Protokoll der Sitzung vom 20.02.2009

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Der Holger hat eine schwere Zeit, er hat viele Probleme.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Worte hat der stellvertretende Ministerpräsident, der Finanzminister des Landes Jens Bullerjahn auf dem SPD-Parteitag am vergangenen Wochenende gesagt. Ich stimme ihm ausdrücklich zu. Ich sage Ihnen auch, Herr Minister: Viele der Probleme haben Sie selbst verschuldet.

(Zustimmung bei der FDP)

Pleiten, Pech und Pannen ziehen sich wie ein roter Faden durch Ihre Amtszeit. Ich will heute ausdrücklich nichts zum Zehnten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sagen, weil wir dazu an anderer Stelle Gelegenheit haben werden. Ich will mich auch nicht auf die innerparteilichen Spannungen zwischen dem Innenminister und dem Finanzminister sowie zwischen dem Innenminister und dem Justizminister,

(Zuruf: Justizministerin!)

der Justizministerin - entschuldigen Sie bitte - beziehen. Das überlassen wir den zuständigen Gremien. Ich will aber heute über Vorgänge reden, die aus unserer Sicht Ihre Amtsführung, Herr Minister, als für das Land Sachsen-Anhalt nicht richtig und vor allen Dingen als nicht länger hinnehmbar erscheinen lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange bei einem aktuellen Beispiel an. Die Geschehnisse um die Besetzung des Postens des Rektors der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben haben viele der Probleme, die wir in den vergangenen drei Jahren festgestellt haben, deutlich werden lassen. Dass das nicht ordnungsgemäß ist, werde ich Ihnen auch noch einmal vortragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 19. Dezember 2008 ist, wie es in der Einladung vom 18. Dezember der Fachhochschule der Polizei heißt, zur Verabschiedung des Herrn Rainer Nitsche aus dem Amt des Rektors der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt und zur Einführung von Herrn Ministerialrat Wolfgang Mönckmeyer als sein Nachfolger eine Veranstaltung abgehalten worden, in der die Verabschiedung des Rektors und die Einführung des neuen Rektors gefeiert wurde.

Sie, Herr Minister, waren anwesend. Sie haben weder vor der Veranstaltung noch während der Veranstaltung noch nach der Veranstaltung darauf hingewiesen, dass der neuen Rektor nur kommissarisch mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt ist.

(Zustimmung bei der FDP)

Ausweislich Ihrer Pressemitteilung Nr. 346/2008 vom 19. Dezember haben Sie sich entsprechend geäußert. Der Innenminister äußerte sich in Aschersleben am Rande der Verabschiedung des scheidenden Fachhochschulrektors Rainer Nitsche und der Einführung seines Nachfolgers Wolfgang Mönckmeyer wie folgt - ich zitiere -:

„Die Bestätigung des Bauvorhabens ist eine gute Nachricht für die Tätigkeit des neuen Rektors.“ - Das sagte der Minister.

Auch den Zeitungsberichten, die zu dieser Veranstaltung und im Nachgang dazu gedruckt wurden, ist kein Hinweis zu entnehmen, dass Herr Mönckmeyer nur vorübergehend mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung damit beschäftigt. Sie haben uns, Herr Minister, erklärt, dass Sie Herrn Mönckmeyer nur mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt haben. Sie haben außerdem - ich will es an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen - gesagt, dass Sie einräumen, dass es ein Kommunikationsdefizit gegeben habe, weil Sie nach außen nicht deutlich gemacht hätten, dass es sich bei der Funktion nur um die Wahrnehmung der Geschäfte handele.

Herr Minister, ich hätte gerade von Ihnen, der die Pressearbeit über sein Haus sehr intensiv führt, erwartet, dass dieser Fakt Eingang in Ihre zweiseitige Pressemitteilung vom 12. Februar 2009 gefunden hätte. Sie hätten der Öffentlichkeit sagen sollen, dass es aus Ihrer Sicht nur ein Kommunikationsdefizit war. Die Tatsache, dass Sie das nicht gemacht haben, sondern dass Sie dies wieder nur in einer internen Sitzung ein bisschen nonchalant eingeräumt haben, zeigt doch, dass Sie die Verantwortung für dieses Defizit nach außen nicht übernehmen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle ausdrücklich: Sie werden eben nicht nur an dem gemessen, was Sie in der Öffentlichkeit sagen, sondern auch an dem, was Sie in der Öffentlichkeit nicht sagen. Auch das gehört zu Ihrer Verantwortung.

