Um die Arbeit der Stiftung politisch begleiten zu können, war vorgesehen, dass im Stiftungsrat Vertreter der im Landtag vertretenen Fraktionen mitarbeiten sollen. Nun aber zu sagen, dass seit der Abberufung der Stiftungsratsmitglieder eine politische Begleitung der Arbeit durch den Landtag nicht mehr stattgefunden habe, halte ich nicht für richtig; denn die Stiftungsbeiräte, insbesondere die Verbände der Opfer der SED-Diktatur, hatten gerade wegen der Besetzung durch Mitglieder der Fraktionen des Landtages die Stiftungsarbeit blockiert.
Blicken wir zurück auf die Situation seit der Errichtung der Stiftung im Jahr 2006 bzw. im Jahr 2007 und die Wahl der Mitglieder des Landtages, so stellen wir fest, dass die Arbeit im Stiftungsrat tatsächlich durch die oben genannte Situation im Stillstand verharrte. Ein wesentlicher Grund dafür war die personelle Besetzung durch den Landtag. Ich selbst erinnere mich an Zuschriften in Form von Briefen und E-Mails und an persönliche Gespräche, die in dieser Situation sehr emotional geführt wurden.
Nachdem alle Versuche, eine politisch-moralische Lösung zu finden, gescheitert sind und uns auch die Opferverbände zu einer gesetzlichen Lösung aufforderten, haben wir uns damals mangels anderer praktikabler Lösungen zu dieser gesetzlichen Lösung entschieden. Sie, sehr geehrte Kollegen der FDP-Fraktion, haben einen anderen Weg beschritten. Sie lehnten unseren Vorschlag ab.
Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine politischen Signale vernommen, die zu einer insbesondere für die Opferverbände akzeptablen personellen Besetzung beitragen könnten. Die personelle Zusammensetzung ist aber eine unabdingbare Voraussetzung für eine konstruktive Arbeit im Stiftungsrat. Ich denke, das ist unstrittig.
Weil wir keine anderen Signale haben, stehen wir vor einer Abwägung. Versuchen wir eine Neubesetzung der Stiftungsratsmitglieder, verbunden mit dem Risiko einer großen öffentlichen Diskussion um Personen und der Unruhe, die wir danach erneut in die Stiftung bringen würden? Oder lassen wir erst einmal Ruhe in die Stiftung einkehren? Aufgrund unveränderter Vorzeichen befürchte ich, dass eine öffentliche Diskussion nur über Personen geführt werden würde. Das bringt erneut Unruhe in die Opferverbände und in den gesamten Stiftungsbeirat.
All diese Querelen, insbesondere die kontroversen Diskussionen um Personen im Landtag, haben der Stiftung bekanntlich mehr geschadet als genutzt. Wir stehen also vor einem Abwägungsprozess, in dem wir die Belange der Stiftung unserem Interesse an einer aktiven Beteiligung von Mitgliedern des Landtages, das mehrfach angesprochen wurde, an der Stiftungsarbeit gegenüberzustellen haben.
Zu diesem Abwägungsprozess haben wir uns als Regierungsfraktion Gedanken gemacht. Im Vordergrund steht die Bemühung, Schaden von der Stiftung abzuwenden. Deshalb sollten wir über diesen Gesetzentwurf im Innenausschuss sorgsam und unter sachlichen Gesichtspunkten beraten. Auch sollten wir über die von Herrn Gallert aufgeworfene Frage diskutieren, wobei ich mir nicht sicher bin, dass es die Endlösung wäre, beide Stiftungsräte zu trennen; denn die Konfliktlage würde sich
Bei all dem sollte man bedenken, dass seit der Abberufung der Vertreter des Landtages aus dem Stiftungsrat im April 2008 gerade einmal ein Jahr vergangen ist. Zum jetzigen Zeitpunkt sollte die Stiftungsarbeit im Vordergrund stehen. Alles andere wäre aus meiner Sicht ein falsches Signal.
Lassen Sie uns also gemeinsam nach einer Lösung suchen. Eine Option wäre es aus meiner Sicht, eine Regelung zu erarbeiten, die erst mit dem Zusammentreten des Landtages der nächsten Legislaturperiode wirksam wird. Gerade jetzt können wir beobachten, dass eine gewisse Ruhe in die Stiftung eingekehrt ist und somit eine konstruktive Arbeit möglich ist.
Ich selbst als ehemaliges Mitglied habe es bedauert, die Arbeit nicht weiter aktiv begleiten zu können. Ich bin mir aber bewusst, dass es förderlich sein kann, die Stiftung mit einer gewissen Ruhe arbeiten zu lassen. Lassen Sie mich auch deutlich sagen, dass eine Nichtbesetzung mit Mitgliedern des Landtages noch längst nicht die Verabschiedung aus der politischen Begleitung der Stiftungsarbeit bedeutet. Es erfolgt weiterhin ein kritisches Hinterfragen und Beobachten dieser Arbeit.
Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfes an den Ausschuss für Inneres und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es gut, dass wir den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres überweisen und noch einmal darüber sprechen. Das ist kein Problem.
