Protokoll der Sitzung vom 03.09.2009

Höhe von 50 000 € für das notwendige Begleitprogramm benötigt. Diese Mittel sind vorsorglich in den Haushaltsplan 2010/2011 eingestellt worden.

Hinsichtlich der Zuständigkeit für diese Finanzierung und die Erstellung der nationalen Strategie gibt es nach wie vor keine Einigkeit zwischen Bund und Ländern.

Der Gesetzentwurf des Bundesrats wurde auf der Grundlage des KMK-Beschlusses vom 27. März 2009 mit dem Antrag Niedersachsens eingebracht und dem Bundestag zugeleitet. Die Bundesregierung hat hierzu eine ablehnende Stellungnahme abgegeben. Sie ist, anders als der Bundesrat, nach wie vor der Auffassung, dass es gemäß Artikel 83 des Grundgesetzes grundsätzlich Angelegenheit der Länder ist, das Gemeinschafts- und Bundesrecht durchzuführen. Aus dieser Vollzugszuständigkeit der Länder ergebe sich nach Artikel 104 Abs. 1 des Grundgesetzes auch deren Finanzierungszuständigkeit. Dieser Auffassung hat sich der Bundestag in der Sitzung am 18. Juni 2009 angeschlossen.

Der Agrarausschuss des Bundestages hat auf Antrag der Länder Bayern und Niedersachsen dem Bundesrat die Anrufung des Vermittlungsausschusses mit 14 : 2 : 0 Stimmen empfohlen. Auch Sachsen-Anhalt stimmte dem Vorhaben zu. Die Beschlussfassung im Bundesrat erfolgte am 10. Juli 2009. Mit dieser Problematik wird sich der Vermittlungsausschuss am 8. September 2009 beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass das Schulobstprogramm entgegen den derzeitigen Darstellungen in den Medien weder einfach noch unbürokratisch oder flexibel handhabbar ist. Dafür einige Beispiele: Man muss es wirklich langsam lesen, um es zu verstehen.

Es ist sicherzustellen, dass das Obst zeitlich getrennt zur regelmäßigen Schulmahlzeit verzehrt und zusätzlich angeboten wird. Transport- und Logistikkosten sind lediglich in Höhe von 3 % der Materialkosten förderfähig, Personalkosten gar nicht. Anders als bei der Schulmilch werden keine Vorschüsse gewährt. Das heißt, die Projektträger müssen vollständig in Vorleistung gehen.

Weiterhin muss gewährleistet sein, dass das Obst auch in der Schule verzehrt wird, das heißt, es darf nicht mit nach Hause genommen werden. Wer soll das kontrollieren und dafür geradestehen? Es werden nur Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren begünstigt.

Zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Umsetzung gemäß Verordnung der Kommission sind besondere, detaillierte Bestimmungen erlassen worden. Damit nicht wie bei der Schulmilch fehlendes Personal, kurze Pausenzeiten und wenig optimale Räumlichkeiten den Schulobstverzehr hemmen, muss entsprechende Vorsorge an den Schulen getroffen werden.

Aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel kann das Schulobstprogramm in SachsenAnhalt zudem nicht flächendeckend eingeführt werden. Es wären ca. 15 000 Kinder zu erreichen. Mit den vorhandenen Mitteln können jedoch nur etwa 75 von insgesamt 500 Schulen bedient werden. Dies ist in Relation zu dem beschriebenen bürokratischen Aufwand ebenfalls zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren! Ich beende die Rede, wie ich sie begonnen habe. Obst und Gemüse sind unverzichtbare Bestandteile einer gesunden Ernährung, insbesondere bei Kindern, deren Ernährungsverhalten noch be

einflussbar ist. Deshalb fand am 22. Juni 2009 ein erstes Abstimmungsgespräch zwischen den beteiligten Ressorts Soziales, Landwirtschaft und Umwelt und Kultus hinsichtlich der möglichen Schaffung einer Strategie zur Umsetzung des Schulobstprogramms in Sachsen-Anhalt statt. Die Gespräche werden insbesondere vor dem Hintergrund der Qualitätsverbesserung der im Schulgesetz vorgeschriebenen Mittagsverpflegung weitergeführt.

Die Landesregierung verschließt sich dem nicht, wenn der Vermittlungsausschuss entsprechend beschließen sollte. Aber über die Mängel dieses EU-Programms muss offen diskutiert werden.

Eltern und Großeltern sollten ihrer Vorbildwirkung stärker gerecht werden. Ich erlaube mir anzufügen, dass es verwunderlich ist, dass wir uns darüber überhaupt unterhalten. Angesichts der Preise für 1 kg Obst ist es nicht nachvollziehbar, dass es nicht möglich ist, die Kinder ausreichend mit Obst zu versorgen. Ich kann nur empfehlen, mit den Eltern unterversorgter Kinder einmal zu sprechen. Vielleicht kann der Vater auf ein Glas Bier und die Mutter auf ein Glas Sekt verzichten.