(Beifall bei der FDP)

Ich will an dieser Stelle eines sehr deutlich machen, weil wir uns im Nachgang damit auch weiter beschäftigen werden: Die FDP-Fraktion hält die Berufung von Herrn Mönckmeyer zum mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragten Rektor für nicht rechtskonform. Sie haben als Grundlage das Gesetz über die Fachhochschule der Polizei genannt. In diesem Gesetz über die Fachhochschule der Polizei ist zum Rektor Folgendes in § 7 niedergelegt:

„(1) Der Rektor oder die Rektorin wird nach Anhörung des Senats von dem für die Polizei zuständigen Ministerium bestellt. Die Stelle ist grundsätzlich öffentlich auszuschreiben. Zum Rektor oder zur Rektorin können Personen mit der Befähigung zum Richteramt oder mit abgeschlossenem Hochschulstudium oder Professoren oder Professorinnen bestellt werden.“

Daraus lässt sich Folgendes ableiten: Grundsätzlich sollten Sie die Stelle ausschreiben. Das haben Sie nicht gemacht. Sie müssen Sie nicht ausschreiben, weil der Gesetzgeber gesagt hat, „grundsätzlich“ solle sie ausgeschrieben werden.

Aber selbst, wenn Sie sie nicht ausschreiben, dann sagt das Gesetz: Zum Rektor oder zur Rektorin können Personen mit der Befähigung zum Richteramt oder mit abgeschlossenem Hochschulstudium oder Professoren oder Professorinnen bestellt werden. - Diese Voraussetzung hinsichtlich der Qualifikation erfüllt Herr Mönckmeyer nicht.

(Herr Rothe, SPD: Wo steht das?)

Deshalb hätte Herr Mönckmeyer auch nicht mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt werden können, weil auch diese Person die Voraussetzung erfüllen muss, die ihn befähigen würde, nach dem Gesetz über die Fachhochschule der Polizei als Rektor tätig zu sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

- Herr Kollege Rothe, das steht in § 7 des Gesetzes. Ich habe es gerade zitiert.

Wenn Sie sich an die Vergangenheit erinnern, dann hatten wir bereits einen Rektor, der nur mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt war. Das war noch unter der Ägide von Herrn Minister Püchel. Dieser mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragte Rektor hat die Kriterien des § 7 erfüllt, deshalb war nicht auszuschreiben und deshalb konnte man ihn auch mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragen.

Herr Rothe, wenn Sie das, was Sie mit Ihrem Zwischenruf andeuten, ernst meinen, wenn Sie sagen, dass für die Beauftragung mit der Wahrnehmung der Geschäfte, also für eine Zwischenlösung, die Kriterien des Gesetzes nicht eingehalten werden müssten, dann wiederhole ich in der Tat gern meinen Vergleich. Sie könnten dann auch den Hausmeister mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragen.

Das wird dem Gesetz über die Fachhochschule der Polizei nicht gerecht. Es ist rechtswidrig, jemanden zu berufen, der die Voraussetzungen, die in diesem Gesetz festgelegt sind, nicht erfüllt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Auch - das sage ich ausdrücklich - wenn uns mittlerweile das vom Innenausschuss angeforderte Schreiben vorliegt, das Ihre Aussage, Herr Minister, stützt, - darin steht, dass Herr Mönckmeyer tatsächlich nur mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt ist -, so ist und bleibt es für uns ein rechtswidriger Vorgang.

Dieser wäre, meine sehr geehrten Damen und Herren, niemals an die Öffentlichkeit gekommen. Denn angesichts dessen, was Sie zur Amtseinführung gemacht haben, wie Sie sich nach außen dargestellt haben und wie sich auch der neue Rektor nach außen verhält - beispielhaft hierfür ist das Interview in der „Mitteldeutschen Zeitung“ im Ascherslebener Teil und seine Visitenkarte, die den Titel „Rektor“ ausweist -, wäre niemand auf die Idee gekommen zu fragen, ob das nur eine vorläufige Besetzung ist. Niemand? - Das stimmt doch nicht.

Herr Minister, ich habe Sie im Plenum im Rahmen der mündlichen Beantwortung der Kleinen Anfrage von Frau Kollegin Paschke gefragt, ob es sich um eine befristete Bestellung handelt und ob gegebenenfalls eine erneute Bestellung notwendig ist, wenn Sie das Gesetz über die Fachhochschule der Polizei ändern. Das kommt noch hinzu: Sie wollten das Gesetz ändern, damit auch ein Polizeivollzugsbeamter berufen werden kann und die Hürden des § 7 eben nicht mehr gelten.

