Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 43. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt. Ich möchte die anwesenden Damen und Herren herzlich begrüßen. Ich hoffe, Sie sind gut über den Sommer gekommen und wir gehen heute und morgen mit voller Kraft in die Landtagssitzung.
Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest. Damit können wir die Sitzung ordnungsgemäß durchführen.
Ich komme zu den Entschuldigungen von Mitgliedern der Landregierung. Folgende Entschuldigungen liegen für die 23. Sitzungsperiode vor: Ministerin Frau Professor Kolb wird heute ab 17 Uhr die Sitzung verlassen. Sie nimmt an einer Arbeitstagung der Generalstaatsanwälte teil.
Staatsminister Herr Robra hat sich für beide Sitzungstage entschuldigt. Er nimmt an dem Jahreskongress der Chefs der Staatskanzleien teil.
Ministerpräsident Herr Professor Böhmer und Minister Herr Bullerjahn werden die Sitzung am 12. September 2008 vorzeitig verlassen; denn sie werden - Herr Professor Böhmer ab 12 Uhr und Minister Herr Bullerjahn ab 13.30 Uhr - den Bundespräsidenten begleiten, der in Sachsen-Anhalt unterwegs ist. - Das sind die Entschuldigungen von der Landesregierung, die mir vorliegen.
Wir kommen nun zur Tagesordnung der 23. Sitzungsperiode, meine Damen und Herren. Hierzu gibt es drei Anträge, die zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen, sowie weitere Stellungnahmen des Ausschusses für Recht und Verfassung, der erst kürzlich getagt hat.
Erstens handelt es sich um einen Antrag, der entsprechend einem Beschluss des Ältestenrates zur probeweisen Einführung der Regierungsbefragung auf die heutige Tagesordnung gesetzt worden ist. Die Fraktion DIE LINKE hat diesbezüglich von ihrem Recht Gebrauch gemacht und in der Drs. 5/1482 eine Befragung der Landesregierung zum Thema „Das Jahr 2008 - das Jahr der Funktionalreform“ beantragt. Diese Regierungsbefragung ist unter dem Tagesordnungspunkt 19 vorgesehen. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, diesen am Freitag als ersten Beratungsgegenstand zu behandeln.
Zweitens. Die Fraktion DIE LINKE hat eine Aktuelle Debatte zum Thema „Wirtschaftsstandort Genthin sichern“ in der Drs. 5/1484 beantragt. Im Ältestenrat wurde vereinbart, die Aktuelle Debatte am Freitag als dritten Punkt unter dem Tagesordnungspunkt 20 zu behandeln.
Drittens. Die Fraktion der SPD beantragt in der Drs. 5/1499 die Wahl einer Schriftführerin gemäß § 7 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages. Dieser Gegenstand wird heute unter dem Tagesordnungspunkt 21 behandelt.
Viertens. Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat in der gestrigen Sitzung eine Reihe von Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht behandelt und schlägt vor, den Tagesordnungspunkt 12 entsprechend zu erweitern. Die Beschlussempfehlungen dazu liegen in den Drs. 5/1387 und 5/1491 bis 5/1497 vor. - Das sind die Dinge, die wir zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt
Dann bitte ich um Abstimmung. Wer der Tagesordnung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist die Tagesordnung so beschlossen worden und wir können in die Beratung eintreten.
Zum zeitlichen Verlauf der heutigen Sitzung: Wir werden gegen 19 Uhr fertig sein - das liegt ja an uns - und werden dann ab 20 Uhr die parlamentarische Begegnung mit der Techniker-Krankenkasse in dem neuen Restaurant am Schleinufer 30 durchführen. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein und bitte Sie, daran teilzunehmen. - Das zu den Vorreden.
Regierungserklärung des Ministers der Finanzen Jens Bullerjahn zum Thema: Der Weg und das Ziel - Strategiedebatte zwischen neuen Spielräumen und alten Schulden
Anschließend werden wir die Aussprache zur Regierungserklärung durchführen. Die Beiträge der Fraktionen werden in der folgenden Reihenfolge und mit der folgenden Redezeit gehalten werden: DIE LINKE 24 Minuten, CDU 37 Minuten, FDP zehn Minuten und SPD 23 Minuten. Zunächst erteile ich jedoch dem Herrn Minister das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung. Er hat mir signalisiert, dass er etwa 45 bis 55 Minuten lang sprechen wird.
