Wir sind uns, glaube ich, auch darin einig, dass wir die BVVG-Flächen bei künftigen Infrastrukturmaßnahmen hier im Land für Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen mit benötigen oder darin mit einbeziehen werden. Da wir mit dem Verkauf der ehemaligen Landesflächen durch die Landgesellschaft gute Erfahrungen gemacht haben, halte ich es schon für erforderlich, diesen erneuten Versuch der Übernahme der BVVG-Flächen zu unternehmen.
Es ist auch festzustellen, dass insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg große Kapitalgesellschaften, Fonds und Industrielle dabei sind, die Anteile von maroden landwirtschaftlichen Unternehmen aufzukaufen, um somit auch das Eigentum an Boden zu erwerben. Darin sehe ich eine ähnliche Gefahr, wie sie Herr Krause dargestellt hat, dass der Boden tatsächlich in die Hände von Nichtlandwirten fällt und dass sich dann Landbewirtschaftung und Bodeneigentum in anonymer Hand befinden - wenn ich das so sagen darf.
Ich denke, wir sollten es nicht dazu kommen lassen, zumindest alles versuchen, es nicht dazu kommen zu lassen. Die Gewinne der Unternehmen fließen womöglich aus dem Land oder aus der Region ab und die Identifikation mit der Region, mit dem Dorf ist sicherlich nicht in dem Maße gewährleistet, wie es der Fall ist, wenn ortsansässige Landwirte auch Eigentümer des Grund und Bodens sind.
Wie gesagt: Die Landesregierung hat die Verhandlungen über den Erwerb der BVVG-Flächen aufgenommen. Wir würden den Boden dann, wenn das gelingen könnte - es gilt natürlich, das auch mit unserem Finanzminister abzustimmen -, nach ähnlichen Verkaufsverfahren wie unsere Landgesellschaft weiter privatisieren und in der Regel den Bewirtschaftern zufließen lassen.
Einige Gründe sind von Herrn Krause auch schon genannt worden, die uns dazu ermuntern sollten, die be
stehenden einschlägigen Gesetze, insbesondere das Grundstückverkehrsgesetz, das Landpachtrecht und das Reichssiedlungsgesetz einmal auf den Prüfstand zu stellen, ob sie tatsächlich noch zeitgemäß sind. Das Reichssiedlungsgesetz gilt zum Beispiel seit dem Jahr 1919 und die anderen beiden Gesetze haben in ihrer Grundstruktur auch schon mehr als 20 Jahre Bestand. Nun haben die Länder nach der Föderalismusreform auch die Kompetenz für das Grundstückverkehrsgesetz erhalten, sodass der Landesgesetzgeber aktiv werden kann.
Ich weiß, dass die Brandenburger bereits ein Gutachten zum Grundstückverkehrsgesetz in Auftrag gegeben haben. Ich denke schon, dass wir in die Diskussion darüber eintreten sollten, in welche Richtung wir diese gesetzlichen Grundlagen modifizieren sollten.
Ich weiß genau, dass die Vorstellungen über die anzustrebenden Veränderungen sehr weit auseinandergehen. Wir werden den Gedanken aber aufgreifen - das wollen wir schon - und diese Gesetzesnovellen gemeinsam mit den Fraktionen angehen.
Also vielen Dank für diesen Antrag und auch für diesen Änderungsantrag. Ich glaube, der Änderungsantrag kommt der Zielstellung und den schon vorhandenen Aktivitäten der Landesregierung sehr nahe. Ich denke, wir sollten diesem Änderungsantrag zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Jetzt hören wir die Beiträge der Fraktionen. Für die FDP-Fraktion spricht Herr Barth. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verwertungspraktiken der BVVG hinsichtlich ihrer landwirtschaftlichen Flächen haben uns in diesem Hohen Hause schon mehrfach beschäftigt. Ein Blick in die Parlamentsrecherche verrät, dass die Probleme nicht neu sind. Sie haben aber an Schärfe zugenommen, und insofern bin ich der Fraktion DIE LINKE dafür dankbar, dass sie dieses Thema aufgegriffen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worin besteht das eigentliche Dilemma? - Landwirte kalkulieren auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Sie haben eine Ausstattung an Maschinen und Anlagen, die zumindest mittelfristig ein fixer Kostenbestandteil ist und in der Regel auch Verbindlichkeiten gegenüber Banken verursacht.
