Die Aufgabe, unter diesen Rahmenbedingungen öffentliche Daseinsvorsorge zu organisieren, ist unlösbar, weil sie so nicht ausfinanzierbar ist. Deswegen muss man über die Rahmenbedingungen reden, Herr Gürth, so wie Sie das auch manchmal machen.
Wenn Sie sich ansonsten über unser Bundestagswahlergebnis ärgern, dafür kann ich nichts, Herr Gürth.
Das ist eher eine Detailfrage. Herr Gallert, mich hat gewundert, dass Sie auf einmal für den Wasserpfennig sind. Es gibt eine lange Tradition Ihrer Partei, gerade im Wasser- und Abwasserbereich immer dafür Sorge zu tragen, dass vor allen Dingen die Hausbesitzer nicht belastet werden. Das ist bis hin zu dem Vorschlag gegangen, selbst die Abschlusskosten auf die Gebühren umzulegen. Morgen haben wir den Antrag dazu.
Können Sie einmal erläutern, wie Sie den Widerspruch auflösen, dass Sie jetzt sagen, der Wasserpfennig ist super, während Sie sich bisher immer dafür eingesetzt haben, dass die Hausbesitzer - ich hätte fast gesagt, die Hausbesetzer - in Sachsen-Anhalt keine zusätzliche Belastung erfahren.
Das ist sozusagen eine falsche Konnexion geworden von der Kollegin. Wahrscheinlich ist sie auch nur deswegen böse, dass sie nicht die einzige Interessenvertreterin der Hausbesitzer ist.
Jetzt sage ich noch einmal ausdrücklich: Unter diesen Rahmenbedingungen kann man natürlich nur den Weg zwischen ganz schlecht und schlecht gehen. Natürlich freuen wir uns nicht über die Erhebung eines solchen Wasserpfennigs, wenn ich ihn einmal so nenne.
Aber wir müssen uns angucken, wo die haushaltspolitischen Alternativen sind. Die haushaltspolitischen Alternativen sind noch schlechter; denn mir ist auch klar, wenn wir noch einmal 20 Millionen € aus dem vorliegenden Haushalt herausstreichen, dann werden wir noch viel gröbere Fehler machen, als 4 Cent pro Kubikmeter draufzupacken.
Das steht doch nicht im Widerspruch dazu, dass wir ansonsten versuchen, alle Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Mittel in diesem Bereich so effizient wie möglich eingesetzt werden und dass es keine Kostensteigerung gibt. Man muss allerdings auch sagen, 4 Cent pro Kubikmeter, Kollegin Hüskens, ist nun wahrlich ein verschwindend geringer Betrag gegenüber den Kostensteigerungsfaktoren, die wir ansonsten in diesem Bereich haben, zum Beispiel überdimensionierte Kläranlagen und Ähnliches. Ich sage einmal, dahinter fällt das weit zurück.
Wir haben aber ein Interesse daran - das will ich noch einmal ganz deutlich sagen -, dass am Ende nicht herauskommt, dass nur der private Verbrauch besteuert wird und alle Großen außen vor gelassen werden. Deswegen müssen wir eine Kosten-Nutzen-Bilanz führen.
Darin sind wir auch anders als alle anderen: Wenn wir sagen, mehr öffentliche Daseinsvorsorge, dann sagen wir auch, das wird etwas kosten und das wird möglicherweise auch sehr verschiedene Leute etwas kosten. Wir können uns dann nicht in die Büsche schlagen und sagen, wie es finanziert werden soll, das sagen wir euch nicht. - Dafür sind andere zuständig, Frau Hüskens.
Wir kommen zu dem Debattenbeitrag der CDU. Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Scharf das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat den Haushaltsplanentwurf 2010/2011 vorgelegt. Er wird die Basis für die parlamentarischen Beratungen sein. Er wird in einem finanzpolitischen Umfeld vorgelegt, das in Sachsen-Anhalt nie zuvor schwieriger gewesen ist. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf den Beratungsgang und letztlich auf das Beratungsergebnis haben.
