Ich schlage Ihnen wieder vor, a) über die selbständigen Bestimmungen in Gänze abzustimmen, gleichzeitig die Abstimmung über die Artikelüberschriften sowie die Abstimmung über die Gesetzesüberschrift „Gesetz zur Änderung des Landeskostenrechts und des Gesetzes zur Organisation der ordentlichen Gerichte im Lande Sachsen-Anhalt“ zu vollziehen und b) über das Gesetz in der Gänze abzustimmen. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann bitte ich Sie jetzt um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. - Ich sehe Zustimmung bei allen Fraktionen. Ich erspare mir die Frage nach Gegenstimmen und Stimmenthaltungen. Das Gesetz ist somit beschlossen worden, meine Damen und Herren, und der Tagesordnungspunkt 6 ist damit erledigt.
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Vertretungsrechten der Seniorinnen und Senioren in Sachsen-Anhalt
Die erste Beratung fand in der 18. Sitzung des Landtages am 22. März 2007 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Dr. Eckert. Für die Landesregierung wird danach Minister Hövelmann sprechen. - Bitte schön, Herr Dr. Eckert, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE wurde vom Landtag in der 18. Sitzung am 22. März 2007 in erster Lesung behandelt und zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Soziales und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres überwiesen.
Mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte die Fraktion DIE LINKE, Vertretungsrechte von Seniorinnen und Senioren im Land Sachsen-Anhalt auf eine einheitliche gesetzliche Grundlage zu stellen und damit zu stärken und die aktive Beteiligung der über 60-Jährigen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu fördern.
Der Ausschuss für Soziales hat sich erstmals in der 15. Sitzung am 10. Mai 2007 mit diesem Gesetzentwurf befasst. Dazu lag ihm eine schriftliche Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes einschließlich einer Synopse mit den vorgebrachten Änderungsvorschlägen vor.
Im Rahmen dieser Beratung plädierte die Fraktion DIE LINKE für die Durchführung einer Anhörung. Diesem Vorschlag schloss sich die Fraktion der FDP an. Die Koalitionsfraktionen sprachen sich zunächst gegen eine Anhörung aus, da aus ihrer Sicht über die Frage der Vertretungsrechte von Seniorinnen und Senioren bereits ausführlich in den verschiedensten Gremien, auch im Rahmen des 5. Landesseniorenforums diskutiert worden sei. Im Ergebnis der weiteren Diskussion einigten sich dann aber alle Fraktionen doch auf die Durchführung einer Anhörung, jedoch mit einem begrenzten Anhörungskreis.
Diese Anhörung fand in der 20. Sitzung am 26. September 2007 statt. Daran beteiligt waren: die Landesseniorenvertretung, eine Stadt- und eine Kreisseniorenvertretung, die kommunalen Spitzenverbände, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege und die Landesarbeitsgemeinschaft „Aktiv im Ruhestand“.
Für die Schaffung eines Gesetzes zur Regelung von Vertretungsrechten der Seniorinnen und Senioren sprachen sich die Landes-, Stadt- und Kreisseniorenvertretungen aus. Des Weiteren plädierte die Landesarbeitsgemeinschaft „Aktiv im Ruhestand“ für ein solches Gesetz, wenngleich aus ihrer Sicht noch weitere Änderungen erforderlich wären.
Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege begrüßte die Initiative der Fraktion DIE LINKE, lehnte aber den vorliegenden Gesetzentwurf ab, da sie ihn nicht für notwendig erachtete. Wenn, so die Liga, dann sollte ein Interessenvertretungsgesetz geschaffen werden, in dem alle Interessengruppen gleichrangig berücksichtigt würden.
Gegen den Gesetzentwurf sprachen sich die kommunalen Spitzenverbände aus, weil sie befürchteten, dass damit der dringend erforderliche Bürokratieabbau in Sach
sen-Anhalt durch die Schaffung neuer Standards infrage gestellt und die Konsolidierung der Haushalte nicht gelingen würde.
Die erste Gesetzesberatung bzw. Erarbeitung der vorläufigen Beschlussempfehlung fand im Ausschuss für Soziales in der 22. Sitzung am 25. Oktober 2007 statt. Zu Beginn der Sitzung erklärte die Fraktion DIE LINKE, an ihrem Gesetzentwurf festhalten zu wollen, da damit einerseits die Belange der Seniorinnen und Senioren berücksichtigt würden und man sich andererseits aber auch gegenüber der kommunalen Ebene so weit wie möglich zurückhalte und die Ermessensspielräume möglichst groß gestalte.
Die Koalitionsfraktionen erklärten zu Beginn der Gesetzesberatung, dem Gesetzentwurf nicht zustimmen zu wollen, da sie keinen grundsätzlichen Regelungsbedarf im Sinne eines Gesetzes sähen und sie aus der Anhörung den Schluss zögen, dass bei den Vereinen und Verbänden eine sehr differenzierte Meinung über die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes bestehe.
