Ich glaube, es wird vielleicht irgendwann einmal so sein, dass die Bude bei diesen Themen gerappelt voll ist, weil es dann notwendig ist. - So viel als Randbemerkung. Ich habe übrigens kein Problem damit, dass man hin und wieder draußen ist; das gehört dazu. Aber wir sollten uns mit diesen Themen hier wirklich ernsthaft auseinandersetzen. Ich finde es insofern sehr schön, dass gerade jetzt, da es um die Zukunft der Erde geht, Schulklassen auf den Rängen sitzen.
Ich habe die ganze Zeit überlegt, ob ich meine Rede vortragen soll oder auf das eingehen soll, Frau Hunger, was bis jetzt gesagt worden ist. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Das heißt, ich werde mich jetzt völlig von meiner vorbereiten Rede lösen und werde auf einige Dinge eingehen, die Sie vorhin angesprochen haben.
Kopenhagen ist zurzeit in allen Köpfen und auf allen Sendern, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, und das ist richtig so, damit es überall gesehen wird. Ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen, die zurzeit in Kopenhagen sind, die Wissenschaftler, die Politiker und alle, die dazu gehören, sich große Mühe geben, etwas zu erreichen. Wir hoffen, dass es wirklich zu einem guten Ergebnis kommt. Frau Hunger, den Pessimismus, den Sie vorhin zum Ausdruck gebracht haben, teile ich nicht. Ich bin da einfach optimistischer.
Ich habe - das fand ich ganz spannend - in den letzten Tagen einen Fernsehbericht über Kyoto gesehen. Auch der Gipfel in Kyoto war bis kurz vor dem Ende fast zum Scheitern verurteilt. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, ist es durch einen kleinen Trick des Tagungsleiters, durch das Anhalten der Uhren, weshalb die Leute noch nicht abreisten, dann doch noch gelungen, zu einem Papier zu kommen, von dem wir heute alle reden. So kann man in einer politisch brisanten Situation die eine oder andere Tagung noch retten.
Letztendlich geht es darum - ich glaube, da sind wir uns einig; das erhoffen wir wirklich alle -, dass Kopenhagen nicht hinter das zurückfällt, was wir unter Kyoto verstehen, sondern dass draufgesattelt wird; denn seit Kyoto ist einiges passiert, aber nicht genug.
Sie haben die Proteste angesprochen, die die Tagung begleiten. Ich denke, es ist wichtig, dass immer mehr Menschen in der Welt mitbekommen, wenn über diese Themen diskutiert wird. Es ist wichtig, dass sie den Politikern den Handlungsbedarf aufzeigen und von uns verlangen, dass wir diesbezüglich tätig werden.
Mich stört ein bisschen, dass die Vorreiterrolle Deutschlands aus meiner Sicht viel zu oft kleingeredet wird, dass immer gesagt wird, wir täten noch nicht genug.
Man kann sich darüber streiten. Wir tun in Deutschland sicherlich sehr viel. Ich glaube, dass wir sehr viel erreicht haben und dass wir in der Welt, insgesamt betrachtet, sehr weit vorn sind.
Sie können jederzeit sagen, man könne noch mehr tun. Ja, das ist so, das ist wirklich so. Nichtsdestotrotz sieht man aber im Ausland - ich war in der letzten Zeit öfter im Ausland -, an welchen Stellen man ansetzen kann, um noch erfolgreicher zu sein. Ich will darauf nachher noch eingehen.
Zum Thema erneuerbare Energien. Ich brauche an dieser Stelle nicht das zu wiederholen, was Herr Dr. Aeikens schon vorgetragen hat. Ich will aber ein bisschen Wasser in den Wein schütten, weil mir die Diskussion im Moment ein bisschen zu einfach verläuft. Neuerdings sagen alle Leute: Regenerative Energien, und alles ist gelöst. - Ich will dazu nur sagen: Sie wissen selbst, welche Probleme wir in Sachsen-Anhalt haben, das Thema Windkraft weiter hochzuhalten.
Sie haben den Landesentwicklungsplan angesprochen. Ja, okay, ich bin sicherlich auch der Meinung, dass für die Windkraft noch mehr möglich sein könnte. Vielleicht schaffen wir das noch. Wir haben einen zweiten Entwurf herausgegeben, wir reden noch einmal darüber. Vielleicht können wir das ein bisschen öffnen. Wir wissen aber auch, dass es diesbezüglich im Land Proteste gibt und viele die weitere „Verspargelung“ der Landschaft nicht wollen. Es gibt auch hier Interessenkonflikte.