Meine Damen und Herren! Wir können im Moment noch nicht abschätzen, welche konkreten Auswirkungen die Finanzkrise noch haben wird. Ich darf nur daran erinnern, dass sich selbst renommierte Wirtschaftsinstitute hinsichtlich der Wachstumsprognosen und der Entwicklung der Steuereinnahmen extrem widersprechen. Ich darf apercuhaft erwähnen, dass der einstmals gefeierte Nobelpreisträger Robert Merton mit anerkannten Theorien, für die er den Nobelpreis bekommen hat, weltweit agierende Fonds fast oder tatsächlich in den Abgrund gefahren hat.
Wir müssen also anerkennen, meine Damen und Herren, dass die Zusammenhänge der Finanz- und Wirtschaftspolitik auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur sehr unzureichend erforscht sind. So bitter es ist: Wir müssen theorieskeptisch sein. Dies gilt auch für unsere eigenen Prognoseinstrumente wie zum Beispiel die mittelfristige Finanzplanung.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich halte diese Instrumente für unbedingt notwendig, meine aber, die üblichen Szenarien müssen wir ein Stückchen verändern. Wir müssen uns gegenseitig größere Varianzen bezüglich der Ansätze zugestehen. So manche verbissen geführte Diskussion um einzelne Ansätze erscheint angesichts dieser schlecht zu verifizierenden Ausgangslage als ein bisschen absurd.
Meine Damen und Herren! Ich unterstütze ausdrücklich die Bemühungen des Finanzministers, neue Instrumente zur Steuerung des Haushalts zu erproben. Er hat sie ganz kurz und nur am Rande erwähnt. Seien es Modelle, sich einer verbesserten Mittelallokation zu nähern, wie Benchmarking oder makroökonomische Modellrechnungen, oder sei es die Einführung der Erprobung von so genannten Produkthaushalten. Es ist richtig zu versuchen, - ich zitiere die Mipla - den Output des Verwaltungshandels stärker in den finanzwirtschaftlichen Kontext einzubeziehen.
Hierzu kann es die Landesregierung vielleicht schaffen, eine strategische Haushaltssteuerung auf der Basis von Politikfeldern zu erreichen. Denn es gibt, meine Damen und Herren, bisher nur unzureichende Informationen über die Effizienz der Leistungserstellung und die erzielten Wirkungen.
Negativ formuliert, meine Damen und Herren, lautet die Wahrheit ganz einfach: Nach wie vor findet ein ressortübergreifendes Fördermittelcontrolling auch bei dieser Landesregierung nicht statt. Wir sollten, meine Damen und Herren, nach der Erledigung dieser Aufgaben über den angemessenen Mittelbedarf politikfeldbezogen und nicht mehr nur titelbezogen verbissen diskutieren.
Meine Damen und Herren! Dieses eventuelle Loslassen von der Titeldiskussion heißt nach meiner Auffassung nicht eine Entmündigung des Parlamentes, sondern wir als Parlamentarier würden dadurch zu Recht gezwungen, stärker als bisher den möglichst optimalen Mitteleinsatz, bezogen auf das Erreichen bestimmter politischer Ziele, zu erörtern und zu entscheiden.
Meine Damen und Herren! Bevor ich zu den Eckdaten komme, möchte ich einige allgemeine, aus der Sicht der CDU anzuerkennende und zu beachtende Grundsätze der Haushaltspolitik hervorheben.
Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise spüren wir es wieder ganz deutlich: Ohne Wirtschaftswachstum ist kein gesellschaftlicher Wohlstand möglich. Damit sind wir wieder bei dem von mir schon so oft zitierten Lissabon-Prozess. Ich bin der festen Auffassung, dass Wachstum jetzt und in Zukunft möglich und nötig ist.
Freilich geht es nicht um einen platten Fortschrittsglauben; aber es ist nicht so, wie immer wieder behauptet wird, dass Wachstum in einer begrenzten Welt auf Dauer nicht möglich wäre. Wir alle wissen durchaus, dass wir qualitativ wachsen können und deshalb durchaus zugleich effektiver, umweltschonender und sozialverträglicher in den Produktionsverfahren sein können und sein müssen.
Wir werden uns sicherlich schnell darüber einig sein, dass Wirtschaftswachstum auf Kosten zukünftiger Generationen verboten sein muss. Das heißt, der Begriff der Nachhaltigkeit wird alle diese Wachstumserfordernisse zu Recht begleiten und in jede Langzeitbetrachtung eingeführt werden.
