Protokoll der Sitzung vom 08.04.2009

Dafür muss es verbindliche Regelungen und einen gemeinsamen politischen Ansatz der Länder geben, womit der Marktwirtschaft Grenzen gesetzt werden, aber ohne das Fundament der Marktwirtschaft auszuhebeln. Vielmehr müssen die Marktmechanismen in vernünftige Bahnen gelenkt werden, die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegen, die mit ihrem Job das Entwickeln der Marktwirtschaft garantieren. Außerdem müssen diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die durch ihr falsches Handeln diese Krise hervorgerufen haben.

Daran waren aber alle schuld. Zunächst einmal waren diejenigen schuld, die diese riskanten Geschäfte gemacht haben. Außerdem waren diejenigen schuld, die das ermöglicht haben. Es waren aber auch diejenigen schuld, die diese Renditen sehr gern genossen haben.

Letztlich schuld waren aber entweder die Politik oder der imaginäre Dritte, der Banker. Die armen Kollegen, die in der hinterletzten Sparkasse sitzen und sich nie etwas haben zuschulden kommen lassen, tun mir richtig leid.

Wir haben jetzt die Chance, wir haben die Verpflichtung - darin haben Sie Recht -, diese Marktwirtschaft neu zu denken und neu zu entwickeln. Wir müssen das bald tun, weil diese Fragen wieder aufgeworfen werden, sobald die Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnt.

Einige Dinge bei den Hedgefonds, bei den Leerverkäufen sind noch nicht geklärt. Es ist schwierig, die Auffassungen der Amerikaner und der Engländer mit dem zu paaren, was die Deutschen wollen. Es gibt durchaus Mentalitätsunterschiede dazu, welches Risiko eingegangen werden soll. Das hebelt man nicht einfach mit einem formalen Beschluss aus. Selbst ein Obama, den alle gottgleich unterstützen, ist noch nicht bei diesen Gedanken. Selbst die Kanzlerin ist dagegen eine Linke. Das muss man in der politischen Diskussion zusammenbringen.

(Herr Tullner, CDU: Bitte, bitte!)

Deswegen wird sich nicht jeder durchsetzen können. Nicht alle Überlegungen werden greifen, weil man am Ende die Marktwirtschaft nicht so weit einengen will, dass jegliches verantwortliches Handeln des Einzelnen außer Kraft gesetzt wird. Ich denke, da müssten wir jetzt schauen, dass wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

Aber gerade für den Finanzbereich - - Glauben Sie es mir, da sitzen die Finanzminister im Moment rund um die Uhr und versuchen, nebst der Krisenbewältigung - das ist das Primäre - jetzt zu sichern, was wir haben. Es ist niemandem damit geholfen, lange theoretische Debatten zu führen, und hinten bricht alles zusammen. Es muss eines nach dem anderen passieren. Ich glaube, wir sind dabei gemeinsam auf dem Weg. Über die verschiedenen Lösungswege wird man in einigen Jahren noch einmal zu reden haben. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. - Weitere Fragen sehe ich nicht. Bevor wir in die Debatte einsteigen, begrüße ich Damen und Herren der Katholischen Erwachsenenbildung im Land

Sachsen-Anhalt e. V. aus Burg auf der Zuschauertribüne. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Wir hörten soeben den Finanzminister. Nun folgen die Beiträge der Fraktionen. Die Debatte beginnt mit dem Redebeitrag der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Frau Dr. Klein das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE ist nach wie vor der Meinung, dass auch im Rahmen des Konjunkturprogrammes II eine andere Schwerpunktsetzung möglich und notwendig gewesen wäre. Trotzdem haben wir uns einer schnellen und zügigen Bearbeitung nicht entgegengestellt. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit, sie brauchen die Chance, mit den Projekten beginnen zu können, damit die Gelder in den nächsten zwei Jahren wirklich abfließen können.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Zum anderen - das ist auch in den Ausschussberatungen sehr deutlich geworden - haben hier einige Ressorts einmal richtig zugeschlagen und lassen Wünsche wahr werden.