Am Anfang habe ich mich ein wenig gewundert, aber zum Ende sind Sie, Frau Reinecke, noch zum Thema gekommen und haben die Katze aus dem Sack gelassen: Grundsätzlich würden Sie schon eine Neubestellung machen, aber nicht in dieser Legislaturperiode, sondern zu Beginn der nächsten Legislaturperiode.
Das würde bedeuten, dass wir noch mehr als 20 Monate warten müssten. Bis dahin würden wir schauen, ob der Stiftungsrat arbeitet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf einmal vortragen, wer gemäß § 7 gegenwärtig im Stiftungsrat sitzt:
erstens ein Vertreter des für die Gedenkstätten für die Opfer von Gewaltherrschaft zuständigen Ministeriums als Vorsitzendes Mitglied - Innenministerium -,
sechstens der Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik des Landes Sachsen-Anhalt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates gehören vier Mitglieder der Exekutive an. Welches Selbstverständnis hat eigentlich dieser Landtag, wenn er sich nicht im Klaren darüber ist, ob er im Stiftungsrat mitarbeiten sollte oder nicht?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte es auch anders sagen: Alle Beschlüsse oder Nichtbeschlüsse zum Thema Mittelabfluss etc. hat dieser Stiftungsrat begleitet. Vier von sechs Mitgliedern, also eine Mehrheit des Stiftungsrates, waren Mitglieder der Landesregierung aus CDU und SPD und haben nicht dafür gesorgt, dass die Mittel abgeflossen sind.
Genau deshalb und weil es die Aufgabe des Landtages ist, die Regierung zu kontrollieren, ist es vielleicht sinnvoll, auch die Arbeit der Landesregierung im Stiftungsrat zu überprüfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns geht es wirklich darum, dass die Mitglieder des Landtages im Stiftungsrat und nicht in den Beiräten, in denen die Opferverbände tätig sind, vertreten sind. Die Opferverbände schicken aus beiden Beiräten lediglich je ein Mitglied zusätzlich in den Stiftungsrat, wo dann Fragen im Hinblick auf die allgemeine Arbeit, die Ausrichtung, die Frage der Prioritäten und auch die Frage, wie viele Mittel man benötigt, beantwortet werden. Dies erfolgt durch den Stiftungsdirektor und den Stiftungsrat.
Die Umsetzung erfolgt aber in diesem Hohen Hause. Wir entscheiden über die Haushaltsmittel. Wir sind diejenigen, die entscheiden können, ob mehr oder weniger Mittel zur Verfügung gestellt werden, ob etwas übertragen wird und ob noch etwas gerettet werden kann. Dieser Verantwortung wollen Sie sich offensichtlich entziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gallert, eine Bemerkung zu Ihnen. Ich darf aus der Einbringungsrede des damaligen Ministers des Innern Herrn Jeziorsky zitieren:
„Die Gedenkstätte ‚Roter Ochse’ Halle ist ein Beispiel für die Verwobenheit von Geschichte unter einem Dach. Dort wurden ab 1933 hunderte NS-Gegner eingesperrt. Ab 1942 ließ die NS-Justiz dort mehr als 500 Personen hinrichten. Zwischen Sommer 1945 und 1950 fällten sowjetische Militärtribunale dort nicht nur Urteile gegen NS-Täter, sie schufen auch neues, politisch motiviertes Unrecht. Schließlich fungierte das Haus zwischen 1950 und 1989 als MfS-Untersuchungshaftanstalt.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Orte in Sachsen-Anhalt, zum Beispiel der Rote Ochse in Halle, vereinigen - ich sage: leider - das Unrecht aus beiden Diktaturen. Dafür zwei Stiftungen für zuständig zu erklären, würde dem nicht gerecht werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb ist es richtig, eine einheitliche Erinnerungskultur aufzubauen
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie von den Regierungskoalitionen zum Abschluss noch einmal bitten, in sich zu gehen. Sie wissen, dass es richtig ist, dass Landtagsabgeordnete dort mitarbeiten.
Motivbündel sind immer gut. Nur, Motive sollten im Gesetzgebungsverfahren vielleicht auch irgendwann einmal benannt werden, damit man sie als Motiv ableiten kann. Ihr Motiv, das Sie heute genannt haben, nämlich dass man Ruhe hineinbringen möchte und sich heraushalten will, habe ich in Ihrem Gesetzentwurf und im ursprünglichen Gesetzentwurf leider nicht gefunden. Deshalb ist das Motiv nicht sinnvoll. - Vielen Dank.
Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen über die Drs. 5/2015 ab. Es wurde signalisiert, dass für die Überweisung als solche eine Mehrheit des Landtages zustande kommt, da außer der Fraktion DIE LINKE alle der Überweisung zustimmen.
Deshalb stimmen wir jetzt über die Überweisung an den Ausschuss für Inneres ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die FDP. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres überwiesen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 9.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich Damen und Herren des Europäischen Bildungswerkes Halle. Seien Sie recht herzlich willkommen!