„Die Bemühungen der IHK richteten sich auch gegen den nach wie vor anhaltenden Trend der öffentlichen Hand, Billigangeboten den Zuschlag zu erteilen.
Sie hat Mechanismen eingefordert, die eine hinreichende Chancengleichheit sichern sollen. Dazu zählen die strikte Anwendung der Vergaberegeln, die öffentliche Bekanntmachung oder auch die Einbeziehung des bewährten Systems der Auftragsberatungsstellen.
Die IHK sprach sich in diesem Zusammenhang auf verschiedenen Ebenen für effektive Lösungsansätze aus, die Anlehnung an das sächsische Vergabegesetz als Ansatz in Richtung Transparenz, Verlässlichkeit und Wettbewerb sowie die Zusammenfassung aller geltenden Regeln mit verbindlichen Handlungsanleitungen als ein ‚Vergabe’-Handbuch Sachsen-Anhalt.“
Auf diesen Weg haben wir uns jetzt begeben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich denke, wir sind in diesem Hohen Hause davon überzeugt, dass es ein guter Weg ist und dass wir auch das Ziel, das wir damit erreichen wollen, erreichen werden.
Außer den schon angesprochenen Aspekten wie der Transparenz, der höheren Effizienz und auch der höheren Qualität einer öffentlichen Dienstleistung will ich noch einmal besonders auf einen Gesichtspunkt hinweisen, dass man nämlich durch auskömmliche Preise dann hoffentlich auch zu Tariflöhnen und auskömmlichen Löhnen kommt.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu diesem Antrag. Für eine Erweiterung des Antrags durch die Fraktion der Linkspartei.PDS sehe ich keine Notwendigkeit. Das mag auch daran liegen, dass in mir ein Grundvertrauen in die ministerielle Bürokratie vorherrscht, Herr Minister. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Miesterfeldt. - Bevor ich nun Herrn Professor Paqué für die FDP-Fraktion das Wort erteile, haben wir die Freude, Damen und Herren vom Institut für Weiterbildung in der Kranken- und Altenpflege Magdeburg begrüßen zu können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer sich mit Handwerkern und Mittelständlern in unserem Land unterhält, der wird sehr schnell Klagen hören über die Auftragsvergabe der öffentlichen Hand. Das erleben wir alle.
Vielfach wird darüber geklagt, dass es für kleine und mittlere Unternehmen kaum eine Chance gebe, sich in einem Ausschreibungsverfahren durchzusetzen. Die meistgenannten Hindernisse sind dabei zum einen die Größe der Aufträge, zum anderen das entscheidende Auswahlkriterium: der Preis. Häufig komme - so die Klage - allein der billigste Anbieter zum Zuge, ohne Rücksicht auf die Qualität der Leistung und die Folgekosten.
So weit die Klagen. Sie sind vielleicht nicht flächendeckend, aber doch in zahlreichen Einzelfällen berechtigt, wobei Herr Miesterfeldt natürlich nicht ganz Unrecht damit hat, dass jeder Einzelne, wenn ein Verfahren gelaufen ist, seine subjektive Sicht darauf hat.
Die FDP-Fraktion hat deshalb vor knapp einem Monat die Ankündigung des Ministerpräsidenten begrüßt, bis zum Jahresende ein Maßnahmenpaket für die mittelstandsfreundliche Vergabe öffentlicher Aufträge zu beschließen. Wir hatten dabei allerdings Maßnahmen im Sinn, die den einfachen und klaren Grundsätzen des Vergaberechts nach § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mehr Geltung verschaffen, und zwar ohne zusätzliche Bürokratie. In § 97 Abs. 3 GWB heißt es nämlich - ich zitiere -:
„Mittelständische Interessen sind vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose zu berücksichtigen.“
Mit dem vorliegenden Antrag fordern die Regierungsfraktionen nun ihre Landesregierung auf, bis Ende 2006 ein so genanntes Vergabehandbuch zu erstellen. Sie betrachten dies als gute Mittelstandspolitik.
Meine Damen und Herren! Die Erstellung eines Vergabehandbuchs - ich sage das hier frank und frei - ist keine gute Mittelstandspolitik. Es ist etwas ganz anderes: Es ist Placebo-Politik, meine Damen und Herren!
Es bringt überhaupt nichts. Es schafft nur mehr Bürokratie. Das Vergabehandbuch soll - so heißt es in der wortreichen Begründung - dem wirtschaftlichsten Angebot den Weg ebenen und die Vergabe in kleineren Losen erleichtern. Dies sind löbliche Ziele. Sie stehen ja schon im Gesetz, im allerobersten Gesetz, im GWB. Wie sollen sie nun mit einem Handbuch besser erreicht werden? - Das ist völlig unklar. Meine Damen und Herren, ich sage es einmal sehr deutlich: ausgerechnet mit einem Handbuch!