(Heiterkeit bei der FDP)

Ich denke, dann hätten wir das Problem auch gelöst. Es ist nicht nur ein staatliches Problem; es ist auch ein Problem der Eltern und der Großeltern. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Als erster Redner spricht Herr Barth für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits während der Einbringung des Antrags wurde ausführlich über die Bedeutung einer gesunden Ernährung gesprochen. Ich möchte an dieser Stelle kurz eine Aussage von Herrn Hartung aus dem Protokoll aufgreifen. Herr Hartung kommt zu dem Schluss, dass die Versorgung mit Obst und Milch dazu beitragen kann, dass unsere Kinder dem Unterricht ordentlich folgen. Er sieht darin gerechte Startchancen für unsere Kinder. - Das ist eine Aussage, die man in dieser Form eigentlich nur unterstützen kann.

Herr Dr. Daehre hat in seinen Ausführungen eben schon darauf hingewiesen, dass zur Umsetzung des EU-Schulobstprogramms der Vermittlungsausschuss angerufen werden musste, sodass wir derzeit auf die Entscheidung dieses Gremiums warten müssen.

Da dieses Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird diese Blockade nicht zum gewünschten Ergebnis für die Länder führen. Das Einzige, was erreicht wird, ist, dass sich die Umsetzung innerhalb der Bundesrepublik verzögert und Mittel der EU verfallen.

Ich empfehle Ihnen, die Seiten des Landeselternrates im Internet aufzurufen, um einen Eindruck davon zu bekommen, welche Außendarstellung das Gerangel zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der Finanzierung und des Verwaltungsaufwandes hat. Herr Dr. Daehre wies in seiner Rede auch darauf hin, dass wir als Land sicherlich viele Dinge auf den Weg gebracht haben und in diesem Bereich auch aktiv handeln. Ich denke, das ist positiv zu bewerten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spannend finde ich die Protokollerklärung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Agrarministerkonferenz am 27. März 2009. Darin heißt es:

„Der Bundesregierung ist eine Kofinanzierung des EU-Schulobstprogramms aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.“

Herr Czeke hat auf einen Grund dafür hingewiesen. Ich möchte an dieser Stelle auf Folgendes hinweisen: Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verbietet es der Bundesregierung - diesen Satz muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen -, sich über den Bundeshaushalt an der Finanzierung eines Schulobstprogramms zu beteiligen; aber die gleiche Verfassung erlaubt es, dass für die Verschrottung von Autos Prämien gezahlt werden. Sicherlich stimmen Sie mit mir darin überein, dass die Verhältnismäßigkeit an dieser Stelle nicht gegeben ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch wenn der Vergleich hinkt, kann man daran erkennen, wo Prioritäten gesetzt werden könnten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ziel, Schulkinder mit Milch und Obst zu versorgen, um damit einen wichtigen Beitrag für ihre gesunde Ernährung zu leisten, ist unstrittig. Das ist bereits mehrfach betont worden. Es mag sein, dass die verwaltungstechnischen Hürden der EU-Programme - Herr Dr. Daehre wies ausdrücklich darauf hin und das löst auch bei uns nur Kopfschütteln aus - eher abschreckend wirken. Nichtsdestotrotz sollten wir an dem Ziel festhalten, nach annehmbaren Lösungen zu suchen. Im Landeselternrat, bei den Obstbauern und bei den Schulträgern werden wir ohne Zweifel Verbündete finden. Lassen Sie uns also nach Möglichkeiten suchen, das Ziel auch umzusetzen.

Ich möchte Sie abschließend alle persönlich ansprechen und darauf verweisen, dass es Pilotprojekte in unseren Wahlkreisen gibt, wie zum Beispiel den Obsthof Stendal, der sich um eine Versorgung der Schulen bemüht, und die Grundschule Uta-Schule in Naumburg. Unser persönlicher Einsatz kann dazu beitragen, die Versorgung auszuweiten und die Sache letztlich flächendeckend zum Erfolg zu führen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke, Herr Barth. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Hauser. Doch zuvor begrüßen wir Seniorinnen und Senioren des Offenen Treffs der Arbeiterwohlfahrt Magdeburg-Altstadt. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir stimmen alle darin überein, dass das eine gute Sache ist. Aber wir müssen offen zugeben, dass es erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten gibt. Ansonsten würden wir am Thema und am Problem vorbeireden; und dagegen bin ich.

Lassen Sie mich auf meine Art und Weise die folgende Überschrift setzen: Im Schulobst sind mehrere Würmer drin und die Schulmilch ist mittlerweile sauer und verdorben. Die Umsetzung der Programme kann nicht zum Schuljahresanfang beginnen. Der Finanzstreit mündet trotz der Erhöhung der EU-Mittel von 12,5 Millionen € auf 20,8 Millionen € in einen Streit zwischen Bund und Ländern. Es geht um einen Kofinanzierungsanteil in Höhe von 48 %.

Das entscheidende Pilotprojekt von der Bundesagrarministerin Ilse Aigner hat zwar gezeigt, dass es relativ einfache Möglichkeiten gibt, die Ernährungsgewohnheiten der Kinder zu ändern, aber es gibt ein erhebliches Finanzierungs- und Kofinanzierungsproblem.