Dabei ist es keineswegs so, dass die fixen Kapitalkosten mit Beendigung der Pachtverträge ebenfalls auslaufen bzw. liquidiert sind. Das wollen wir auch gar nicht; denn es ist uns daran gelegen, eine möglichst hohe Wertschöpfung auf die Fläche zu bekommen. Diese hängt in der Regel von langfristigen Investitionen ab.
Werden also Flächen eines landwirtschaftlichen Unternehmens nach Auslaufen der Pachtverträge ausgeschrieben, so befindet sich das Unternehmen gewissermaßen in einer Zwickmühle. Der Unternehmer weiß, dass er in Konkurrenz zu anderen Unternehmen steht. Maßgeblich für das abzugebende Angebot ist also der auf dieser Teilfläche erwartete Ertrag abzüglich der variablen Kosten.
Das bedeutet, die Fixkosten werden in diese Kalkulation nicht oder nur unzureichend einbezogen. Nun könnte man behaupten, ein solches Verhalten sei unwirtschaftlich. Ist es aber nicht; denn kurz- und eventuell auch mittelfristig sind die Fixkosten nicht veränderbar und ohne die Flächen der BVVG wäre der monetäre Verlust noch höher.
Das Gleiche gilt natürlich auch für die Konkurrenz, nur geht es dort nicht um eine Verlustminimierung, sondern um eine mögliche Gewinnsteigerung. Wir müssen also festhalten, dass die nach dem Grenzertragswert erzielbaren Verkaufserlöse oder Pachtpreise der BVVG hochgerechnet auf das gesamte Unternehmen unmöglich wären. Die BVVG befindet sich also aufgrund des immer noch beachtlichen Flächenumfangs und nicht zuletzt augrund der Losgrößen bei der Flächenverwertung in einer komfortablen Situation.
Meine Damen und Herren! Nun könnte man es einer privaten Person sicher nicht verdenken, wenn sie versuchte, ihre landwirtschaftlichen Flächen zu einem maximalen Preis zu veräußern oder zu verpachten. Die BVVG ist aber eben keine private Person. Sowohl die Länder als auch der Bund müssen ein Interesse daran haben, dass die Agrarstruktur gesund ist und eine möglichst hohe Wertschöpfung auf der Fläche erzielt wird.
Wir sollten in diesem Zusammenhang auch bedenken, dass den Unternehmen durch überhöhte Kauf- und Pachtpreise liquide Mittel entzogen werden, wodurch Investitionen zur Erhöhung der Wertschöpfung erschwert werden. Es kann also nicht Maß der Dinge sein, sich dahinter zurückzuziehen, dass es die Landwirte selbst seien, welche die Preise in die Höhe trieben.
Aus heutiger Sicht kommt sicherlich noch erschwerend hinzu, dass die erheblich gestiegenen Preise der vergangenen zwei Jahre Landwirte dazu verführt haben, mit deutlich höheren monetären Erträgen zu kalkulieren. Die Preise für landwirtschaftliche Produkte sind in den vergangenen zwei Monaten aber wieder deutlich gefallen und es ist zu erwarten, dass sich so mancher beim Kauf von BVVG-Flächen verspekuliert hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie läuft das nun bei der Veräußerung von Landesflächen? - Wir gehen in Sachsen-Anhalt mit unserer Landgesellschaft einen anderen Weg; Frau Ministerin hat schon darauf hingewiesen.