Zum Thema Biomasse. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ich bin sehr für die Weiterentwicklung der Biomassetechnologie. Ich muss aber auch zur Kenntnis nehmen und es muss uns klar sein, dass wir immer dann, wenn wir Biomasse verwerten, in der Regel Nahrungsmittel verwerten bzw. für die Produktion von Biomasse Flächen nutzen, auf denen wir Nahrungsmittel anbauen könnten.
Wenn Sie den Beitrag von Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo Instituts, auf der Website „FAZ.net“ gelesen haben, dann wissen Sie, dass Sie jederzeit Salatöl in den Tank schütten können, aber Erdöl nicht in den Salat.
Ich will damit sagen: Biomasse ist nicht unendlich verfügbar. Man kann ihre Nutzung nicht einfach erhöhen und sagen, alle Probleme ließen sich mit Biomasse lösen. Das werden wir nicht können. Wir werden in 20 oder 30 Jahren an der einen oder anderen Stelle auch sehen, dass Natur und Landschaft nicht unbedingt davon profitieren, wenn wir ohne Ende Biomasse entnehmen und verbrennen.
Das heißt, die Energieprobleme inklusive der Problematik des Verbrennens fossiler Energieträger sind für mich nach wie vor nicht gelöst. Eine Menge muss noch getan werden. Sicherlich gibt es Dinge, Frau Hunger, bei denen wir weiter sein könnten. Damit haben Sie völlig Recht. Ich nenne an dieser Stelle zu guter Letzt beim Thema Energie einfach die Photovoltaik, die in SachsenAnhalt entwicklungs- und ausbaufähig ist. Da wir entsprechende produzierende Firmen haben, könnten wir uns in diesem Bereich etwas mehr auf die Hinterbeine stellen.
Ich habe dann noch gehört, dass es parallel zu den Verhandlungen in Kopenhagen Beschlüsse in Brüssel gegeben hat, dass die Europäische Union gerade ärmere Länder bei der Überwindung der Klimaproblematik unterstützen will. Ich halte das für völlig richtig. Das ist ein Punkt, über den wir auch diskutieren müssen.
Wir könnten mit demselben Geld, das wir in SachsenAnhalt in die Gebäudesanierung, in die Isolierung und in viele andere Dinge investieren, auf dem Balkan das Zehn-, 15-oder 20-Fache an Effekten für den Klimaschutz erzielen. Wenn man es mit dem Klimaschutz sehr ernst nimmt und sagt, in diesem Bereich muss dringend etwas passieren, dann heißt das für mich, dass wir über die Entwicklungshilfe, über das entsprechende Ministerium und über Tätigkeiten im Ausland eine Menge erreichen können. Deswegen müssen wir hier bestimmte Dinge noch lange nicht lassen.
Ich will aber noch eines sagen: Dort geht es am schnellsten, dort sind die besten Effekte zu erzielen.
Ich glaube, das sind alles Themen, über die wir sehr viel reden müssen. Wir werden sie aber in Papiere umsetzen müssen, die Handlungen zur Folge haben. Allein darüber zu reden nützt nichts. Ich weiß, dass wir in dieser Legislaturperiode bereits das dritte Mal über das Klima reden. Wir können das auch noch ein paar Mal machen. Für mich ist aber entscheidend, dass wir auch handeln.
Ich glaube, dass wir uns in den meisten Zielen wirklich einig sind und dass darüber überhaupt kein Dissens im Hause besteht. Deswegen mag ich auch nicht das Spielchen, dass wir uns gegenseitig vorhalten, an welcher Stelle wir noch ein bisschen besser sein könnten oder wo wir noch schlechter sind als andere. An die Opposition gerichtet, will ich sagen: Lassen Sie uns diese Ziele gemeinsam angehen. Ich bin offen dafür, über diese Dinge im Ausschuss zu diskutieren.
Ich möchte jetzt, in der Adventszeit, hier und heute die Gelegenheit nutzen und den Kolleginnen und Kollegen und den Wissenschaftlern in Kopenhagen viel Glück wünschen, dass sie wirklich in dem Sinne, wie Sie, Frau Hunger, es formuliert haben, erfolgreich sind und dass die Papiere, die zum Schluss unterschrieben werden, wirklich in die richtige Richtung weisen. Ich glaube, dass wir gern dabei sind.
