Wir werden noch einmal von uns aus ohne Rechtsverpflichtung, aber im Sinne von Akklamation auf die Verantwortlichen zugehen und drücken. Es gab auch in den letzten Tagen Gespräche beim Oberbürgermeister bzw. im Rathaus, um zusätzliche Elemente, die an dieser Stelle mit zusammengefasst werden müssen, zu aktivieren.
Des Weiteren stehen wir Gewehr bei Fuß, wenn Konzentrationsbedarf vorhanden ist. Im Zusammenhang mit den Bewertungsaktivitäten, also auch mit der Tätigkeit der Sanierungsgruppe, soll schon in zwei Wochen ein erstes grundsätzliches Gutachten zur Sanierungsfähigkeit des Gesamtkonzerns vorliegen. Sobald wir das Signal haben, dass dieses formuliert worden ist, wird es einen Termin mit dem Insolvenzverwalter geben, sodass wir dann unsererseits die entsprechenden standortbezogenen Daten abgreifen werden.
Was vielleicht noch ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang: Wir haben es mit einem Prozess zu tun, der erst einmal mit einem juristischen Schnitt versehen ist. Die Insolvenzanmeldung heißt ganz konkret, dass über das normale Geschäft zum Beispiel keine Gehälter mehr fließen. Wir haben uns gleich informiert, ob bezüglich der Insolvenzgeldzahlung alles veranlasst ist.
Wir können klar konstatieren, dass das Insolvenzgeld bei der Arbeitsagentur Essen ordnungsgemäß beantragt worden ist und damit also auch die Finanzierung an Ort und Stelle, an den jeweiligen Einzelstandorten für die
Belegschaft gesichert ist. Sie wissen, dass das Insolvenzgeld bis zu drei Monate lang gezahlt werden kann. Das ist auch die Frist, die für uns insgesamt zur Verfügung steht, um dort möglichst ohne arbeitsrechtliche Abrisse eine kontinuierliche Beschäftigung sicherzustellen.
Ich sage noch einmal ganz eindeutig an dieser Stelle: Wir wollen, dass alle in Beschäftigung bleiben, und werden alles dafür tun, dass dieser Wunsch erfüllt werden kann.
Wie Sie wissen, war ich gestern auf der Wirtschaftsministerkonferenz. Ich habe dort auch das Gespräch mit meinem Kollegen aus dem Freistaat Bayern gesucht. Es gab gestern auch eine Sonderkabinettssitzung in München, sodass ein wesentliches Instrument, Quelle betreffend, aktiviert wurde, nämlich das Angebot, eine 21 Millionen € umfassende Bürgschaft seitens des Freistaates Bayern zu erteilen. Damit kann das Gesamtbürgschaftsvolumen von 50 Millionen €, das erforderlich ist, seitens der zuständigen Landesebene als sichergestellt angesehen werden. Eine Bund-Länder-Bürgschaft ist jetzt durchaus in eine realistische Nähe gerückt.
Ich habe gestern weiterhin mit dem Kollegen Jurk aus Sachsen gesprochen, weil natürlich diese Bürgschaft und all das, was jetzt finanziell darzustellen ist, vor allen Dingen dazu dienen muss, dass durch den Insolvenzverwalter der Druck des Herbst-Winterkataloges freigegeben wird. Ohne diesen Katalog ist eine produktive, aus dem Unternehmen heraus kommende Fortsetzung des Geschäftsbetriebes nicht möglich, zumindest nicht realistisch. Ich denke, dass die Entscheidung gestern und das, was jetzt in diesen Tagen noch ansteht, auf jeden Fall diesen Freischlag ermöglicht.
Mit dem Kollegen Jurk bin ich in der zweiten Hälfte der nächsten Woche so verabredet, dass wir nochmals bezüglich der Quelle-Standorte unsere Gesamtinteressenslage bündeln und dann noch einmal gemeinsam als Sachsen und Sachsen-Anhalt gegenüber dem Insolvenzverwalter, dem Bund und dem Bundeswirtschaftsministerium zum Ausdruck bringen. Dazu sind gestern, ebenfalls mit dem Bundeswirtschaftsministerium, mit dem zuständigen Staatssekretär Herrn Otremba, Vereinbarungen getroffen worden.
Ich denke, all das, was man jetzt nach diesen wenigen Tagen seit der Insolvenzanmeldung machen konnte, haben wir getan. Es ist für uns ein Geschäft mit höchster Priorität. Es geht um viele Arbeitsplätze, es geht um drei wichtige Standorte. In diesen Standorten steckt auch viel öffentliches Geld. Das öffentliche Interesse ist auf jeden Fall klar erkennbar, nicht nur städtebaulich, nicht nur bezüglich der Beschäftigung, sondern auch bezüglich der gesamten weichen Faktoren in Sachsen-Anhalt. Deswegen sage ich für die Landesregierung an dieser Stelle ganz klar zu: Alle Kräfte, die wir haben, und alle Möglichkeiten, die wir haben, werden wir zum Erhalt dieser Standorte und der Arbeitsplätze einsetzen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Wirtschaftsminister Dr. Haseloff. - Wir kommen dann zu den Debattenbeiträgen. - Entschuldi
Herr Minister, Sie werden nicht das letzte Mal hier stehen, wenn wir nicht wirklich alles tun, auch das, was auf den ersten Blick nicht damit im Zusammenhang steht.
