Protokoll der Sitzung vom 10.09.2010

Da kann die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage vom Juli 2010 nicht zufrieden stellen, wenn man sich auf die Beobachtung der Personalsituation angesichts der Abwanderung von Fachkräften beschränken will. Insofern regen wir noch einmal an, auf Bundesebene zu klären, wie die Pflegekassen auf eine sichere finanzielle Basis gestellt werden sollen und gestellt werden können. Wir sehen eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung als eine solche sichere Finanzierungsgrundlage an.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Danke sehr, Herr Dr. Eckert. - Für die SPD-Fraktion spricht Frau Dr. Späthe. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sie haben bereits beim Zuhören bemerkt, dass es sich doch um eine relativ schwierige und spezifische Materie handelt. Ich versuche noch einmal, Licht in das Dunkel zu bringen. Jedenfalls habe ich das Herrn Dr. Fikentscher versprochen, und er ist gerade nicht da.

Der vorliegende Antrag lautet - ich komme noch einmal auf das eigentliche Thema zurück - sicherzustellen, dass der Abschluss der Altenpflegeausbildung nach sachsenanhaltischem Landesrecht als gleichwertig mit den Abschlüssen nach Bundesrecht anerkannt wird. Die formalrechtliche Gleichstellung kann nicht gemeint sein - das hat Herr Minister Bischoff schon gesagt -, sie ist seit 2003 in einem Bundesgesetz abschließend geregelt.

Auch in Sachsen-Anhalt haben die vor 2006 fertig ausgebildeten Altenpfleger das Recht, die Berufsbezeichnung Altenpflegerin oder Altenpfleger zu führen und in der Altenpflege ambulant und stationär tätig zu sein. Sie können natürlich auch Leitungsfunktionen in der Altenpflege übernehmen.

Dennoch muss es ein Problem geben, das der FDP während ihrer Sommertour angetragen wurde und das sie veranlasst hat, diesen Antrag zu stellen. Worin besteht dieses Problem?

Ambulante Pflegedienste erbringen heute eben nicht nur Pflegeleistungen und Dienstleistungen im häuslichen Bereich. Moderne Pflegedienste sind im Bereich der Altenpflege nach SGB XI und in der häuslichen Krankenpflege bis hin zur Krankenhausersatzpflege nach SGB V unterwegs. Das bedeutet, die Pflegekassen schließen mit den Pflegediensten nicht nur Verträge zur Pflege nach SGB XI, sondern eben auch Versorgungsverträge nach SGB V ab.

Für die Festlegung von Rahmenbedingungen hierzu haben die Verbände der Pflegedienste und der Pflegekassen Rahmenverträge abgeschlossen. Diese Verträge werden von den Pflegekassen ausgehandelt und beinhalten neben anderen Qualitätsanforderungen auch die Qualifikationsanforderungen an das Leitungspersonal des entsprechenden Dienstes.

Die Pflegekassen und die Patienten in Sachsen-Anhalt erwarten zu Recht von der Leitung eines Pflegedienstes eine Ausbildung im Bereich der häuslichen Krankenpflege nach SGB V, und zwar dann, wenn der Pflegedienst auch auf diesem Gebiet und nicht nur auf dem Gebiet der klassischen Altenpflege tätig werden möchte.

Eine Pflegedienstleiterin im ambulanten Pflegedienst ist zuständig für die Anleitung des Personals, für die Kontrolle und für die Einhaltung der Qualität. Deshalb muss sie über diese Kenntnisse verfügen. Genau diese Ausbildung war in der Landesregelung Sachsen-Anhalt nicht in dem Umfang wie in der bundeseinheitlichen Regelung ab 2003 enthalten.

Insofern sind eben die in Rede stehenden Ausbildungsgänge bis zum Jahr 2003 nicht gleichwertig, weder vom Umfang noch von den Ausbildungsinhalten her. Das führt in der Praxis durchaus zu Problemen. Der Antrag hat die Probleme mit den Pflegedienstleitungen in Bezug auf die häusliche Krankenpflege aufgegriffen.

Das Problem besteht darin, dass in Sachsen-Anhalt Altenpfleger mit einem Abschluss, der vor dem Jahr 2006 erlangt wurde, trotz Berufserfahrung und trotz abgeschlossener Pflegedienstleiter-Zusatzausbildung nicht von den Pflegekassen als Pflegedienstleiter für SGB-VLeistungen zugelassen werden. Das ist das absolute und eigentliche Problem, das angesprochen werden sollte. In Sachsen-Anhalt führt eine erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung für den Bereich der häuslichen Krankenpflege eben nicht immer zur Zulassung als Pflegedienstleiter.

