Protokoll der Sitzung vom 13.07.2007

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

- Vielen Dank, Herr Tullner. - Nach den ablehnenden Referenden zur EU-Verfassung in den Niederlanden und

in Frankreich wurde nach zwei Jahren endlich die Krise der EU überwunden, wurde der Stillstand überwunden und die Spaltung Europas vermieden.

Dieser Reformvertrag ist natürlich nicht das, was der Konvent in den Vorjahren mühsam erarbeitet hatte. Er ist eben keine Verfassung mehr. Auf die Flagge und die Hymne wurde verzichtet; denn zu groß waren die Ängste einiger Länder, dadurch ihre eigene Staatshoheit einzuschränken. Trotzdem konnte die Substanz des Verfassungsvertrages erhalten werden.

Das Europäische Parlament erhielt mehr Mitbestimmungsrechte. Es tritt damit aus dem Schatten des Rates als gleichberechtigter Gesetzgeber heraus. Ab dem Jahr 2014 gilt für den Rat das einfachere Abstimmungsprinzip der doppelten Mehrheit. Dies ist für Deutschland von Vorteil. Aber auch die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten wurden gestärkt.

Europa bekommt einen Außenminister, der sich Hoher Repräsentant der Union für Außen- und Sicherheitspolitik nennt. Mit diesem Amt haben wir endlich einen Vertreter, der die Position der EU mit einer Stimme nach außen vertreten wird. Die Kommission wird verkleinert, die Ratspräsidentschaft wird auf zwei Halbjahre verlängert.

Auch wenn wegen des Vetos Großbritanniens die Grundrechtecharta nicht in den Vertrag aufgenommen werden konnte, erhält sie doch eine eigene Rechtsverbindlichkeit. Bis auf Großbritannien stimmten alle EUStaaten dieser Charta zu.

Die PDS hat nun in dem Antrag die Beziehungen zu Polen kritisiert. Nun will ich den bekanntesten Zwillingen Polens nicht zu nahe treten, aber ich glaube, dass die beiden bei diesen Verhandlungen nicht die Mehrheitsmeinung der Polen vertreten haben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt Angela Merkel diese schlechte Entwicklung vorzuwerfen, ist schlicht unredlich. Im Gegenteil: Die Kaczynskis haben ihr Land an den Rand der Isolierung geführt. Aber auch hierfür eröffnet der neue EU-Vertrag einen Ausweg. Zukünftig können die Mitglieder freiwillig aus dem Bündnis austreten. Die EU wird dann nicht mehr erpressbar sein. Anstatt sie zu kritisieren, muss man die Verhandlungsführung Merkels loben. Sie konnte eine Lösung durchsetzen, die zu einer Einigung geführt hat und nicht zu einer Spaltung.

Die Bundeskanzlerin hat dieses im EU-Parlament mit einem afrikanischen Sprichwort kommentiert, welches meine volle Zustimmung findet:

„Wenn du schnell vorwärtskommen willst, dann gehe allein; wenn du weit gehen willst, dann gehe zusammen.“

Meine Damen und Herren! Dies ist erfolgversprechender, als mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Hierin unterscheidet sich unsere Regierungschefin von so manchen ihrer Kollegen.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie, Herr Czeke, kritisierten auch die Reduzierung auf einen Vertrag, der keinen Verfassungsstatus hat. Damit sollen Volksentscheide, so die Begründung Ihres Antrages, umgangen werden. Herr Czeke, als Europapolitiker müssten Sie aber wissen, dass es leichter wäre, ent

sprechende Volksentscheide für eine solche Verfassung zu gewinnen als die Regierungen, die aus nationalen Interessen bewusst gegen den Status einer Verfassung sind.

Aber in diesem Prozess brauchen wir ihre Hilfe. Volksentscheide könnten leichter gewonnen werden, wenn nicht die europäische Linke gemeinsam mit den nationalistischen Kräften mit einem unglaublichen Populismus gegen die EU zu Felde ziehen würde.

(Zustimmung bei der CDU)

Bei den Referenden in den Niederlanden und in Frankreich hatten Sie damit leider Erfolg. Am Ende werde ich darauf noch einmal eingehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der neue EUVertrag war unbestritten der größte Erfolg unserer Ratspräsidentschaft, aber nicht der einzige. Unter dem deutschen Vorsitz wurden fünf internationale Gipfel abgehalten, nämlich mit den USA, Kanada, Russland, Japan und nicht zuletzt der G8-Gipfel in Heiligendamm.

Die wichtigsten Ergebnisse waren Klimaschutzbeschlüsse, eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA und Kanada, ein Energiefrühwarnsystem mit Russland oder die Vereinbarung zum Schutz des geistigen Eigentums mit Japan.