Und, Herr Finanzminister, zum Vorwurf der Gegenfinanzierung uns gegenüber sage ich:

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Hier ist manches nicht ausfinanziert. Ich denke nur an die 675 000 € für die Landesgartenschau.

Die Fraktion DIE LINKE ist auch nach den Haushaltsberatungen immer noch der Meinung, dass die Mittel für die kommunalbezogenen Investitionen aus dem Zukunftsinvestitionsgesetz mehrheitlich bzw. mindestens zu den 70 %, die das Gesetz für die Kommunen vorsieht, pauschal an die Kommunen hätten weitergereicht werden müssen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diese wissen selbst am besten, wo welche Investitionen am dringlichsten sind, zumal - auch das muss an dieser Stelle gesagt werden - die pauschalen Zuweisungen natürlich der gesetzlichen Zweckbindung - also: 65 % in die Bildungsinfrastruktur und 35 % in die sonstige kommunale Infrastruktur - entsprechen müssen. Den kommunalen Spritzenverbänden, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den Landräten im Land ist das durchaus bewusst.

In den Gesprächen mit den Landräten und Bürgermeistern - egal welches Parteibuch sie haben - stößt man eigentlich nur auf Unverständnis gegenüber dieser Entscheidung der Landesregierung, die von den Koalitionsfraktionen letztlich mitgetragen wird. Sie sind enttäuscht über dieses Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung. Wenn man genau hinschaut, dann stellt man fest: Es ist innerhalb kürzester Zeit das zweite Mal, dass die Landesregierung der Meinung ist: Zentral ist in jedem Fall besser. - Das hatten wir auch beim Funktionalreformgesetz.

Hoffen wir nun, dass wenigstens die 50 Millionen € - oder besser: die 43 Millionen €, wenn der kommunale Anteil

herausgerechnet wird - kurzfristig genutzt werden können. Für kleine Kommunen, die über keine Bildungseinrichtungen mehr verfügen, ist das gar nicht so einfach.

In einem Chat am Dienstag hat der Finanzminister verkündet: Die Kommunen, die keinerlei Bildungseinrichtungen haben, können die Mittel dann für andere Infrastrukturmaßnahmen ausgeben. Aber es gibt einen knallharten Rahmen.

Mit einer Verteilung innerhalb der kommunalen Familie ist es außerdem gar nicht so einfach. Da wir gegenwärtig die Gemeindegebietsreform haben, ist es eigentlich sehr kompliziert, einen Ausgleich zu schaffen. Die Aufgabe der Selbständigkeit bzw. der Verlust von Einrichtungen, die die Gemeinde zur Gemeinde machen, führen dann schnell dazu, dass der Bürgermeister der Nachbargemeinde den offiziellen Beinamen „Raubritter“ erhält. Letztlich muss bei der Aufteilung der Mittel das Verhältnis 65 : 35 herauskommen, um diesen Ausgleich zu schaffen. Also hätten dem Land 30 % völlig gereicht, um einen eigenen Spielraum zu haben, der diese Aufteilung möglich macht.

Die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen der Beratungen zum Nachtragshaushalt bestätigte so manche unserer Befürchtungen. Das trifft auch auf die haushaltsrechtlichen Regelungen, wie auf die Frage „Nachtragshaushalt in den Kommunen ja oder nein?“, zu.

Die Frage „Was ist eine finanzschwache Kommune?“ ist für das Konjunkturpaket II inzwischen geregelt. Was ist aber, wenn die Kommunalaufsicht nicht hinterherkommt, um die Ausnahmegenehmigung zu erteilen? - Hierbei spielt auch der Faktor Zeit eine große Rolle. Und es bleibt der Fakt, dass die Kommunen neue Schulden aufnehmen müssen - wenn auch zu günstigen Konditionen -, die letztendlich eine Konsolidierung weiter hinausschieben, zumal die Kommunen ja auch mit sinkenden Steuereinnahmen konfrontiert werden. Insofern war und ist unsere Forderung, dass das Land den kommunalen Anteil von 12,5 % übernimmt, eigentlich nur recht und billig.

