Protokoll der Sitzung vom 17.04.2008

Dass in der Verwaltung trotzdem oft plump nur nach dem billigsten Angebot Ausschau gehalten wird, ist natürlich zu kritisieren. Ändern lässt sich das auch nicht durch weitere Gesetze und Vorschriften. Es müssen nur die bestehenden Vergabevorschriften eingehalten werden, die jetzt schon verlangen, dass das wirtschaftlichste und nicht das billigste Angebot den Zuschlag erhalten soll.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag für diese Aktuelle Debatte spricht von Konsequenzen, die aus dem Urteil zu ziehen seien. Ich muss sagen, wir Liberalen sehen keine Konsequenzen, die gezogen werden müssen. Unser Vergaberecht in Sachsen-Anhalt weist keine Tariftreueklausel auf, es verstößt nicht gegen EURecht und somit besteht diesbezüglich auch kein Bedarf an einer Novellierung.

(Beifall bei der FDP)

Dieser Antrag verfolgt letztlich - das haben wir heute gehört - ein ganz anderes Ziel, nämlich wiederum den Mindestlohn zu debattieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits am 15. September 2006 gab es den Antrag der LINKEN zu einer Aktuellen Debatte, der da lautete: „Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland“. Am 27. April 2007 diskutierten wir in diesem Haus die Position der Koalition zum Mindestlohn ebenfalls auf Antrag der LINKEN. Ein halbes Jahr später, am 12. Oktober 2007 stand der Mindestlohn wieder auf der Tagesordnung.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Diesmal hatte die SPD die Aktuelle Debatte zum Thema „Einführung von Mindestlöhnen in Deutschland“ beantragt. Mein Mitstreiter in Sachen Ordnungspolitik, Professor Karl-Heinz Paqué, hat damals schon festgestellt, dass dieses Thema alle halbe Jahre mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrt.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Er hat auch vermutet, dass Sie, verehrte Damen und Herren von der SPD, damit ein neues Thema für den nächsten Bundestagswahlkampf vorbereiten wollen. Mit dem vorliegenden Antrag zu einer Aktuellen Debatte geben Sie ihm im Nachhinein Recht. Sie haben diesmal nur einen besseren Aufhänger und eine geschickter getarnte Begründung gefunden.

Angesichts dieser Entwicklung ist zu befürchten, dass wir im Oktober dieses Thema erneut auf der Tagesord

nung haben werden. Vielleicht werden die Intervalle mit dem näher rückenden Wahltag auch immer kürzer.

Sehr geehrte Damen und Herren! An unserer Position hat sich nichts geändert. Die gewichtigen Gründe, die uns Liberale einen Mindestlohn ablehnen lassen, existieren nach wie vor. Ich brauche sie heute nicht noch einmal vorzubringen. Das meiste wurde während der Debatte auch schon gesagt.

Genau an dieser Stelle bestätigen Sie einen der zentralen Punkte der Kritik am Mindestlohn. So wie wir jetzt in gut anderthalb Jahren bereits zum vierten Male über die Einführung diskutieren, würden sich die Debatten fortsetzen, wenn der gesetzliche Mindestlohn erst einmal eingeführt wäre. Dann hätten wir alle halbe Jahre einen Antrag vorliegen, der sich mit der Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes beschäftigt und uns auffordert, aufgrund der äußeren Umstände diesen zu erhöhen oder nicht.

Diese Politisierung der Lohnfindung, die abseits des Marktes und ohne Einbeziehung der Beteiligten stattfindet, widerspricht den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von Frau Budde, SPD)

Deshalb stehen wir Liberale auf dem Standpunkt: Beim Mindestlohn handelt es sich um einen ordnungspolitischen Sündenfall staatlicher Intervention, den es im Interesse eines funktionierenden Arbeitsmarktes zu verhindern gilt. Das Urteil des EuGH zum Vergaberecht darf hier nicht als Argument für den Mindestlohn missbraucht werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Wir sind damit am Ende der Aktuellen Debatte. Beschlüsse werden entsprechend § 46 unserer Geschäftsordnung nicht gefasst.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung für die Mittagspause. Um 14.30 Uhr geht es weiter mit der Fragestunde.

