Protokoll der Sitzung vom 27.06.2008

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin schon erstaunt über die Anträge, die uns hier vorliegen. Es gibt jetzt den Antrag der FDP-Fraktion, einmal bezogen auf den § 1, zum anderen auf den § 26, zerlegt in zwei unterschiedliche Anträge. Die Fraktion DIE LINKE möchte nur die Evaluation haben, und die Koalition möchte nur das Kostennormwertverfahren haben. Sie beantragt ja einen Bericht über die Umsetzung des Kostennormwertverfahrens, was uns ein wenig erstaunt.

Aber nichtsdestotrotz lässt uns das natürlich hoffen, dass der Minister nachher in seiner Rede doch sagt, dass das Kostennormwertverfahren jetzt durchgerechnet wird und dementsprechend auch seine Berücksichtigung findet. Wenn das heute noch erfolgt, hat der Gesetzgeber durch dieses ständige Drängen einen gewissen Erfolg erreicht, dass seine Gesetze eingehalten werden.

Wenn ich hier den einen oder anderen in diesem Hohen Hause sehe, der sich über diese Aktivitäten wundert, dann muss ich sagen, dass ich bestärkt wurde durch Damen und Herren dieses Gremiums, die draußen, nämlich vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, nachdrücklich die Forderung erhoben haben, dass das Gesetz umgesetzt werden muss. Ich hoffe doch, dass unser Antrag hier mehr Resonanz bekommt und sie auch vor diesem Plenum noch einmal bekennen, dass das, was sie draußen äußern, nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern dass sie ehrlich daran interessiert sind, dass jenes, was hier verabschiedet worden ist, auch in der künftigen Umsetzung zum Erfolg führt.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bedauerlich, dass man derartige Anträge stellen muss. Normalerweise sollte man ja davon ausgehen, dass hier in vorbildlicher Art und Weise die Gesetze eingehalten werden. Aber ich habe durchaus die Hoffnung, dass dieses langfristig nicht ständig notwendig sein wird. Nichtsdestotrotz besteht aber für uns als Gesetzgeber immer wieder die Aufgabe, selber zu kontrollieren, ob unsere Gesetze erfüllt werden. Ich kann Sie an dieser Stelle nur auffordern, unserem Antrag zuzustimmen, um noch einmal nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass Gesetze, die hier verabschiedet werden, Gültigkeit entfalten, dass sie für jedermann gelten und dies nicht in das Belieben des Einzelnen gestellt ist. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kley. - Nun erteile ich Herrn Minister Olbertz das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wiederholung ist ein wichtiges didaktisches Prinzip einer jeden guten Schule und das hinreichende Verweilen an wichtigen Fragestellungen auch. Diesem Prinzip weiß sich offensichtlich die FDP verpflichtet. Ich freue mich also sehr, dass Sie Ihren Antrag, den wir bereits im Dezember letzten Jahres debattiert haben, in der Form und auch im Ton überarbeitet haben. Damals ist er ja nach ausführlicher Debatte bei Stimmenthaltung der LINKEN abgelehnt worden.

Ungeachtet dessen verbirgt sich - das habe ich damals schon gesagt - hinter dem Antrag ein ernst zu nehmendes Problem; denn in der Tat besagt § 1 Abs. 6 des Hochschulmedizingesetzes, dass die staatlichen Zuschüsse für die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin über Kostennormwerte zu bestimmen sind und das Nähere durch Rechtsverordnung der Landesregierung geregelt wird.

Natürlich respektiert das Ministerium die Gesetzeslage; alles andere wäre inakzeptabel. Ich will auch nicht erneut die Frage aufwerfen, ob das Gesetz eine sofortige Umstellung der Zuschussgewährung für die medizinischen Fakultäten auf Kostennormwerte verlangt oder nicht; in jedem Fall ist das Ministerium ermächtigt, durch Verordnung entsprechende Regelungen zu treffen.

Gerade weil wir das Hochschulmedizingesetz wie jeden Beschluss des Landtages ernst nehmen, ist übrigens der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landtages im Rahmen der Haushaltsberatungen am 26. September 2007 und am 17. Oktober 2007 von uns bereits unterrichtet worden, dass die Umstellung zum Doppelhaushalt 2008/2009 noch nicht erfolgen kann. Das kann man in den Protokollen nachlesen. Dort haben wir auch darüber informiert, welche sachlichen Gründe eine sofortige Umsetzung dieses Verfahrens - unverhofft, wie ich zugebe - erschwert haben.