Auf meine Frage haben Sie keine klare Antwort gegeben, sondern Sie haben geantwortet, dass Sie das im Innenausschuss vortragen würden. Gleichwohl hätten Sie zu diesem Zeitpunkt bereits wissen müssen, weil Sie das Schreiben selbst unterschrieben und übergeben haben, dass es sich lediglich um die vorübergehende Wahrnehmung der Geschäfte handelt. Sie wussten zu

diesem Zeitpunkt bereits, dass Herr Mönckmeyer nicht zum Rektor bestellt worden ist, sondern nur vorläufig mit dieser Aufgabe betraut wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie, Herr Minister, haben an dieser Stelle den Landtag nicht vollständig und ordnungsgemäß informiert.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte ein zweites Thema ansprechen. Der Bericht des stellvertretenden Generalstaatsanwaltes hat Mitte Dezember 2008 für einigen Wirbel gesorgt. Damals traten erstmals Spannungen zwischen dem Justizministerium und dem Innenministerium auf. Obgleich der Staatsekretär im Justizministerium in den Innenausschuss zitiert wurde, war es nicht mehr möglich aufzuklären, in welchem Umfang die Information über diesen Bericht Ihnen, Herr Minister Hövelmann, zur Kenntnis gegeben wurde.

Es bleibt der Eindruck - dieser ist sofort entstanden, als das in den Medien aufschlug -, dass dieses Thema im Innenministerium mit sehr viel Argwohn aufgenommen wurde. Man gründet eine Arbeitsgruppe, eine gemeinsame Arbeitsgruppe. Die tagt dann mal und die tagt dann noch mal und dann tagt sie wieder. Ergebnisse gibt es vielleicht im Frühjahr, vielleicht im Herbst.

Eine Chefsache sieht anders aus. Ich werde Ihnen auch sagen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass es an dieser Stelle angesagt wäre, das als Chefsache zu behandeln.

Herr Minister, Sie müssen jegliche Vorwürfe, die die Polizei betreffen, aufklären. Sie müssen sie annehmen; Sie müssen versuchen, Dinge aufzuklären, insbesondere dahin gehend, was an den Berichten korrekt ist - es handelt sich nur um vorläufige Berichte aus einzelnen Staatsanwaltschaften - und was von den Staatsanwaltschaften - auch die können sich durchaus irren - vielleicht nicht korrekt dargestellt wurde. Der Eindruck, der durch diesen unvollständigen Bericht entstanden ist, lautet: Die Polizei macht Fehler.

Ich mache Ihnen zum Vorwurf, dass Sie das nicht angenommen haben, dass Sie sich nicht persönlich darum gekümmert haben, dies aufzuarbeiten, dies anzugehen, und dass Sie gegebenenfalls Fehler, die noch immanent waren, nicht behoben haben. Bei der Umsetzung einer Strukturreform kann es doch immer an der einen oder anderen Stelle klemmen.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage Ihnen auch: Sie haben an dieser Stelle Ihren Staatssekretär in den Ausschuss geschickt und den Abteilungsleiter 2. Wenn Sie das Protokoll dieser Ausschusssitzung lesen würden, würden Sie feststellen, dass typisch wie immer in den letzten drei Jahren im Innenministerium argumentiert worden ist: Man redet etwas klein, man zerredet die Kritik, man redet sie weg oder man legt sie so aus, wie man es braucht. Es gab keine Einsicht dahin gehend, dass an diesem Bericht der Generalstaatsanwaltschaft unter Umständen etwas dran sein könnte.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der LIN- KEN)

Das haben Ihre Mitarbeiter nicht erkennen lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt, ausgerechnet heute, meldet sich in der „Mitteldeutschen Zei

tung“ der Polizeipräsident der PD Süd, Herr Schumann, zur Kriminalstatistik zu Wort und erklärt den Rückgang der Aufklärungsquote - ich zitiere - mit der „Versetzung der Beamten im Zuge der Reform“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Abteilungsleiter 2 hat zu der ganzen Sache immer klipp und klar gesagt: Nein, das hat nichts mit der Strukturreform zu tun. Es sind nur Einzelfälle, die teilweise falsch wahrgenommen wurden. Es sind Bagatellen. Wir haben kein Problem in der Polizei.

Wenn aber ein Polizeipräsident das deutlich macht und alle Gewerkschaften seit mehreren Monaten bereits darauf hinweisen, dass an der Polizeistrukturreform etwas nicht stimmt, dann muss man das doch ernst nehmen und auch einmal gegenüber der Öffentlichkeit erklären, dass man es ernst genommen habe.

Sie brauchen sich doch, Herr Minister Hövelmann, nicht zu verstecken! Sie wissen, dass es seit über einem halben Jahr eine Arbeitsgruppe im Innenministerium gibt, die die Polizeistrukturreform evaluiert. Dann sagen Sie doch ganz klipp und klar, dass Sie an diesem Problem dran sind.