Unterbrechung: 13.27 Uhr.

Wiederbeginn: 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren, wir setzen die Sitzung wie vereinbart um 14.30 Uhr fort.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde - Drs. 5/1198

Es liegen vier Kleine Anfragen vor. - Ich rufe den ersten Fragesteller auf. Es ist der Abgeordnete Uwe Heft von der Fraktion DIE LINKE. Bei der Frage 1 geht es um die Ansiedlung der DHL am Flughafen Leipzig-Halle. Bitte, Herr Heft.

Danke, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! DHL hat mit der Flughafen Leipzig-Halle GmbH einen Vertrag geschlossen, welcher unter anderem ausschließlich bzw. vorrangig die Nutzung der südlichen Start- und Landebahn beinhaltet.

Weiterhin kommt entsprechend diesem Vertrag die Flughafen Leipzig-Halle GmbH für sämtliche Aufwendungen von DHL auf, sofern sich DHL durch äußere Umstände „genötigt“ sieht, den Standort Leipzig-Halle aufzugeben. Der Freistaat Sachsen hat in Form einer Patronatserklärung gegenüber den Beteiligten die Übernahme der Aufwendungen der Flughafen Leipzig-Halle GmbH für den vorstehend beschriebenen Fall erklärt.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welchem Umfang ist das Land Sachsen-Anhalt in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter der Mitteldeutschen Flughafen AG bzw. der Flughafen Leipzig-Halle GmbH in diese Patronatserklärung des Freistaates Sachsen eingebunden?

2. Welchen Einfluss nehmen die Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt in der Mitteldeutschen Flughafen AG bzw. der Flughafen Leipzig-Halle GmbH zur Durchsetzung des verbindlichen Teils des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Leipzig vom 4. November 2007, Aktenzeichen 14-0513.21010/14, Punkt 4.7.6, welcher die gleichmäßige Auslastung der Nord- und der Südstart- und Landebahn am Flughafen Leipzig-Halle festlegt?

Vielen Dank, Herr Heft. - In Vertretung des Ministers für Landesentwicklung und Verkehr antwortet Herr Minister Jens Bullerjahn. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich antworte als zuständiges Aufsichtsratsmitglied in eigener Funktion, mache das wie immer in der gebotenen Sachlichkeit.

Erste Frage. Das Land Sachsen-Anhalt ist in die Patronatserklärung des Freistaates Sachsen nicht eingeschlossen. Sie wissen ja, dass es zu dieser Patronatserklärung eine EU-beihilferechtliche Diskussion oder, ich würde sagen, Bewertung durch Brüssel gibt.

Zweite Frage. Dazu kann ich Ihnen eine gewisse, ich sage einmal, sehr trocken vorgetragene Antwort nicht ersparen, weil das Planungsrecht eben so ist, wie es ist.

Das RP Leipzig ist als Planfeststellungsbehörde nicht für die Verteilung des Flugverkehrs zuständig. Die Verteilung des Flugverkehrs und die damit verbundene Zuweisung der An- und Abflugrouten obliegt laut § 27c Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1a und b des Luftverkehrsgesetzes der Deutschen Flugsicherung, der DFS. Daher besitzt die im Planfeststellungsbeschluss des RP Leipzig angeführte gleichmäßige Verteilung aller Flugbewegungen auf beide Start- und Landebahnen empfehlenden Charakter. Dieser Auffassung folgte auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. November 2006. Eine Einflussnahme in den Gremien der MF AG ist daher nicht zielführend.

Nach § 32b des Luftverkehrsgesetzes obliegt es der Lärmschutzkommission, Vorschläge für Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gegen Fluglärm zu unterbreiten. In der Regel setzt die Deutsche Flugsicherung diese Vorschläge dann auch um.

Zum Lärmschutz, insbesondere zum Schutz der Nachtruhe, wurde in dem Planfeststellungsbeschluss eine in Deutschland erstmalig veröffentlichte Studie des Zen

trums der deutschen Luft- und Raumfahrt e. V. herangezogen. Sie untersucht die Dosis-Wirkung-Beziehung der Aufwachreaktion zum Fluglärm; ich habe mich selbst erst einmal beim Lesen schlau gemacht, was es da so alles gibt. Das Nachtschutzgebiet wurde auf der Grundlage von künftigen An- und Abflugrouten mit einem Prognoseszenario für das Jahr 2015 berechnet.

