Protokoll der Sitzung vom 08.10.2009

Nächster Punkt: Not macht erfinderisch, und da kommt man auf neue Abgaben. Ich sage mit aller Deutlichkeit: Ja, auch das wird in absehbarer Zeit nicht anders funktionieren.

(Herr Kosmehl, FDP: Da sind Sie auch dabei!)

Wir stehen der Idee der Erhebung einer Wassergebühr aufgeschlossen gegenüber, zumal diese Gebühr auch in anderen Ländern rings um Sachsen-Anhalt erhoben wird. Es gibt also dadurch beim allerbesten Willen keine Wettbewerbsverzerrung, die natürlich wieder ins Feld geführt werden wird.

Aber wir sagen auch mit aller Deutlichkeit, dass eines nicht passieren darf: Jetzt kommen die Lobbyisten aus der Industrie, dann kommen die Lobbyisten aus der Landwirtschaft. Die Einzigen, die nachher übrig bleiben, sind die kleinen Haushalte, die das per Rechnung gegenüber ihrem kommunalen Wasserbetrieb bezahlen.

Das funktioniert nicht. Wenn Wasserabgabe, dann für alle, auch für die Industrie und für die Landwirtschaft. Dann, denken wir, sind 15 Millionen € eher ein bisschen zu niedrig veranschlagt, lieber Kollege Finanzminister.

Ich glaube, an dieser Stelle kann durchaus noch ein bisschen mehr kommen.

(Zurufe von der FDP)

Man muss auch mit aller Deutlichkeit sagen, dass uns die Europäische Wasserrahmenrichtlinie in den nächsten Jahren in diesem Bereich Ausgaben aufzwingen wird. Da ist es sehr vernünftig, diese Gelder einzunehmen.

Wir sagen aber ausdrücklich - weil ein bisschen Restmisstrauen gegenüber der Landesregierung erhalten bleibt -, dass wir die Modalitäten dieser Erhebung lieber in einem Gesetz geregelt haben wollen, das im Landtag verabschiedet wird, und nicht durch eine Verordnung, bei der möglicherweise drei Monate nach der Haushaltsverabschiedung die Ausnahmen ausgehandelt werden. An dieser Stelle sagen wir: Im Prinzip ja, aber wir wollen es schon genau wissen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Nächste ist die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um einen Prozentpunkt. Das ist natürlich nichts, womit man Blumentöpfe gewinnen kann, es sei denn, sie werden Ihnen irgendwann hinterhergeschmissen, und zwar mit Inhalt.

Aber wir sagen ausdrücklich, dass es an dieser Stelle in Sachsen-Anhalt eine Besonderheit gegenüber dem Bundesdurchschnitt gibt. Wir liegen mit unseren Immobilienpreisen weit unter dem Bundesdurchschnitt. 20, 30, manchmal 40 % liegen die Preise unter dem Durchschnitt.

Deshalb sage ich ausdrücklich - natürlich nicht mit übermäßig großer Freude -, dass uns diese Erhöhung der Grunderwerbsteuer durchaus angebracht zu sein scheint. Sie ist auch nichts, was eine substanzielle Wettbewerbsverzerrung im Land Sachsen-Anhalt realisiert, und sie ist vor dem Hintergrund der relativ niedrigen Immobilienpreise durchaus zu akzeptieren.

(Herr Tullner, CDU: Steuererhöhungspartei!)

- Ja, wenn, dann stehen wir auch zu unserem Ruf, Herr Tullner, und nicht wie andere.

(Zurufe von der FDP)

Wir sagen aber auch ausdrücklich, wenn man sich einmal die Summen der Defizite anguckt und diese Einnahmemöglichkeiten, dass wir an dieser Stelle etwa über 35 Millionen € reden. Das ist viel Geld.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Die Defizite, die wir in diesem Haushalt zu beklagen haben, liegen bei 1,2 Milliarden € in einem Zeitraum von zwei Jahren. Wir wissen, dass man diese Wege gehen muss. Wir wissen aber, dass diese Wege endlich sind. Wir wissen, dass die entscheidenden Weichenstellungen auf der Bundesebene realisiert werden.

Deswegen sage ich auch am Schluss noch einmal: Nichts kann darüber hinwegtäuschen, dass dieser Doppelhaushalt ein Krisenhaushalt ist. Er ist schlecht und er wird nicht besser realisiert werden können, weil die Rahmendaten so schlecht sind, dass wir aus diesem Haushalt keinen guten machen können.

Wir werden in den Beratungen Verbesserungen anstreben, soweit uns die öffentliche Daseinsvorsorge in Einzelbereichen existenziell in Gefahr zu sein scheint und

wo eine Mindestfinanzierung zu der entsprechenden Übernahme der Kosten aus unserer Sicht nicht funktioniert.

