Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Hinsichtlich der anderen vier Strecken - das möchte ich auch sagen; der Ausschuss wird sich dann auf der Grundlage des Antrages der Koalitionsfraktionen mit den anderen Strecken beschäftigen - haben wir von Fachleuten Machbarkeitsstudien anfertigen lassen. Ich sage eines: Strecken, auf denen auch in Zukunft Güterverkehr betrieben wird, werden wir selbst bei niedrigen Fahrgastzahlen nicht abbestellen; denn jede Tonne, die wir auf die Schiene bringen, ist noch eine Tonne zu wenig. Da müssen noch mehr Tonnen auf die Schiene. Deshalb werden wir diese Strecken nicht abbestellen.

(Beifall bei der CDU)

Denn, meine Damen und Herren - das muss in diesem Hohen Hause einmal gesagt werden -, wir subventionieren über den Schienenpersonennahverkehr auf diesen Strecken indirekt den Güterverkehr. Wenn wir auf diesen Strecken den Schienenpersonennahverkehr abbestellen, dann gehen die Kosten von DB Netz auf DB Cargo über. Dann wird der Güterverkehr zu teuer und dann werden

die Waren natürlich nicht mehr auf der Schiene, sondern auf der Straße transportiert, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Für das Land Sachsen-Anhalt kann ich die Zahl 500 nennen. Ich habe die herzliche Bitte, dass wir einmal eines machen: Wir müssen uns einmal die Zahlen ansehen, wo der Grenzwert 500 unterschritten wird. Wenn wir den Grenzwert 500 zugrunde legen würden, dann würden wir in Sachsen-Anhalt noch über ganz andere Strecken reden. Das muss einmal ausgesprochen werden. Das wollen wir gar nicht. Wir wollen dort, wo es möglich ist, zwischen den zentralen Orten nach wie vor den Schienenpersonennahverkehr gewährleisten.

Wenn wir über den Nahverkehr insgesamt reden, meine Damen und Herren, dann gehört natürlich auch der Bus dazu. Jetzt sage ich Ihnen eines: Auf der Strecke, die wir abbestellen, werden pro Tag 15 Busse im Stundentakt fahren. Wir werden Osterfeld anbinden. Wir fahren in die Orte hinein. Wenn Sie mit der Bevölkerung vor Ort sprechen, werden Sie hören, dass sie eine bessere Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr haben als mit der Schiene. Das ist so.

(Beifall bei der CDU)

Das tut doch weh. Denken Sie, es macht Spaß, dort hinzugehen und sagen zu müssen, diese Strecke müssen wir abbestellen? Aber wir suchen alternative Lösungen. Alternative Lösungen sind in diesem Fall landesbedeutsame Buslinien. Diese richten wir ein. Sie werden in die Orte hineinfahren, die Bürger mitnehmen und auch nach Zeitz bringen. Und Zeitz wird nicht abgeklemmt. Es geht von Zeitz weiter nach Leipzig über diese Verbindung, die existiert doch.

Also unter dem Strich noch einmal: Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir diese Strecke zum Ende des Jahres aus wirtschaftlichen Gründen abbestellen müssen.

Ein Zweites möchte ich noch sagen, weil hier immer anklingt, dass wir diejenigen seien, die nicht weiter aufbauen: Wir haben eine Strecke nach Wangen erweitert, mit einem Haltepunkt. Ich sage Ihnen: Auch das ist eine Gratwanderung.

Zu den Regionalisierungs- und Tourismusmitteln. Die Regionalisierungsmittel sind für den Schienenpersonennahverkehr vorgesehen und nicht für den Tourismus. Aber wir sind sehr froh, wenn wir den touristischen Teil erschließen.

Jetzt haben wir ein Problem. Bis Wangen haben wir die Strecke ausgebaut. Ich denke, das ist eine sehr vernünftige Sache; das wird sehr gut angenommen. Jetzt müssen wir die Strecke nach Artern erweitern. Wir wollen damit Thüringen von der anderen Seite her anschließen. Nun müssen Sie mit den Thüringern verhandeln. Den Thüringern müssen Sie etwas entgegenbringen, damit sie mitmachen. Mit dem letzten Minister sind wir uns jedenfalls nicht einig geworden.

Das wird unsere Aufgabe sein. Ich bitte die Parlamentarier, dafür zu sorgen, dass wir die Verbindung nach Artern wieder aufbauen können, damit auch von der thüringischen Seite her im Prinzip Wangen und die Himmelsscheibe von Nebra angeschlossen werden können.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass wir auch etwas für den Süden tun. Ich denke, wenn das zum Tragen

kommt, dann werden wir uns dort mit dem Angebot sehen lassen, das wir vorbereiten.