Das hing mit der Entwicklung in der Kultusministerkonferenz, der bundesweiten Diskussion, zusammen, auch mit dem Umstand, dass das Kostennormwertverfahren zurzeit unter den Ländern noch nicht mehrheitsfähig ist. Es hing aber auch damit zusammen, dass wir Probleme in der Umsetzung im Haushalt im Kontext des Landeskonsolidierungskonzeptes hatten. Schließlich musste auch die bis ins Einzelne festgelegte Berechnung der Höhe des Zuschusses unter Einbeziehung der Tarifentwicklungen und der Inflationsrate erst geklärt werden.

Ich will übrigens eines sagen, was mir wirklich sehr wichtig ist: Wir haben den Ausfall an Mitteln infolge des noch nicht umgesetzten Kostennormwertverfahrens in fast identischen Summen kompensiert, indem das Land ohne Rechtsverpflichtung den medizinischen Fakultäten die Kostenaufwüchse aus den Tarifsteigerungen erstattet hat, und zwar in voller Höhe. In diesen zusätzlichen Zahlungen sind die Ost-West-Angleichung der unteren Gehaltsgruppen zum 1. Januar 2008 und die Angleichung der VBL um 1,5 % und im Übrigen auch die lineare Steigerung um 2,9 % zum 1. Mai 2008 enthalten, sodass die Medizinische Fakultät Magdeburg 1,346 Millionen € zusätzlich zum Budget bekommen hat und die Medizinische Fakultät Halle 1,55 Millionen €, also ziemlich präzise die Summen, die Sie anmahnen, insgesamt fast 3 Millionen €, was zumindest für budgetierte Einrichtungen nicht unbedingt ein übliches Verfahren ist.

Des Weiteren hatte ich darüber informiert, dass wir die fragliche Rechtsverordnung im Entwurf bereits mit den betroffenen Ressorts abgestimmt hatten. Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls von einer Missachtung der Gesetzeslage nicht die Rede sein.

Ferner hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Finanzierung der medizinischen Fakultäten nicht allein § 1 Abs. 6 des Hochschulmedizingesetzes zu beachten sei, sondern auch der Absatz davor. Danach werden mit den medizinischen Fakultäten Zielvereinbarungen abgeschlossen, die die Ziele mehrjähriger Entwicklungen wie Höhe und Berechnung der staatlichen

Mittelzuweisung enthalten und damit auch Planungssicherheit über mehrere Jahre gewähren. In diesen Zielvereinbarungen heißt es wörtlich:

„Die Zuschüsse zur Grundausstattung aus dem Landeshaushalt werden so bemessen, dass eine Ausbildungskapazität von je 185 Studienanfängern in der Humanmedizin und 40 in der Zahnmedizin gesichert wird.“

Das steht wörtlich darin. Wir haben das dafür notwendige Budget um beträchtliche Summen aufgestockt, um den medizinischen Fakultäten das Problem abzunehmen bzw. die Lösung zu erleichtern, die Tarifsteigerungsmittel aufbringen zu müssen.

In diesem Sinne wurden auch die erforderlichen Mittel bei der Haushaltsaufstellung beantragt. Das Ergebnis ist im Doppelhaushalt 2008/2009 festgeschrieben. Ergänzend zu meinen damaligen Ausführungen kann ich heute mitteilen, dass unsere Anmeldungen für den kommenden Doppelhaushalt sowie die Mittelfristige Finanzplanung auf der Grundlage des genannten Entwurfs der Rechtsverordnung bereits erfolgt sind. Mit der entsprechenden Kabinettsvorlage vom 29. April 2008 wurde für die medizinischen Fakultäten ein Mehrbedarf von 2 Millionen € jährlich angemeldet mit genau dieser Begründung. Das entspricht ja auch der beschriebenen Summe. Der überwiegende Teil des Mehrbedarfs würde der medizinischen Fakultät Halle zufließen. Das ist tatsächlich so. Insofern sind die staatlichen Zuschüsse für die Studiengänge Human- und Zahnmedizin bereits jetzt über Kostennormwerte im folgenden Haushalt bestimmt und der Finanzplanung zugrunde gelegt worden.