Wie der Herr Minister bereits ausführte, trifft sich der Vermittlungsausschuss am 8. September 2009. Das alles wissen wir; das ist alles klar.

Ich möchte eine Besonderheit in diesem Zusammenhang anführen. Schade, dass die Ministerin nicht da ist; sie könnte gleich darauf antworten. In der besagten Ausschusssitzung am 2. Juli 2009 in Aschersleben ist das Thema ausführlich behandelt worden. Zum Schluss wurde festgestellt, dass die Projektträger angesichts der Voraussetzungen Probleme hinsichtlich der Umsetzung des EU-Schulobstprogramms sähen und dass insofern die Beschlussfassung durch den Bundesrat abzuwarten bleibe. - Diese Frage, lieber Minister Daehre, können Sie mir nicht beantworten; das kann nur Frau Wernicke.

Berlin, Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sind ohnehin bereits ausgestiegen. Ihnen war die gesamte Organisation des Obstprogramms zu stressig. So gaben sie im Mai 2009 bekannt, dass sie nicht mehr mitmachen werden, egal wer zahlt. Die Frage bleibt offensichtlich unbeantwortet im Raum stehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Brakebusch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist bereits angesprochen worden, dass Milch, Obst und Gemüse für eine gesunde und ausgewogene Ernährung und insbesondere für unsere Kinder, die sich im Wachstum befinden, wichtig ist. Der angelsächsische Volksmund bringt dieses treffend auf den Punkt: An apple a day keeps the doctor away. Das heißt sinngemäß: Ein Apfel am Tag ersetzt den Gang zum Doktor.

In diesem in Sinne sind Bemühungen, den Konsum gesunder Lebensmittel, insbesondere von Milch und Obst, bei unseren Schulkindern zu fördern, erstrebenswert. Zugleich ist dies vor dem Hintergrund der drastisch eingebrochenen Milchpreise sinnvoll, um den Absatz von Milch und Milcherzeugnissen zu befördern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Hinblick auf das von der EU initiierte Schulmilch- und Schulobstprogramm muss allerdings gesagt werden, dass gut gemeint nicht immer gut ist. Zwar ist es zu begrüßen, dass die EU Gemeinschaftsbeihilfen für ein Schulmilch- und

Schulobstprogramm zur Verfügung stellen will; aber es gehört auch zur Wahrheit, dass gesunde Ernährung zuallererst im Elternhaus beginnen sollte

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

und dass der Staat hierbei nur nachrangig unterstützend tätig werden kann.

Bei der Umsetzung des EU-Programms vor Ort dürften sich die daran geknüpften Ausgestaltungen als zu aufwendig und kaum zu realisieren darstellen. Dem sinnvollen und löblichen Ziel, unsere Kinder in den Schulen mit gesunden Lebensmitteln aus dem regionalen Anbau zu versorgen, steht gegenüber, dass das von der EU vorgesehene Programm äußerst bürokratisch und unflexibel ist. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass im Ergebnis eine derart komplizierte Durchführung vor Ort zwangsläufig scheitern muss. Da die diesbezüglichen Probleme bereits unterstrichen worden sind, will ich sie an dieser Stelle nicht vertiefen.

Allerdings stellt sich doch die Frage - das muss erwähnt werden -, dass bei der Umsetzung des Programms vor Ort zum Beispiel sicherzustellen ist, dass ein Verzehr des Obstes zeitlich getrennt von der regelmäßigen Schulmahlzeit angeboten werden muss. Von der mangelnden Förderfähigkeit und den zwingend notwendigen Transport-, Logistik- und Personalkosten möchte ich gar nicht reden. Eine weitere Verkomplizierung erfährt das Programm dadurch, dass die Schulen bzw. Projektträger vollständig in Vorleistung treten müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund erscheint es mir sinnvoller, zunächst offen über die Probleme des EU-Programms zu diskutieren und die innerhalb der Landesregierung begonnenen Abstimmungsgespräche hinsichtlich der Erarbeitung von Lösungsstrategien, wie es in der Beschlussempfehlung vorgesehen ist, zu vertiefen. Darüber hinaus bietet es sich vor dem Hintergrund der hervorragenden regionalen Obst- und Gemüseangebote unserer einheimischen Landwirtschaft an, Kooperationen vor Ort zu initiieren, um den Verzehr von gesundem Obst und Milchprodukten bei unseren Kindern zu steigern.

Umso mehr freut es mich, dass es, wie mein Vorredner gerade ausgeführt hat, bereits Pilotprojekte bei uns gibt. Diese sollten wir weiter zu vertiefen versuchen.

Insofern plädieren wir, die Fraktion der CDU, dafür, zunächst abzuwarten, was bei den parlamentarischen Beratungen auf der Bundesebene gerade hinsichtlich der Finanzierungsfrage zwischen dem Bund und den Ländern herauskommt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Frau Bud- de, SPD)