Die Losgrößen bei der Veräußerung von Landesflächen werden so gewählt, dass kein nennenswerter Druck von außen entsteht. Bei der Entscheidung, welches Unternehmen zum Zuge kommt, beziehen wir das Produktionsprogramm der Betriebe mit ein. Das heißt, dass nicht unbedingt das höchste Angebot maßgeblich ist, sondern Betrieben mit einer hohen Wertschöpfung und der Bindung von Arbeitsplätzen der Vorrang eingeräumt wird.
Weiterhin versuchen wir, bei Flächenverlusten aufgrund von Industrieansiedlungen oder der Umsetzung von Infrastrukturprojekten für die Landwirte einen Ausgleich zu schaffen, um die Lasten auf möglichst viele Schultern zu verteilen.
Meine Damen und Herren! Ich denke, wir gehen damit in unserem Land einen richtigen Weg. Ich kann die Ministerin nur darin unterstützen, weiterhin mit der BVVG Ver
Da die Thematik insgesamt sehr komplex ist, sollten wir das Thema im Agrarausschuss gemeinsam mit der BVVG und der Landgesellschaft vertiefen. Ich hoffe, dass wir eine angemessene Lösung für unsere Landwirte finden. In diesem Sinne bitte ich um die Annahme unseres Änderungsvorschlages. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Barth. - Nunmehr erteile ich Herrn Hauser das Wort, um für die FDP-Fraktion zu sprechen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN holt uns in zeitlichen Abständen immer wieder ein. In der Sache sind wir über die Jahre keinen Millimeter weiter gekommen.
Es ist so: Der jetzige Modus des Verkaufs von Eigentumsflächen der Bundesrepublik Deutschland - Eigentümerin ist die Bundesrepublik Deutschland -, bis 1995 vertreten von der Treuhandanstalt, der THA Berlin, und ab 1995/1996 von der BVVG, ist in den jeweiligen Bundesländern Ostdeutschlands ein politischer Kompromiss aus dem Jahr 2006, der seit dem 1. Januar 2007 Geltung hat. Ich gehe davon aus, dass es bei dem Antrag der Fraktion DIE LINKE insbesondere Herrn Krause um folgende Fakten geht:
Die Sonderregelung des Verkaufs von Acker- und Grünland nach den Bestimmungen des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes greift in den Fällen nicht, in denen die Ortsansässigkeit ein Begriff und ein Verkaufskriterium ist, vor allem bei Verkaufsausschreibungen von landwirtschaftlichen Flächen mit Losgrößen bis zu 50 ha, die nach dem Höchstgebot verkauft werden, wobei die Ortsansässigkeit des jeweiligen Käufers keine Rolle spielt, das heißt nach dem Höchstgebot.
Hierbei ist - das ist bis jetzt von keinem Redner genannt worden - eine so genannte Schutzklausel eingebaut. Diese lautet, dass ein wirtschaftender Betrieb durch Ausschreibungen und Verkäufe der BVVG innerhalb von sechs Jahren nicht mehr als 20 % seiner langjährigen Gesamtfläche verlieren darf.
Mir ist bewusst, dass dies ein sehr problematischer Bereich ist. Aber darüber hinaus momentan noch weitere Schutzklauseln zu errichten, nach denen vor allem der Kaufpreis durch entsprechende Gutachten bestimmt wird und der bewirtschaftende Betrieb zu diesen Bedingungen kaufen kann, ist rechtlich und ökonomisch fragwürdig. Hinzu kommt noch eine Besonderheit.
Frau Ministerin, Sie haben angekündigt, Sie wollen wieder Verkaufs- bzw. Kaufverhandlungen mit der BVVG aufnehmen. Jetzt müssten wir ehrlich sein: Warum sind denn die Verkaufsverhandlungen das letzte Mal gescheitert? - Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sind übrig geblieben. Jetzt sind Sie allein.
