der genannten Problemlage aktiv einbringen und sehen, auch wenn die rote Lampe hier leuchtet, der weiteren Entwicklung mit Motivation, Optimismus und Gestaltungswillen entgegen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich zum ersten Mal von dem Vorhaben der Linkspartei.PDS hörte, eine Enquetekommission zur Personalentwicklung in der Landesverwaltung einzurichten, habe ich unsere Verfassung und die Geschäftsordnung genommen, habe mir die dortigen Regelungen angeschaut und habe gedacht: Respekt, da hat die Linkspartei.PDS einen Weg gefunden, wie sie parlamentarisch Einfluss nehmen kann, ohne dass die Mehrheit im Parlament sie ausbremsen kann.
Ähnliche Anträge zur Einrichtung von Unterausschüssen oder zeitweiligen Ausschüssen sind in den vergangenen Legislaturperioden jeweils abgelehnt worden. Frau Paschke hat selbst darauf hingewiesen. In der letzten Legislaturperiode ist dieses Schicksal dem Ausschuss für Funktional- und Verwaltungsreform widerfahren.
Ich habe mir dann einmal den Antrag der Linkspartei.PDS konkret angesehen und ich komme danach zu dem Schluss: Sie haben ein ungeeignetes Instrument gewählt. Ich will auch kurz erläutern, warum. Enquetekommissionen befassen sich im Allgemeinen mit Themen, die der wissenschaftlichen Betrachtung bedürfen - deshalb die Einbeziehung von Externen -, und sie sollen politische Entscheidungen vorbereiten. Das ist für mich der Knackpunkt.
Die Landesregierung - Herr Bullerjahn hat es gerade noch einmal bestätigt - wird sich nicht davon abhalten lassen, die Konzepte, die sie zur Personalentwicklung hat, umzusetzen. Ihr Antrag sieht aber einen Zeitraum
der Tätigkeit der Enquetekommission von mindestens zwei Jahren vor. Demnach werden Ergebnisse zum Haushalt 2010/2011 vorliegen und dann einfließen können.
Die Landesregierung wird bis dahin nicht untätig bleiben. Das haben auch Sie gemerkt. Deswegen haben Sie sich zumindest das Thema Neueinstellungen schon für den Haushalt 2008/2009 vorgenommen, wobei ich glaube, dass auch Sie wissen, dass es ein wenig schwierig ist, über Neueinstellungen zu reden, solange ich nicht weiß, wohin die Reise beim Personal gehen soll und wie hoch der Bestand zukünftig insgesamt sein wird.
Daraus ergibt sich für mich folgendes Problem: Die Kommission wird tagen. Sie wird sicherlich kluge Zwischenberichte und einen noch viel besseren Endbericht vorlegen. Die Landesregierung wird parallel dazu ihr Konzept umsetzen, was ihr gutes Recht ist, und sie wird dort, wo parlamentarische Mehrheiten erforderlich sind, diese wohl auch erhalten. - Ich habe noch einmal nachgesehen und festgestellt, dass im Augenblick ein Viertel aller Gesetze, die von der Landesregierung eingebracht worden sind, der Zustimmung der Mehrheit nicht ganz sicher sein können. Aber ich gehe davon aus, dass das alles Ausnahmen sind. - Das heißt, die Landesregierung wird den Personalabbau weiter forcieren.
Wenn wir dann dem Landtag den Bericht der Enquetekommission vorlegen, werden wir eine Abweichung von zwei Jahren haben. Wie erheblich das ist, hat jeder mitbekommen, der im Finanzausschuss dem Gespräch mit Herrn Seitz und Herrn Ragnitz beigewohnt hat. Dabei haben wir gemerkt, dass zwischen den Daten, die dort erarbeitet worden sind, und unserem Wissensstand eine Differenz von anderthalb Jahren vorhanden war, und haben relativ häufig gesagt: Das ist aber nicht mehr so. - Wir werden dann wieder eine Differenz von zwei Jahren haben. Das heißt, dieser Bericht der Enquetekommission wird meiner Meinung nach auch für zukünftige Personalentwicklungskonzepte nicht besonders tauglich sein, sondern wir werden ihn immer wieder aktualisieren müssen.
