Protokoll der Sitzung vom 08.10.2009

Beispiel ist etwas unvollständig. Zum einen will ich daran erinnern, dass wir Sie ermuntern mussten, schon im Jahr 2007 die Nettokreditaufnahme auf null zu reduzieren.

Zum anderen will ich Sie daran erinnern, dass Sie zumindest im Jahr 1996 nicht ganz so glücklich über das Agieren des damaligen Finanzministers Schaefer waren. Sie haben damals wutentbrannt und erbost Herrn Schaefer mit einem Wort bezeichnet, das ich jetzt nicht wiederholen möchte. Es war schon so, dass der PDSinduzierte Finanzhaushalt das Land damals in eine Verschuldung getrieben hat, die sich im Nachhinein so als nicht notwendig erwiesen hat.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Deshalb hinkt der Vergleich mit Mecklenburg-Vorpommern nach meiner Auffassung durchaus.

Wenn Sie die Sonderkündigungsrechte in der ersten Wahlperiode und auch das Kifög der ersten Wahlperiode aufgreifen, werden Sie mir wahrscheinlich zugestehen: Die SPD war damals auch nicht dagegen. Wir waren damals ein bisschen in der Versuchung, weil wir noch nicht ahnten, in welche grobe Verschuldung wir hineinschlittern würden, zu viel an diesen Gesetzen zu beschließen.

Wenn ich an Frau Pieper erinnere, die jetzt durch ganz Deutschland läuft und die Marktwirtschaft erklärt: Für Frau Pieper konnte das Kifög damals nicht teuer genug sein. Das muss man doch einmal an dieser Stelle ganz deutlich sagen.

(Herr Kley, FDP: Das ist soziale Marktwirtschaft!)

- Wenn das in die Parteigeschichte der FDP eingeht und wirklich richtig gewürdigt wird, käme mir das für die Geschichtsdarstellung durchaus entgegen. Frau Pieper selbst will daran heutzutage vielleicht gar nicht mehr so gern erinnert werden. Das weiß ich nicht. Das muss man sehen. Aber sie ist in gewisser Weise unberechenbar, sodass selbst das passieren könnte, meine Damen und Herren.

(Herr Tullner, CDU: Vielleicht erinnert sie sich ja noch!)

Wie schwierig, meine Damen und Herren, gerade in Krisenzeiten und angesichts rückläufiger Steuereinnahmen und degressiver Bundeszuweisungen die Aufstellung eines Haushalts ist, wird gerade dann deutlich, wenn ein erheblicher Ausgabenblock kurzfristig kaum zu beeinflussen ist. Dieser Ausgabenblock ist nach meiner festen Auffassung der einzige, der letztlich darüber entscheiden wird, ob es uns langfristig gelingen wird, den Haushalt zu konsolidieren - das sind die Personalausgaben.

Die Kosten für den Personalkörper belaufen sich im Jahr 2010 auf 2,41 Milliarden € und im Jahr 2011 auf 2,44 Milliarden €. Meine Damen und Herren, dies ist eine Steigerung. Die Quote der Personalausgaben steigt von 23 % im Jahr 2009 auf 24,5 % im Jahr 2010 und wird im Jahr 2011 bei 25 % liegen.

Das ist eine Entwicklung, der nur ganz schwer beizukommen ist, obwohl sie der Schlüssel zur Haushaltskonsolidierung ist. Deshalb ist es gut und richtig, dass die Landesregierung mit ihrem Personalentwicklungskonzept den Weg eingeschlagen hat, den wir gehen müssen, wenn wir auch zukünftigen Haushaltsgesetzgebern politischen Handlungs- und Gestaltungsspielraum erhalten wollen.

Deshalb kommen wir in diesem Jahr und in den nächsten Jahren nicht darum herum, uns im Parlament mit und gegen die Landesregierung und untereinander über das Personalentwicklungskonzept zu unterhalten und uns gegenseitig mit der Frage zu quälen, wie viel Personal wirklich erforderlich ist, um die unbedingt notwendigen Aufgaben jetzt und in Zukunft erfüllen zu können.

