Protokoll der Sitzung vom 25.01.2008

Erhöhung der Rundfunkgebühren

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 5/1093

Zunächst gebe ich der Antragstellerin, der CDU-Fraktion, das Wort. Herr Schröder, bitte schön, Sie können jetzt reden. Anschließend wird Staatsminister Herr Robra das Wort nehmen.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der deutsche Komiker Heinz Erhardt hat einmal in seiner unverwechselbaren Art gewitzelt:

„Um zu sehen, was sonst zu hören, erfand Herr Braun die Braun’schen Röhren. Wir wären Herrn

Braun noch mehr verbunden, hätte er was anderes erfunden.“

Als er das sagte, in den 60er-Jahren, gab es auch schon eine Rundfunkgebühr. Sie betrug damals umgerechnet etwa 4 €.

In Zeiten der politischen Wende waren wir bei umgerechnet etwa 12 €, zur Jahrtausendwende bei etwas mehr als 14 €. Dem Landtag von Sachsen-Anhalt stellt sich nun nach der jüngsten Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfes, kurz KEF, die 18-Euro-Frage.

Meine Damen und Herren! Wer sich bei 18 € Rundfunkgebühr jeden Monat keine Gedanken macht, ist ein schlechter Anwalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Kommission, die KEF, schlägt vor, dass sich die Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab dem Jahr 2009 von jetzt etwa 7,3 Milliarden € auf dann mehr als 7,5 Milliarden € erhöhen sollen. Die Erhöhung von 17,03 € auf 17,98 € entspricht einem Anstieg um 5,6 %.

Den Gebührenzahler kostet der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der nächsten Gebührenperiode von 2009 bis 2012 mehr als 30 Milliarden €. Immer mehr Geld fließt in Personalausgaben, weniger Geld in das eigentliche Programm.

Meine Damen und Herren! Ich bin der KEF dafür dankbar, dass sie mit ihrer Empfehlung unterhalb der Inflationsrate blieb. Hätte man die Anmeldung einschließlich Nachmeldung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten berücksichtigt, hätten wir einen Mehrbedarf in der Gebührenbelastung in Höhe von 1,69 € zu verkraften gehabt.

Zur Ehrlichkeit der Debatte gehört auch Folgendes hinzu: Der Gesetzgeber, also wir, die Landtage, haben zu entscheiden. Wir haben auch die Verantwortung für das, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk leisten soll, und dafür, wie er bezahlt wird.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben wir allerdings keine wesentlichen Spielräume, von der Empfehlung der KEF abzuweichen. Dies gehört zur Ehrlichkeit in der Debatte dazu. Es gehört aber auch dazu, das nicht nur zu beklagen, sondern auch Vorschläge zu machen, wenn man stabilisierend auf die Gebührenentwicklung Einfluss nehmen will. Dieses Recht nehmen wir für uns als CDU-Landtagsfraktion in Anspruch.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Das jetzige System der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist unübersichtlich, aufwendig und verliert zunehmend an Akzeptanz beim Bürger. Nicht nur die Interessengemeinschaft der Rundfunkgebührenzahler, sondern auch alle maßgeblichen Medienpolitiker in Deutschland fordern inzwischen eine Reform.

Der Gesetzgeber hat zwei zentrale Handlungsfelder durch die Rechtsprechung zugewiesen bekommen, um auf die Gebührenentwicklung stabilisierend einzuwirken: Das ist erstens die präzise Definition eines geforderten Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch die EU-Kommission verlangt für einen Bestandsschutz der deutschen Rundfunkordnung diese präzise,

konkrete Definition dessen, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland leisten soll. Zweitens handelt es sich um die Reform des Systems der Rundfunkfinanzierung.

Beide Punkte sind unsere Handlungsfelder im Landtag. Beide Punkte sind staatsvertraglich zu verankern. Dabei wollen wir ein Wörtchen mitreden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits weit vor der Empfehlung der KEF hat der Landtag durch Beschluss am 22. Februar 2007 seine Haltung auf unsere Initiative hin deutlich gemacht. Wir lassen uns also nicht vorwerfen, dass wir in den üblichen Reflex verfallen, nach der KEF-Empfehlung eine Strukturdebatte anzuzetteln. Wir haben früh deutlich gemacht, wie unsere Haltung dazu ist.

Der Landtagsbeschluss aus dem Februar 2007 hatte im Wesentlichen das Bekenntnis zum dualen Rundfunksystem, zum privaten Rundfunk und zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Realisierung nicht ausgeschöpfter Einsparpotenziale zum Inhalt sowie die Forderungen, keine Zwänge zur Ausweitung der finanziellen Ressourcen durch immer wieder neue Angebote zu schaffen und die Reform des Rundfunkgebührensystems aufkommensneutral und transparent durchzuführen. Darauf aufbauend, haben wir uns als CDU-Landtagsfraktion erlaubt, auch weiter gehende Vorschläge zu machen.

Meine Damen und Herren! Erstens. die Gebührenfinanzierung. Wie können wir sie reformieren? - Nicht nur weil es aufwendig ist, sondern auch weil die technische Entwicklung so rasant verläuft, hält der Gerätebezug in der bisherigen Gebührenfinanzierung einer modernen Betrachtung aus unserer Sicht nicht mehr stand.