Ich wünsche uns auch auf der Grundlage dessen, was in Kopenhagen vielleicht passieren wird, dass wir entsprechende Papiere entwickeln, die dann den Wünschen auch Taten folgen lassen.
Ich wünsche insbesondere den Schülerinnen und Schülern auf der Tribüne, dass sie auch in 20, 30 Jahren, wenn sie erwachsen sind oder vollends erwachsen sein werden - sie sind es ja schon fast - und Verantwortung
übernehmen, eine Welt vorfinden, in der sie vernünftig leben können. Sie werden diese auch weiter gestalten müssen. Wir müssen aber dafür sorgen, dass sie die Chance haben, sie überhaupt noch gestalten zu können. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Bergmann, auch für Ihren Appell. - Wir kommen nun zum Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. - Zuvor hat aber Herr Dr. Köck eine Frage. Wollen Sie diese Frage beantworten, Herr Bergmann? - Bitte schön, Herr Dr. Köck.
Keine direkte Frage, ich möchte vielmehr noch etwas ergänzen. Ich habe heute früh im Radio eine Meldung gehört, dass die Entwicklungshilfe künftig stärker für den Bau von Deichen als Schutz vor Überschwemmungen aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels genutzt werden soll. Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg.
Das war keine Frage, aber wenn ich dazu etwas sagen darf: Das, was Sie heute früh gehört haben, habe ich nicht gehört. Ich habe gerade formuliert, wie ich es gerne sehen würde. Ich gebe Ihnen natürlich Recht: Wenn das der Weg ist, der eingeschlagen werden soll, dann ist es 100-prozentig der falsche Weg. - Vielen Dank.
Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. - Jetzt hat der Abgeordnete Herr Kley das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manchmal ist eine Aktuelle Debatte aktueller als die Realität. Ich möchte an den Antrag erinnern, der eigentlich davon ausging, den Schwung von Kopenhagen zu nutzen. Bislang ist - dieses Resümee haben auch meine Vorredner gezogen - von diesem Schwung von Kopenhagen noch nicht allzu viel zu spüren, auch wenn wir alle durchaus optimistisch sind, dass die Nationen dieser Welt die Bedeutung des Themas erkennen und bereit sind, gemeinsam einen Beitrag zu leisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage ist immer wieder, wo die Hauptstoßrichtung liegt und um welche Themen man sich kümmern muss; denn sowohl die Frage des Klimaschutzes als auch die Frage der Anpassung an den Klimawandel können durchaus unterschiedlich beantwortet werden.
Wir haben gerade eben bei der Frage von Herrn Dr. Köck gemerkt, dass der Bau von höheren Deichen sehr wohl eine Anpassung an den Klimawandel darstellt, weil viele Regionen dieser Welt durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht sind. Dass dies mit Klimaschutz aber nichts zu tun hat, darin muss ich Ihnen Recht geben.
Wir müssen einerseits immer wieder darüber nachdenken, dass wir zurzeit die klare Tendenz haben, dass die Jahresdurchschnittstemperatur weltweit ansteigt, und dass natürlich auch die Frage nach dem Abschmelzen der Gletscher, nach dem Anstieg des Meeresspiegels
und nach der erhöhten Vulnerabilität in der Atmosphäre zu stellen ist. Es ist aber andererseits nicht völlig klar, wie hoch der anthropogene Anteil an dieser Veränderung ist.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, empfinde ich es als Naturwissenschaftler immer als etwas begeisternd, wenn Bundespolitiker davon reden, dass sie in der Koalitionsvereinbarung vereinbart hätten, das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten. Ich weiß nicht, ob die Natur bereit ist, sich an Koalitionspapiere zu halten.