Ihr Staatssekretär hat bei der Herbsttagung des Landesbauernverbandes in Halberstadt gesagt, Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen und sonstige Flächen würden wir gern in die Obhut der Landgesellschaft geben, um ein Verkaufssystem bezüglich der Landesflächen zu kre
Ich frage Sie: Wie wollen Sie das neu verhandeln? Wie wollen Sie das hinbekommen? - Es ist ja vor zwei, drei Jahren gescheitert. Es wird letztlich wieder am Bundesfinanzminister scheitern. Er kann heißen, wie er will, und von jeder Partei kommen.
- Wir können noch zehn Versuche machen. Es bleiben noch 50 000 ha übrig. Danach bleiben noch 20 000 übrig, dann bleiben noch 10 000 übrig. Dann haben wir Versuche über Versuche gemacht, aber zu einem Ergebnis sind wir nicht gekommen. Das ist die spannende Frage.
Vielen Dank, Herr Hauser. - Nunmehr spricht Herr Radke für die CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Radke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist bereits angeklungen: Bei dem hier in Rede stehenden Thema geht es um eine grundlegende Frage, nämlich die Bodenfrage, die Frage nach dem Hauptproduktionsmittel unserer heimischen Landwirtschaft. Die Beantwortung dieser Frage ist für die künftige Entwicklung der Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt von erheblicher Bedeutung.
Die Ministerin hat schon darauf hingewiesen, dass im Rahmen des zwischen der Bundesregierung und den betroffenen Ländern abgestimmten Privatisierungskonzeptes diese Problematik erkannt worden ist und Vorkehrungen getroffen worden sind, um existenzgefährdende Auswirkungen für die die Flächen bewirtschaftenden landwirtschaftlichen Unternehmen zu vermeiden.
Wir müssen allerdings auch zur Kenntnis nehmen, dass gerade vor dem Hintergrund globaler Entwicklungen, wie zum Beispiel Finanz- und Wirtschaftskrise, Bevölkerungsexplosion, zunehmende Verknappung und Versiegelung landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie gesteigerte Nachfrage nach erneuerbaren Energien, weitere, außerhalb der Landwirtschaft liegende Ursachen zunehmend Einfluss gewinnen.
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang sind bei der Verwertung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch die BVVG durchaus Unwuchten entstanden. Hierzu zählen Fälle, in denen die Verwertung von BVVGFlächen nahezu ausschließlich nach dem Kriterium „meistbietend“ erfolgte, dazu noch mit Orientierungswerten, die nach Angaben der örtlichen Landwirte erheblich über dem ortsüblichen Wert lagen.
Gerade deshalb machen wir uns dafür stark, meine Damen und Herren, dass auch weiterhin folgender Grundsatz gelten muss: Boden, insbesondere landwirtschaftliche Nutzfläche als Hauptproduktionsmittel, soll dort bleiben, wo sie hingehört, nämlich in die Hände der Bäuerinnen und Bauern in Sachsen-Anhalt.
Meine Damen und Herren! Die Ministerin hat dies schon einmal klar dargestellt. Uns allen kann nicht daran gele
gen sein, dass ausschließlich große Fonds und Kapitalgesellschaften verstärkt dazu übergehen, landwirtschaftlich genutzten Grund und Boden zu erwerben, und zwar hauptsächlich aus Gewinn- und Renditegesichtspunkten. Das erinnert doch an amerikanische Verhältnisse. Diese würde ich, insgesamt gesehen, lieber nicht empfehlen. Denn Landwirtschaft, betrieben von ortsansässigen Landwirten, ist nicht nur ein erheblicher Verwurzelungs- und Identifikationsfaktor, sondern auch ein wichtiger Baustein bei der Weiterentwicklung ländlicher Räume.
Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass das in der Vergangenheit von der BVVG angewandte so genannte Last-Call-Verfahren, welches bei einigen Ausschreibungen die Preise in die Höhe getrieben hatte und dazu führte, dass ortsansässige Landwirte teilweise nicht mehr mitbieten konnten, nicht mehr praktiziert wird.