- Sie sagen das selber, damit sich die Damen und Herren Abgeordneten zumindest ein bisschen orientieren können. Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gehört, dass ein Rundfunksender verbreitet, ich würde mehr als zwei Stunden lang reden.
Abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich hier vorn zusammenbrechen würde und meine eigene und die Koalitionsfraktion einschlummern würden, würde ich wahrscheinlich noch Stunden reden müssen, um auch die anderen zu überzeugen. Ich habe vor, eine Dreiviertelstunde zu sprechen. Ich hoffe das so kurzweilig zu machen, dass Sie auch zuhören können.
Ich habe schon mitbekommen, dass die Überschrift viele zum Schmunzeln angeregt hat. Ich gebe zu, es gibt auch bei uns im Haus Leute, die ganz kreativ sind. Wir fanden diese Überschrift gut. Denn es geht um den Weg und um das Ziel und nicht um den bekannten Spruch „Der Weg ist das Ziel“. Ich denke, dazu werden noch einige etwas sagen.
Meine Damen und Herren! Mit der bisher geführten Debatte zur Strategie der Landesregierung und der nun vorliegenden mittelfristigen Finanzplanung 2008 und dem Personalkonzept 2008 - ich sage jetzt schon, dass ich ab und zu die Kurzformen „Mipla“ und „PEK“ ver
wenden werde; denn irgendwann ist das Aussprechen der Begriffe ein bisschen nervig - verfolgt die Landesregierung ein wichtiges Ziel:
Das Land Sachsen-Anhalt muss im Jahr 2019 finanzpolitisch wie auch wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen. Dieses Ziel kann und wird das Land auch erreichen, wenn man weiterhin über die Legislaturperioden hinaus denkt, wenn man weiterhin die richtigen Weichen stellt und wenn es uns gelingt, weiterhin zukunftsträchtige Schwerpunkte zu bilden.
Das ist, glaube ich, der Anspruch aller Regierungen, auch vor uns und nach uns, und jede Regierung muss natürlich schauen, dass sie diesem Anspruch gerecht wird. Die mittelfristige Finanzplanung und das Personalentwicklungskonzept, die Ihnen heute vorliegen, sind dabei entscheidende Instrumente.
Selbstverständlich hat die Mipla keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit; sie dient aber als Entscheidungshilfe für die Landesregierung und den Landtag. Deshalb sind die Debatte heute und die Beratungen in den nächsten Wochen und Monaten wichtig.
Der Landtag - ich sage das gleich am Anfang, damit das nicht falsch verstanden wird - fällt dann natürlich die endgültigen Entscheidungen - eine Mipla ist noch lange nicht der Haushalt -; das ist sein vornehmstes Recht, aber - das sage ich in Richtung aller Fraktionen - das liegt am Ende auch in unserer gemeinsamen Verantwortung.
Mit der Mipla und dem PEK zeigen wir Möglichkeiten auf, bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts eine finanzpolitische Normalität zu erreichen. Damit sind wir von vier Eckdaten ausgegangen, die uns auch in den nächsten Jahren weiterhin begleiten werden:
Erstens. Sachsen-Anhalt ist eines der Bundesländer mit dem höchsten Schuldenstand. Wir haben vernünftigerweise darauf verzichtet, uns das gegenseitig vorzuwerfen; denn alle vier Fraktionen waren daran beteiligt.
Drittens. Die Zuwendungen der EU und der Bundes werden geringer ausfallen. Das ist Ihnen bekannt. In Summa macht das übrigens 20 % unserer derzeitigen Einnahmen aus. Stellen Sie sich bitte einmal für Ihren Privathaushalt oder Ihre kommunalen Haushalte vor, dass Sie heute schon wüssten, dass in den nächsten Jahren 20 % Ihrer Einnahmen wegfallen.
Viertens. Zu beachten ist auf alle Fälle, dass das Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2020 nach heutiger Einschätzung noch 2,1 Millionen Einwohner haben wird. Über die Altersstruktur will ich hier gar nicht reden.
Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegen wieder einmal Hunderte von Seiten aus dem Finanzministerium: Zahlen, Berechnungen, Statistiken, Bilder - fast ohne Ende.
Lassen Sie mich zunächst die politischen Botschaften aus den Papieren für die nächsten Jahre zusammenfassen: erstens keine neuen Schulden, zweitens Einstieg in die Tilgung der aufgelaufenen Schulden, drittens weitere Absicherung gegen Haushaltsrisiken, viertens finanzpolitische Vorsorge für die Zukunft, fünftens Bindung aller angebotenen Drittmittel und sechstens Auseinandersetzung mit der Ausgabenstruktur vergleichbarer Länder.
