Damit meine ich nicht die Beschlussempfehlung; denn sie ist das Ergebnis eines Kompromissvorschlages, den wir selbst eingebracht haben, weil wir unbedingt noch im Dezember der Landesregierung die Möglichkeit geben wollten, konkret zu berichten, wie weit sie ist. Sie hat nunmehr auf einen Redebeitrag verzichtet. Das lässt nichts Gutes ahnen.
Wenn wir uns den Koalitionsvertrag ansehen, in dem zu lesen ist, dass wir eine kraftvolle Funktionalreform zu
erwarten haben, dann muss ich sagen, aus dem „kraftvoll“ wird kraftlos, mutlos, lustlos und eventuell auch machtlos.
Es kann auch sein, dass ganz viele objektive Gründe dazu führen, dass zwei große Aufgabenbereiche, die personalwirtschaftlich - die Aufgabe ist aber eigentlich am wichtigsten - über 400 Menschen betreffen, seit letzter Woche herausgelöst wurden und dafür eine Begründung vorliegt. Diese könnte beispielsweise lauten: Weil sie nicht kommunalisiert werden, werden sie auch nicht wirtschaftlich überprüft.
Diesbezüglich müssen wir der Landesregierung eindeutig sagen, dass dies ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes ist; denn dieser stellt die Wirtschaftlichkeitsprüfung voran,
wenn nachgewiesen ist, dass eine Aufgabe kommunalisiert werden kann und wenn keine rechtlichen Argumente dagegen sprechen. Dies hat die Landesregierung noch nachzuweisen. Diesbezüglich kann sie nicht sagen, dass sie ganze Bereiche herausnimmt und die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht stattfindet.
Ich sage auch, warum wir die Wirtschaftlichkeitsprüfung unbedingt brauchen. Es kann ja sein, dass es diese Strukturen nicht hergeben und es nicht wirtschaftlich und nicht zweckmäßig ist, die Agrarverwaltung und andere Bereiche, wie den Arbeitsschutz, auf die Landkreise zu verlagern. Das wollen wir aber auch wissen, und die Landesregierung steht diesbezüglich in der Pflicht, sich zu artikulieren. Auf jeden Fall verletzen wir nicht nur dieses Gesetz, sondern wir verletzen auch das Gesetz zur Kreisgebietsreform; denn gerade das Gesetz zur Kreisgebietsreform war mit einer umfänglichen Aufgabenverlagerung auf die Kreise begründet worden.
Wir verletzten damit zwei Gesetze. Zudem verletzten wir das Vertrauen der Landkreise gegenüber dem, was wir in Zukunft tun.
Meine Damen und Herren! Nach unseren Informationen wird die Landesregierung am 23. Dezember über den Gesetzentwurf zum Zweiten Funktionalreformgesetz beschließen. Das kann eine Begründung haben, nämlich dass sich niemand mehr aufregen kann, weil dann alle in den Ferien sind.
Ich verspreche Ihnen, dass wir uns trotzdem aufregen. Es kann aber noch eine ganz andere Begründung haben: Man kann sagen: Schöne Bescherung! - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Miesterfeldt. Bitte schön. - Den Applaus bitte unterbrechen.
„Mit der Verwaltungsreform wird die entscheidende Weiche gestellt, um mit einer geringen Finanzausstattung handlungsfähig zu bleiben.“
„Das Kommunalisierungspaket ist geschnürt; damit kann eine Vielzahl von bisher staatlichen Aufgaben künftig ortsnah und gebündelt durch Landkreise und kreisfreie Städte erledigt werden.“
Auch in Sachsen-Anhalt war im Jahr 2006 solcherlei zu lesen, zum Beispiel in der Koalitionsvereinbarung - ich zitiere -:
„Für die Koalitionspartner ist die erfolgreiche Durchführung einer Funktionalreform in der nächsten Legislaturperiode eine der wichtigsten anstehenden Herausforderungen.“
„Nach Ansicht der Koalitionspartner soll eine substanzielle Aufgabenverlagerung vom Landesverwaltungsamt und den staatlichen Fachbehörden zu den kreisfreien Städten und Landkreisen stattfinden, die die Bündelungsfunktion stärkt.“
„Nach Umsetzung der Kreisgebietsreform zum 1. Juli 2007 erfolgt im Rahmen der Funktionalreform eine Aufgabenübertragung auf die Landkreise und Gemeinden.“
„Auf der Grundlage von Aufgabenanalyse und Kritik soll im Rahmen einer Funktionalreform schrittweise eine Übertragung von Aufgaben der Schulaufsicht auf die Landkreisebene erfolgen. Dies betrifft insbesondere die schulfachlichen Referenten, deren Zusammenarbeit mit den Schulen am Ort gestärkt werden muss.“
Ich wiederhole aus meiner in der vorangegangenen Sitzung gehaltenen Rede: So ist es in Sachsen umgesetzt worden.
Wo stehen wir im Jahr 2008 in Sachsen-Anhalt? Dazu lese man in der heutigen „Volksstimme“ - ich zitiere meinen ehemaligen Kollegen Dr. Ermrich -:
Der Oberbürgermeister von Magdeburg winkt ab und begründet das Abwinken mit dem fehlenden Effizienzbeweis.
- Ich weiß, welche Parteibücher die Oberbürgermeister haben. - Meine Damen und Herren! Es gibt bei der Funktionalreform zwei grundsätzliche Herangehensweisen. Die eine lautet: Alles wird kommunalisiert, es sei denn, rechtliche oder wirtschaftliche Gründe sprechen maßgeblich dagegen.
Die zweite Herangehensweise: Was könnten wir denn kommunalisieren - in Klammern: loswerden? - So legt dann ein Fachministerium vor, dass man sieben Stellen durchaus kommunalisieren könne; das sei noch wirtschaftlich. Aber 136 Stellen - das gehe überhaupt nicht.
Den ersten Weg beschreiten die Generalisten, den zweiten Weg die Spezialisten, auch Fachbruderschaften genannt. Sowohl in unserer Landesregierung als auch im Landtag verfügen Letztere offensichtlich über eine Mehrheit. Dass ich heute hier reden darf oder reden muss, hat sicherlich etwas mit dem Schutz von Minderheiten zu tun.
Dem Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, - ich bin schon 31 Sekunden über die Zeit - kann man natürlich zustimmen. Das ist überhaupt keine Frage; denn die Wirtschaftlichkeit ist zu prüfen und die Spitzenverbände sollten darstellen; aber ich befürchte, dass der Berg kreißen und ein Mäuslein gebären wird. Ich befürchte, dass die Umsetzung des Antrages nicht dazu beitragen wird, dass die Schnecke der Funktionalreform in Sachsen-Anhalt das Galoppieren lernt. - Vielen Dank.
Ich habe eine Anmerkung und eine Frage. Die Anmerkung ist: Herr Miesterfeldt, wenn Sie vorher gesagt hätten, dass Sie eine solche Oppositionsrede halten würden, dann hätten wir die Redezeit irgendwie anders verteilen können.
Meine Frage ist: Ist Ihnen, Herr Miesterfeldt, - Sie hatten nicht die Flucht nach Sachsen, aber doch den Beweis am Beispiel Sachsens angetreten - bekannt, dass in Sachsen die Kreiszuschnitte jetzt so geregelt sind, dass es bis 2015 nur einen einzigen Kreis gibt, der ganz geringfügig weniger als 300 000 Einwohner haben wird? Sind Sie der Auffassung, dass das auch etwas mit der Funktionalreform und dem Umfang zu tun hat?