Eine vorletzte Anmerkung: Es gibt dort einen Verein Unstrut-Bahn. Der hat sich schon bei mir gemeldet. Wenn sie ein vernünftiges Konzept vorlegen, dann kann man sich über vieles unterhalten. Man kann sich darüber unterhalten, ob man das touristisch weiter betreibt oder nicht.

Ein Letztes zu der Anbindung nach Thüringen in das ostthüringische Netz, das jetzt ausgeschrieben wird. Sie haben eben gefragt, warum wir nicht dabei sind. Das kann ich Ihnen sagen: Wir sind mit 6 % an der Strecke beteiligt. Die Thüringer schreiben das aus. Sie gehen doch wohl nicht davon aus, dass der Freistaat Thüringen wegen 6 % die Ausschreibungen ändert? - Das schaffe selbst ich nicht, und das bedeutet einiges.

(Heiterkeit im ganzen Hause - Zustimmung bei der CDU)

Man muss hier auch einmal mit Selbstbewusstsein antreten.

(Frau Bull, DIE LINKE: Sonst klappt es eh nicht! - Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Scherz beiseite. Der Punkt ist, dass 94 % der Strecke in Thüringen liegen und 6 % bei uns. Die Ausschreibung läuft europaweit. Da werden die das nicht wegen dieser 6 % ändern. Das heißt, wir müssen mit den Thüringern reden. Wir kommen uns auch ein Stück näher; das werden wir hinbekommen.

Also nochmals: Ich bitte Sie, den Antrag abzulehnen und den Antrag der Koalitionsfraktionen mitzutragen, damit wir uns im Ausschuss über all diese Probleme bis hin zur Wiederinbetriebnahme unterhalten können. Das betrifft zum Beispiel die Reaktivierung der Strecke Bad Schmiedeberg - Wittenberg, zwar mit einem anderen, aber das kostet uns weniger. Auch auf der Strecke Aken - Köthen wird es in Zukunft mit Sicherheit wieder zu einer Belebung kommen. Eine Wiederbelebung wird es überall dort geben, wo Güterverkehr stattfindet. Wenn sich dann zusätzlich noch Personenverkehr ergibt, habe ich kein Problem mit.

Aber Parallelverkehre können und wollen wir uns nicht leisten. Deshalb wird es ein riesiges Angebot hinsichtlich der Busangebote in der Region geben. Ich denke, dann werden wir zufrieden sein und auch die Bürger, die von A nach B transportiert werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Daehre. - Wir hören jetzt die Beiträge der Fraktionen. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Doege. Bitte schön, Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Da der Verkehrsminister inhaltlich bereits alles gesagt hat, was man zu diesem Thema sagen kann, möchte ich meine Rede gern zu Protokoll geben. Ich bitte Sie, dem Antrag der Koalitionsfraktionen, also dem Alternativantrag, Ihre Zustimmung zu erteilen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. Das ist genehmigt.

(Zu Protokoll:)

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE hat uns etwas verwundert; denn bereits in der letzten Sitzung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr haben wir über geplante Veränderungen im Schienenpersonennahverkehr zum Fahrplanwechsel im Dezember 2010 gesprochen.

Wir waren uns einig, das Thema auf der Grundlage eines Antrages auf Selbstbefassung im April zu vertiefen. Inhaltlich soll es dabei insbesondere um die im Rahmen der Überarbeitung des ÖPNV-Plans durchgeführten Machbarkeitsstudien für fünf Kursbuchstrecken gehen. Diese wären:

KBS 259 Magdeburg - Loburg KBS 342 Köthen - Aken KBS 551 Naumburg -Teuchern KBS 588 Merseburg - Schafstädt KBS 592 Berga-Kelbra -Stollberg

Im Ergebnis der durchgeführten Machbarkeitsstudien wurde durch das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr angekündigt, eine Strecke, nämlich die zwischen Naumburg und Teuchern über Stößen, abzubestellen.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE verfolgt nun ganz offensichtlich das Ziel, die Abbestellung dieser Bahnstrecke verhindern zu wollen. Ein Blick in den Fahrplan verrät, dass der weit überwiegende Teil der Bahnverbindung Zeitz -Teuchern - Naumburg bereits heute über Weißenfels verläuft. An Wochentagen fahren über Stößen je Richtung fünf Züge. Am Wochenende ist der Verkehr bereits heute eingestellt.

