Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt gebe ich Herrn Hauser das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Kollege Bergmann, zurück zu den Großraubtieren. Bezüglich des Wolfes haben Sie kein Problem, beim Biber, sagen Sie, haben Sie ein Problem. Selbstverständlich ist der Biber kein Großraubtier.

Sie wissen aber, dass der Biber, wie Kollege Kley sagte, seine Umwelt massiv verändert, indem er natürliche Sperren, Staue und Wehre bildet und riesige Überschwemmungen hinterlässt. Was wäre das Problem für Sie, über mögliche Entschädigungen zu sprechen?

Herr Kollege Hauser, für mich gibt es ein grundsätzliches Problem. Für mich stellt sich grundsätzlich die Frage, ob sich immer dann, wenn die Natur das macht, was die Natur eben macht, weil auch Naturgesetze gel

ten, daraus für Dritte gleich ein Anspruch gegenüber dem Staat ableiten lässt. Das ist für mich die ganz grundsätzliche Frage. Ich halte das in Einzelfällen für berechtigt, aber in bestimmten Fällen nicht. Aber das muss man wirklich diskutieren. Denn das ist ein Tor, das Sie, wenn es sich erst einmal sehr weit öffnet, nicht wieder zu kriegen. Deswegen, sagte ich, macht es Sinn, das in den Ausschüssen zu bereden.

Vielen Dank, Herr Bergmann. - Wir kommen zu dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Lüderitz das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hinter diesem sperrigen Titel, der uns vorliegt, und dieser Doppeldebatte verbergen sich meiner Ansicht nach nicht nur einige fachpolitisch interessante Fassetten, sondern auch für die Kommunalpolitiker durchaus interessante Aspekte. Es verwundert mich ebenso wie Kollegen Kley, dass die Frau Ministerin gerade auf den ersten Teil des umfänglichen Artikelgesetzes nicht weiter eingegangen ist.

Als Erstes meinerseits: Wir werden der Überweisung zur federführenden Beratung in den Umweltausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Inneres zustimmen. Aber wir erwarten auch für beide Gesetzentwürfe eine Anhörung unter Einbeziehung der Spitzenverbände, Fachverbände, Betroffenen und Umweltverbände.

Da das Problem des Zeitdrucks insbesondere bei dem zweiten Gesetzentwurf immer wieder angesprochen wurde: Wir sollten uns nicht unter Zeitdruck setzen lassen, sondern den Gesetzentwurf entsprechend behandeln, wobei ich für die Inanspruchnahme des 1. Januar 2010 durchaus ein Problem sehe.

Nun zu der Drs. 5/1972, dem Artikelgesetz. Als Artikelgesetz ist es mal wieder derart angelegt, dass es für die interessierte Öffentlichkeit nur schwer nachvollziehbar ist, und man sollte meinen: Ein Schelm, der Böses dabei denkt. - Aber genau diese Befürchtungen werden beim intensiven Befassen mit dieser Vorlage kräftig genährt.

Umweltrecht in Sachsen-Anhalt darf nur minimal wirken. Nur das, was zwingend von Bund und EU vorgegeben ist, wird umgesetzt, manchmal - Kollege Kley hat es erläutert - auch sehr, sehr spät. Gestaltungsspielraum gibt es immer nur nach unten, schon gar nicht im Interesse von Nachhaltigkeit, zumindest von ökologischen und sozialen Aspekten.

Das Nachhaltigkeitsdreieck in Sachsen-Anhalt wird auch mit diesem Gesetzentwurf mehr zu einer langen Gerade der ökonomischen Seite und zwei kurzen Stummeln, die da ökologische und soziale Ausrichtung heißen. Ein Dreieck wird daraus nicht mehr entstehen und schon gar kein gleichseitiges. Dazu einige Beispiele:

Im Bodenschutzgesetz wird der Verzicht auf die obligatorische Umweltprüfung angeregt und hieraus eine Kannbestimmung gemacht, die nach ministerieller Entscheidung genutzt werden soll.

Im Wassergesetz, das auch Inhalt dieses Artikelgesetzes ist, wird durchgängig auf das im Bundesumweltinformationsgesetz festgelegte aktive und systematische Zugehen auf die Öffentlichkeit verzichtet. Umgekehrt soll

es in Sachsen-Anhalt praktiziert werden: Öffentlichkeit muss intensiv beobachten, um enge Informationsmöglichkeiten durch Behördennachfragen zu nutzen.

