Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur haben wir, denke ich, die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, Erziehungsberechtigte und Schülerinnen und Schü

ler von den Schülerbeförderungskosten in der Sekundarstufe II nicht nur zu entlasten, sondern erheblich zu entlasten.

Meine Damen und Herren! Das ist ein großer Erfolg, ein großer politischer Erfolg. Den darf man jetzt nicht mehr kleinreden, wie ich es gerade erlebt habe.

(Zuruf von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Es ist eben keine überflüssige zusätzliche Ausgabe in Zeiten knapper Kassen, sondern es ist ein Beitrag zur Erreichung von mehr Chancengleichheit und somit ein Beitrag für eine gute Bildungspolitik.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD - Zuruf von der CDU)

- Gut Ding will Weile haben. - Auch Überlegungen zur Demografie und die Aussicht auf den prognostizierten Fachkräftemangel in Zukunft standen dabei Pate. Das habe ich bei der Einbringung bereits sinngemäß gesagt; ich möchte darauf jetzt nicht weiter eingehen.

Ich möchte nur noch einmal betonen, warum ich diesen Gesetzentwurf trotz der bekannten schlechten finanziellen Rahmenbedingungen und vor dem Hintergrund der alltäglichen Schreckensmeldungen zum Wirtschaftswachstum und zu den prognostizierten Steuerausfällen für bemerkenswert, für notwendig und vor allem für richtig erachte.

Im noch laufenden Schuljahr 2008/2009 belaufen sich die Kosten für eine Schülerjahreskarte zum Beispiel in Salzwedel auf 1 040 €, in anderen Kreisen sind Preise zwischen 700 € und 900 € keine Seltenheit.

Das, meine Damen und Herren, - darüber muss man sich im Klaren sein - ist schon für Normalverdiener - falls es die gibt - viel Geld. Aber für Geringverdiener ist das einfach nicht mehr aufzubringen. Und der Zugang zu Bildungsangeboten - das wiederhole ich gern noch einmal und immer wieder - darf eben nicht davon abhängen, wie die finanzielle Situation zu Hause ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Das entspricht nicht unseren Vorstellungen vom Zugang zur Bildung, und zwar sowohl den Einzelnen betreffend als auch die gesellschaftlichen Notwendigkeiten, die zukünftig bestehen.

Es ist richtig, dass diese Entlastung überfällig war. Unsere Fraktion hat sich seit Jahren dafür ausgesprochen und eingesetzt. Und das war bisher - das gebe ich gern zu - ein sehr holpriger Weg; deshalb kann ich manche Kritik auch verstehen.

Aber umso wichtiger ist es jetzt, in dieser Situation anzuerkennen, dass wir diesen Gesetzentwurf beschließen können. Ich glaube, damit haben sowohl wir als Fraktion als auch der Koalitionspartner ein Zeichen gesetzt, was die Chancengleichheit beim Bildungszugang betrifft.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Und das hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Superwahljahr zu tun. Es ist auch kein Gag, den sich die Politik ausdenkt, wie mir jemand bei einer Beratung gesagt hat - ich empfand das als eine Unverschämtheit. Wir machen hier gut untersetzte Gesetze, die wirklich dazu beitragen sollen, Einzelnen und auch uns allen in dem Sinne zu helfen.

(Zustimmung bei der SPD)

In dem Gesetzentwurf der Landesregierung wurde bereits vor der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag eine erste Reduzierung der Selbstbeteiligung von 150 € auf 100 € vorgenommen. Dafür haben wir uns eingesetzt. Ich muss aber sagen: Mehr war nicht erreichbar. Im Rahmen der Anhörung im Ausschuss sprach sich eine große Mehrheit für die Beibehaltung der Selbstbeteiligung in Höhe von 100 € aus.

Wir gehen davon aus - das lassen wir uns auch von niemandem schlechtreden -, dass die jetzige Lösung ein großer Erfolg ist.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD, und von Herrn Bischoff, SPD)

Eine Eigenbeteiligung von 100 € entspricht - die Ferienmonate ausgenommen - einer monatlichen Belastung in Höhe von 10 €. Das ist zumutbar und stellt, wie bereits gesagt, eine große Entlastung für Eltern und Schüler dar. Ich möchte die Zahl, die der Minister genannt hat, noch einmal nennen: Die Entlastung beträgt zwischen 45 % und 90 %.

Warum das auch auf die Berufsschüler mit vollzeitschulischen Maßnahmen angewandt wird, ist klar: Es hat etwas mit der Ausbildungsplatzvergütung zu tun. Ich denke, darauf brauche ich nicht weiter einzugehen.

