Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Ich kann deshalb nur feststellen, dass es des vorliegenden Antrages der Fraktion DIE LINKE nicht bedurft hätte. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Hövelmann. - Nun kommen wir zu den Beiträgen der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie so oft hat uns die Fraktion DIE LINKE einen Antrag vorgelegt, der das Ziel verfolgt, die Bekämpfung von rechtsextremistischen Bestrebungen im Land voranzutreiben. Immer wieder und berechtigterweise wird Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus der Kampf angesagt.

Aber, meine Damen und Herren, das ist nun wirklich keine Idee der Fraktion DIE LINKE. Ich denke, an dieser Stelle für alle Anwesenden sprechen zu können, wenn ich sage, uns allen ist es wichtig, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und allen menschenverachtenden Einstellungen entgegenzutreten.

(Zustimmung bei der FDP und von Minister Herrn Hövelmann)

Wie uns Herr Innenminister Hövelmann dargelegt hat, gibt es bereits zahlreiche Maßnahmen mit dem Ziel der Bekämpfung der rechtsextremistischen Aktivitäten. Polizeiliche Präventions- und Bekämpfungsstrategien, auch in Zusammenarbeit mit anderen Ländern, insbesondere mit den an uns angrenzenden Bundesländern, werden weiterentwickelt. Sogar ein mobiles Einsatzkommando, welches dem Landeskriminalamt angehört und von der Fraktion der LINKEN in Form einer mobilen Sondereinheit gefordert wird, existiert bereits.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht nur dem rechtsextremistischen Gedankengut entgegenstellen. Ebenso müssen wir die Einflussnahme von links und sämtliche verfassungsfeindlichen und extremistischen Handlungen und Einstellungen bekämpfen. Woher die Gewalt letztlich kommt, von rechts oder links - alle Formen sind verachtenswert und dürfen nicht geduldet werden.

Der Verfassungsschutzbericht 2008 weist einen Anstieg politisch motivierter Straftaten aus, und zwar sowohl im rechten als auch im linken Spektrum. Aus der Aufteilung in extremistische Straftaten und politisch motivierte Gewalttaten wird ersichtlich, dass sowohl bei Rechts als auch bei Links viel zu hohe Fallzahlen ausgewiesen sind. Ich möchte jedoch betonen, dass sowohl bei Rechts als auch bei Links ein Anstieg zu verzeichnen ist.

Wir dürfen weder auf dem linken noch auf dem rechten Auge blind sein. Es muss uns im Zusammenwirken mit den anderen Bundesländern gelingen, für SachsenAnhalt und in Sachsen-Anhalt eine streitbare und wehrhafte Demokratie zu erhalten.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir dürfen uns nicht von extremistischen Strömungen in irgendeiner Form darin beeinträchtigen lassen.

Dem Austausch mit anderen Bundesländern hinsichtlich der Vorgehensweisen bei der Bekämpfung und dem Erfahrungsaustausch über Erlebtes muss weiterhin Beachtung geschenkt werden. Die Zusammenarbeit muss gefördert werden. Diesbezüglich habe ich nach den Darlegungen des Innenministers auch keinerlei Bedenken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten gemeinsam den Kampf gegen extremistische Strömungen nicht aufgeben und unser Augenmerk weiterhin auf die Problematik richten. Eines, meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier auch in aller Deutlichkeit sagen: Nach dem, was ich bisher ausgeführt habe, und eingedenk der Tatsache, dass im Bundesland Berlin, wo, wenn mich nicht alles täuscht, die LINKE in der Regierungsverantwortung ist, regelmäßig Autos brennen, kann ich den Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht wirklich nachvollziehen.

