Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 5. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der fünften Wahlperiode.
Wir setzen nunmehr die 3. Sitzungsperiode fort. Wir beginnen vereinbarungsgemäß mit der Beratung des Tagesordnungspunktes 28, also mit den beiden Aktuellen Debatten. Danach werden wir den Tagesordnungspunkt 16 beraten, der von gestern auf heute verschoben wurde. Dann geht es planmäßig weiter.
Ich möchte gleich zu Beginn eine Bitte der Frau Ministerin Kuppe an die Fraktionsvorsitzenden weitergeben. Sie möchte sich zu Beginn der Mittagspause mit Ihnen treffen, um einige aktuelle Probleme der Feuerwehrunfallkasse zu beraten. - Herr Fraktionsvorsitzender Gallert, haben Sie das jetzt wahrgenommen?
Für die Debatte wurde folgende Reihenfolge vereinbart: CDU, FDP, SPD, Linkspartei.PDS. Die Landesregierung hat auf einen Redebeitrag verzichtet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle haben die Bilder vor Augen von den großen sportlichen Leistungen aller an der Fußballweltmeisterschaft teilnehmenden Mannschaften, von der greifbar, fast gegenständlich werdenden Spannung eines jeden Spieles, von der Euphorie und nahezu trunkener Freude der siegenden Mannschaften und ihrer Anhänger, von der gerade bei solchen Sportereignissen - wir Deutschen wissen, wovon wir reden - sichtbar werdenden Tragik der verlierenden Mannschaften, die ihren Traum ohne jedes Zurück aufgeben müssen.
Wir wissen aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, um die Leistung derer, die dieses Ereignis nach Deutschland geholt haben, die Leistung der hauptamtlich und ehrenamtlich tätigen Helfer, die den reibungslosen Ablauf dieses Turniers bisher so hervorragend gestaltet haben, und wir wissen um die Leistung der vielen im gesamten Land eingesetzten Polizistinnen und Polizisten, die die objektive und subjektive Sicherheitslage in Deutschland bisher so gut garantiert haben und weiter garantieren werden.
Ihnen allen gebührt, weil ohne sie ein solches Großereignis nicht möglich wäre, der Dank des gesamten Hauses, so denke ich.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dies allein ist es nicht, was uns bewegt. Es ist etwas anderes: andere Bilder, Bilder, die um die Welt gehen und ein neues, schönes Bild von Deutschland in diesen Tagen zeichnen. Es sind Bilder von Fußballanhängern aus aller Welt, die gemeinsam mit den Deutschen auf den Fanmeilen und in den Stadien ihre Mannschaften und auch sich selbst feiern. Es sind Bilder der Völkerverständigung, die beispielgebend gelebt wird. Es sind Bilder von einem schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer in den Straßen, an den Autos und in den Stadien. Es sind die ihre Nationalhymne gemeinsam und mit Herz singenden Deutschen. Diese Bilder des unverkrampften Umganges mit den nationalen Symbolen Deutschlands zeugen von einem gesunden, integren Selbstverständnis, das die internationale Verständigung erleichtert.
Meine Damen und Herren! Umso unverständlicher ist es, dass Argumente gegen das Deutschlandlied gesammelt werden und dass durch die GEW eine neue Nationalhymne gefordert wird. Es ist das Kaputtredenwollen eines Bekenntnisses zu Deutschland durch die Junge Linke.PDS Sachsen und Wittenberg sowie den Bundesjugendverband der Linkspartei.PDS Solid, die die Deutschlandfahne - man kann es sich kaum vorstellen - als Symbol der Ausgrenzung bezeichnen und anbieten, unsere Fahne gegen T-Shirts mit der Aufschrift „Nazis raus aus den Köpfen!“ einzutauschen.
Meine Damen und Herren! Lieber Herr Gallert, diese Denkweise und dieses Verhalten sind auch als eine gewollte Symbolik zu verstehen, als Symbolik gegen das Bekennen zu einer Zusammengehörigkeit und als Symbolik gegen eine dauerhafte Stabilität Deutschlands im Vergleich und Wettbewerb mit anderen Kulturen.