Meine Damen und Herren! Schon im letzten, aber auch in diesem Haushalt werden bedeutende Mittel über die Personalentwicklung eingespart. Aufgrund des Personalentwicklungskonzepts und der in diesem Zusammenhang erfolgten Maßnahmen der Jahre 2006 bis 2011 werden die Konsolidierungen allein im Haushaltsjahr 2011 ca. 259 Millionen € betragen. Wenn man die Einsparungen der Haushaltsjahre 2006 bis 2011 addiert, kommt man immerhin auf einen Konsolidierungsumfang in Höhe von 904 Millionen €.

Es geht hierbei also nicht um Kleingeld, sondern es geht um den Schlüssel, ob die Haushaltssanierung gelingt oder nicht. Damit stehen wir aber nicht allein; denn die anderen Länder haben diesen Schlüssel auch in der Hand.

Schleswig-Holstein strebt inzwischen einen Schlüssel von 17,5 bis 18 Landesbediensteten auf 1 000 Einwohner an. Das heißt, in dem Maße, in dem wir uns an einen neuen Personalschlüssel heranrobben, beschließen die anderen wieder bessere Personalschlüssel. Und die Verwaltung funktioniert in Schleswig-Holstein auch.

Wir können uns diesen Maßstäben nicht mit gutem Gewissen entziehen. Wir werden diesbezüglich zu Recht auf Bundesebene gefragt, was wir auf Dauer machen, meine Damen und Herren.

Die demografische Entwicklung verlief bisher schlechter als erwartet. Mancher in diesem Hause hat schon Reden gehalten und prognostiziert, es würde alles wieder viel besser. Heimatschachteln haben auch nicht geholfen. Wir werden den Trend kurzfristig wahrscheinlich nicht umkehren können, meine Damen und Herren.

(Frau Feußner, CDU, und Herr Tullner, CDU, la- chen)

- Was gibt es da zu lachen?

Meine Damen und Herren! Das Problem ist ernst. Wir werden in Schwerpunktbereichen, die wir selbst als Schwerpunktbereiche bezeichnen, Schwierigkeiten bekommen, eine überdurchschnittliche Personalausstattung vorzuhalten, da andere Bereiche dieses wahrscheinlich nicht werden abpuffern können.

Die Flächenbezogenheit von Aufgaben, wie im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt oder im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr, kann zwar prinzipiell nicht durch eine demografiebezogene Personalausstattung berücksichtigt werden; ich vermute aber, dass die anderen Bundesländer uns gesamtdeutsch betrachtet auch in Zukunft keinen anderen Maßstab gestatten werden. Das heißt, wir werden bei mancher Aufgabe gezwungen sein, darum zu ringen, ob die Einwohnerzahl, die Fläche, die Fallzahl oder ein anderer Maßstab für die Ermittlung der auf Landesebene notwendigen Mittelbereitstellung heranzuziehen ist.

Ferner kann unser Handeln nicht unabhängig von dem der Nachbarländer betrachtet werden. Ich erwähne an dieser Stelle ganz bewusst weiter notwendige Verbeamtungen von Lehrern; denn wenn wir trotz des engen Ein

stellungskorridors für bestimmte Mangelfächer keine Lehrer bekommen konnten, dann liegt das daran, dass sich diese Lehrer in ganz Deutschland aussuchen können, wo sie die für sie optimalen Bedingungen erreichen können.

Meine Damen und Herren! Mir ist es deshalb unverständlich, warum diese Aussage zur Verbeamtung zwar in unserer Koalitionsvereinbarung enthalten ist, in der mittelfristigen Finanzplanung aber fehlt.

(Zustimmung bei der CDU)

Nun beruhige ich mich als Parlamentarier damit, dass die mittelfristige Finanzplanung nur die Qualität eines Informationsmaterials hat. Für mich gilt die Koalitionsvereinbarung. Ich ermuntere die Landesregierung, diese an dieser Stelle auch weiterhin zu beachten. Ansonsten werden wir Lehrer in Mangelfächern schon in Kürze nicht mehr bekommen.