Dieses Ziel, meine Damen und Herren, ist nur mit wohlgeordneten öffentlichen Finanzen erreichbar, nicht gegen sie, wie es einige Akteure auch heute wieder meinten. Um die Rahmenbedingungen für das Entstehen neuer Arbeitsplätze zu verbessern, um den Wohlstand unseres Landes auf Dauer zu sichern und um unseren Kindern und Enkelkindern keine untragbare Schuldenlast aufzubürden, ist es zwingend erforderlich, die öffentlichen Haushalte auf allen Ebenen zu konsolidieren.
Dies, meine Damen und Herren, ist kein Widerspruch zu der Notwendigkeit, in der Krise zur Stützung der Konjunktur auch über die Verschuldung die Investitionstätigkeit zu beleben. Es darf jedoch niemand die Illusion haben, dass nicht die Kosten auch dieser Konjunkturpakete wieder eingesammelt werden müssen, meine Damen und Herren.
Deshalb ist Schuldenmachen jetzt und in Zukunft unsozial. Der Staat kann auf Dauer nicht mehr ausgeben, als
er einnimmt. Um diese einfache Wahrheit, Herr Gallert, wird auch die LINKE nicht herumkommen. Auch Sie müssen volkswirtschaftliche Zusammenhänge beachten, meine Damen und Herren.
Wenn die LINKE meint, sie könnte sich immer freisprechen, indem sie sagt, man müsse es nur bei denjenigen abholen, die mehr verdienten, dann würde ich doch sagen: Sie sind eigentlich eine Partei, die sich durchaus mit Theorien beschäftigt. Merken Sie nicht, dass diese Theorie zu schlicht ist und dass sie in der Vergangenheit auch nicht funktioniert hat?
- Sie funktioniert in anderen Ländern auch nicht, meine Damen und Herren. Sie müssen sich schon etwas tiefer in die notwendigen volkswirtschaftlichen Zusammenhänge hineinbegeben.
Wenn wir eine exorbitante Verschuldung vermeiden müssen, dann müssen wir auch den Haushaltsplan 2009 und 2010 an diesen Kriterien messen. Deshalb ist es der Landesregierung nicht vorzuwerfen, dass nicht alle angebotenen Förderprogramme durch eine Kreditfinanzierung ausgeschöpft werden. Wir müssten sonst die Verschuldung noch einmal dramatisch erhöhen, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich einige Eckpunkte dieses Haushaltsplanentwurfs kurz bewerten. Im Jahr 2010 hat er ein Gesamtvolumen von rund 9,9 Milliarden € und im Jahr 2011 von ungefähr 9,8 Milliarden €. Das Haushaltsvolumen wird sich also auch in den nächsten Jahren - im Jahr 2009 zum Beispiel um 208 Millionen und im Jahr 2010 um 132 Millionen € - reduzieren.
Das heißt für die Perspektive der mittelfristigen Finanzplanung, dass wir uns zumindest in den nächsten zehn Jahren in einer Zeit abnehmender öffentlicher Haushalte befinden werden, trotz zunehmender Aufgaben, die auf uns zukommen werden. Aus dieser Misere wird uns, meine Damen und Herren, niemand entlassen.
Aufgrund der bereits angesprochenen schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation werden wir in SachsenAnhalt, nachdem es uns seit dem Jahr 2007 gelungen war, keine neuen Schulden mehr aufzunehmen, um eine Nettokreditaufnahme in den Jahren 2010 und 2011 in der genannten Höhe wohl nicht herumkommen, meine Damen und Herren.
Ich will aber an dieser Stelle ganz gern daran erinnern, dass es die CDU war, die Herrn Bullerjahn ermunterte, die Nettokreditaufnahme bereits im Vollzug des Haushaltsplans 2007 entgegen seinen ursprünglichen Planungen auf null zu reduzieren. Das heißt, ein bisschen Ermunterung aus dem Parlament heraus hilft durchaus der Landesregierung, hin und wieder ihre Ziele ehrgeizig anzugehen.
Herr Bullerjahn hat Mecklenburg-Vorpommern als ein Beispiel genannt. Aber ich denke, Herr Bullerjahn, das
Beispiel ist etwas unvollständig. Zum einen will ich daran erinnern, dass wir Sie ermuntern mussten, schon im Jahr 2007 die Nettokreditaufnahme auf null zu reduzieren.