Vor Ihnen liegt aber mehr als ein Zahlenwerk - diesen Anspruch habe ich schon; denn ich lese immer wieder, dass ich sozusagen nur aus Benchmarks, Vergleichen und Zahlen bestehe und bei einer politischen Betrachtung nicht weiterkommen würde.
Ich glaube schon, dass diese beiden Papiere - derjenige, der das liest oder vielleicht schon gelesen hat, wird es wissen - weit mehr sind. Es handelt sich nämlich um ein System einer berechenbaren und transparenten Finanzplanung. Es mag nicht allen passen, aber man hat ein Werkzeug, einen Instrumentenkasten, mit dem relativ einfach und durchschaubar die Wirkungsmechanismen der Finanzpolitik dargestellt werden können.
Ich glaube fest daran, dass wir diese Planung brauchen. Die Rahmenbedingungen werden sich ändern, aber Trends, Diskussionen müssen bleiben. Deswegen ist eines völlig richtig: Auch ich weiß nicht, was in zehn oder 15 Jahren sein wird. Das kann auch eine Mipla nicht abbilden. Aber man kann der Mipla eine Trendveränderung entnehmen, also etwa: Wie wird ein Solidarpakt wirken? Wie wirkt eine demografische Entwicklung?
Insofern kann, glaube ich, die Bewertung letztlich unterschiedlich sein, die Ausgangsdaten aus meiner Sicht jedoch nicht. Demjenigen, der an den Ausgangsdaten etwas zu mäkeln hat, biete ich ausdrücklich an, mit uns ins Gespräch zu kommen.
Bei all den Herausforderungen, die absehbar sind, und all den Problemen, die wir noch nicht geklärt haben: Sachsen-Anhalt ist - das ist meine feste Überzeugung - auf einem guten Kurs. Diesen Kurs wird die Landesregierung in dieser Wahlperiode auch halten.
Ich sage Ihnen eines: Das, was wir Ihnen heute gemeinsam vorlegen - ich sage auch Dank an die Koalitionsfraktion; denn deren Mitglieder haben das bisher begleitet und haben auch den Buckel dafür hinhalten müssen -, ist das, was wir im letzten Jahr beschlossen haben. Ich glaube, dass das, was wir vorlegen, auch ein Markenzeichen der großen Koalition ist: dass sie Dinge grundsätzlich anfasst und über Dinge auch grundsätzlich diskutiert, sicherlich nicht überschwänglich. Wir haben uns bisher, glaube ich, auch davor gehütet, uns immer wieder zu erzählen, wie toll wir eigentlich sind, weil wir auch wissen, dass wir bestimmte Entwicklungen nicht ändern können.
Aber ich würde mir schon wünschen, dass diese große Koalition nicht nur über ein Hundegesetz definiert wird, sondern über die Frage, wie sie die Haushaltsprobleme löst.
Die Landesregierung hat nicht nur bei finanzpolitischen Fragen einiges bewegt, sondern auch in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik Dinge zum Positiven verändert. Bildungseinrichtungen und Infrastruktur haben sich deutlich verbessert. Und das - ich habe es vorhin schon gesagt - muss doch Anspruch einer jeden Regierung sein. Ich gebe - ohne mich dauernd dafür zu entschuldigen - hier auch zu, dass die Umstände dabei helfen.
- Ja. Ich meine, man kann das beste Konzept haben, aber wenn die Steuereinnahmen das nicht gänzlich unterstützen, ist es schwieriger. Aber ich will auch den Kol
Ich kann es sozusagen laufen lassen, ich kann es kurzfristig verfrühstücken, ich kann darauf aber auch eine Gesamtstrategie aufbauen. Aber auch darüber wird, denke ich, zu streiten sein.
Nun zum Verfahren der Entstehung der mittelfristigen Finanzplanung und des Personalkonzepts. Natürlich gab es im Rahmen der Strategiegespräche mit dem einen oder anderen Kollegen gelegentlich Meinungsunterschiede. In seltenen Fällen gab es so etwas wie eine verschärfte professionelle Debatte. Das kann nicht anders sein. Selbst Fraktionen, manchmal auch ganze Parteien kriegen es nicht so hin, dass sie ohne Streit auskommen. Ich kenne mich da aus.