Frau Kollegin Tiedge, zu dem Beispiel Harbke: Wenn mich nicht alles täuscht, hatten wir das Thema seinerzeit im Rahmen der Selbstbefassung im Innenausschuss, wo ganz klar dargelegt wurde, dass die entsprechenden Behörden seinerzeit schnellstmöglich in länderübergreifender Zusammenarbeit, nämlich mit der Bereitschaftspolizei Niedersachsens, reagiert haben.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Und ich bitte die Landesregierung, ergänzend zu den bereits vom Innenminister vorgetragenen Maßnahmen auch im Innenausschuss intensiv und ausführlich über die Aktionen gegen Extremismus und über die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern zu berichten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Kolze. - Nun spricht Herr Kosmehl für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich in vielen Punkten dem anschließen, was Herr Kollege Kolze vorgetragen hat. Zuallererst, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE: Dass es in den deutschen Parlamenten immer wieder zu einem - ich will es einmal so nennen - Antrags-Sharing kommt, ist sicherlich nicht unüblich. Dass Ihre Kollegen diesen Antrag vor wenigen Wochen als Entschließungsantrag in den Niedersächsischen Landtag eingebracht haben, zeugt zumindest davon, dass Sie sich hier vernetzen wollen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Auch das ist, denke ich, kein Problem. Wenn man sich allerdings die jüngere Vergangenheit einmal anschaut, nämlich gerade den von Ihnen, Frau Kollegin Tiedge, angesprochenen Fall Harbke, dann zeigt das, dass zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen eine exzellente Zusammenarbeit stattfindet.

Ich habe mir das Protokoll der betreffenden Innenausschusssitzung noch einmal angesehen. Wenn Sie das auch getan haben, werden Sie festgestellt haben - Sie werden sich vielleicht auch erinnern können -, dass dort sowohl Hinweise gekommen sind als auch Angaben zur Einsatzplanung und dass auch die Einsatzunterstützung da war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann aus Ihrer Sicht vielleicht mit dem Ergebnis nicht einverstanden sein, dass die Einsatzleitung der Polizei nach Abschätzung des Kräfteverhältnisses entschieden hat, nicht sofort in das Gebäude, das abgesichert war, hineinzugehen. Ich glaube aber, dass der Schutz der Beamten vor dem Eingreifen in eine unwägbare Situation kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das soll auch zukünftig so bleiben.

Wenn Sie mir an dieser Stelle die Anmerkung erlauben, möchte ich das aufgreifen, was der Kollege Kolze bezüglich Berlins angesprochen hat. Das betrifft nicht nur die LINKE, die dort mitregiert. Das betrifft auch die SPD, die in Berlin regiert. Aus meiner Sicht ist es nicht hinnehmbar, dass der Innensenator eine Art Kuschelmentalität gegen Leute fährt, die Autos anzünden, Krawall machen, sich mit Steinen bewaffnen und Polizeibeamte angreifen, und nur um das nicht weiter aufzuheizen, den Rückzug anordnet und seine Polizisten bewerfen lässt. Ich meine, man muss auch mit Härte zeigen, dass ein Angriff auf Polizeibeamte kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an zwei Stellen noch Hinweise geben. Zum einen hätte ich mir gewünscht, dass die Koalitionsfraktionen den Mut gehabt hätten, auch den zweiten Schritt zu gehen. Inhaltlich würden wir Ihrem Änderungsantrag zustimmen. Er wäre als Alternativantrag besser gewesen, insbesondere dann, wenn man die Überschrift geändert und auf die Gesamtbetrachtung des Extremismus gesetzt hätte, und sich nicht hätte verleiten lassen, in der Überschrift wieder nur vom Rechtsextremismus zu sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das wäre richtiger gewesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Richtig ist auch - das vermisse ich bei Ihnen jedes Mal, Frau Tiedge -: Dem Anstieg der Taten im rechtsextremistischen Bereich, auch der Gewalttaten, steht auch ein Anstieg im linksextremistischen Bereich,

(Zuruf von der CDU: 60 %!)

insbesondere bei Gewalttaten, gegenüber. Dort ist der Anstieg sogar größer.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Wir müssen jede Form des Extremismus bekämpfen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es gibt keine Toleranz gegenüber Intoleranz.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zu- ruf von der CDU: Genau!)

Frau Kollegin Tiedge, Sie beklagen den Ausgang der Europawahl. Man kann bei oberflächlicher Betrachtung - wir alle stecken nicht so genau in den Ergebnislisten der einzelnen europäischen Mitgliedstaaten - sagen: Oh, die rechten und auch neonazistische Parteien haben gewonnen.