Wir sollten, glaube ich, ein wenig mehr Demut angesichts dessen üben, was wir zu leisten in der Lage sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichtsdestotrotz ist das Thema der Endlichkeit der kohlenstoffbasierten Energieträger immer wieder zu behandeln, ist die Frage der Einflussnahme des Menschen auf die Natur jederzeit neu zu stellen. Auch in Verantwortung für die nachfolgenden Generationen ist es für uns wichtig, möglichst wenig Einfluss zu nehmen auf die Natur, die uns umgibt, möglichst viel wieder zurückzugeben und dementsprechend die Ressourcen für diejenigen zu erhalten, die sie später vielleicht noch einmal dringend brauchen werden.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir uns auch in der Debatte in diesem Landtag nicht allzu sehr damit abgeben, wie die Entwicklungshilfe der Bundesrepublik verändert werden kann und welchen Beitrag wir leisten können, um in anderen Ländern dieser Erde wesentliche Effekte zu erzielen. Vielmehr sollten wir uns an den alten Greenpeace-Spruch halten: Think global - act local!
Ich muss Frau Hunger in Ihrer Kritik durchaus Recht geben, wenn sie sagt, dass diese Landesregierung bislang doch ein eindeutiges, durchgängiges Konzept sowohl des Klimaschutzes als auch der Anpassung an den Klimawandel vermissen lasse.
Sehr geehrter Herr Minister Aeikens, die ständigen Vergleiche mit den Zahlen aus dem Jahr 1990 können wir uns, so glaube ich, sparen. Wir wissen, wie diese CO2Reduktion zustande gekommen ist. Das kann nicht das Maß aller Dinge sein.
Wir müssen stattdessen darüber nachdenken, wie wir in der heutigen Zeit auch gerade als öffentliche Hand Einfluss nehmen und ein Beispiel geben können in Fragen der Beschaffungswirtschaft, unserer eigenen Bauten oder der Verkehrswirtschaft.
Sehr geehrte Frau Kollegin Hunger, da ist es manchmal ungünstig, etwas zu kritisieren, was einem aus Naturschutzgründen nicht gefällt, was aber durchaus der Schonung von Ressourcen dient. Ich möchte hier den Ausbau der Elbe und der Saale nennen. Schifffahrt ist bezüglich des Energieverbrauchs pro Tonne viel sinnvoller als der Straßenverkehr oder die Schiene. Das ist natürlich das klassische Dilemma zwischen Naturschutz und Umweltschutz: Was man auf der einen Seite nicht will, kann auf der anderen Seite sehr nutzbringend sein. Die Diskussion über den Klimawandel ist natürlich dazu angetan, erneut eine Abwägung zu treffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann aber von der Regierung auch durchaus erwarten, dass im Landesentwicklungsplan klare Schwerpunkte gesetzt
werden. Da vermissen wir einiges. Ein einheitliches Konzept der Landesregierung zum Umgang mit Klimaschutz, mit Klimafragen ist auch zu vermissen. Es gibt keinen verantwortlichen Minister, der bei Entscheidungen an irgendeiner Stelle ein Vetorecht hätte, sondern jedes Haus trifft seine eigenen Entscheidungen nach eigenen Entscheidungsgrundsätzen.
So passiert es dann, dass Bauten der öffentlichen Hand durchaus nach den Jahreskosten erstellt werden und nicht die langfristige Laufzeitbetrachtung erfolgt. Wir haben erst neulich einige Bauten errichtet, bei denen man durchaus hätte Energie einsparen können, bei denen dann aber die Erstellungskosten deutlich höher gewesen wären und deshalb davon abgesehen wurde.
Zur Beschaffungswirtschaft: Warum werden große Fahrzeugflotten nicht zuallererst nach ihrem Verbrauch eingestuft? Warum werden dabei nicht innovative Energieträger einbezogen, sondern jeweils noch alte Beschaffungsgrundsätze verfolgt?
Zum Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs: Wir haben am gestrigen Tage eine Änderung im Finanzausgleichsgesetz erlebt, nach der Zuwendungen, die früher für den ÖPNV separat in die Gemeinden kamen, jetzt in der Gesamtmasse verschwinden. Hierbei wurden also die Anreizsysteme ins Negative geändert. Da stellt sich die Frage: Ist das das Ziel der Landesregierung, oder wurde wieder einmal nicht aufgepasst?
Auch bezüglich des Ausbaus der Strecken in SachsenAnhalt sowie der Aufrechterhaltung von Bahnstrecken, die langfristig einfach ökologisch günstiger sind, ist nicht immer das klare Ziel zu spüren. Fahrplanwechsel führen in der Neuzeit in den seltensten Fällen dazu, dass sich Verbindungen verbessern. Häufig wird hier zugunsten von Bussen abgebaut, oder Strecken werden einfach stillgelegt.