Protokoll der Sitzung vom 09.09.2010

Sehr geehrter Herr Dr. von Bose, ich möchte Ihnen an dieser Stelle ganz herzlich für den gewohnt ausführlichen und fundierten Tätigkeitsbericht für den Zeitraum April 2007 bis Ende März 2009 danken.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Aber auch die Stellungnahme der Landesregierung zu den Ausführungen des Landesdatenschutzbeauftragten ist heute Diskussionsgrundlage. Lassen Sie mich deshalb zunächst einige allgemeine Ausführungen machen und danach kurz auf einige wichtige Bereiche eingehen.

Im Gegensatz zur Stellungnahme der Landesregierung zum letzten Tätigkeitsbericht hat die Landesregierung ganz ohne Zweifel in ihrer Wortwahl abgerüstet. Das ist zu begrüßen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Hövelmann! Aber die Landesregierung scheint in ein anderes Extrem verfallen zu sein. Bei diesem Bericht setzt die Landesregierung sich mit Themen, die Gegenstand besonderer Beratungen hier im Landtag waren, gar nicht auseinander, wenngleich Sie, Herr Minister, in Ihrer Rede wieder darauf hingewiesen haben. Ich möchte aus der Vorbemerkung der Stellungnahme der Landesregierung zitieren:

„Aus Achtung vor dem Parlament unterbleibt schließlich auch eine Auseinandersetzung mit kritischen Aussagen des Landesbeauftragten für den Datenschutz zu verabschiedeten Bundes- oder Landesgesetzen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wozu brauchen wir denn eigentlich eine Stellungnahme der Landesregierung, wenn sie sich nicht kritisch auch mit dem auseinandersetzt, was der Landesbeauftragte aufzeigt? Gerade aus dem Bericht des Landesbeauftragten und der Stellungnahme der Landesregierung ergibt sich doch für das Parlament ein gesamter Einblick in das Datenschutzrecht.

Und, Herr Minister, ich kann es Ihnen nicht ersparen, auch darauf hinzuweisen, dass Sie zu wichtigen Punkten, zum Beispiel zur Videoüberwachung auf öffentlichen

Plätzen, zur Videoüberwachung am Hasselbachplatz in Magdeburg bzw. zur Videoaufzeichnung für künstlerische Zwecke, gar nichts oder sehr wenig gesagt haben, wozu aber der Landesbeauftragte für den Datenschutz sehr viel gesagt hat.

Auf der anderen Seite finden sich in der Stellungnahme der Landesregierung aber Ausführungen zu Sozialdaten auf Laptops. Da heißt es zum Beispiel in Ihrer Stellungnahme - ich zitiere -:

„Außerdem ist beim Einsatz von Laptops der Grundsatz der Datensparsamkeit strikt zu beachten.“

Das nenne ich mal eine Stellungnahme, Herr Minister. Ich hoffe, dass das viele Kollegen auch gelesen haben.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei einer solchen Stellungnahme der Landesregierung stellt sich schon die Frage, welchen Wert diese Stellungnahme hat, weil wir den eigentlichen Zweck nicht erreichen können.

Ich will noch ganz kurz auf einige datenschutzrechtliche Probleme eingehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um den Datenschutz in Sachsen-Anhalt ist es gut bestellt, sowohl was die Arbeit von Herrn von Bose und seinen Mitarbeitern betrifft, als auch den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich. Aber nichts, was gut ist, kann nicht noch in den nächsten Jahren verbessert werden. Deshalb darf ich an dieser Stelle die Landesregierung ein Stück weit beim Wort nehmen. Sie haben in Ihrer Stellungnahme gesagt - ich zitiere -:

„Das erstarkte Datenschutzbewusstsein der Allgemeinheit wird Ansporn sein, die Novellierung des Datenschutzrechts in Bund und Ländern in den nächsten Jahren konsequent und zukunftsweisend fortzuführen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf der FDP zur Zusammenlegung der Datenschutzkontrolle gehen wir diesen einen Schritt. Mit der Novellierung des Arbeitnehmerdatenschutzes auf Bundesebene gehen wir einen weiteren Schritt.

