Protokoll der Sitzung vom 12.09.2008

Wenn Sie das allzu häufig machen, dann organisieren Sie Theater und Chaos. Damit erfüllen wir nicht die gemeinsame Aufgabe für unser Land.

(Zustimmung bei der CDU)

Deswegen bin ich der Meinung, dass wir die Lösungen möglichst im Konsens suchen sollten. Damit dienen wir dem Land mehr, als wenn wir uns häufig streiten und von solchen Instrumenten Gebrauch machen, die immer auch fragwürdig sind. Das ist einfach so.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich kann im Kabinett natürlich sagen: Bis dann und dann hätte ich gern eine Kabinettsvorlage. Das mute ich mir nicht nur zu, sondern das mache ich gelegentlich auch. Aber wenn es darum geht, ein Gesetz durchzuboxen, bezieht sich die Richtlinienkompetenz immer nur auf das Kabinett und nie auf den Landtag; das wissen wir doch alle. Demzufolge können wir in einen Entwurf hineinschreiben, was wir wollen. Wie das dann aussieht, wenn wir hier keine Mehrheit haben - -

(Zurufe von der CDU und von Frau Bull, DIE LINKE)

Herr Rothe, Sie können sich gern setzen. Herr Präsident, darf sich der Fragesteller setzen?

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ja. Herr Rothe ist sehr diszipliniert.

Wie das dann aussieht, verehrter Herr Kollege Rothe, haben wir vor nicht allzu langer Zeit gemeinsam erlebt.

Zwischenbemerkung: Wir, die Landesregierung, haben einen Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz in den Landtag eingebracht. Dabei ging es nicht um das Verbieten des Rauchens, sondern nur um den Nichtraucherschutz, also darum, die Nichtraucher vor den Rauchern zu schützen.

In diesem Gesetzentwurf war nicht der Bereich der Gaststätten und der so genannten kleinen Kneipen geregelt, weil wir zum damaligen Zeitpunkt noch der Meinung waren, dass wir das gar nicht regeln müssen, weil das von der Bundesregierung in einem anderen Gesetzgebungsvorgang getan wird. Dann kam die Entscheidung, dass die Bundesregierung nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, dies über den Arbeitsschutz, das Gewerberecht oder Ähnliches zu regeln, sodass das auf der Landesebene geregelt werden muss.

Daraufhin haben Sie gesagt - das war Ihr gutes Recht und dafür war ich Ihnen damals dankbar -, wir versuchen, das in dem Nichtraucherschutzgesetz gleich mit zu regeln. Das dauert zwar ein bisschen länger, aber am Ende haben wir ein Gesetz, in dem alles geregelt ist.

Nun hat das Landesverfassungsgericht nicht das gesamte Gesetz, sondern genau diese Passage erst einmal ausgesetzt. Das alles wissen Sie. Die ganz klugen Zeitungen, zumindest eine davon, schreibt dann: Ohrfeige für die Landesregierung. Punkt. Das heißt, die Landesregierung hat eine Ohrfeige in einem Bereich bekommen, den sie gar nicht geregelt hatte, sondern der erst nachträglich hineingeschoben wurde.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Nun stellen Sie sich einmal vor, wir machten einen Gesetzentwurf, zu dem wir von Ihnen ständig andere Lösungen bekommen. Wer stellt sich dann für die Ohrfeige zur Verfügung? Das ist das Problem.

Eines muss ich Ihnen sagen: Mit der Richtlinienkompetenz können Sie ganz schnell gegen den Baum fahren. Ich bin bereits heute sicher, dass gegen fast jede Entscheidung in dieser Angelegenheit von irgendjemandem geklagt werden wird.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Wenn ich höre, dass es allein im Zusammenhang mit der Forststrukturreform Vertretungen gibt, die die eigene Ministerin mit dem Vorwurf verklagen, sie habe das Kabinett belogen - das alles ist vom Gericht zurückgewiesen worden -, dann wird deutlich, was in Wirklichkeit auf uns zukommt.

Deswegen bin ich sehr dafür, dass wir diesen Entscheidungsprozess juristisch abgesichert und in kleinen Schritten vorantreiben.

Aber eines ist klar - darin haben Sie Recht und diesbezüglich würde ich sogar meine Richtlinienkompetenz einsetzen -: Es gibt Bereiche, in denen keine Entscheidung schlimmer ist als jede einzelne Entscheidung und in denen am Ende einmal entschieden werden muss. Deswegen werde ich darauf dringen, dass Sie, wie es vereinbart worden ist, einen Gesetzentwurf bekommen werden. Dann werden wir sagen: Die Landesregierung hat ihren Auftrag erfüllt, nun schauen wir mal, wie es weitergeht.

Vielen Dank. - Eine Nachfrage seitens der SPD stellt Herr Dr. Brachmann. Bitte schön.

Herr Ministerpräsident, ich kann gern daran anknüpfen. Sie sitzen zwar nicht auf dem heißen Stuhl, aber wir wollen auch nicht, dass das Thema Funktionalreform zum Schleuderstuhl wird.

Sie haben vorhin auch gesagt, dass wir seit 1993 daran arbeiten; das sei kein Ruhmesblatt. Wenn ich richtig mitgezählt habe, ist es der vierte Versuch, eine Funktional

reform auf den Weg zu bringen. Ich denke, die Geschäftsgrundlage hat sich schon ein bisschen geändert. Mir sind Ihre Worte und die der CDU-Fraktion noch gut in Erinnerung: keine Gebietsreform ohne Funktionalreform.