Meine Damen und Herren! Es ist eine gefährliche und auch ernst zu nehmende Symbolik. Wir leben in einem demokratischen und freien Land in einer Gesellschaft der individuellen Freiheit. Diese individuelle Freiheit gibt es nach der Überwindung der Nazi-Diktatur, die so viel Elend über die Welt gebracht hat, und nach der Überwindung des SED-Unrechtsstaates für alle Deutschen erst seit dem Jahr 1990.
Dies ist eine der großen, wenn nicht so sogar die größte Errungenschaft für uns Deutsche in unserer gemeinsamen, so abwechslungsreichen und teilweise auch leidvollen Geschichte. Wer aber will, dass Menschen frei sind in ihren ganz persönlichen Lebensgewohnheiten, frei in ihren Gedanken und Meinungen, frei in ihrem religiösen Bekenntnis oder Nichtbekenntnis, wer das will, muss diesen Menschen eine Mitte, einen gemeinsamen Anziehungspol geben, um ein Abdriften an politische Ränder zu verhindern.
Meine Damen und Herren! Nur wenn sich die Menschen als zugehörig zu einer Nation, zu ihrer Geschichte, ihren
Symbolen und Symbolgehalten, ihrer Kultur und ihrer Sprache sehen, über sportliche Erfolge der Sportler ihrer eigenen Nation jubeln, nur dann ist der einzelne Teil dieser Gemeinschaft bereit, sich für andere uneigennützig einzusetzen,
nur dann ist der Einzelne bereit, auch finanzielle Opfer für seinen Staat und seine Nation aufzubringen.
Meine Damen und Herren! Nur wer sich unverkrampft zu seiner eigenen Nation bekennt, der ist auch bereit, sich für das Verhalten vergangener Generationen verantwortlich zu zeigen.
Gerade die jüngste Vergangenheit der deutschen Geschichte fordert eine starke und selbstbewusste Generation, damit sie vorbehaltlos aus den Fehlern der vergangenen Generationen lernen kann.
Herr Gallert, nur eine starke, selbstbewusste, sich zu ihrem Land bekennende Generation ist immun gegen das schleichende Umwerben von extremen Verführern.
Meine Damen und Herren! Gerade weil man in diesem Land frei ist, frei im Bildungszugang - Herr Gallert, das war auch einmal anders -, frei in der Ausübung seines Berufes, frei in der Wahl seiner Religionszugehörigkeit, frei in der Wahl seines Wohnsitzes, ist es wichtig,
- nun bleiben Sie ganz ruhig - ohne in den Verdacht zu geraten, Nationalismus und Rechtsextremismus als ernste Herausforderung zu ignorieren.
Wir sollten selbstbewusst den anderen Nationen sagen: Wir leben gern in Deutschland. Wir lieben, wie die anderen Nationen auch, unser Land und wir sind stolz auf die Errungenschaften, die wir Deutsche im friedvollen Zusammenleben und in friedvoller Absicht gemeinsam erreicht haben.
Noch eines bewirkt eine gemeinsame Symbolik, ein gemeinsames Bekennen zu seiner Nationalflagge, ein gemeinsames Singen der Nationalhymne, nämlich die Überwindung der inneren Teilung Deutschlands zwischen Ost und West. Hierbei ist Deutschland in den letzten Wochen nach der äußeren Vereinigung auch im Inneren eine gemeinsame Nation geworden.
Diese positiven Auswirkungen, dieses Bekennen zur eigenen Nation sollten wir als Chance zum Wettbewerb zu den anderen Ländern, selbstverständlich im friedvollen Zusammenleben, nutzen, zum Wohle unseres Landes, das wir lieben. Dieses neue Bewusstsein um die eigene
Identität bietet auch die Chance, die es zu nutzen gilt für die Integration von Zuwanderern, für mehr Leistungsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Gemeinsinn und auch den Mut, mit der Leichtigkeit des Seins zu sagen: Ich bin stolz auf dieses Land.
Meine Damen uns Herren! Lassen Sie mich als gläubiger Christ mit dem Zitat des Bundespräsidenten Köhler enden: „Gott segne dieses Land!“
(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU - Beifall von der Regierungsbank - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Jetzt müsst ihr klatschen!)