Ich bin mir sicher, dass wir auch bei der restlichen Regulierung, die von den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern bereits angedeutet wurde, in den nächsten Jahren den Datenschutz auf eine bessere Grundlage bringen, immer zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und immer in dem Werben für das Bewusstsein, mit seinen eigenen Daten so sorgsam umzugehen, wie es jemand, der vernünftig ist, tun würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht des Landesdatenschutzbeauftragten findet unsere Zustimmung. Deshalb bittet Sie auch die FDP-Fraktion um Kenntnisnahme. Lassen Sie uns gemeinsam für einen besseren Datenschutz in den nächsten Jahren weiter streiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kosmehl. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Rothe.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklung hin zur Informationsgesellschaft ist unaufhaltsam und sie ist grundsätzlich zu begrüßen. Wichtig ist, dass die Datenschutzmechanismen dabei mithalten, dass sie entsprechend der technischen Innovation fortentwickelt werden.

Angesichts der wachsenden Datenflut und der elektronischen Neuerungen, die manchmal zu Missbrauch einladen, gilt es weiter, ein wachsames Auge auf den Umgang mit personenbezogenen Daten zu haben. Deshalb schließe ich mich dem Dank meiner Vorredner an den Datenschutzbeauftragten und seine Mitarbeiter gerne an.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf)

Anlass zu großen Sorgen, was den Datenschutz im öffentlichen Bereich angeht, sehe ich persönlich nicht. Der Bericht des Datenschutzbeauftragten und die umfassende Stellungnahme der Landesregierung machen deutlich: Die Sensibilität für den Datenschutz in der Landesverwaltung von Sachsen-Anhalt nimmt zu und nicht ab.

Die Zurückhaltung in der Stellungnahme, Herr Kosmehl, ist ja eine punktuelle. Ich will auch dem Punkt „Hundegesetz“ gar nicht ausweichen. Da hat der Datenschutzbeauftragte in der Tat kritisch angesprochen, dass wir hier ein zentrales Register für alle Hunde eingeführt haben.

Herr Kollege Kolze, dieses Hundegesetz wird noch Generationen von Hunden an unsere Tätigkeit gemahnen. Wir konnten uns nicht darauf verständigen, für bestimmte Hunderassen unabhängig vom Bestehen des Wesenstests halterbezogene Pflichten festzulegen.

(Zuruf)

Bei bestandenem Wesenstest unterliegt die Haltung dieser Hunde keinerlei Beschränkungen. Das ist im Augenblick der Gesetzesstand. Stattdessen beinhaltet das Gesetz die Registrierung sämtlicher Hunde. Das ist natürlich mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden. Das wird von Herrn Dr. von Bose zu Recht auch kritisch angesprochen.

Der Eingriffscharakter eines solchen zentralen Hunderegisters ist nach meinem Dafürhalten gleichwohl begrenzt und ich halte es für datenschutzrechtlich zumindest vertretbar. Nach meiner Meinung ist es erlaubt, so zu verfahren, und Sachsen-Anhalt ist auch nicht das einzige Land, das das so macht.

Gleichwohl verstehe ich die fortdauernden Bedenken des Datenschutzbeauftragten. Natürlich werden wir seine Einwände berücksichtigen, wenn wir nach Ablauf des Evaluierungszeitraums, also irgendwann in der nächsten Legislaturperiode, die Gesetzesfolgen auswerten und erforderlichenfalls Korrekturen vornehmen.