Unterstützung findet der während der Beratung eingebrachte Vorschlag der Koalitionsfraktionen, den Investitionsstau im IT-Bereich der Landkreise zu berücksichtigen. Die Entscheidung, aus den Infrastrukturmitteln für Informationstechnologie und Breitbandversorgung 8 Millionen € für Informationstechnologie an die Landkreise zu geben und 5 Millionen € für Schulsanierung auszureichen, ist in Ordnung.

Die Landkreise haben bei der Kreisgebietsreform vom 1. Juli 2007 keinerlei Anschubfinanzierung erhalten. Geld aus der kommunalen Investitionspauschale erhalten sie auch nicht.

Wären die Koalitionsfraktionen im Jahr 2007 unserem Vorschlag gefolgt, den Landkreisen jeweils 1 Million € als Anschubfinanzierung zu geben, wären die jüngsten Verrenkungen der Koalitionsfraktionen nicht notwendig gewesen; denn dass es welche sind, ist klar. Die CDUFraktion wollte die Landkreise nicht total hängen lassen. Der SPD-Fraktion schmeckten die Kürzungen des Kultusministers in der Schulbausanierung überhaupt nicht. Deshalb haben wir hier die klassische Form eines Kompromisses.

Eine Bedingung des Zukunftsinvestitionsgesetzes ist, dass mindestens 70 % des Geldes in kommunale Projekte gehen sollen.

Da wird es manchmal kompliziert, wenn man sich die von den Ministerien aufgestellten Listen ansieht. So findet man darauf zum Beispiel geplante Baumaßnahmen in Höhe von 2,9 Millionen € an der Brand- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge auf der Seite der kommunalbezogenen Investitionen. Aber, Herr Finanzminister, auch diese Schule in Heyrothsberge ist eine Landeseinrichtung. Die darf nicht aus den kommunalbezogenen Investitionen finanziert werden. Sie müsste auf die andere Seite der Liste. Ansonsten kommt es hierbei wieder zu einer Verschiebung des kommunalen Anteils.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich hoffe, dass es nicht noch mehr solcher Dinge gibt, die „unter falscher Flagge segeln“; denn nicht alles in den Listen ist bisher eindeutig untersetzt. Wenn es denn so ist, dass Landeseinrichtungen unter kommunaler Flagge saniert werden, dann muss ich sagen: Das war eigentlich nicht Sinn und Zweck der Sache.

Damit sind wir bei der Umsetzung des Konjunkturpakets durch die Landesregierung im Konkreten. So hat der Kultusminister - das hat auch schon bei der Einführung eine Rolle gespielt - in seinem Bereich mächtig umsortiert. Statt der geplanten 120 Millionen € sind es nur noch rund 100 Millionen € plus die 5 Millionen €, die nun durch die Beschlussempfehlung dazugekommen sind.

Die Prioritäten des Kultusministers sind einerseits nachzuvollziehen. Sachsen-Anhalt ist ein geschichtsträchtiges und kulturell bedeutsames Ländchen. Mit jeder neuen Baumaßnahme werden neue Gräber freigelegt, neue Scherben aus dem historischen Abfallhaufen geborgen. Das ist alles sehr interessant und wichtig. Aber 6,79 Millionen € im Bereich der Denkmalpflege innerhalb von zwei Jahren müssen erst einmal zweckentsprechend ausgegeben werden. In diesem Zusammenhang fällt mir eigentlich auf Anhieb nur eine Maßnahme ein: Das ist die Sanierung des Schlossberges in Quedlinburg. Dafür werden 15 Millionen € gebraucht.

Dasselbe trifft auf die Gelder für das Luther-Jubiläum zu. Es wird im Jahr 2017 stattfinden. Die Landesregierung stellt für die nächsten zwei Jahre 6,4 Millionen € in den Haushalt ein. Im Ausschuss habe ich keine Antwort auf die Frage nach der Untersetzung bekommen. Jetzt weiß ich dank der Presse, dass das Geld vornehmlich für Luthers Elternhaus in Mansfeld genutzt werden soll. Auch die Kulturhistorischen Stiftungen bekommen 9,3 Millionen €.

