Protokoll der Sitzung vom 27.04.2007

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Jedenfalls müssen wir feststellen, dass wir, wenn wir so weitermachen, das Thema zerreden.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Das ist bei der Ernsthaftigkeit des Problems nicht angebracht. Ich will deswegen auch noch einmal sagen, dass es zu kurz gesprungen ist, dieses Thema ausschließlich auf den Straßenverkehr zu reduzieren. Letztlich war es auch noch ein Diskussionsbeitrag zum Schienenverkehr. Der Punkt CO2-Emissionen wurde, wenn überhaupt, höchstens gestreift.

Herr Kollege Franke erwähnte bereits, dass Herr Bundesumweltminister Gabriel gestern im Bundestag einen Achtpunkteplan bekannt gegeben hat, für dessen Erreichung er bis 2010 jährlich Mittel in Höhe von 3 Milliarden € ausgeben will. Sein eigenes Umweltbundesamt spricht von 11 Milliarden €, die dafür erforderlich werden. Daran sieht man, dass die ganze Sache auch vonseiten des Bundes noch nicht zu Ende gerechnet ist.

Ich denke, wir als Sachsen-Anhalter sind auf keinem schlechten Weg. Wir haben einen Kabinettsbeschluss - Frau Wernicke sprach bereits davon -, mit dem eine Strategie des Landes bereits in Grundzügen vorliegt. Er bezieht sich im Wesentlichen auf zwei Punkte. Das ist erstens die verstärkte Umsetzung von Maßnahmen zur Verminderung von Klimagasemissionen und zweitens die Entwicklung von Strategien zur Anpassung an die veränderten Bedingungen. Diese beiden Punkte müssen ressortübergreifend behandelt werden, das heißt nicht nur ressortübergreifend in der Arbeitsgruppe der Landesregierung, sondern auch ressortübergreifend von uns im Landtag.

Deswegen haben wir in unserem Alternativantrag eine Überweisung in fast alle Ausschüsse vorgesehen. Ich möchte, um Ihre Lampe, Herr Heft, ein bisschen höher zu hängen, einfach einmal sagen, welche Schwerpunkte man unter anderem in den einzelnen Ausschüssen setzen könnte.

Fangen wir einmal mit dem Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr an. In diesem Bereich geht es nicht nur um den Straßenverkehr; vielmehr muss man zum Beispiel auch über hitzeresistente Straßenbeläge,

über klimaorientierte Architektur und Stadtplanung reden. Das hat also nicht nur etwas mit Schienen- oder Straßenverkehr zu tun.

Im Ressort Wirtschaft und Arbeit ist das Energiekonzept bereits in Arbeit. Es muss über regenerative Energien und Netzmanagement gesprochen werden. Das geht bis hin zum Tourismus, unabhängig davon, ob es Winter- oder Sommertourismus ist. Das wird mit dem Klimawandel für uns alle ein Problem werden.

Im Ausschuss für Inneres ist über die Fragen von Wasser- und Abwassergebühren, über Kommunalabgaben, über die letztlich auch dem Klimawandel geschuldete Veränderung im Wasserabnahmeverhalten und über Abwasserprobleme, die auf die Kommunen und über die Gebühren auf die Bürger zukommen, zu beraten.

Im Bereich Bundes- und Europaangelegenheiten ist es ganz klar: Wir müssen nach dem Vorliegen der Klimastudie Forderungen in Richtung des Bundes und der EU aufmachen. Wir haben in unserem Bundesland die Richtlinien der EU und des Bundes umzusetzen.

Auch im Ressort Gesundheit und Soziales ist der Klimawandel ein Thema. Ich erinnere nur an die Hitzetoten, die wir im Süden Europas bereits hatten. Das wird uns hier vielleicht auch noch ereilen. Ich erinnere auch an die negativen Folgen von erhöhter Sonneneinstrahlung für unsere Gesundheit.

Im Bereich Bildung und Wissenschaft ist die Umweltbildung und die Aufklärung in unseren Schulen sehr wichtig. Wir haben hier bereits einen Antrag zur Klimafolgenforschung, der den wissenschaftlichen Bereich betrifft, beschlossen.

Im Hinblick auf den Kulturbereich nenne ich nur das Stichwort Denkmalschutz und Schäden an Denkmalen, die auf uns bei verändertem Klima zukommen.