Parallel zur Arcandor-Insolvenz berichtete die Zeitung von einem Factory-Outlet-Center im Bereich des Schkeuditzer Kreuzes. Das ist für die Karstadt-Standorte für Dessau und Leipzig quasi die richtige Ölung, um ins Abseits zu ziehen. Sie haben mit Ihrem Kollegen aus Sachsen zusammengesessen. Was hat die Raumordnungskommission zu diesem Vorhaben gesagt?
Wir haben uns erst einmal den aktuellen Stand geben lassen, was die Mitwirkung der Träger öffentlicher Belange angeht. Das läuft ja über dieses Verfahren. Was die benachbarten Kommunen anbelangt: Das Landesverwaltungsamt ist von uns kontaktiert. Das Gleiche gilt auch in Richtung des Regierungspräsidenten - früher hieß er so, jetzt heißt er irgendwie anders - in Sachsen. Wenn wir diese Daten in den nächsten Tagen auf dem Tisch haben, wollen wir das zusammen mit dem, was wir gestern zu Quelle und den ganzen weiteren Aktivitäten in Richtung Bund besprochen haben, ebenfalls thematisieren. Es ist zumindest auf kein positives Signal auf der Ebene der Landesregierung Sachsens getroffen, als es darum ging, die Kapazitäten zu erweitern.
Sicherlich gibt es nur bedingte Möglichkeiten, das zu steuern und zu verhindern. Wir wissen aus den letzten 19 Jahren, welche kritischen Entscheidungen getroffen wurden, sodass bundesweit - es ist ja kein ostdeutsches und kein sachsen-anhaltisches Thema - viele Standorte infrage gestellt werden bzw. in Schwierigkeiten stehen.
Gott sei Dank - das muss man sagen - ist das an unseren Standorten in Dessau und Magdeburg grundsätzlich nicht so. Die schreiben formal, isoliert betrachtet, schwarze Zahlen. Nur, bei der Bewertung für die nächsten zehn, 20 Jahre, wenn ein Investor einsteigt, wenn ein Insolvenzverwalter jetzt erst einmal ein Sanierungskonzept schnüren muss, ist entscheidend, dass auch Defizite wie zum Beispiel der Blaue Bock klar benannt sind und dafür ein Handlungsschema unterlegt wird und auf der anderen Seite natürlich auch für Standorte wie Dessau, die durchaus in dem Umfeld der A 9 betroffen wären, die Kaufkraft klar sichergestellt werden kann. Es muss klar sein, dass die Kaufkraft nicht abfließt und dass die Einnahmenseite, so wie sie bisher festgestellt ist, auch zukünftig erhaltbar ist. Deswegen ist diese Standortfrage - damit haben Sie völlig Recht - nicht völlig außen vor, sondern muss im Kontext betrachtet werden, und dabei sind wir.
Vielen Dank. - Jetzt sehe ich in der Tat keine weiteren Fragen an den Herrn Minister. Wir kommen zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Herr Franke von der Fraktion der FDP, ich erteile jetzt Ihnen das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Alles ist bereits gesagt worden, nur nicht von mir“
- diese Maxime scheint der Hintergrund des SPD-Antrages für diese Aktuelle Debatte zu sein; denn auf der Bundesebene haben sich alle Parteien und Fraktionen hinreichend oft dazu geäußert.
Genauso ist uns allen bewusst, dass sich innerstädtische Strukturen infolge einer Insolvenz verändern können. Und dass menschliche Schicksale mit diesem Vorgang verbunden sind, ist jedem verantwortungsbewussten Politiker klar: nämlich die Schicksale der betroffenen Mitarbeiter, die um ihre Arbeitsplätze bangen.
„Das Insolvenzverfahren muss jetzt dazu genutzt werden, möglichst vielen Beschäftigten neue Perspektiven zu eröffnen und den Bestand der erfolgreich geführten Warenhäuser in Dessau und Magdeburg zu sichern.“
Damit haben Sie Recht. Aber das ist bei jedem Insolvenzverfahren der Fall. Wir müssen wegkommen von Bildern der Pleite, des Abgrundes oder der Katastrophe, die man mit der Insolvenz verbindet. Ein Insolvenzverfahren bietet die Chance für einen erfolgreichen Neuanfang.
Das Ziel einer Insolvenz besteht nicht in der Liquidierung des betroffenen Unternehmens. Vielmehr geht es darum, es zu sanieren und gegebenenfalls umzustruktuieren, damit es nach Abschluss des Insolvenzverfahrens den regulären Geschäftsbetrieb wieder aufnehmen kann. Gute Beispiele hierfür sind die Drogeriekette „Ihr Platz“ oder der Büroausstatter Herlitz, aber auch Unternehmen wie Babcock Borsig oder Schieder. Für diesen Prozess müssen wir dem Insolvenzverwalter jetzt auch Zeit geben.