In der vergangenen Legislaturperiode ist richtigerweise eine Kreisgebietsreform beschlossen worden. Es ist, wie bei der ersten Kreisgebietsreform auch, gesagt worden, dass zur inneren Rechtfertigung dieser Kreisgebietsreform eine Funktionalreform folgen müsse.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Wo ist sie? - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Die Bedenken, die Sie eben vorgetragen haben, höre ich auch nicht zum ersten Mal.

(Frau Bull, DIE LINKE: Seit 2002!)

- Seit 1993.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank - Frau Bull, DIE LINKE: Mei- netwegen!)

Mitunter sind es dieselben Leute, die zum vierten Mal aufgeschrieben haben, warum sie das alles nicht so lustig finden.

Aber die spannende Frage ist doch, ob Sie die Auffassung teilen, dass wir, was unsere politische Glaubwürdigkeit, und zwar die der Landesregierung und auch die des Hohen Hauses anbelangt, eine Verantwortung haben. Wir haben es den Landkreisen „versprochen“. In der Koalitionsvereinbarung haben wir vereinbart, eine substanzielle Funktionalreform auf den Weg zu bringen, und das sind nicht nur 50 Stellen.

In Sachsen ist am 1. Juli 2008 eine Kreisgebiets- und Funktionalreform im Zusammenhang beschlossen worden und in Kraft getreten, bei der es um mehr als 3 000 Stellen ging, die auf die Landkreise übertragen worden sind. Wir reden über 700 Stellen.

Insoweit möchte ich noch einmal an die Frage von Herrn Rothe anknüpfen: Teilen Sie die Auffassung, dass wir eine politische Gesamtverantwortung haben und politisch ein Paket schnüren müssen, das wir dann auch politisch von der Landesregierung in das Parlament durchtragen?

Anderthalb Minuten sind schnell vorbei.

Vielen Dank.

Bitte, Herr Ministerpräsident.

Verehrter Herr Brachmann, für die Antwort brauche ich nicht so viel Zeit wie Sie für die Frage.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Natürlich, Sie haben völlig Recht, das ist so. Wir haben uns das vorgenommen und wir werden dies auch zu Ende bringen.

Wenn Sie mich noch konkreter fragen, dann sage ich Ihnen: Mein Ziel ist es, diesen Gesetzentwurf bis zum Ende dieses Jahres durch das Kabinett zu bringen, damit er dann in den Landtag eingebracht werden kann.

Ich sage voraus: Sie werden das gesamte oder fast das gesamte Jahr 2009 brauchen, bevor er wieder aus dem Landtag herauskommt. Ich höre auch solche heroischen Sätze wie: Noch nie sei ein Gesetz aus dem Landtag so herausgekommen, wie es hineingegangen sei.

Aber wir werden unsere Pflicht erfüllen und Ihnen einen Gesetzentwurf vorlegen, und zwar zu dem vereinbarten Termin. Das wird also spätestens in der Januarsitzung der Fall sein, wenn wir es nicht gar bis zur Dezembersitzung hinbekommen sollten. Aber wir sind in der Pflicht und wir lassen uns von Ihnen auch in diese Pflicht nehmen.

Es ist meiner Ansicht nach deshalb sinnvoll, im Rahmen dieser Diskussion die Probleme darzustellen, weil uns allen - zurzeit der Landesregierung, im nächsten Jahr Ihnen selbst - dadurch deutlich wird, dass wir uns manche Sachen anders vorgestellt haben, als sie praktisch umsetzbar sind, dass dies nicht ein so riesengroßer Wurf werden wird und dass wir nicht alle Vorstellungen der Landräte und des Landkreistages werden umsetzen können.

Ich höre jetzt schon die klugen Leute, die dann sagen: Es kreißte der Berg, und zwar jahrelang, und gebar nicht einmal ein Mäuslein. Auch das gehört zum Geschäft.

Deswegen will ich in diese Verantwortung auch den Landtag einbeziehen. Wir werden Ihnen unsere Vorstellungen in dem Entwurf darlegen, und dann werden wir schauen, was Sie am Ende damit machen. Wir werden auch von gewissen Vorstellungen abraten, deren Umsetzung sich auch in anderen Ländern nicht bewährt hat. Auch das wird dazu gehören. Das wird dann nicht mit vorgeschlagen werden. Wir müssen dann begründen, weshalb wir das nicht vorgeschlagen haben.

Es gibt noch eine Reihe von Aufgaben, die in einem zweiten Schritt durchaus vernünftig kommunalisierbar sind und die auch kommunalisiert werden sollten. Aber ob dafür ein so großer Personalkörper erforderlich ist, wie Sie es jetzt angesprochen haben? Diesbezüglich habe ich zurzeit eine Reihe von berechtigten Fragen.

Wenn Sie Sachsen als Vergleich heranziehen, so will ich Ihnen nur eines sagen: Sachsen ist von anderen Positionen ausgegangen als wir. Wir haben schon einiges hinter uns.

Ich habe vor wenigen Tagen eines Abends einen ehemaligen Regierungspräsidenten aus Sachsen getroffen, der jetzt Präsident des Landesverwaltungsamtes ist; denn die Sachsen haben die Regierungsämter abgeschafft. Das heißt, eigentlich haben sie nur das Türschild geändert und den Namen abgeschafft; die Bündelungsbehörde haben sie belassen und haben im Zusammenhang mit der Kreisgebietsreform einiges umsortiert. Sie haben zum Teil Sachen neu sortiert, die wir schon geregelt hatten. Auch dieser Vergleich ist also nicht sehr überzeugend.