Herr Gürth, liegt das Problem bei den Vergaben wirklich im Fehlen eines weiteren Nachschlagewerks? - Es gibt heute schon genug Nachschlagewerke für unsere öffentlichen Angestellten und Beamten, allen voran das Vergabehandbuch des Bundes, das ja auch in dem Antrag erwähnt wird. Noch ein Handbuch im Regal macht die Dinge nicht besser. Im Gegenteil: Es macht sie komplizierter, es macht sie bürokratischer. Noch ein Buch, das heißt noch mehr interpretierbare Vorschriften, Aufforderungen, Anregungen, Empfehlungen und Deutungen, noch mehr intellektuelles Futter für unsere Verwaltungsjuristen, über das es endlose Diskussionen und kluge Deutungen geben wird.
Meine Damen und Herren! Eben hat sich schon das Erste angedeutet, als Herr Miesterfeldt gesprochen hat. Das habe ich dann gleich in der CDU-Fraktion sehr deutlich vernommen und völlig zu Recht: Wenn hier durch die Hintertür - das ist der Begründung des Antrags, in dem von Lohndumping die Rede ist, zu entnehmen - die Veränderungen in der vergangenen Legislaturperiode, was das Vergaberecht betrifft, wieder rückgängig gemacht werden sollen, meine Damen und Herren von der CDU, dann seien Sie damit ganz vorsichtig. Nicht dass das durch Ihren lieben Koalitionspartner, die SPD, dann durch die Hintertür geschieht. Dadurch wird genau das Gegenteil von dem erreicht, was das Ziel eines solchen Handbuchs sein soll, meine Damen und Herren.
Hinzu kommt, dass es mit der erstmaligen Erstellung eines Vergabehandbuchs natürlich nicht genug ist; denn es kommt zu einer ständigen Weiterentwicklung der Rechtsprechung. Das muss in dem Vergabehandbuch laufend berücksichtigt werden. Es wird zu einer LoseBlatt-Sammlung mit regelmäßigen Nachlieferungen - ein klassisches Arbeitsbeschaffungsprogramm für Beamte und ein wunderbarer Tummelplatz für unsere Verwaltungsjuristen. Und dann wird es auch noch Haushaltsmittel verschlingen. Herr Haseloff hat das ja bereits angedroht, meine Damen und Herren.
Ich entsinne mich, dass wir uns in der vergangenen Legislaturperiode furchtbar angestrengt haben - Herr Ro
bra, Sie entsinnen sich -, um die Verwaltung in diesem Land zu vereinfachen. Jetzt kommen wir mit einem neuen Handbuch und wollen das zurückdrehen.
Meine Damen und Herren! Wir, die FDP, raten der Landesregierung von diesem Weg dringend ab. Wir sehen keinen Bedarf für ein Handbuch.
Wir empfehlen der Landesregierung etwas anderes: Nehmen Sie die Kernforderungen in § 97 GWB sehr ernst! Diese lauten: Gleichbehandlung der Wettbewerber, faire Losgrößen und Wirtschaftlichkeit des Angebots, das den Zuschlag erhält, aber nicht Billigkeit. Kommunizieren Sie genau diese Forderungen von den politischen Ebenen in die Arbeitsebenen der Landes- und Kommunalverwaltungen, und zwar als unmissverständliche gesetzliche Leitlinie und nicht als irgendeine lästige Fußnote für die Verwaltung.
Bieten Sie unbürokratisch jenen Mittelständlern Rat und Hilfe an - wie es die IHKs ja schon tun -, die bei der Formulierung eines Angebots Rat und Hilfe brauchen. - Nur so kommen wir gemeinsam weiter.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas hinzufügen. Leisten Sie noch einen Beitrag zur Verbesserung der Auftragslage des Mittelstands in unserem Land: Verhindern Sie die Mehrwertsteuererhöhung, die uns allen im nächsten Jahr droht! - Vielen Dank.
Herr Kollege, ich möchte Sie fragen, ob Sie diese Rede auch auf der nächsten Hauptversammlung der IHK Magdeburg halten werden.
- Wissen Sie, es wird dann eine hochinteressante Situation geben, die wieder zu juristischen Verwicklungen führt und zu vielen Verwaltungsstreitigkeiten.
- Ja, so ist das. Sie werden ein Landeshandbuch haben, es wird ein Bundeshandbuch geben. Es wird Streitereien geben - wir haben das schon angedeutet gesehen bei Herrn Miesterfeldt; er hat es schon gesagt -, was zum Beispiel die Vergaberegeln im Zusammenhang mit der Entlohnung von Mitarbeitern bedeuten. So werden wir wieder genau den Weg zurückgehen, den wir in der vergangenen Legislaturperiode vorwärts gegangen sind. Ich finde das sehr bedauerlich. - Herzlichen Dank.