Nun muss ich sagen: Nach der Erfahrung mit der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, die in einem Jahr nicht einmal 700 000 € für Investitionen ausgeben konnte - nur dafür dürfen die Gelder aus dem Zukunftsinvestitionsprogramm ausgegeben werden -, herrscht hierbei anscheinend das Prinzip Hoffnung, dass das Geld auch wirklich in den nächsten zwei Jahren zum Abfluss kommt.

Bei allem Verständnis: Ich hätte mir bei diesen Summen, die auf Projekten basieren müssen, auch für den Ausschuss eine konkretere Untersetzung vorgestellt und auch Aussagen dazu gewünscht, welchen Kommunen die Mittel zugute kommen; denn es sind auch noch kommunalbezogene Investitionen. Ähnliches könnte man auch zu den Listen anderer Ministerien sagen.

Das Konjunkturprogramm muss wie ein vorgezogenes Weihnachten sein; denn jedes Ressort durfte seinen Wunschzettel aufschreiben. Das haben wir in einigen sehr ausgeprägt. Andere waren etwas zurückhaltender.

Manches ist nachvollziehbar. Manches ist überhaupt nicht durchschaubar. Das wird wohl auch erst einmal so bleiben.

Die Koalitionsfraktionen haben sich, wenn auch mit Einschränkungen, den Überlegungen des Ministers für Landesentwicklung und Verkehr angeschlossen, die Wertgrenze für kleine Baumaßnahmen von derzeit 1 Million € auf 5 Millionen € zu erhöhen, um die Investitionen zügig umsetzen zu können. Es war schon erstaunlich, wie die Kollegen der Koalitionsfraktionen einer nach dem anderen in der Debatte umkippten und die eigenen Bedenken

(Herr Doege, SPD: Nicht alle!)

- na ja, Sie an erster Stelle -

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

und auch die des Landesrechnungshofes fallen ließen. Im Kern geht es bei dieser Geschichte doch um eine Änderung des Verfahrens der Beteiligung des Finanzausschusses und des Landesrechnungshofs. Die zeitlichen Einsparungen dürften nur sehr gering sein. Auch wenn der Behauptung, dass das Parlament ein Störfaktor sei, heftig widersprochen wurde, tauchte sie schon bei den Beratungen über die Einzelpläne bei dem einen oder anderen Minister durchaus auf.

Um schnell handeln zu können, wäre ein einfacheres Vergaberecht sinnvoll. Zu befürchten ist aber jetzt auch, dass soziale und ökologische Belange unter die Räder kommen. Wir brauchen einfach zu handhabende Standards. Das stimmt. Wir brauchen eine tarifliche Bezahlung. Wir brauchen einen Mindestlohn. Wir brauchen den Vorrang von Investitionen, die den Energieverbrauch senken. Das ist alles richtig. Aber davon war in der Diskussion nicht die Rede. Es ging um die Beteiligung des Parlaments bei solchen Baumaßnahmen.

Auch die Fragen nach einer hohen Qualität der Planung und Vorbereitung durch den späteren Nutzer und die Bauverwaltung - die sind letztlich auch mitentscheidend für einen sparsamen und wirtschaftlichen Einsatz der Haushaltsmittel - spielten keine Rolle. Zu viel Eile kann auch bei diesen Dingen dazu führen, dass Qualitätskriterien nicht eingehalten werden. Der Landtag musste in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart, sehr oft nachbessern. Wir haben einige Projekte im Lande, die zu richtigen Fässern ohne Boden geworden sind. Wir freuen uns über jede Baumaßnahme, zu der wieder einmal ein Nachtrag kommt.

Deshalb ist dieses Ansinnen nicht nachvollziehbar. Ich bin echt gespannt, wie viele Bauanträge die Ressorts bis morgen im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr vorlegen;