Die Artikel und Paragrafen des Gesetzentwurfes wurden dann einzeln aufgerufen und abgestimmt und der Gesetzentwurf in der Gesamtheit bei 3 : 6 : 1 Stimmen abgelehnt.
Die vorläufige Beschlussempfehlung wurde dem mitberatenden Ausschuss für Inneres zugearbeitet. Dieser hat sich dann in der 32. Sitzung am 20. Dezember 2007 mit dem Gesetzentwurf befasst und hat mit 7 : 3 : 1 Stimmen beschlossen, sich der vorläufigen Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales anzuschließen, das heißt, diesen Gesetzentwurf ebenfalls abzulehnen.
Der federführende Ausschuss für Soziales hat sich in der 24. Sitzung am 9. Januar 2008 abschließend mit dieser Frage beschäftigt. Nach kurzer Beratung beschloss der Ausschuss mit 8 : 2 : 0 Stimmen, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE abzulehnen. Der Ausschuss bittet den Landtag mehrheitlich, dieser Empfehlung zu folgen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Wir kommen jetzt zu dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Hövelmann, ich erteile Ihnen das Wort. Anschließend folgt die Fünfminutendebatte.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema „Vertretungsrechte von Seniorinnen und Senioren“ ist kein neues Thema. Ich habe meine Haltung und die Haltung der Landesregierung dazu zuletzt auf dem 5. Landesseniorenforum am 2. März 2007 gegenüber den Betroffenen selbst deutlich gemacht. Der Gesetzentwurf und die Begründung des Einbringers geben aus meiner Sicht keinen Anlass, die Position der Landesregierung zu dieser Frage zu verändern.
Lassen Sie mich deshalb für die Landesregierung feststellen: Die Belange der älteren Generation in die politischen Überlegungen mit einzubeziehen, ist und bleibt eine wichtige Aufgabe.
In den Ausschüssen wurden die Vorschläge für rechtliche Instrumentarien der Beteiligungsmöglichkeiten von Seniorinnen und Senioren daher eingehend diskutiert, geprüft und auch abgewogen. Auch ist dort eine umfassende Anhörung sowohl der Vertretungen der Senioren als auch der kommunalen Spitzenverbände erfolgt. Im Ergebnis lehnten die beratenden Ausschüsse den Gesetzentwurf aus guten Gründen ab.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist - das will ich betonen -, wie auch von den kommunalen Spitzenverbänden im Rahmen der Anhörung vorgetragen, eine Stärkung der Interessenvertretung der Seniorinnen und Senioren auf kommunaler Ebene durch neue Standards nicht geboten. Auch wenn es in den Regelungstexten nicht immer wortwörtlich zum Ausdruck kommt, werden Belange älterer Menschen bereits heute bei der Gestaltung der einschlägigen Gesetze berücksichtigt.
Auch ist ein nicht unerheblicher Teil der Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaften - das ist heute so und das wird auch in Zukunft so sein - in einem Alter, das der Gesetzentwurf dem Seniorenalter zuordnet. Diese Seniorinnen und Senioren bringen sich schon heute tatkräftig in den Kommunen vor Ort ein und sie gestalten das gemeinschaftliche Handeln aktiv mit.
Darüber hinaus ermöglicht es die Gemeindeordnung beispielsweise auch, dass auf gemeindlicher Ebene Interessenvertreter, Beauftragte oder Beiräte eingesetzt werden können, die gesellschaftliche Gruppen, die bedeutsam sind, repräsentieren. Dazu gehören zweifelsfrei auch ältere Menschen, die auf diese Weise Gelegenheit erhalten, sich für eine ihren Bedürfnissen gerecht werdende Gestaltung ihrer Heimatgemeinden einzusetzen. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, in beratende Ausschüsse auf gemeindlicher Ebene sachkundige Einwohner als zusätzliche Mitglieder mit beratender Stimme zu berufen und zu entsenden.
Diese nicht abschließende Aufzählung von Beispielen verdeutlicht, dass das ursprüngliche Anliegen des Gesetzentwurfs, nämlich die stärkere, auch in Gremien organisierte Interessenvertretung älterer Menschen, bereits zur alltäglichen Praxis gehört. Damit kann vor Ort viel erreicht werden, und zwar auch ohne neuen finanziellen Aufwand für die Kommunen.
Hingegen ist die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Verpflichtung der Kommunen, jegliche entstehende Interessenvertretungen, wozu nicht nur Seniorinnen- und Seniorenvertretungen, sondern auch Kinder-, Jugend-, Ausländer-, Behindertenbeiräte usw. zählen, materiell zu unterstützen, weder rechtlich noch tatsächlich umsetzbar.