Meine Damen und Herren! Zweiter Punkt. Sie wissen, dass das Hochschulmedizingesetz selbst vorsieht, dass die Landesregierung bis Ende des Jahres 2008 eine Überprüfung im Hinblick auf die Frage, ob die Zielvorgaben des Gesetzes erreicht werden können, in geeigneter Form durchführen soll. Hierüber ist dem Landtag zu berichten. Gegenstand der Evaluierung sind Erfahrungen in der Anwendung, Wirksamkeit und Akzeptanz dieses Gesetzes; so steht es in § 26.

Damit diese Überprüfung mit einem höchstmöglichen fachlichen Anspruch erfolgen kann, habe ich den Wissenschaftsrat bereits im April 2007, also vor mehr als einem Jahr, gebeten, das Evaluationsverfahren für die Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt mit den beiden Fakultäten sowie den Universitätsklinika in Halle und Magdeburg für das Jahr 2008 durchzuführen und nach Besuchen vor Ort Empfehlungen zur weiteren strategischen Ausrichtung der Einrichtungen zu erarbeiten.

Ziel war dabei, die jeweils im Jahr 2008 vorgesehene Evaluation des Hochschulmedizingesetzes des Landes mit der Evaluation, die in den Zielvereinbarungen vorgesehen ist, zu verknüpfen, damit wir das nicht zweimal in einem dichten Abstand zueinander machen müssen.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2007 hat dann der Generalsekretär des Wissenschaftsrates geantwortet, dass der Wissenschaftsrat die Evaluation durchführen könne. In seinem Arbeitsprogramm könne er die Besuche jedoch erst für Oktober 2008 aufnehmen. Am Ende des Jahres 2008 wolle er aber die Ergebnisse im Entwurf bereits vorlegen.

Das einzige Problem, welches wir wirklich haben, ist, dass die Gremien des Wissenschaftsrates das dann erst am Beginn des Jahres 2009 machen können, allerspä

testens im Mai. Im Entwurf werden die Ergebnisse aber vorliegen. Etwas anderes sind die Beschlüsse der Gremien, sodass ich gern einräume, dass eine vertiefte Erörterung dieser Befunde tatsächlich nur mit einer leichten zeitlichen Verschiebung möglich ist.

Ich meine aber, wir sollten das hinnehmen; denn anderenfalls hätten wir irgendeine andere mehr oder minder preiswerte Agentur bitten können, diese Evaluation vorzunehmen. Eine renommiertere Adresse für ein solches Unternehmen „Evaluation“ als den Wissenschaftsrat gibt es nicht.

Ich akzeptiere einfach, dass ich Rücksicht auf dessen Arbeitsplanung nehmen muss, weil sehr viele Länder, Hochschulen und Forschungsinstitute zurzeit die Hilfe des Wissenschaftsrates in Anspruch nehmen. Das hängt damit zusammen, dass viele Strukturen mitten in der Umstellung begriffen sind und der Wissenschaftsrat permanent um Gutachten und Stellungnahmen gebeten wird.

Nebenbei bemerkt, macht er es in dem Fall für SachsenAnhalt außerordentlich schnell; denn sie wollen noch in diesem Jahr die Ergebnisse im Entwurf vorlegen.

Aus der beschriebenen Terminplanung des Wissenschaftsrates entstehen in der Tat gegenüber dem Hochschulmedizingesetz und den Zielvereinbarungen geringfügige Verschiebungen. Ich denke, es wäre klug, das hinzunehmen. Selbstverständlich habe ich den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur bereits über diese Terminkette informiert.

Meine Damen und Herren! Es liegt Ihnen ein Alternativantrag der Fraktionen von CDU und SPD vor, der respektiert, dass wir diesbezüglich tatsächlich einen Handlungs- und Erörterungsbedarf haben. Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, im Ausschuss auch darzustellen, wie dieses Zieldilemma zustande gekommen ist und welche Auswege ich auch in Anbetracht der bevorstehenden Evaluation empfehle.

Wie gesagt, das Kostennormwertverfahren wird eingeführt, es ist angemeldet, aber es war in dem Tempo nicht zu verwirklichen, wie ich mir das ursprünglich gewünscht habe, allerdings aus Gründen, die nicht in Sachsen-Anhalt verschuldet worden sind. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister. Möchten Sie eine Frage von Herrn Lange beantworten?

Ja, selbstverständlich.

Bitte schön, fragen Sie.