Wer sich das Ergebnis aber einmal genauer anschaut, der wird feststellen: Sie haben in einigen Ländern gewonnen, insbesondere in den Ländern, in denen der Euro nicht gilt, in denen die Menschen von der Wirtschaftskrise sehr stark betroffen sind. Ungarn ist ein solches Beispiel. Über das Vereinigte Königreich will ich nicht reden, dort hatte man andere Probleme; dort war es Ausdruck der Ablehnung der Regierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können ein anderes Ergebnis dagegensetzen, nämlich dass in viel größerem Maße, als rechte Parteien zugelegt haben, die Parteien zugelegt haben, die europafreundlich waren - ob das die Grünen in Frankreich sind oder die FDP in Deutschland. Diejenigen, die die meisten Zugewinne hatten, waren europafreundlich, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deshalb ist die Europawahl nicht die geeignete Begründung dafür, jetzt den Kampf gegen den Rechtsextremismus auszurufen.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine letzte Bemerkung möchte ich noch machen. Viele dieser Punkte - Frau Tiedge, das wissen Sie - werden bereits seit der letzten Legislaturperiode in Zusammenarbeit mit der Initiative Mitteldeutschland, in Zusammenarbeit mit anderen Ländern umgesetzt, in denen es darum ging, die polizeiliche Zusammenarbeit zu verbessern. Die Aktionen, die Minister Hövelmann noch einmal verstärkt hat, die die IMK in den letzten Monaten auf den Weg gebracht hat, sind eben gerade die von Ihnen geforderte Zusammenarbeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenarbeit ist richtig, aber jede Polizeibehörde, jede Sicherheitsbehörde, die mit anderen zusammenarbeiten soll, muss auch im eigenen Land gut aufgestellt sein. Da ist in Sachsen-Anhalt vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch nachzubessern. Die Zusammenarbeit jedenfalls klappt aus meiner Sicht. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Nun erteile ich Herrn Rothe das Wort, der für die SPD-Fraktion spricht.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Engagement der Landesregierung bei dem Problemkreis, der Gegenstand des Antrags der Fraktion DIE LINKE ist, verdient Anerkennung.

(Zuruf von der CDU: Mehr als das!)

Jeden Dienstag berichten die der SPD angehörenden Ministerinnen und Minister in unserer Fraktionssitzung über die Ergebnisse der vorangegangenen Kabinettssitzung.

(Oh! bei der FDP)

In dieser Woche standen auf der Tagesordnung des Kabinetts sowohl die monatliche „Unterrichtung der Landesregierung über die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“ als auch die „Unterrichtung und Beschlussfassung der Landesregierung über den Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2008“.

Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2008 umfassen die Ausführungen zum Rechtsextremismus 59 Sei

ten, die zum Linksextremismus 19 Seiten und die zum Ausländerextremismus elf Seiten. Das macht deutlich, Herr Kollege Kosmehl, dass der von der Landesregierung erkannte Schwerpunkt der Bedrohung im Bereich des Rechtsextremismus nach wie vor besteht.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Zur Frage der länderübergreifenden Zusammenarbeit hat der Innenminister dargestellt, was schon alles gemacht wird. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE gibt uns Gelegenheit, uns zu diesem Thema im Innenausschuss näher berichten zu lassen. Ich halte den Änderungsantrag, so wie er Ihnen vorliegt, für absolut sachgerecht. Ich bin der Meinung, dass es legitim ist, auch bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus die finanziellen Auswirkungen mit in den Blick zu nehmen, wie wir das in den Änderungsantrag hineinformuliert haben.

Es wäre nämlich nicht nur verantwortungslos, Frau Kollegin Tiedge, die Bekämpfung des Rechtsextremismus zu vernachlässigen, sondern es wäre ebenso verantwortungslos, wenn wir das Land in den Staatsbankrott führten. Ich finde es nicht in Ordnung, dass man aus allen möglichen Richtungen das, was der Finanzminister vorlegt, in dieser Weise zu diskreditieren versucht.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Frau Bull, DIE LINKE: Nicht alles!)

Der letzte Staatsbankrott hierzulande liegt erst zwei Jahrzehnte zurück.