Was die Kursbuchstrecke 558 betrifft, so möchte ich darauf verweisen, dass es der Freistaat Thüringen war, der sich gegen die Integration in das Netz SachsenAnhalt Süd entschieden hat und seinen Streckenabschnitt nicht mehr bestellte.

Wenn ich mir den Verlauf der Kursbuchstrecken anschaue, so stellt sich mir die Frage, welche sinnvollen Gründe es geben sollte, die Verbindungen in das Schienenpersonennahverkehrsnetz Ostthüringen einzubinden. Abgesehen davon kann Sachsen-Anhalt seine Kursbuchstrecken nicht einfach in andere Schienenpersonennahverkehrsnetze integrieren, zumal wenn diese - wie die Kursbuchstrecke 551 - das andere Bundesland noch nicht einmal tangieren.

Auch ist mir völlig unklar, wie man auf den Gedanken kommen kann, von einem Dreieck Gera - Zeitz - Leipzig zu sprechen. Es handelt sich hier um eine relativ gerade verlaufende Bahnstrecke entlang der Weißen Elster, die beim besten Willen nichts mit einem Dreieck zu tun hat. Ebenso ist die von Ihnen heraufbeschworene Lücke nicht erkennbar; denn die Strecke Zeitz - Weißenfels und damit auch die Anbindung an Naumburg ist keineswegs in Frage gestellt. Die Verbindung Zeitz - Naumburg über Weißenfels ist sogar fünf Minuten kürzer.

Letztlich bleibt mir nur die Schlussfolgerung, dass es sinnvoller gewesen wäre, wenn DIE LINKE die Berichterstattung über die Machbarkeitsstudie abgewartet hät

te. Nichtsdestotrotz werden wir uns entsprechend dem Alternativantrag der Regierungsfraktionen in der nächsten Ausschusssitzung mit den Machbarkeitsstudien auseinandersetzen und die Thematik umfassend vertiefen.

Zur Abbestellung der Bahnlinie lassen Sie mich abschließend noch sagen, dass es sicherlich keinem Verkehrsminister leicht fällt, Bahnlinien aufzugeben. Die demografische Entwicklung in unserem Land und die Notwendigkeit zur Konsolidierung des Haushaltes zwingen uns aber, den Bedarf den Erfordernissen anzupassen.

Im Mittelpunkt des ÖPNV steht die Wahrnehmung der Aufgabe der Daseinsvorsorge und wir dürfen nicht verkennen, dass der Bus mit zum Beispiel mehreren Haltepunkten in einem Ort auch Vorteile hat.

Für eine älter werdende Gesellschaft spielt die Entfernung von der Haustür zur Haltestelle zunehmend eine Rolle. In diesem Sinne gehen wir davon aus, dass die Versorgung der Bevölkerung durch einen qualitativ hochwertigen ÖPNV auch für die betreffenden Orte erhalten bleibt und bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Jetzt spricht für die FDP-Fraktion Herr Dr. Schrader.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, die Rede zu Protokoll zu geben,

(Zuruf von der CDU: Schade!)

ich habe aber auch nicht die Absicht, allzu viel zu sagen. Aber auf ein, zwei Punkte möchte ich doch näher eingehen.

Meine Damen und Herren! Individuelle Mobilität ist ein Grundbedürfnis. Der öffentliche Personennahverkehr ist für viele Menschen wichtig, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Ob nun mit dem Bus oder auf der Schiene, das sei einmal dahingestellt.

Herr Heft, der Vergleich, den Sie gebracht haben, zwischen einer Straße, die nicht entsprechend befahren ist, und der Schiene hinkt. Er ist nicht angemessen und auch nicht zielführend.

Trotzdem hat die Schiene natürlich ihre Besonderheit. Eines ist klar: Bei einem Bahnhof geht es, wenn eine Schienenanbindung nicht mehr da ist, weil sie abbestellt wird, ans Eingemachte; denn ein Bahnhof ist für viele Menschen in einer Stadt auch ein Statussymbol. Wenn der Bahnhof wegen fehlender Schienenanbindung weg ist, dann ist das, obwohl er gar nicht gebraucht wird, doch eine wesentliche Einschränkung für den Bürger in seinem unmittelbaren Umfeld.

Die Hintergründe der heute zur Beratung stehenden Schließung der Strecke Naumburg - Teuchern - Zeitz hat der Minister eingehend erläutert. Das erscheint durchaus nachvollziehbar, auch wenn man sich die Unterlagen und die Veröffentlichungen, die es dazu gegeben hat, anschaut.