Wir möchten eine Haushaltsabgabe bzw. Betriebsstättenabgabe, die hierbei zu deutlichen Vereinfachungen führen soll und auch die vielen netten Damen und Herren überflüssig machen könnte, die an so mancher Haustür klingeln und fragen: Haben Sie denn ein Fernsehgerät? Kann ich in Ihre Wohnung? Haben Sie noch ein zweites Fernsehgerät? Ist das nette Auto vor der Tür nicht Ihr eigenes? Darin ist doch ein Radio. - Wir alle kennen das. Ich glaube, der Verzicht auf außendienstliche Tätigkeiten der GEZ wird von niemandem wirklich als Verlust empfunden.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir können uns auch Umstellungen bei der Gebührenfreistellungspraxis vorstellen.

Des Weiteren wollen wir vor allen Dingen die Einziehung einer Obergrenze, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts möglich wäre. Diese Obergrenze soll sich an der Nettolohnentwicklung orientieren. Denn, meine Damen und Herren, was der einzelne Bürger an öffentlich-rechtlichem Rundfunk empfangen kann, hängt nicht nur von den technischen Möglichkeiten ab, es hängt vor allen Dingen von seinem persönlichen Medienbudget ab, damit also von seinem Einkommen und von der Entwicklung der Nettolöhne und nicht etwa von einer medienspezifischen Teuerungsrate.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir wollen keinen mechanischen Automatismus und die Bindung an die Nettolohnentwicklung per se. Der Bedarf der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten muss natürlich ermittelt werden, um eine Überkompensation auszuschließen. Aber wir wollen hierbei eine Obergrenze einziehen, um

den diskriminierungsfreien Zugang aller Bürger zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu garantieren. Dafür muss die Politik Sorge tragen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir wollen auch neue Aufgaben für die KEF. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfes hat eine Wächterfunktion, zum Beispiel für die Einhaltung eingegangener Selbstverpflichtungen der Anstalten. Auch hierbei, denke ich, ist ein Sanktionsmechanismus durchaus sinnvoll.

Wenn Selbstbindungen überschritten werden, muss das nicht oder sollte das nicht bei der Bedarfsermittlung automatisch berücksichtigt werden müssen. Auch bei der Prüfung von Angebotsveränderungen wird es in Zukunft ganz wichtig sein, dass wir bei einem präzisen Funktionsauftrag prüfen, inwieweit sich aus einem neuen Angebot tatsächlich ein aus dem Funktionsauftrag ableitbarer Mehrwert ergibt.

Ferner wollen wir die Rolle der Landtage stärken. Beim elften und zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist das Parlament frühzeitig einzubeziehen. Wir haben das immer wieder deutlich gemacht, auch im Medienausschuss. Die Einbeziehung der Landtage bei der Konkretisierung des Funktionsauftrages ist für uns wichtiger als das Beklagen der 95 Cent. Deswegen haben wir mit diesen Vorschlägen auch die Öffentlichkeit gesucht und werden das über alle Möglichkeiten, alle parlamentarischen Instrumente hinweg als Fraktion fortsetzen.

Die Aktuelle Debatte sollte die Gelegenheit geben, Stellung zu beziehen. Ich denke, wir haben deutlich gemacht, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht infrage stellen. Wir sind aber eben auch der Meinung, dass er nicht dadurch zukunftsfähig wird, dass wir den Dreh an der Gebührenschraube zu einem mechanischen Automatismus machen.

Deswegen, meine Damen und Herren, appelliere ich an unser aller Verantwortung, diese Strukturdebatte ernst zu nehmen und sich in diese einzubringen, selbst wenn ein länderübergreifender Abstimmungsbedarf in medienpolitischen Fragen natürlich auf der Hand liegt.

Lassen Sie mich noch etwas Grundsätzliches zu den Medien sagen. Die Medien sind ein zentraler Bestandteil unserer Alltagskultur. Niemand kann sich eine Welt noch ohne die Medien vorstellen. Sie prägen unser Leben.

Manche lassen sich über das Fernsehen im Wohnzimmer von Leuten unterhalten, die sie selbst nie einladen würden. Für manche ist das Fernsehen auch ein Schlafmittel, das man mit den Augen einnimmt. Viele von uns können sich eine Autofahrt ohne Radio nicht vorstellen - zumindest ich persönlich nicht. Das Radio ist „Kino im Kopf“, heißt es.

Meine Damen und Herren! Die Medien haben die Welt zu einem elektronischen Dorf gemacht. Man kann auch etwas spöttisch sagen: Vor Rundfunk war nur Mundfunk. Ein zentraler Bestandteil unserer Kultur, der diskriminierungsfreie Zugang zu Medienangeboten, ist ein ganz elementares Recht, das wir jedem Bürger politisch garantieren müssen.

(Zustimmung von Herrn Dr. Eckert, DIE LINKE)

Darauf kommt es in der nächsten Zeit an. Ich möchte uns daher ermahnen: Stellen wir uns auch als Landtag von Sachsen-Anhalt dieser Verantwortung und machen

die deutsche Rundfunkordnung zukunftsfest. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schröder. - Bevor ich dem Herrn Staatsminister das Wort erteile, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Eilsleben auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Medienpolitik gilt in ganz besonderer Weise jenes Stoßgebet: Herr, gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,

(Heiterkeit)

den Mut und die Kraft, Dinge zu ändern, die in meiner Macht stehen, und die Klugheit, beides voneinander zu unterscheiden.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Es gab in den römischen Provinzen ein Klugheitsgebot. Dieses lautete: Roma locuta, causa finita. Ich glaube, in diesem Sinne können wir für diese Gebührenperiode realistischerweise sagen: Die KEF hat gesprochen, das war’s. Ich finde, die KEF hat diesmal einen guten Job gemacht.