Protokoll der Sitzung vom 12.10.2007

dem - das ist das Wichtigste - eine hohe Qualität bei der Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen weiterhin garantiert werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns ist es wichtig, die Vielfalt im Schulsystem zu erhalten. Wenn wir - diesbezüglich kenne ich die Programme einiger Parteien - die eigenständige Schule anstreben, dann wird es dazu kommen, dass diese eigenständige Schule, in der der Direktor auch über sein Personal und über viele Inhalte befindet - ich glaube, ich habe schon einige Bildungspolitiker in dieser Runde davon schwärmen gehört -, eine entsprechende Finanzierung erhält. Dann werden wir einen Betrag haben, der sich bei der staatlichen Schule natürlich nicht von dem unterscheiden kann, was die Schule des freien Trägers erhält.

Dann geraten wir in Erklärungsnot. Entweder wird der Gesamtlevel heruntergedrückt, oder wir sagen, nein, eine Auskömmlichkeit ist für jeden zu garantieren. Oder aber diese ganzen schönen Sonntagsreden, die vor Eltern und Lehrern gehalten werden, sind nicht ernst gemeint, sondern nur dazu da, um über die Zeit zu kommen.

Nein, meine Damen und Herren, wir müssen uns hier ehrlich stellen. Wir müssen sagen, die Schulen haben mehr Kompetenzen. Im Land werden zukünftig auch neue Kontrollgremien gegründet. Es gibt eine neue Aufsicht und eine Qualitätskontrolle. Deswegen müssen die Schulen natürlich auch die entsprechende Selbstständigkeit erhalten. Ich brauche doch keine Qualitätskontrolle, wenn ich in jede Schule bis ins Tiefste hineinregiere. Hier kann es nur um die auskömmliche Finanzierung gehen und ansonsten um die möglichst eigenständige Schule, die sich dort auch entsprechend wiederfindet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind für eine klare Konkurrenz. Wir sind für die klare Möglichkeit vor Ort, dass sich die freien Schulen dementsprechend einbringen können und dass der Staat nicht die Möglichkeiten der Gesetzgebung und der Finanzierung nutzt, um unliebsame Qualitätsverbesserer vom Markt zu verdrängen. Herr Minister Olbertz, lassen Sie sich nicht zum Zumwinkel des Bildungssystems Sachsen-Anhalts schlagen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Sorgen Sie dafür, dass jeder die Möglichkeit hat, eine freie Schule zu besuchen.

(Beifall bei der FDP - Herr Tullner, CDU: Der ver- dient aber mehr als er!)

Vielen Dank für die Einbringung. - Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Professor Olbertz das Wort.

(Herr Tullner, CDU: Zumwinkel ist der Postchef! - Herr Kley, FDP: Das ist der Chef der Post!)

Er hat den Postchef Zumwinkel gemeint. Herr Minister, Sie haben jetzt das Wort, wenn Sie mögen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Darauf muss man erst einmal kommen!)

- Ja, das ist manchmal nicht einfach. Hier muss man mitdenken.

Meine Damen und Herren! Zweiter Akt, zweiter Aufzug.

(Herr Tullner, CDU, lacht)

Da Geschichte, wie es ein Kabarettist einmal gesagt hat, oft weit zurückreicht, manchmal sogar bis in die Vergangenheit, erlaube ich mir, mit einem Zitat zu beginnen. Immerhin ist auch Glaubwürdigkeit, da wir eben von Kultur sprachen, ein wichtiger kultureller Anspruch. Im Übrigen ist das einer, der ganz ohne Geld auskommt. Und Ehrlichkeit gehört dazu, die wiederum Erinnerungsvermögen voraussetzt. Deswegen ein Zitat:

„Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt im Schulbereich eine Mittelreduzierung, die der Landesregierung besonders schwer gefallen ist. Wir, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP, haben immer deutlich gemacht, welches Gewicht wir den Schulen in freier Trägerschaft in einem qualitätsvollen und in einem innovativen Bildungswesen sowie als positiver Standortfaktor beimessen. Es war und es ist uns wichtig, dass in Sachsen-Anhalt eine pluralistische Schullandschaft erhalten bleibt und weiter blüht. Schulen in freier Trägerschaft erweitern und bereichern das Bildungsangebot.

Aber die Haushaltssituation des Landes zwingt auch in diesem Bereich zu gewissen Einschnitten, insbesondere um das Gleichgewicht zwischen der Finanzierung der staatlichen Schulen und der Schulen in freier Trägerschaft zu erhalten. Sonderopfer darf es für keine dieser Gruppen geben. Da die staatlichen Schulen ebenfalls unter einem hohen Sparzwang stehen, insbesondere aufgrund der Schwierigkeiten in den kommunalen Haushalten, müssen auch die Schulen in freier Trägerschaft einen gewissen Beitrag leisten.“

Das sagte Finanzminister Paqué bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2004 am 23. September 2003.

(Frau Budde, SPD: Da können Sie schon auf- hören! - Zurufe von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Es wurde damals von Kürzungen gesprochen.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

- Vorhang zu. - Wir haben damals von Kürzungen gesprochen. Das ist etwas, was wir derzeit nicht tun. Ich bin mir sicher - -

(Herr Kley, FDP, tritt an das Saalmikrofon)

- Nachher, lieber Herr Paqué.

Das ist Herr Kley.

(Heiterkeit im ganzen Hause)

Ich bin mir ganz und gar sicher, dass mein verehrter Herr Kollege Paqué dies bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs im September 2003 niemals so gesagt hätte, wenn er nicht zutiefst von der Rechtskonformität seiner Auffassung überzeugt gewesen wäre.