Im Jahr 2011 wird es eine Evaluation der Kostenberechnung geben. Das ist auch notwendig, weil dann konkrete Zahlen für die Jahre 2010 und 2011 vorliegen. Es gibt eingestellte Ausgleichsbeträge. Aber wir müssen wirklich die konkrete Berechnung für den Zeitraum abfordern; denn erst dann können wir schauen, ob die von uns bereitgestellten finanziellen Mittel ausreichen. Dann kann man darüber debattieren, in welcher Größenordnung das, wenn überhaupt, über das FAG geregelt wird.

Es ist wirklich wichtig zu fragen: Was kostet es tatsächlich und welche Unwägbarkeiten sind möglicherweise aus dem Weg zu räumen? - Das hat auch etwas mit der Qualität der Schülerbeförderung zu tun. Denn wir gehen davon aus, dass aufgrund der Entlastung künftig mehr Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II den Schülerverkehr nutzen werden.

Eines darf nicht passieren: dass die Busunternehmen aus jetzt schon vollen Bussen noch vollere Busse machen und dort, wo es nötig ist, nicht zusätzliche Fahrzeuge einsetzen.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Die Art und Weise der Beförderung der Schüler zur Schule hat eben nicht nur eine sicherheitstechnische Bedeutung; denn - auch das ist, glaube ich, klar - wer schon Stress im Schulbus hat, zeigt mitunter wenig Leistungsbereitschaft und Konzentrationsfähigkeit im Unterricht.

Ich komme zum Abschluss, meine Damen und Herren. Das Beziehungsgeflecht zwischen dem ÖPNV und der Schülerbeförderung kennt jeder Abgeordnete, der einen ländlichen Wahlkreis hat - das sind fast alle. Wir alle müssen dafür Sorge tragen, dass mit den Mitteln für die Schülerbeförderung nicht verdeckt der ÖPNV finanziert wird. Ich denke, die Evaluierung, die festgeschrieben ist, wird helfen, dabei Klarheit zu schaffen.

Die SPD wird der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Frau Mittendorf. Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Frau Dr. Hüskens. Wollen Sie diese beantworten?

Nein, die möchte ich nicht beantworten.

Sie wollen sie nicht beantworten.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum Debattenbeitrag der FDP. Der Abgeordnete Herr Kley hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Gesundbeterei des heutigen Tages kann, glaube ich, nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Gesetz einfach handwerklicher Murks ist.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP, und von Herrn Schrader, FDP)

Die wohlgemeinte Absicht, die Schüler endlich zu entlasten - ein lange bestehender Auftrag des Landtages -, kann durch dieses Gesetz nicht in einem vernünftigen Maße umgesetzt werden.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

Seit zwei Jahren besteht der Auftrag an die Landesregierung, eine Vorlage dafür zu erarbeiten, dass die Schülerbeförderung in einem vernünftigen Maße geschieht, eine Konzeption zu erarbeiten, Zahlen auf den Tisch zu legen, wie die Schwierigkeiten aussehen, wie der Schülerverkehr anders organisiert werden kann.

Nichts von alldem ist passiert. Stattdessen wird ein kurzgeschossener Gesetzentwurf vorgelegt, der mit Steuermitteln kurzzeitig einsteuert, ohne das Problem in Gänze zu lösen.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

Insbesondere der durch die Kollegin Mittendorf zuletzt angesprochene Tatbestand der Qualitätsverbesserung kann mit diesem Gesetz überhaupt nicht umgesetzt werden. Nach wie vor gelten die Regelungen des § 45a des Personenbeförderungsgesetzes. Das sorgt weiterhin dafür, dass die Personenkilometer gegenüber den Unternehmen besonders vergütet werden. Das heißt, an dieser Stelle ist nichts getan worden, um kürzere Schulwege zu organisieren.

Die Debatte darüber, ob wir endlich dafür sorgen, dass jedes Schulkind einen Sitzplatz auf den weiten Strecken hat, wurde mit dem Hinweis auf die Finanzen abgewürgt. Die Gesamtorganisation der klaren Zuständigkeit der Kommunen wurde an dieser Stelle einfach ignoriert.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalition, Sie werden begründen müssen, warum es künftig Schüler in drei Kategorien gibt. Zum einen sind es die Schüler der Klassen 1 bis 10, die etwas näher an der nächstgelegenen Schule wohnen - an der nächstgelegenen, nicht

an der, die sie besuchen -, die gar keine Beförderungskosten erstattet bekommen.

(Herr Scharf, CDU: Finden Sie das schlimm?)

Für diese Kinder müssen die Eltern die Kosten der Beförderung voll tragen, unabhängig vom Einkommen und von der Sinnhaftigkeit der Zuordnung.

(Herr Scharf, CDU: Fragen Sie doch die FDP, ob sie das schlimm findet!)

- Sehr geehrter Kollege Scharf, im parlamentarischen Rahmen besteht die Möglichkeit, Zwischenfragen zu stellen. Vielleicht können Sie das noch lernen.