Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

Bei allem Respekt: Wenn 350 Millionen € an Investitionsmitteln im Jahr 2008 nicht abgeflossen sind, wirft dies Fragen auf nach der Realisierung der ambitionierten Fachsteuerung durch die Häuser.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU, und von Herrn Kosmehl, FDP)

Wir werden uns vorbehalten, sehr genau hinzuschauen und gegebenenfalls nachzusteuern. Das bedeutet: Wir werden gemeinsam mit der Landesregierung im Laufe des Jahres entscheiden, ob weitere Mittel pauschal an die Kommunen ausgereicht werden können - das hat der Minister ja schon ausgeführt -, und im Übrigen, meine Damen und Herren, auch den Abfluss der Mittel zum Kriterium der Bewilligung im Doppelhaushalt 2010/2011 machen.

Die Verzahnung der EU-Programme mit den Konjunkturpaktmitteln muss besser werden. Auch diesbezüglich sind im Lande noch einige Unklarheiten zu beseitigen.

Ich bin dem Kultusminister auch dankbar dafür, dass die EU-Schulbauprogramme jetzt öffentlich kommuniziert worden sind.

Herr Gallert, wenn Sie an dieser Stelle auf das Magdeburger Beispiel mit der Befindlichkeit hinweisen - es geht ja vor allem um die Grundschule Westernplan -, dann will ich nur eines sagen: Die Vorgabe, schulfachliche Kriterien einzubauen, wird durch die EU verantwortet. Das wissen Sie genauso wie wir auch. Wir haben es sogar weniger bewertet als beim IZBB-Programm, worüber sich auch niemand aufgeregt hat. Uns jetzt vorzuwerfen, dass wir pädagogische Konzepte mit in die Fördermittelvergabe einbeziehen, ist sozusagen ein bisschen blasphemisch, weil Sie ganz genau wissen, wie mühsam es war, überhaupt zu erreichen, die Förderung von Schulbau bei der EU möglich zu machen. Dass wir diese Kriterien einbeziehen müssen,

(Herr Gallert, DIE LINKE: Sehen Sie, dass Sie das schaffen!)

damit können Sie trefflich durch die Lande ziehen, aber es bringt Sie nicht wirklich weiter.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Ich hoffe auch, dass das Sozialministerium bald nachzieht, was die Kommunikation der Fördermaßnahmen angeht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die allgemeine Priorität Bildung treibt ja gelegentlich Stilblüten. Neben den vom Bund - auch der Minister hat es ja ausgeführt - vorgegebenen Kriterien 70 : 30 hinsichtlich der Ebenen und 65 : 35 hinsichtlich der Strukturverteilung der Mittel erleben wir erstaunliche Prozesse. Was mittlerweile auch bei uns im Lande als Bildungsinfrastruktur betrachtet wird, ist schon spannend.

Dass die Fachhochschule der Polizei dabei ist, denke ich, kann jeder nachvollziehen, weil dort dringender Handlungsbedarf besteht, der über Jahre entstanden ist, dem nicht entsprochen worden ist. Dass die Feuerwehrschule Heyrothsberge dabei ist, kann ich auch noch nachvollziehen. Dass aber der Schulbau zugunsten der Gefängniseinrichtungen im Land zurückstehen muss, verstehe ich wiederum kaum noch.

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Bei allem Respekt für Resozialisierungsmaßnahmen gerade auch im menschlichen und im volkswirtschaftlichen Sinne, bei aller Hochachtung vor der vorzüglichen Arbeit der Kollegen im Justizministerium mit Frau Professor Kolb an der Spitze:

(Herr Kosmehl, FDP: Oh!)

Es stößt schon ein wenig bitter auf, wenn wir auch nach dem Programm über Defizite im Schulbau klagen müssen; denn die Gelder werden den Bedarf bei Weitem nicht decken. Dass wir aber Gelder für Straffällige und Kriminelle verwenden, statt dass Schülerinnen und Schülern davon profitieren, gehört, denke ich, zu den Disparitäten der Gegenwart.

Um es drastischer, auch mit Blick auf Ostern, zu formulieren: Vermutlich hätten im Verteilungsprozess auch noch Baumschulen oder, vorösterlich formuliert, die „Häschenschule“ von Fritz Koch-Gotha Geld bekommen, wenn es denn nötig gewesen wäre.

Wir, die CDU-Fraktion, nähern uns dem Bildungsbegriff im engeren Sinne und werben dafür, dass wir in der Zukunft auch auf diesem Wege zielführend vorankommen.