Die Insolvenz wurde beantragt und damit ist die Politik jetzt an dem Vorgang praktisch nicht mehr beteiligt. Von daher ist unserer Meinung nach auch die Aktuelle Debatte zu diesem Thema überflüssig.
Überflüssig aus zwei Gründen: Zum einen sind die Einflussmöglichkeiten der Landespolitik auf den Verlauf des Insolvenzverfahrens äußerst begrenzt. Im Grunde ist der Einfluss von uns gleich null. Ich finde es den Beschäftigten gegenüber unfair, durch diese Aktuelle Debatte zu suggerieren, wir könnten darauf irgendwie Einfluss nehmen und ihnen helfen. Das können wir nicht und, Herr Bischoff, das wissen Sie auch.
Zum anderen handelt es sich dabei, Herr Bischoff, um ein äußerst plumpes und durchsichtiges Wahlkampfmanöver, das Sie hier starten. Sie instrumentalisieren die Ängste der Karstadt- und Quelle-Mitarbeiter, weil Sie hier vor der Sommerpause noch einmal für den Bundestagswahlkampf punkten wollen.
Dabei war es doch genau Ihre Partei, Herr Miesterfeldt, die in der Bundesregierung dem Konzern die geforderten Staatshilfen verweigert hat, weil er sich schon vor der Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten befand. Auch wenn ich nicht in den Verdacht kommen möchte, die
große Koalition zu verteidigen, muss ich an dieser Stelle sagen: Die Entscheidung war vollkommen richtig. Eine Krise macht nun einmal Anpassungen und Umstrukturierungen erforderlich. Dies kann und darf der Staat nicht aufhalten. Das müssen auch die Damen und Herren der SPD endlich begreifen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Machen wir uns nichts vor. Die Situation war doch folgende: Nach der OpelRettung kam mit Arcandor der nächste große Bittsteller, um lukrative Staatshilfen und damit wertvolle Steuergelder zu erhalten. Arcandor hat sich dabei sehr medienwirksam inszeniert und die SPD sprang sofort darauf an, weil sie ein vielversprechendes Wahlkampfthema witterte. Genauso übrigens jetzt die CSU, die jetzt wohl den Quelle-Winterkatalog drucken wird.
Im Sinne des Steuerzahlers haben wir als FDP aber auch die Folgen im Blick. Die ständige Unterstützung großer Unternehmen führt zu einer Vernachlässigung des eigentlichen Rückgrates der Wirtschaft, nämlich des Mittelstandes.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Steuerzahler kann nicht ständig für das Missmanagement in die Haftung genommen werden; denn dort und nur dort allein liegen die Ursachen für die schlechte Lage bei Arcandor und nicht in der aktuellen Wirtschaftskrise. Der Steuerzahler hat nicht die Aufgabe, einer reichen Eigentümerfamilie das Vermögen zu retten.
Vielmehr muss sich Arcandor zunächst aus eigener Kraft sanieren, zum Beispiel durch den Verkauf der erfolgreichen Touristiksparte Thomas Cook. Und die Eigentümer müssen erst einmal selbst in die Verantwortung genommen wenn. Ein Staatseingriff in diesem Fall wäre ein Eingriff in den Wettbewerb, der die bislang erfolgreich wirtschaftenden Konkurrenten, wie die Metro-Gruppe mit Kaufhof, benachteiligen würde.
Letztlich wäre eine staatliche Rettung von Arcandor nach Opel, nach Commerzbank und nach Hypo Real Estate nur ein weiterer Schritt auf dem Weg in die Staatswirtschaft. Der Staat begäbe sich damit, ähnlich wie das bei Opel der Fall war, in schwer durchschaubare Risiken, die den Steuerzahler teuer zu stehen kommen können, ohne dass der Bestand des Konzerns langfristig gesichert ist.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sinnvolle und erfolgreiche Wirtschaftspolitik besteht nicht aus ständigen willkürlichen Eingriffen in den Wirtschaftsprozess und aus der staatlichen Rettung maroder Großunternehmen. Vielmehr zeichnet sie sich durch die Rückbesinnung auf die Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft aus, also auf die Schaffung stabiler und verlässlicher Rahmenbedingungen sowie auf die Betonung des Leistungsprinzips. Hierfür wären steuerliche Entlastungen weitaus geeigneter.
Zur konkreten Situation in Sachsen-Anhalt kann ich abschließend nur sagen, dass ich zum einen hoffe, dass das Insolvenzverfahren zu einem guten Abschluss kommt und dass die Mitarbeiter schnell Klarheit über ihre Zukunft gewinnen. Zum anderen bin ich fest davon überzeugt, dass sich für diese gut laufenden Häuser mit ihren engagierten Mitarbeitern auch unabhängig vom
Herr Franke, es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Gallert. Bevor ich ihm aber das Wort erteile, wollte mich ganz persönlich an den Abgeordneten Miesterfeldt wenden. Herr Miesterfeldt, Sie haben Ihre Auffassung; das ist klar. Ich bitte aber darum, auch bei den Zwischenbemerkungen die Form zu wahren. Das wäre meine herzliche Bitte.