(Herr Stahlknecht, CDU: Davon gehen wir aus!)

- Davon müssen wir geradezu ausgehen. - Dieselbe Redlichkeit erwarte ich nun allerdings auch weiterhin.

Die Wertschätzung von Schulen in freier Trägerschaft und die Unterstützung von Gründungsinitiativen durch das Kultusministerium brauche ich nicht nur in Worten auszudrücken, sondern ich kann sie sogar in Zahlen belegen. Wenn Sie sich die Entwicklung der Schülerkostensätze in den vergangenen Jahren anschauen - ich kann Ihnen das auch grafisch aufbereiten -, dann zeugt das Ergebnis von allem anderen als von Kürzungsabsichten oder gar Kürzungsprozessen. Außerdem wurden seit dem Jahr 2002 allein im allgemeinbildenden Bereich 31 Ersatzschulen neu genehmigt - in den Jahren von 1994 bis 2002 waren es nur 23 -, was dazu führte, dass in diesem Bereich inzwischen bereits rund 5 % der Schülerinnen und Schüler Schulen in freier Trägerschaft besuchen.

Zu dieser Genehmigungspraxis der letzten Jahre, die man wirklich als großzügig bezeichnen kann, darf ich zweierlei anmerken, nämlich erstens, dass sie angesichts der demografischen Entwicklung keineswegs überall auf ungeteilte Zustimmung gestoßen ist. Dafür habe ich viel Verständnis.

Zweitens spricht schon die Zahl der Genehmigungsanträge gegen eine massive Unterfinanzierung von Schulen in freier Trägerschaft; denn zum einen darf man annehmen, dass die entsprechenden Initiativen rechnen können. Zum anderen sind ihre Finanzpläne ein Teil der Genehmigungsunterlagen.

Ihre ausdrückliche Aufforderung, die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft gesetzeskonform durchzuführen, unterstellt, dass sie bisher gesetzeswidrig gewesen sei. Das wäre ein ziemlich herber Vorwurf, den ich auch und insbesondere

(Herr Kley, FDP: Das hat das OVG festgestellt!)

- einen kleinen Moment - für meine Mitarbeiter zurückweisen muss.

Das OVG hat keineswegs festgestellt, dass sie gesetzeswidrig ist, sondern das OVG hat festgestellt, dass die Verordnungsermächtigung nicht hinreichend gewesen ist, um den Bestimmtheitsgrundsatz zu erfüllen. Herr Kollege, ich habe jetzt vergessen, was das genau ist.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das stimmt schon!)

Aber das ist schon einmal etwas ganz anderes als eine echte systematische Gesetzeswidrigkeit.

(Herr Stahlknecht, CDU: Die haben eine eigene Auslegung!)

In Einzelfragen der Personalkostenbezuschussung gab es solche Entscheidungen. Das räume ich gern ein. Es ist aber eine völlig andere Sache zu unterstellen, dass jemand absichtsvoll und vorsätzlich gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen hätte.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das würden wir nie tun!)

- Das würden wir im Übrigen auch nie tun.

Es ist das Anliegen des jetzt zur Anhörung freigegebenen Entwurfs des Schulgesetzes, den erwähnten Urteilen des Verwaltungsgerichtes zu entsprechen und die Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft transparenter und verlässlicher zu gestalten. Dazu lasse ich mich im Übrigen gern auffordern. Wenn das bisher nicht optimal war, dann bin ich zum Handeln aufgefordert.

Mehr ist es nicht und schon gar keine dramatische Situation.

Bis zum Inkrafttreten der neuen schulrechtlichen Regelungen werden die Finanzierungsbescheide an die Schulträger unter Vorbehalt gestellt. Für die Fälle, die vor dem geplanten Inkrafttreten des Gesetzes liegen, wird es eine Übergangsverordnung geben. Bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes sind verschiedene Gutachten für Ersatzschulfinanzierung geprüft wurden, auch das im Antrag erwähnte Steinbeis-Gutachten.

Diese Gutachten ziehen allerdings sämtliche Kosten des öffentlichen Schulwesens als Grundlage für die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft heran. Das wiederum ist nach unserer Auffassung nicht sachgerecht; denn bei solchen Vergleichen werden die besonderen Lasten des Landes, die die Schulen in freier Trägerschaft nicht zu tragen haben, meistens vernachlässigt.

Dazu gehören der Erhalt ortsnaher, also kleiner und deshalb kostenintensiver Schulstandorte - und zwar um des Schulnetzes willen, für das eine freie Schule keinerlei Verantwortung trägt -, die Kosten der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte, von denen die Ersatzschullehrerinnen und -lehrer profitieren, derzeit auch noch Ausgaben für Personalüberhänge, aber auch für die Schulverwaltung und viele weitere Aufgaben, die im Sinne unserer Verfassung nur das öffentliche oder staatliche Schulwesen wahrzunehmen hat.

Hinzu kommt, dass Schulen in freier Trägerschaft zwar eine umfangreiche Finanzhilfe, wie es das Gesetz vorsieht, aber keine Vollkostenfinanzierung erhalten. Einnahmen - das Schulgeld, das wir im Übrigen weder erhöhen können noch wollen - und Eigenleistungen des Trägers sind in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Sonst sind es keine Schulen in freier Trägerschaft. Ich kann sie dann gleich in die staatliche Trägerschaft übernehmen und sagen, dass es das dann gewesen ist.

(Herr Tullner, CDU: Das wollen wir nicht!)