Gerade in Heiligendamm punktete Kanzlerin Merkel mit Führungsstärke und Geschick. Die reichen G8-Staaten näherten sich den fünf neuen großen Staaten, nämlich China, Indien, Mexiko, Brasilien und Südafrika, an. Die Entwicklungshilfe für Afrika wurde auf 50 Milliarden € jährlich verdoppelt. Sogar der bekannteste G8-Gegner Bono lobte den Einsatz der Kanzlerin.

Die USA konnte von der Notwendigkeit des Klimaschutzes überzeugt werden. Bis zum Jahr 2050 soll die Emission von Treibhausgasen halbiert und die Erderwärmung auf 2° C begrenzt werden. Ganz wichtig: Russland und die USA konnten einander auf diesem Gipfel beim Raketenstreit näher gebracht werden.

Meine Damen und Herren! Dieser Gipfel hat die Welt näher zusammengebracht - für Frieden, für Solidarität und für mehr Umweltschutz. Das ist ein Erfolg unserer Regierung, den wir uns nicht zerreden lassen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die größte deutsche Tageszeitung betitelte Frau Merkel anschließend als „Miss World“.

(Zuruf von der FDP)

Nicht gelungen ist es, das muss man eingestehen, einen neuen Partnerschaftsvertrag mit Russland zu vereinbaren. Aber dies lag weniger an Russland oder an der EU als vielmehr an der polnischen Regierung; denn auch hierbei drohte Polen mit einem Veto, diesmal allerdings wegen des russischen Importverbotes für polnisches Fleisch. Sie sehen daran, wie dringend wir den neuen Verfassungsvertrag brauchen.

Vereinbart wurde aber schließlich, den alten Partnerschaftsvertrag, der am Ende dieses Jahres auslaufen sollte, so lange zu verlängern, bis irgendwann ein neuer geschlossen sein wird.

Meinungsverschiedenheiten gibt es weiterhin wegen der Nichteinhaltung von Menschenrechten. Dies, meine Damen und Herren, ist aber ein Kernelement unseres

Rechtsempfindens. Ich finde es richtig, dass sich Angela Merkel nicht dazu hat hinreißen lassen, in geschickt inszenierter familiärer Freundschaft Putin einen lupenreinen Demokraten zu nennen, auch nicht für ein Aufsichtsratsmandat in der russischen Großenergie.

Weitere Erfolge der deutschen Ratspräsidentschaft waren: Bis zum Jahr 2020 sollen die CO2-Emissionen um 20 % gesenkt werden, der Anteil erneuerbarer Energien soll von 6 % auf 20 % erhöht werden. Europa wird damit zum Vorreiter im Klimaschutz in der Welt.

Mit Serbien konnten die Kooperationsverhandlungen wieder aufgenommen werden. Die EU-Bürokratie soll abgebaut werden, Handygespräche werden billiger und Straftäter können durch ein EU-weites Strafregister und eine Visadatenbank besser verfolgt werden. Der Zahlungsverkehr zwischen den Ländern wird erleichtert, Regelungen zum grenzüberschreitenden Schadenersatz wurden getroffen. - Es gibt noch viele weitere Punkte.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, dass neben den großen Themen wie Umweltschutz und Sicherheit für die Bürger ganz konkrete Verbesserungen erreicht worden sind, die nicht zuletzt auch in ihrem Portemonnaie zu spüren sind.

Ganz wichtig ist aber, dass es Angela Merkel geschafft hat, mit dieser Ratspräsidentschaft das Ansehen Deutschlands in Europa und in der ganzen Welt zu stärken. Davon werden wir alle langfristig profitieren.

(Zustimmung bei der CDU)

Doch nun zurück zu Ihnen, meine Damen und Herren von der PDS.

(Herr Miesterfeldt, SPD: DIE LINKE!)

- DIE LINKE. - Über den Antrag habe ich mich gefreut, über die Begründung nicht und über die Rede von Herrn Czeke noch weniger. Ich hatte aber auch nichts anderes erwartet.

(Zurufe von der LINKEN)

Herr Robra sagte, man kann in einem halben Jahr nicht allen alles recht machen. Dazu muss ich sagen: Man muss es auch nicht allen recht machen.

(Zustimmung bei der CDU)

DIE LINKE bedient genau wie die Nationalisten in Europa antieuropäische Stimmungen, verbreitet antisolidarisch Ängste und Sorgen, um kurzfristige Effekte bei Wahlen zu erzielen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zu- rufe von der LINKEN)

Höhepunkte waren die Kampagnen gegen die EU-Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden. Durch den Schulterschluss von Antiglobalisierern, Kommunisten und Neofaschisten wurde sie dort nämlich zu Fall gebracht.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Dirlich, DIE LINKE: Jetzt ist es genug!)

In Frankreich stimmten 61 % der Anhänger linker Parteien mit Nein.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Fasst man die Linksextremen und die Rechtsextremen zusammen, ergibt das 94 %.

(Herr Gürth, CDU: Jawohl!)

Auch bei der PDS hierzulande gehört die Bedienung antieuropäischer Ängste und Ressentiments zur propagandistischen Grundausstattung, meine Damen und Herren.