Meine Damen und Herren! Die Entscheidung, aufgrund der weltweit gesamtwirtschaftlich schwierigen Lage neue Schulden aufzunehmen, hat sich die Landesregierung gewiss nicht leicht gemacht. Die Landesregierung hat mit der im Kabinett beschlossenen mittelfristigen Finanzplanung zugleich die Rückführung der Neuverschuldung sowie die anschließende Tilgung von Landesschulden ab dem Jahr 2014 beschlossen. Der Finanzminister macht uns sogar Hoffnung, dieses Ziel eventuell ein Jahr eher anstreben zu können.

Damit ist bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme von Schulden ein Rückführungskonzept auf den Weg gebracht worden. Dies ist in der Finanzwirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt tatsächlich neu. Die erstmals verbindliche Festschreibung der mittelfristigen Finanzplanung als Planungs- und Haushaltsaufstellungsgrundlage für zukünftige Landesregierungen soll eine schnellstmögliche Senkung der Nettokreditaufnahme auf null und die Tilgung der Schulden sicherstellen.

Lassen Sie mich nun kursorisch auf einige ausgewählte Aspekte einzelner Einzelpläne eingehen.

Einzelplan 03. Die Haushaltsansätze werden mit hoher Priorität vonseiten des MI auch weiterhin umgesetzt werden können. Ich denke an so wichtige Vorhaben wie den Digitalfunk BOS, ich denke an die Veranschlagung investiver Mittel für die zukünftige Beschaffung von Polizeifahrzeugen; diese wollen wir zukünftig wieder kaufen, weil das Leasing letztlich nicht optimal gewesen ist.

Wir gehen in den Fragen des Brandschutzes einen neuen Weg. Wir beenden damit den Sonderweg in Sachsen-Anhalt wie auch in Sachsen. Bisher wurde ein Anteil von 70 v. H an den Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer an die Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden weitergereicht. Aufgrund der Einsparungen bei den freiwilligen Leistungen des Landes zur Förderung des kommunalen Brandschutzes sowie der Änderung der bisherigen Ausreichung des Auskommens aus der Feuerschutzsteuer an die Landkreise und Gemeinden können die unmittelbaren Ausgaben des Landes für den Brandschutz auch in Zukunft gedeckt werden.

Einzelplan 05 - Gesundheit und Soziales. Das Problem, das ich jetzt erwähnen möchte, ist sehr ernst zu nehmen. Trotz des schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeldes ist von Einschnitten im Bereich sozialer Leistungsgesetze, insbesondere des Kinderförderungsgesetzes und des Gesetzes über das Blinden- und Gehörlosengeld, Abstand genommen worden.

Mit dem Kinderförderungsgesetz des Landes SachsenAnhalt gewährleisten wir auch weiterhin eine Kinderbetreuung auf sehr hohem Niveau. Es garantiert den Kindern inklusive Tarifanpassungen einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung von null bis 14 Jahren. Die Betreuungsquoten gehören zu den höchsten im Bundesvergleich.

Meine Damen und Herren! Wir sollten, weil wir vorhin kurz über die Demografie gesprochen haben, erwarten, dass mit dem Rückgang der Einwohnerzahlen in Sachsen-Anhalt auch bei einem vergleichbaren Aufgabenbestand die Ausgaben dieses Einzelplanes zurückgeführt werden könnten.

Betrachten wir allerdings die für die Jahre 2009, 2010 und 2011 veranschlagten Gesamtausgaben, so müssen wir für das Jahr 2010 einen Anstieg um 27,8 Millionen € auf beinahe 998 Millionen € und im Jahr 2011 um weitere 28,8 Millionen € auf mehr als eine Milliarde Euro feststellen. Angesichts der angespannten Haushaltslage gilt es, die Ausgabenseite auf die Effizienz der eingesetzten Mittel hin zu überprüfen.