Dieses wird die Linksfraktion sicherlich anders sehen. Das ist auch legitim. Aber jeder Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, muss sowohl den verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch den schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen in den Kommunen Rechnung tragen. Nach meiner Überzeugung tut dies der vorliegende Entwurf nicht in ausreichendem Maße.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Kommunalminister werde ich nicht nur wegen der kommunalen Belange, sondern auch aus persönlicher Überzeugung bei jeder Gelegenheit dafür werben, auf kommunaler Ebene von den vorhandenen gesetzlichen Beteiligungsmöglichkeiten der Seniorinnen und Senioren rege Gebrauch zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass die
Zukunftsfähigkeit von Kommunen und Regionen künftig maßgeblich davon abhängen wird, ob es gelingt, den demografischen Wandel positiv und nachhaltig zu gestalten. Dabei können wir auf den Sach- und Fachverstand sowie auf die Lebenserfahrung von Seniorinnen und Senioren nicht verzichten.
Wie die Enquetekommission „Demografischer Wandel“ dazu richtig festgestellt hat - ich zitiere -, „stellt die ältere Generation ein Humankapital dar, von dem unsere Gesellschaft lebt“. Dem habe ich nichts hinzuzufügen, außer der Bitte an alle, sich weiterhin tatkräftig für die Interessen der älteren Menschen in unserer Gesellschaft einzusetzen und diese als Leistungsträger anzuerkennen und zu nutzen.
Dies geht auch im Rahmen der heute bestehenden geltenden kommunalrechtlichen Vorschriften. Wir brauchen an dieser Stelle keine neuen. Wenn wir die jetzigen nutzen, wird uns das gut gelingen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zu den Debattenbeiträgen. Zuerst spricht DIE LINKE. Frau Dirlich, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde heute Aussagen über die Bedeutung weglassen und werde auch nicht noch einmal über das große Engagement von Seniorinnen und Senioren reden. Das haben wir zur Genüge getan. Ich will über das reden, was wir hier im Landtag getan bzw. nicht getan haben.
Meine Damen und Herren! Der Landtag hat mit dieser uns heute vorliegenden Beschlussempfehlung Chancen verpasst.
Er hat die Chance verpasst, eine lange und auch langwierige Diskussion mit einem versöhnlichen Kompromiss zu beenden. Er hat die Chance verpasst, für die Seniorinnenvertretungen auf allen Ebenen annähernd gleiche Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Er hat auch die Chance verpasst, den Einfluss der Seniorinnenvertretungen auch dort zu sichern, wo er ausdrücklich unerwünscht ist. Auch das, meine Damen und Herren, gibt es leider.
Ich spreche deshalb von einem Kompromiss, weil wir sehr wohl sehr verantwortungsbewusst darauf geachtet haben, überzogenen Forderungen, übrigens auch der Seniorinnen und Senioren, nicht nachzugeben. Wir haben sehr wohl der Versuchung widerstanden, Forderungen zu stellen, die das Land vor große finanzielle Probleme oder an die Kommunen größere finanzielle Anforderungen stellen. Wir haben es sehr wohl den Kommunen anheim gestellt, wie sie das regeln wollen. Das ist in den Regelungen eindeutig erkennbar.
Natürlich hätte es uns bei den Seniorinnen und Senioren mehr Punkte eingebracht, wenn wir auf all das nicht verzichtet hätten. Wir wollten aber ausdrücklich und von Anfang an, dass eine Regelung, wie sie von den Seniorinnen und Senioren schon seit Jahren eingefordert wird, endlich mit einem Kompromiss verabschiedet werden kann. Das ist uns leider nicht gelungen.
Die Art und Weise, wie dieses Gesetz im Parlament, in den Ausschüssen behandelt worden ist, ist aus meiner,
aus unserer Sicht ein weiteres Beispiel für ein doch sehr arrogantes Vorgehen der Koalition, das im Übrigen in dem Vorwurf gegipfelt hat, wir würden das ohnehin nur machen, weil wir es im Kommunalwahlkampf gebrauchen könnten.
Nun ist dieser Vorwurf möglicherweise berechtigt; denn wenn ein Gesetz oder eine Forderung ungefähr acht bis zehn Jahre lang diskutiert wird, befindet man sich immer wieder einmal im Wahlkampf.
Natürlich hat der Wahlkampf auch Einfluss auf den Termin der Einbringung unseres Gesetzentwurfs gehabt, weil wir damit sichern konnten, dass darüber überhaupt diskutiert wird. Denn wir mussten befürchten, dass er ansonsten gleich weggestimmt wird.
Wir haben, weil Wahlkampf war, dem Ausschuss zumindest eine Anhörung abgetrotzt, die sich dann allerdings aus unserer Sicht ein Stück weit zu einer Alibiveranstaltung entwickelt hat. Eine richtige Diskussion, eine wirklich intensive Diskussion hat nicht stattgefunden. Übrigens hat auch kein Ringen um irgendeinen Kompromiss stattgefunden.