Ich halte die Herangehensweise mit der Enquetekommission auch inhaltlich für falsch, wenn man einmal überlegt, was wir im Bereich der Personalentwicklung gemacht haben. Wir haben vor etwa zehn Jahren bemerkt, dass wir nicht so weitermachen können, wie wir das in den ersten Jahren angelegt haben, nämlich Verwaltung munter aufzubauen und überall lieb gewordene oder bekannte Verwaltungsarten und -formen zu belassen.
Dann sind wir zunächst hingegangen und haben gesagt: Wir reduzieren mal die Zahl der Neueinstellungen; da gibt es in den Häusern einige Entwicklungen, die dazu führen werden, dass weniger Personal gebraucht wird. - Dann sind wir hingegangen und haben gesagt: Größere Verwaltungseinheiten sind effizienter; wir schieben sie alle zusammen und dann werden sie preiswerter und werden mit weniger Personal auskommen. - Dann haben wir über den Rechtsformwechsel nachgedacht, wir haben über Privatisierung nachgedacht, damit dort Effizienzrenditen erwirtschaftet werden. Die Verwaltung hat sich, denke ich, auch intern ein wenig angepasst. Das heißt, wenn ich weniger Personal habe, wird die Qualität an der einen oder anderen Stelle auch angepasst und wird ein wenig niedriger.
Jetzt haben wir einen neuen Ansatz: Wir haben versucht, über einen Ländervergleich weitere Bereiche fest
zustellen, in denen das Land überdurchschnittlich ausgestattet ist, mit dem Ziel, auch dort auf den Länderdurchschnitt zu kommen. Vom Grundsatz halte ich diesen Ansatz für richtig. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten des Vorgehens, die die Verwaltung hat. Wir haben aber im Land Sachsen-Anhalt bisher nie die Frage richtig beantwortet: Welche Aufgaben in welcher Qualität wollen wir denn zukünftig wahrnehmen? - Das kann meiner Meinung nach die Verwaltung nicht, das kann der Landtag.
(Zustimmung von Herrn Dr. Thiel, Linkspartei.PDS - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Genau, deswe- gen brauchen wir eine Kommission!)
Demzufolge hätte ich es richtig gefunden, wenn Sie diesen Ansatz gewählt hätten. Dieser scheint aber in Ihrer Zielstellung nur ein bisschen durch und Frau Paschke hat ihn gerade ein, zweimal genannt. Wenn Sie aber den Rest Ihres Antrages betrachten, geht es darin eigentlich mehr um diesen nachlaufenden Bereich und das SichAbarbeiten an dem Benchmark-Bericht, der uns im Augenblick vorliegt.
Das finde ich ein wenig bedauerlich, denn ich fände es ungeheuer spannend, einmal über die Frage zu diskutieren: Wenn wir im Land Sachsen-Anhalt die Summe X zur Verfügung haben - ich sage einmal 6 Milliarden €, davon soundso viel Landesmittel, den Rest bekommen wir von anderen -, was kann ich mir dann eigentlich leisten, was hat das für Auswirkungen auf die einzelnen Bereiche? - Dies haben wir im Landtag bisher immer nur an einzelnen Punkten und etwa unter dem Gesichtspunkt „Es gibt für die Kinderbetreuung 140 Millionen €, wie organisieren wir sie dann?“, diskutiert.
Ich glaube, diesbezüglich sind wir bisher tatsächlich eine Aufgabe schuldig geblieben - ich habe auch in anderen Ländern bisher nichts Vergleichbares gefunden - und das wäre sicherlich eine spannende Aufgabe für die Enquetekommission eines Landtages, mit deren Ergebnis wir dann auch wirklich Entscheidungen für die Zukunft vorbereiten könnten. Mit „Zukunft“ meine ich nicht den Haushalt 2008/2009 und auch nicht den für 2010/2011. Wir hätten vielmehr die Möglichkeit, Rahmenbedingungen darzustellen, mit denen die Verwaltung und der Landtag zukünftig umgehen könnten.