Zum dritten Teil. Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen unterliegen sämtlich dem Haushaltsvorbehalt. Erlassentscheidungen des Ministeriums sind - auch wenn manches in der Öffentlichkeit vielleicht anders verkauft wird - die Grundregel.

Ich habe auch Zweifel, ob die angestrebte Kooperation beim Gewässerschutz und beim Nachteilsausgleich auf der Grundlage des Haushaltsvorbehaltes und der Freiwilligkeit erreichbar ist. Hier ordnet sich auch das Problem ein, das die FDP angesprochen hat, das den Biber betrifft. Naturschutz lässt sich nun einmal nicht allein durch Freiwilligkeit durchsetzen. Hierzu bedarf es einer steuernden Hand.

Diskussionsbedarf sehe ich auch bei den §§ 95 bis 98, die den Hochwasserschutz betreffen. Ich denke, hierzu wird es vor allem von der gemeindlichen Ebene, aber auch von den agrar- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzern erhebliche Anmerkungen geben. Ich erinnere nur daran, wie interessiert die Öffentlichkeit an Fragen, die den Hochwasserschutz und die Hochwasserschutzplanung betreffen, ist - ich nenne nur als Stichwort „Selketal“ - und wie wenig es nützt, wenn man das alles auf die ministerielle Ebene hebt.

Ähnlich verhält es sich eigentlich mit dem § 131 - Entschädigung bei Polderflächen. Diese Regelung - das ist in der Begründung zu dem Gesetzentwurf - gewährt auch dem Grunde nach keinen Anspruch auf Entschädigung im Fall einer behördlich verfügten Polderflutung. Das ist meines Erachtens gerade für die agrarischen Betriebe in diesem Bereich ein klassischer Rückschritt.

Der Verzicht auf überörtliche Abwasserbeseitigungspläne vor dem Hintergrund der Gemeindegebietsreform ist nachvollziehbar. Es sollte aber zumindest eine Koordinierungsfunktion der unteren Wasserbehörde festgeschrieben werden.

Begrüßenswert - das hat der Kollege Bergmann schon gesagt - ist die Änderung des § 7 des Waldgesetzes, die Beschränkung von Kahlschlägen auf 2 ha. Aber auch beim Waldgesetz gibt es keine aktive Öffentlichkeitsbeteiligung, wie es in § 6 gut nachzulesen ist.

Abschließend zu dem Gesetzentwurf in der Drs. 5/1972. Ich denke, die Einbeziehung von Wolf und Luchs - auch dazu haben meine Vorredner einiges gesagt - geht in die richtige Richtung. Dass man prophylaktisch aber gleich den Braunbär Bruno mit einbezieht, halte ich für Sachsen-Anhalt für sehr weit hergeholt.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Ja! Da müssen wir aufpassen!)

Nun zur fünften Änderung des Wassergesetzes. Werte Kollegen Fachpolitiker der Koalition, ich denke, man sollte es noch deutlicher sagen, als es die Frau Ministerin getan hat: Es ist eine glatte Bankrotterklärung. Die Umstellung auf den modifizierten Flächenmaßstab war ein Irrweg, der bereits in der vierten Wahlperiode beschritten wurde.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es ist schon interessant: Pikanterweise sind es genau die in dem Gesetzentwurf in der Drs. 5/2021 aufgeführten fünf Gründe, die mein Kollege Czeke schon in der

vierten Wahlperiode angeführt hat, um die damalige Vorlage der Fraktionen der CDU und der FDP abzulehnen.

Es ist vielleicht eine späte, aber auch eine völlig unnötige Freude; das will ich hier in aller Deutlichkeit sagen. Es zeugt zwar von etwas Lernfähigkeit der Landesregierung und der Koalition, leider merkt man aber auch der fünften Änderung an, dass sie mit der heißen Nadel gestrickt ist und so manche Masche nicht so richtig sitzt. Das kann man umfänglich auf den Seiten 7 bis 13 des Gesetzentwurfes nachlesen. Ich teile die in den Stellungnahmen vertretenen Auffassungen in den meisten Fällen.