Wir sagen aber auch ausdrücklich: Wer diesen Haushalt vorlegt, der muss für eine steuerpolitische Umkehr in dieser Bundesrepublik Deutschland kämpfen. Der sagt: So geht es nicht Wir brauchen einen anderen Weg.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Ein anderes Wort spricht dieser Haushalt nicht, der trotz radikaler Einsparungen mit einer riesigen Nettoneuverschuldung einhergeht.

Wer die Interessen des Landes Sachsen-Anhalt vertreten will, wer wirklich zukunftsorientierte Haushaltspolitik realisieren will, der braucht ein starkes Wort für eine steuerpolitische Umkehr und gegen eine Schuldenbremse. Er braucht ein starkes Wort für mehr Einnahmen für die öffentliche Hand. Ansonsten werden wir immer nur den Mangel verwalten und nicht mehr gestalten können. Das ist unsere Alternative, die wir hier aufzeigen. - Danke.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Gallert. - Herr Gürth hat noch eine Frage, wenn er sie noch stellen möchte.

Herr Gürth, bevor Sie sprechen, will ich die Schülerinnen und Schüler der Bosse-Sekundarschule in Quedlinburg auf der Zuschauertribüne begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Gürth, dann fragen Sie.

Es ist ein bisschen schwierig, weil das jetzt eher eine Parteitagsrede für den Bundesparteitag der LINKEN war und nicht eine für den Landeshaushalt, wo es um landesgestalterische Themen geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der LINKEN)

Sie haben hinsichtlich der Landespolitik eigentlich nur herumgemeckert und wenn es um die Lösungsvorschläge ging, auf höhere Steuern beim Bund verwiesen. Deswegen frage ich Sie, ob das Ihr einziges Rezept für eine vernünftige Haushaltspolitik ist, höhere Mehrausgaben zu wünschen und dann zu sagen, der Bund soll die Rahmenbedingungen schaffen, damit wir mehr ausgeben können?

Ist Ihnen bekannt, welche Steuerkompetenz wir überhaupt haben? Wenn wir über den Haushalt reden und Sie wollen mehr Einnahmen, um mehr auszugeben, dann müssen wir sagen, wo die Einnahmen im Landeshaushalt herkommen sollen. Welche Steuern können wir erheben? Ist Ihnen das bekannt?

Wenn Sie das wissen, welche Landessteuern sollen wir denn erhöhen? Wir können doch nicht warten, bis jemand beim Bund die Steuern erhöht, damit Sie hier mehr Geld ausgeben können. Welche Landessteuern wollen Sie konkret erhöhen?

Die dritte Frage. Ist Ihnen bekannt, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um einen Prozentpunkt ganze

20 Millionen € mehr einbringt? In drei Minuten Redezeit brachten Sie Wünsche für Hunderte Millionen Euro vor, die finanziert werden müssen. Wo soll der Rest des Geldes herkommen? Oder haben Sie beschlossen, dass der Bund bessere Rahmenbedingungen schaffen soll, damit wir mehr ausgeben können?

(Zurufe von der LINKEN und von Frau Dr. Hüs- kens, FDP)

Bitte, Herr Gallert.

Herr Gürth, Ihren Fragen entnehme ich, dass Sie mit der Gesamtsituation unzufrieden sind. Das ist auch in Ordnung.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Die letzte Frage hätten Sie sich sparen können, weil ich ausdrücklich gesagt habe, mit Landessteuern ist dieses Problem grundsätzlicher Art nicht zu beheben. Ich könnte jetzt die Gelegenheit nutzen, das steuerpolitische Konzept meiner Partei darzulegen. Ich kann Ihnen bloß an verschiedenen - -

(Zurufe von der FDP)

- Ich kann es Ihnen einmal an einem Beispiel sagen. Es ist interessant, dass die Kollegen der CDU - und die der FDP sowieso - Steuersenkungen im Bereich der Einkommensteuer anstreben, vor allen Dingen im Bereich - -

(Herr Gürth, CDU: Das ist keine Landeskompe- tenz!)

- Sie haben mich doch gefragt, welche Steuern wir erheben würden. Das sage ich Ihnen jetzt. Stellen Sie doch Ihre Frage nicht, wenn Sie nicht zuhören wollen, Herr Gürth.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Stahlknecht, CDU: Reichtum für alle!)

Natürlich kann man die kalte Progression im Bereich der Einkommensteuer abschmelzen. Das ist richtig. Aber man muss klar sagen, dass man dann den Spitzensteuersatz erhöhen muss. Dann muss man ihn zum Beispiel auf 53 % erhöhen, wie er unter Helmut Kohl gewesen ist. Das war nun keine sozialistische Erfindung.

Das muss man dann auch ehrlicherweise so sagen und kann nicht sagen, wir machen Steuersenkungen in diesem Bereich. Deswegen habe ich gesagt - das habe ich während etwa drei Vierteln meiner Rede getan -, wer diesen Landeshaushalt ernst nimmt,

(Herr Gürth, CDU. Das ist nicht Landeskompe- tenz!)