Meine Damen und Herren! Die gesamten Ausgaben für die Sozialhilfe belaufen sich im Jahr 2009 auf 480 Millionen € und steigen in den Jahren 2010 und 2011 auf 492 Millionen €. Wir werden die Schallmauer in Kürze durchbrechen. Es ist in meinen Augen nicht einmal ansatzweise klar, wohin sich diese Ausgaben letztlich entwickeln sollen. Eine Perspektivplanung auf diesem Gebiet vermisse ich. Nach meiner Kenntnis haben andere Länder schon eine Perspektivplanung vorgelegt.

Meine Damen und Herren! Die vielfach angesprochenen Beratungsangebote werden uns bei den Haushaltsberatungen noch beschäftigen. Nach meiner Auffassung besteht ein struktureller und ein inhaltlicher Anpassungsbedarf, wobei insbesondere die Konsequenzen des Bevölkerungsrückganges und der Kreisgebietsreform zu berücksichtigen sind.

Zudem ändert sich das Anforderungsprofil von Beratung in Richtung eines interdisziplinär vernetzten Ansatzes. Diese Veränderungsnotwendigkeiten für eine bedarfsgerechte, nachhaltige und moderne Beratungslandschaft müssen in den nächsten zwei Jahren vollzogen werden.

Es muss vonseiten des Ministeriums für Gesundheit und Soziales endlich Klarheit darüber geschaffen werden, ob gewährleistet ist, dass keine Doppelstrukturen gefördert werden. Ich will an dieser Stelle die Landschaft der Beratungsstellen als Stichpunkt erwähnen. In der letzten Sitzungsperiode des Landtages haben wir in einer Aktuellen Debatte über die vom Sozialministerium vorgenommenen Maßnahmen diskutiert. Wir werden diese Debatte in den Beratungen zum Haushalt noch einmal im Detail aufnehmen müssen und sie zu einer vernünftigen Lösung führen.

Noch einmal zu den Kindertagesstätten. Trotz der Bundeszuweisungen für die Betriebskosten steigen die Zuweisungen an die Gemeinden und Gemeindeverbände für Kindertageseinrichtungen um jährlich 13,5 Millionen € auf nunmehr 169 Millionen € an. Wir sind beinahe wieder an der Stelle, wo wir vor ein paar Jahren waren.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach einem Zurück zum Ganztagsanspruch, wie ihn DIE LINKE fordert, nicht mehr. Das können wir uns, meine Damen und Herren, nicht leisten.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Anders als andere Bundesländer werden wir uns bedauerlicherweise auf absehbare Zeit aber auch kein für die Eltern kostenfreies letztes Kindergartenjahr leisten können. Das steht im Bundesprogramm der CDU, aber wir werden es mittelfristig in Sachsen-Anhalt nicht umsetzen können, meine Damen und Herren.

Zur Sportförderung. Der Sport hat uns zu Recht in den letzten Monaten erheblich beschäftigt. Materiell, muss man aber sagen, ist Sachsen-Anhalt im Ländervergleich in der Sportförderung jetzt und in Zukunft vorbildlich. Die Zuschüsse für den Sport bleiben in etwa konstant.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Allerdings erhöhen sich die Ausgaben im Jahr 2010 um 5,4 Millionen € und im Jahr 2011 um weitere 4,3 Millionen €. Das geschieht aber hauptsächlich aufgrund der Investitionen, die insbesondere in Halle - ich denke an die Schwimmhalle und den Stadionneubau - geschehen. Sport ist also in Sachsen-Anhalt weiterhin ein Politikfeld mit höchster Priorität.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU, und von Frau Fischer, SPD)

Ich erwarte und verlange aber auch, dass nun wirklich in den nächsten Wochen die richtige Mischung gefunden wird zwischen notwendiger Kontrolle des Landessportbundes und Verzicht auf eine Feinsteuerung aus dem Ministerium heraus.

(Zustimmung von Herrn Schwenke, CDU)

Die Ministerin hat inzwischen angekündigt - das ist für mich zumindest aus der Zeitung ersichtlich -, dass sie diesen Weg gehen will.