Erstens. Die Abwälzung auf die gemeindliche Ebene ist in dieser Form nicht immer am besten und glücklichsten.

Zweitens. Die De-facto-Freistellung der grundsteuerfreien Flächen, vor allem von Bundes- und Landesflächen, halte ich für problematisch.

Drittens. Die fehlenden Ausführungsbestimmungen für Mehraufwendungen sind eine echte Lücke, die es unbedingt zu beheben gilt.

Viertens fehlen sämtliche Organisationsanpassungen für die Verbände.

Der fünfte Punkt, den man ansprechen muss, ist: Wer trägt die Kosten, die nicht zuordnungsfähig sind? - Dazu sagt das Gesetz nichts.

Auch im fünften Anlauf gibt es mehr Fragen als Antworten. Das dürfte wiederum zu erheblichen Problemen führen, da das Gesetz ab dem 1. Januar 2010 vollzogen werden soll und die Verbände mit Blick darauf eigentlich spätestens ab Oktober/November 2009 auf der Grundlage des neuen Gesetzes arbeiten müssten. Das halte ich für kaum machbar, es sei denn, wir setzen es wieder einmal im Schweinsgalopp um und erhalten so wiederum ein wenig brauchbares Gesetz.

Der Änderungsantrag der Fraktion der FDP zeigt einige interessante Fassetten auf. In diesem Punkt gebe ich Ihnen durchaus Recht. Er ist aber nicht einfach zu handhaben. Würde man den Inhalt umsetzen, würde mein Unterhaltungsverband in 13 Teile zerfallen; denn 13 Einheitsgemeinden, Städte und Verbandsgemeinden werden dort auch nach der Gemeindegebietsreform vorzufinden sein. Das ist also nicht so einfach händelbar.

Ich denke, wir sollten uns darüber im Ausschuss intensiv verständigen, die Möglichkeiten ausloten und uns dabei nicht zu sehr unter Zeitdruck setzen. Man sollte erforderlichenfalls lieber darauf verzichten, das Gesetz zum 1. Januar 2010 in Kraft zu setzen.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Ich wünsche uns viel Spaß in den Ausschüssen und der Koalition den Mut zu substanziellen Veränderungen in beiden Gesetzentwürfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Lüderitz. - Wir kommen dann zu dem letzten Debattenbeitrag, dem der CDU. Herr Stadelmann hat das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Lüderitz, wir haben jede Menge Mut; das

werden Sie noch erleben. Wir bekommen es auf jeden Fall hin, dass das Gesetz zum 1. Januar 2010 in Kraft tritt.

Ich glaube auch, dass die Kommunikation zwischen uns und den Verbänden bzw. zwischen dem MLU und den Verbänden so gut ist, dass sie sich rechtzeitig darauf einstellen können; denn die müssen ja nicht schon in diesem Jahr danach arbeiten, sondern müssen nur ihre Satzung vorbereiten, damit sie im nächsten Jahr, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist, auf der Grundlage des Gesetzes arbeiten können.

Zunächst möchte ich zum Tagesordnungspunkt 8 a drei Punkte vorbringen.

Erstens. Die Kollegen aus dem Finanzausschuss haben mich darum gebeten, darauf zu dringen, dass die umweltrechtlichen Änderungen im Finanzausschuss behandelt werden. Denn wenn wir jetzt über Entschädigungen reden, sind möglicherweise Auswirkungen auf den Landeshaushalt zu erwarten. Das wollen wir gleich diskutieren.

(Zurufe von Herrn Tullner, CDU, und von Herrn Hauser, FDP)

Zweitens. Ich möchte außerdem ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir als CDU Fraktion den Hinweis auf die Waldpädagogik mittragen. Das Stichwort ist Runder Tisch „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Das ist ja unser Konzept. Dafür haben wir auch Mittel bereitgestellt. Ich habe selbst erlebt, wie die Waldpädagogen aktiv mit Kindern arbeiten; das ist schon eine tolle Sache.

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Drittens: Schäden durch Großraubtiere. Das Biber-Problem ist auch bei mir in der Region, im Drömling, bekannt. Wir sollten auf jeden Fall die Ausschussberatungen nutzen,

(Herr Tullner, CDU: Muss auch!)