Herr Minister, bisher haben Sie auf Nachfragen unserer Fraktion - Herr Kley hat auch noch einmal darum gebeten - die Terminketten für die gesamten Evaluationen im Ausschuss dargestellt. Das ist richtig. Auf unser Nachfragen hin klang allerdings durch den Staatssekretär

eher an, dass die Evaluation durch den Wissenschaftsrat stärker die Zielvereinbarungen und die wissenschaftliche Ausrichtung der Fakultäten und der Hochschulmedizin betrifft und nicht das Hochschulmedizingesetz selbst. Inwieweit ist denn jetzt die Beauftragung bzw. das Bitten des Ministeriums so konkretisiert, dass das Hochschulmedizingesetz dort auch eine Rolle spielen soll? Oder planen Sie dort eine separate Evaluation?

Nein. Herr Lange, ich bin froh, dass ich das richtig stellen kann; denn das ist wirklich missverständlich. Primärer Anlass für die Evaluation - so auch der Schriftwechsel mit dem Wissenschaftsrat - ist klipp und klar das Hochschulmedizingesetz. Das hing auch damit zusammen, wie Sie sich erinnern, dass der Wissenschaftsrat unsere Gesetzesdebatte damals sehr konstruktiv und intensiv begleitet, beraten und verfolgt hat.

Der Generalsekretär selbst ist zur Anhörung erschienen, was keineswegs üblich ist. Das sind, so glaube ich, vonseiten des Wissenschaftsrates Bekundungen des Interesses und der Sympathie gerade an unserer Gesetzeskonstruktion. Das ist der primäre Zweck.

Sekundär möchte ich gern gleichzeitig der Forderung Folge leisten, auch die Evaluation, die in den Zielvereinbarungen verankert ist, sozusagen zu synchronisieren und dies in eine Hand zu geben. Im Briefwechsel spielt übrigens nur das Gesetz eine Rolle; denn der Wissenschaftsrat evaluiert keine Zielvereinbarungen.

(Herr Lange, DIE LINKE: Der Briefwechsel liegt uns aber nicht vor!)

- Nein, das ist klar. Es liegt Ihnen ja nicht mein gesamter Briefwechsel vor. - Jedenfalls kann das auch ein Missverständnis sein, denke ich.

Einen zweiten Punkt möchte ich hinzufügen. Der Wissenschaftsrat sieht in seinem Besuchsprogramm auch Anhörungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, des Nachwuchses und des Mittelbaus vor. Selbstverständlich werde ich dafür sorgen, dass die Personalvertretungen bei der Erörterung der Befunde und vor allem der Umsetzung von Schlussfolgerungen aus den Empfehlungen beteiligt werden. Ich denke aber, das ist selbstverständlich. Das wollte ich noch hinzufügen. Wie gesagt, Anlass und primärer Gegenstand der Evaluation ist das Hochschulmedizingesetz.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank - Minister Herr Dr. Daehre: Na, wunderbar!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Nun hören wir die Beiträge der Fraktionen. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Mittendorf. Bitte schön.

Vielen Dank. Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Es ist in Tat so, dass wir heute Sachverhalte debattieren oder noch einmal ansprechen, die wir alle schon einmal diskutiert haben. Ich habe in Vorbereitung auf die heutige Debatte noch einmal meine Unterlagen, welche wir im Dezember zu dem gleichen Thema hatten, durchgesehen. Ich muss sagen: Vom Prinzip her ist das, was Sie in dem Antrag formulieren, wirklich das Alte, was jetzt wieder als etwas Neues verkauft wird.

Der Anlass ist klar. Es gab eine Runde mit den Personalräten der Medizinischen Klinika in Wittenberg. Das war interessant und auch notwendig. Gleichwohl fand die Runde zu einem Zeitpunkt statt, zu dem eigentlich die wesentlichen Dinge, die mit der Evaluierung des Gesetzes zusammenhingen, längst auf den Weg gebracht waren.

Wenn ich jetzt boshaft wäre - aber ich bin nicht boshaft -,

(Frau Bull, DIE LINKE: Nicht?)

dann würde ich sagen, das Problem ist nicht, dass das Gesetz nicht umgesetzt wird, sondern das Problem ist, dass in dem Gesetz solche Dinge enthalten sind, die die Probleme erst bereitet haben. Aber wir haben das damals nicht beschlossen, sondern das haben Sie mit meinem jetzigen Koalitionspartner gemacht. Wir müssen jetzt die Probleme ausbaden.