Im Finanzausschuss muss darüber geredet werden, wie das Ganze mit Landesmitteln finanziert, mit Bundesmitteln kofinanziert und in die mittelfristige Finanzplanung eingebunden werden kann.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist im Hinblick auf die Landschaftspflege, auf nachwachsende Rohstoffe, auf Biokraftstoffe und natürlich auch auf Auswirkungen auf unsere Wälder betroffen.

Federführend sollte natürlich der Umweltausschuss sein. Es ist ganz klar, dass dort alle Fäden zusammenlaufen müssen, weil wir gerade im Umweltbereich die Möglichkeit haben, die einzelnen Interessen am besten auszusteuern und die Ziele für unser Bundesland und für unsere Region zu erreichen.

Es gibt in Sachsen-Anhalt Regionen, die vom PotsdamInstitut für Klimaforschung als besonders gefährdet eingestuft werden. Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich damit schon einmal befasst hat. Das ist also nicht nebenbei abzutun. Wenn ich zum Beispiel an die Elbe und an unseren Beschluss zur Elbeschifffahrt denke, dann muss ich feststellen, dass wir diesbezüglich sicherlich noch einige Probleme bekommen werden.

Wir sollten mit der Arbeitsgruppe Klimawandel, Klimaschutz der Landesregierung, mit allen Ressorts zusammenarbeiten. Wir sollten das Thema Klimawandel in den Fraktionen ähnlich ressortübergreifend behandeln. Wir sollten über die Klimastudie, wenn sie vorliegt, ernsthaft in allen vorgeschlagenen Ausschüssen diskutieren.

Dafür bitte ich Sie von hier aus um Ihre Unterstützung, indem Sie unserem Alternativantrag zustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke, Herr Stadelmann. - Herr Heft, Sie haben die Möglichkeit zu erwidern.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich zitiere noch einmal kurz aus dem Koalitionsvertrag. Unter Abschnitt 13 im ersten Absatz auf der Seite 43 wird Folgendes ausgeführt:

„Ziel der Koalition ist es, einen ausgewogenen Mix aller Verkehrsträger zu organisieren. Damit verbunden will die Koalition eine Verlagerung der Verkehrsströme auf Schiene und Wasserwege erreichen.“

(Ministerin Frau Wernicke: Sie müssen auch ein- mal an einer anderen Stelle lesen!)

Herr Stadelmann, zeigen Sie mir eine Initiative der Koalition aus den letzten zwölf Monaten, mit der dieser Ansatz auch nur annähernd umgesetzt wird. Ich kenne nicht eine.

(Herr Schwenke, CDU: Das liegt aber an Ihnen! - Herr Stadelmann, CDU: Warten Sie es mal ab! - Unruhe bei der CDU)

Natürlich, Frau Wernicke, umfasst der Klimaschutz wesentlich mehr als den Bereich Verkehr. Wir haben uns aber explizit dem Thema Straßenverkehr gewidmet, weil - das wissen auch Sie - dieser Bereich zu den exorbitanten CO2-Emittenten gehört. Auch das Umweltbundesamt - das wissen Sie und das können Sie auch nachlesen - veröffentlicht jährlich entsprechende Informationen. Wir haben in der Bundesrepublik einen Anteil von 10 % der jährlich anfallenden CO2-Emissionen.

(Ministerin Frau Wernicke: Das bestreite ich gar nicht!)

Insofern haben wir uns bewusst nicht mit dem ganzen Aspekt Klimaschutz - dort gibt es natürlich wesentlich mehr - befasst, sondern haben uns auf den Straßenverkehr beschränkt.

Meine Damen und Herren! Natürlich gilt es zu zeigen, wie denn gerade dieser Ansatz des Koalitionsvertrages, nämlich die Verkehrsvermeidung und die Verkehrsverlagerung, umgesetzt werden kann. Genau das soll nicht getan werden.