(Zustimmung bei der CDU)

Im Übrigen bleibt für uns das Impulsprogramm handlungsleitend, das wir hier beim letzten Mal beschlossen haben. Auch wir werben dafür, zweimal 60 Millionen € für die Schulinfrastruktur pauschal an die Träger auszureichen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich denke, dass wir uns das in den Beratungen über den Doppelhaushalt noch einmal in aller Ruhe anschauen und dass wir das über die Nachsteuerung hinbekommen werden. Man kann über die Definition von Bildungsmaßnahmen, also darüber, was nun dazuzählt und was nicht, trefflich streiten. Ich denke, wir werden uns den Dingen in aller Ruhe nähern.

Woher es plötzlich kommt, dass wir weniger Geld zur Verfügung haben, ist auch völlig klar; denn die Landesregierung hat im Zuge des Verteilungsprozesses ausgerechnet dem Haus, das uns beim KiföG mit einem Nachschlag in Höhe von 16 Millionen € überzogen hat, quasi als Belohnung noch einmal 20 Millionen € zusätzlich zur Verfügung gestellt, ohne dass wir die genauen Konditionen kennen. All das werden wir im Beratungsgang hinterfragen.

Ebenso zu hinterfragen ist die Tatsache, dass von den 18 Millionen €, die für die Fachhochschule der Polizei zur Verfügung gestellt werden, der Betrag von 5,7 Millionen € für den Neubau der Mensa noch nicht abgezogen ist, Herr Minister Hövelmann. Der Finanzausschuss hat bereits im Dezember die entsprechende HU Bau genehmigt.

Ich denke auch, dass die Frage der Barrierefreiheit ressortiert werden sollte. Das sollten wir uns zukünftig noch einmal etwas näher anschauen.

Wir sehen also Spielräume, den avisierten Betrag in den Beratungen zum Doppelhaushalt zu erreichen. Wir werden uns dem danach auch zuwenden.

Herr Tullner, es gibt eine Nachfrage von Herrn Kosmehl. Es ist dringend.

Ich würde sie gern am Ende beantworten.

Am Ende.

Auch über die Partizipation aller kommunalen Gebietskörperschaften müssen wir uns Gedanken machen. Die Beteiligung der Landkreise bleibt weiter unklar. Die CDU wird sich in den Beratungen dafür einsetzen, Abhilfe zu schaffen. Ich verweise auf den Brief, den der Landkreistag uns allen geschickt hat, in dem verschiedene Aspekte angesprochen worden sind. Auch eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände halten wir für dringend erforderlich. Ich schlage als Termin die Sitzung des Finanzausschusses am 2. April 2009 vor.

Zum Haushalt selbst. Zunächst einmal haben wir - das hat der Minister schon ausgeführt - eine volle Ausfinanzierung der Bundesprogramme. Das ist positiv und eine notwendige Voraussetzung für das Prinzip der Additionalität, von dem wir in den letzten Wochen und Monaten so oft geredet haben.

Wir haben auf der anderen Seite Steuermindereinnahmen. Den Betrag von 390 Millionen € hat Herr Gallert schon angeführt. Dabei müssen wir uns im Einzelnen noch einmal darüber austauschen, wie wir das veranschlagen. Wir haben globale Minderausgaben in Höhe von 35 Millionen € zusätzlich im allgemeinen Bereich und in Höhe von 20 Millionen € zusätzlich beim Personal.

Die Ausgaben für Zinsen konnten um 103 Millionen € gesenkt werden. Wir haben Einnahmen aus den SEDAltgeldern in Höhe von 21 Millionen €. Der Ansatz für die Sonder- und Zusatzversorgungssysteme konnte um 26,6 Millionen € reduziert werden, und wir haben die Tilgung ausgesetzt, was 25 Millionen € ausmacht. All das zusammen gilt als Gegenfinanzierung dieser Mindereinnahmen.

Dazu kommen Mehrkosten. Wir haben schon über Tarif- und Besoldungsanpassungen gesprochen. Dies ist, gerade was die Besoldung angeht, vor dem Hintergrund der Beachtung des Alimentationsprinzips, denke ich, sehr zu unterstützen, weil wir hier über kurz oder lang ins „kurze Gras“ kommen.

Extern zu verantworten sind die Tarifabschlüsse. Meine Damen und Herren! Ich hätte mir hier ein besseres Ergebnis gewünscht. Was Herr Möllring federführend ausgehandelt hat, ist aus der Sicht des Landes SachsenAnhalt grenzwertig. Er mutet uns ja in letzter Zeit einige teure Projekte zu. Ich meine, die Landesregierung sollte hier wachsam bleiben. Ob der Weg der Ländertarifgemeinschaft so wirklich zukunftsweisend ist, bleibt ebenfalls zu hinterfragen.