Die dem prognostischen Flugbetrieb zugrunde liegenden An- und Abflugwege, die Grundlage der lärmphysikalischen Berechnungen waren, sind von der Deutschen Flugsicherung im Planfeststellungsverfahren ausdrücklich als plausibel und realistisch eingeschätzt worden, wobei es, sage ich einmal, für die Betroffenen sicherlich immer sehr subjektiv zu bewerten ist, was laut ist, ob man nun betroffen ist oder ob man belästigt wird.

Dies betrifft auch Abflugrouten in Startrichtung West, die in Richtung Nordwest östlich von Halle, also in den Raum Reideburg, Büschdorf, Dautzsch und Frohe Zukunft verlaufen; diese Stadtteile liegen nicht im Nachtschutzgebiet. Unabhängig davon hat die Planfeststellungsbehörde ab Februar 2009 und danach jährlich erneute Berechnungen und Überprüfungen der Schutzgebiete anhand aktualisierter Flugbewegungen und Flugrouten empfohlen.

Durch den Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt in der Lärmschutzkommission wurde zuletzt eine Prüfung durch die Deutsche Flugsicherung angeregt, ob konkret eine Alternativroute als langer Geradeausflug mit Weiterflug westlich von Halle möglich sei, um den Osten von Halle zu entlasten. Dazu ist allerdings ein Mehrheitsbeschluss der Lärmschutzkommission nötig.

Seit Sommer 2007 prüft das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, ob es Alternativen zu der ausgesetzten Abflugstrecke über den Nordwesten von Leipzig gibt; die Entscheidung steht noch aus.

(Herr Heft, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

- Ich wollte an dieser Stelle eigentlich kurz anschließen: Bitte ersparen Sie mir jetzt weitere Detailfragen über Fluglärm und -strecken; aber gut, versuchen es wir einmal.

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt noch eine Zusatzfrage von Herrn Heft. Bitte schön.

Danke, Herr Präsident. - Wir werden jetzt nicht detailliert auf Fluglärm und Flugrouten eingehen, Herr Minister, aber in Ihrer damit verbundenen Funktion als Mitglied des Aufsichtsrates der Mitteldeutschen Flughafen AG frage ich Sie doch, ob und in welchem Umfang Ihnen bekannt ist, dass in dem hier zur Diskussion stehenden Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig zur Planfeststellung der Nachtflugerlaubnis am Flughafen Leipzig-Halle Teil A etwas zur Belegung der südlichen und nördlichen Start- und Landebahn steht und dass der Teil A überschrieben ist mit „Verbindlicher Teil bzw. Festlegungen“.

Ich kann Ihnen jetzt zusichern, dass wir darüber sehr ausführlich im Aufsichtsrat gesprochen haben, auch in den einzelnen Gremien. Es wäre aber vermessen, wenn

ich jetzt diese sehr wortgenaue Frage von Ihnen ganz konkret beantworten wollte. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich darauf schriftlich antworten dürfte. Ich möchte hier nicht herumschwafeln und irgendetwas erzählen, zu dem Sie dann sagen: So genau steht es darin nicht. Wenn es Ihnen also recht ist, würde ich das gern aufgreifen und Ihnen schriftlich antworten.

Vielen Dank. Herr Heft stimmt dem Verfahren so zu. - Bevor wir die Frage 2 behandeln, habe ich die Freude, Seniorinnen und Senioren vom Seniorenkolleg Bernburg auf der Südtribüne zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun zu Frage 2. Sie wird von dem Abgeordneten Guido Kosmehl von der FDP-Fraktion gestellt. Es geht um den Sachstand Beschaffung und Auslieferung im Rahmen des Schutzwestenprogramms zur personenbezogenen Ausstattung der sachsen-anhaltischen Polizeibeamten mit ballistischen Unterziehschutzwesten.