Meine Damen und Herren! Für die zukünftige Entwicklung des Datenschutzes von großer Bedeutung wird die Zusammenführung der Zuständigkeiten für den öffentlichen und den nichtöffentlichen Bereich sein, der derzeit noch vom Landesverwaltungsamt betreut wird. Zugleich wird über eine gemeinsame unabhängige Datenschutzeinrichtung für die drei Länder Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen beraten. Wir sollten uns die Zeit nehmen, beide Reformmaßnahmen gemeinsam umzusetzen.

Ich plädiere hier für eine Reform aus einem Guss. Wenn wir erst nur die Zusammenführung der Zuständigkeiten für den öffentlichen und den nichtöffentlichen Bereich vornehmen, besteht die Gefahr, dass die Schaffung einer gemeinsamen Einrichtung für die drei mitteldeutschen Länder auf die ganz lange Bank geschoben wird.

Ich denke, wir sollten die Gelegenheit der infolge der europäischen Rechtsprechung erforderlichen Strukturreform nutzen, um das eine zugleich mit dem anderen zu erreichen. Natürlich muss man sich dann zeitnah darauf verständigen, Herr Kosmehl, dass man das so will. Ich hoffe, dass das in den nächsten Monaten gelingt.

Wir werden ja im Innenausschuss am 27. Oktober ein Gespräch mit den Vorsitzenden der Innenausschüsse aus Dresden und Erfurt führen. Die Vorsitzenden der Innenausschüsse stehen dem Anliegen aufgeschlossen gegenüber. Von den Innenministern der drei mitteldeutschen Länder gibt es entsprechende Signale, wie Herr Hövelmann im Innenausschuss berichtet hat.

Die Datenschutzbeauftragten Sachsens und Thüringens waren zu unserer Anhörung im Innenausschuss am 26. August 2010 eingeladen, haben aber von diesem Gesprächsangebot leider keinen Gebrauch gemacht.

Anwesend war unter anderem der Datenschutzbeauftragte des Landes Hessen, Herr Professor Ronellenfitsch, der sich dahin gehend äußerte, dass die Europäische Gemeinschaft innerhalb der nächsten vier Monate einen Bericht darüber haben will, was die Deutschen getan haben, um das Urteil des Europäischen Gerichtshofes umzusetzen.

Wenn man bedenkt, wie viel Zeit sich die europäischen Institutionen für die Entscheidungsfindung gelassen haben, dann genügt es vollauf, wenn zum Jahresende ein Bericht über den Beratungsstand in den deutschen Bundesländern erfolgt.

Wie gesagt, ich will das nicht auf die lange Bank schieben. Ich will, dass beides gemeinsam beschlossen und umgesetzt wird. Ich stelle mir vor, dass die Parlamente der drei mitteldeutschen Länder jeweils mehrheitlich zu der Einschätzung gelangen: Wir wollen die Landesregierungen auffordern, einen Staatsvertrag auszuhandeln, in dem eine gemeinsame Behörde, ein gemeinsamer Datenschutzbeauftragter mit der erforderlichen Unabhängigkeit für die drei mitteldeutschen Länder eingerichtet wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Rothe. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten ein in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/2628. Dem Landtag wird empfohlen, beide Berichte zur Kenntnis zu nehmen. Wer stimmt dem zu? - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 7 erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Rechtsvorschriften im öffentlichen Personennahverkehr

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/2736

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2826

Einbringer des Gesetzentwurfes der Landesregierung ist Minister Dr. Daehre. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg einige Anmerkungen, bevor wir zu dem eigentlichen Gesetzentwurf kommen.

Ich denke, wir stimmen alle darin überein, dass der öffentliche Personennahverkehr Teil der Daseinsvorsorge ist und dass wir eine gesellschaftliche Verpflichtung haben, dafür zu sorgen, dass wir für diejenigen, die nicht am Individualverkehr teilnehmen, aber trotzdem mobil sein wollen, die optimalen Bedingungen schaffen. - Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Wenn wir über den öffentlichen Personennahverkehr reden, reden wir ganz schnell über Geld. Deshalb vorweg einige Anmerkungen.