Was haben wir an neuen Projekten in diesem Haushalt? - Die Schülerbeförderung ist schon genannt worden. Es ist auch darauf hingewiesen worden, dass wir hier kein Konzept haben. Ich denke, wir werden uns im Laufe der Beratungen noch in aller Ruhe anschauen, wie wir die Dinge konzeptionell so untermauern, dass Mehrausgaben an dieser Stelle sinnvoll sind.

(Zuruf von der LINKEN)

Wir haben die Gartenschau; das ist schon genannt worden. Wir haben einen Aufwuchs bei Dienstleistungen Außenstehender. Der Gewinn des Landesforstbetriebs ist gesenkt worden. Die Investitionsbank wird mit 8,8 Millionen € plus Verpflichtungsermächtigungen bedacht. Wir stellen uns schon die Frage, wo die Einsparungen in den Fachressorts hinsichtlich der Übertragung der Förderprogramme bleiben.

Die Spielbank ist ein alter Hut; das wissen wir auch. Auch die KiFöG-Millionen sind veranschlagt. Die Förderung der internationalen Bauausstellung kostet 500 000 € mehr, der Maßregelvollzug 1,13 Millionen €. Ob wir eine gemeinsame Geschäftsstelle der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und einen Fachberater wirklich brauchen und finanzieren sollten, wird auch zu hinterfragen sein.

Was will ich mit dieser Aufzählung im Einzelnen sagen? - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Finanzminister! Ich habe viel Verständnis für die harten Tage, die es in den letzten Wochen gerade im Finanzministerium gegeben hat. Das Konjunkturprogramm II war ein Kraftakt, der zu stemmen war; Krankheiten und personelle Veränderungen traten hinzu. Deshalb werden wir diesen Haushalt bei aller Kritik mit Blick auf die Zeitkette auch mittragen.

Ich denke aber mit Blick auf den Doppelhaushalt, dass wir besser werden müssen. Um es mit einem Ausdruck aus dem Fußball zu beschreiben: Wir müssen dahin gehen, wo es weh tut. - Lieber Minister, Ihre nachgewiesene Konfliktaustragungs- und Lösungskompetenz ist hier einmal mehr gefragt. Problematisch bleibt aus meiner Sicht insbesondere die Durchbrechung der Kaskade an Vorsorgeeinrichtungen. Dass wir beim ersten konjunkturellen Sturm unser vernünftiges und richtiges System selbst verantwortet mit Rissen bedenken, ist schwierig.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Dem Eindruck, den die Opposition verbreitet, dies sei eine Schönwetterkonstruktion, müssen und werden wir entschlossen entgegentreten.

Auch die EU-Mittel sind angesprochen worden. Sie wären normalerweise als Überschuss aus dem Jahr 2008 veranschlagt worden und dann in die Steuerschwankungsreserve geflossen. Deswegen gilt für uns als CDUFraktion: Der Konsolidierungspfad muss handlungsleitend bleiben. Dass wir das im Jahr 2009 erreichen werden, ist klar, richtig und von zentraler Bedeutung.

Mit Blick auf die Jahre 2010 und 2011 und auf die zu erwartenden Steuerausfälle muss die Landesregierung eine strikte Ausgabendisziplin walten lassen. Für neue Programme ist kein Spielraum vorhanden; alte sind auf den Prüfstand zu stellen. Daher bitte ich den Finanzminister, die Zügel anzuziehen und der bösartig interpretierbaren Tendenz dieses Nachtrags Einhalt zu gebieten.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Auch die Föderalismusreform II wirft mit ihren Prämissen und Kautelen, die hier zu verankern sind, ihre Schatten voraus. Die CDU-Fraktion, Herr Minister, ist dabei so dicht an Ihrer Seite, wie es nur irgend geht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwischen Fastenzeit und Karwoche wird dieser Haushalt beraten und verabschiedet. Wir tun dies bewusst sehr viel früher als geplant, um schnell Wirkungen zu entfalten. Dies muss uns motivieren, einen den aktuellen Erfordernissen und kommenden Problemlagen entsprechenden Etat zu verabschieden. Zusätzliche Finanzmittel für Sachsen-Anhalt sind keine vorösterliche frohe Botschaft. Vielmehr sind sie unsere Antwort auf ein Krisenszenario, von dessen Wirkung wir so plötzlich erfasst wurden.

Meine Damen und Herren! Dieser Nachtrag soll dazu beitragen, das winterliche Eis der Krise zu brechen. Der

konjunkturelle Frühling jedoch kann sich in einer globalisierten Welt trotz der titulierten Renaissance des Primats der Politik nur selbst entfalten. Das sollten wir alle wissen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)