Herr Bergmann, wenn ich mir das insgesamt ansehe, ist das Verhalten der Landesregierung zum Thema Klimaschutz eben nicht erkennbar. Ziemlich zeitgleich veröffentlichten das Umweltministerium, Frau Ministerin Wernicke, die Pressemitteilung “Den Klimaschutz im Land vorantreiben“ und das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr, Herr Minister Dr. Daehre, umfangreiche Informationen zur Abbestellung und Leistungsreduzierung im Schienenpersonennahverkehr. Sagen Sie mir, wie das zusammenpasst! - An dieser Stelle zieht die Landesregierung an beiden Enden des Seiles und wundert sich anschließend darüber, warum sie nicht vorankommt.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Herr Dr. Daehre - damit komme ich auch schon zum Ende -, das Abbestellen von Leistungen im Schienenpersonennahverkehr entspricht genau nicht einer konformen Auslegung des ÖPNV-Gesetzes des Landes SachsenAnhalt. Dort steht ausdrücklich geschrieben, dass die Verbände zu beteiligen sind. Mir ist nicht bekannt, dass die Verbände im Vorfeld dieser Abbestellung und dieser Veröffentlichung beteiligt worden sind.

Ich verweise noch einmal darauf, dass die Landesregierung auf meine Kleine Anfrage vom Juli letzten Jahres explizit geantwortet hat, dass die Entscheidung zur Abbestellung und Leistungsreduzierung gemeinsam erfolgt. Das war einseitiges Handeln der Landesregierung. Das Plenum selbst oder der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr wurden nicht mitgenommen.

Abschließend ein Wort zu dem Alternativantrag der Koalition. Meine Damen und Herren! Ich kann dazu nur zwei Sätze sagen: Es nützt mir nichts, aus einer Studie Schlussfolgerungen zu ziehen, ohne daraus konkretes Handeln abzuleiten. Dann kann ich mir das Ziehen von Schlussfolgerungen schenken. Das sage ich ganz deutlich.

(Zuruf von Herrn Stahlknecht, CDU)

Auf der anderen Seite ist es auch unehrlich, einen derartigen Alternativantrag zu stellen, anstatt unseren Antrag von vornherein abzulehnen. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die Landesregierung hat Minister Dr. Daehre um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Dr. Daehre.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind noch einige Worte zu diesem Thema zu sagen.

Ich darf mich zunächst bei den Koalitionsfraktionen dafür bedanken, dass sie sich dazu durchgerungen haben, das Thema Klimaschutz tatsächlich dort hinzustellen, wo es hingehört, und zwar in einen komplexen Zusammenhang. So ist es auch vorgesehen. Ich denke, das ist nicht nur eine vernünftige, sondern auch eine richtige Entscheidung.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Heft, zu dem Antrag der PDS möchte ich sagen: Sie hätten doch sagen können, dass wir uns heute mit dem Thema Abbestellung im Schienenpersonennahverkehr beschäftigen. Dann sprechen Sie es doch so an. Wenn Sie über das Klima reden möchten und über die Politik hinsichtlich der Eisenbahnstrecken, dann können wir das gern tun.

Ich möchte nur noch einige Anmerkungen machen. Erstens. Von Bad Schmiedeberg nach Wittenberg fährt mehrmals am Tag ein Zug. Pro 24 Stunden fahren dort 178 Fahrgäste - das sind unter 200 - mit. Nun können Sie schnell errechnen, wie viel Diesel man benötigt, um die Waggons zu transportieren. Hinsichtlich des Gewichtes ist der Unterschied, ob dort 200 oder 400 Fahrgäste mitfahren, gar nicht so groß. Für 178 Fahrgäste fahren wir eine schwere Technik durch die Landschaft. Sie wollen uns weismachen, dass das dem Klimaschutz

dient. Sie müssten an dieser Stelle versuchen nachzurechnen.

(Zuruf von Herrn Heft, Linkspartei.PDS)

- Ich habe Ihnen doch auch zugehört. Bleiben Sie doch ganz ruhig.

Ich kann Ihnen Folgendes sagen: Der CO2-Ausstoß bei einer E-Lok mit drei Doppelstockwagen beträgt je Kilometer und Platz 43,8 g CO2. Das wurde, ausgehend von dem Strommix in Deutschland, von 246 Plätzen heruntergerechnet auf einen Platz. Ein Standardlinienbus stößt bei 42 Personen pro Kilometer und Platz 29 g CO2 aus.

Versuchen Sie sich davon zu trennen, dass die Schiene automatisch günstiger ist, wenn es um den CO2-Ausstoß geht. Das müssen wir nur durchrechen. Sie müssen einbeziehen, dass dort Tonnen bewegt werden müssen und das Gewicht der Fahrgäste im Verhältnis dazu relativ gering ist.