Das kann so sein, weil in Sachsen-Anhalt weder durch eine vertragliche Einigung zwischen den Verbänden und den Pflegekassen noch durch eine Rechtsverordnung des Ministeriums geregelt ist, wie und wie lange eine Ausbildung zu absolvieren ist, damit die Qualifikation im Bereich der häuslichen Krankenpflege anerkannt wird und ein Anspruch darauf besteht, als Pflegedienstleiter zugelassen zu werden.

In den umliegenden Bundesländern wie in Sachsen und Brandenburg - das wurde angesprochen - ist dies geregelt, sodass jeder, der in der Nähe einer Landesgrenze wohnt, weiß: In Schkeuditz kann ich Pflegedienstleiter im ambulanten Bereich werden; ob ich es in SachsenAnhalt werde, weiß ich nicht. - Und genau deshalb laufen uns die Fachkräfte weg. Genau deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir uns dieses Problems annehmen.

Ebenso müssen wir zum Beispiel über die Altenpflegerausbildung und deren Finanzierung grundsätzlich sprechen. Die Frage der Einführung einer Ausbildungsumlage im Pflegebereich ist ernsthaft zu diskutieren. Insofern ist es gut, dass mit dem vorgelegten Antrag das Thema nun offiziell im politischen Raum angekommen ist. In der Hoffnung, das Ganze doch etwas erhellt zu haben, bitte ich Sie um Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Soziales.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Frau Dr. Späthe. - Herr Franke, wünschen Sie noch einmal das Wort?

Ich verzichte.

Sie verzichten. - Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren über die Drs. 5/2787. Es wurde eine Überweisung in den Ausschuss für Soziales beantragt. Ich sehe keine anderen Wünsche. - Wer der Überweisung der Drs. 5/2787 in den Ausschuss für Soziales zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Antrag überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 26 ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf:

Erste Beratung

Krankenhausunterricht für Kinder mit langwierigen psychischen Erkrankungen

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2790

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Dr. Eckert. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anlass dieses Antrags ist die konkrete Situation des Unterrichts im Krankenhaus bei langwierigen psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen. In mehreren Berichten des Psychiatrieausschusses wird diese Situation aufgegriffen und kritisch hinterfragt. So heißt es beispielsweise im Bericht über das Jahr 2008/2009, dass eine adäquate Krankenhausbeschulung im bisherigen System nicht geleistet werde.

Das bedeutet aber, dass Kinder und Jugendliche während der stationären oder teilstationären Therapie erhebliche Lücken in ihrem schulischen Werdegang in Kauf nehmen müssen. Das kann nicht so bleiben.

Während der Beratung über den Psychiatriebericht im Januar 2009 erklärte sich Herr Dr. Flechtner bereit, ein Konzept zur Verbesserung der Situation zu erarbeiten, über das dann im Sommer im Ausschuss mit dem Ziel beraten werden sollte, Veränderungen, so sie notwendig sind, wie dargestellt einzuleiten. Hervorheben möchte ich aber, dass Herr Dr. Flechtner angeboten hatte, dieses Konzept ehrenamtlich zu erstellen. Leider konnte er dieses Vorhaben aufgrund seiner beruflichen Belastung nicht realisieren.

Jedoch lag im März 2009 ein Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendpsychiatrie vor, der auch einen analytischen Abschnitt zum Klinikunterricht enthält. Deutlich wurde dabei, dass es keine Krankenhausschule gibt. Lediglich die Erteilung von Unterricht in angemessenem Umfang ist laut Gesetz vorgesehen. Weiter heißt es, erst ab einem mehrwöchigen Aufenthalt in einer Klinik steht den jungen Patienten ein Unterrichtsvolumen von vier bis sechs Wochenstunden zur Verfügung. Ist das angemessen? - Ich sehe das kritisch.

Die Unterrichtsversorgung erfolgt mittels abgeordneter Lehrkräfte. Im Jahr 2008 wurden 2 143 Kinder und Jugendliche stationär psychiatrisch behandelt. Die durchschnittliche Verweildauer betrug fast 52 Tage. Die vorhandenen Plätze wurden zu 95 % ausgelastet.

Frau Reinecke stellte dankenswerterweise im Juni 2010 in ihrer kleinen Anfrage ebenfalls fest, dass die Beschulungssituation in den klinischen Einrichtungen leider unbefriedigend sei. Insofern, Frau Reinecke, haben sich unsere Arbeiten ein wenig überschnitten.

Die Fakten wie auch die Einschätzung verschiedener Akteure sind der Hintergrund für die Forderungen in Nr. 1 unseres Antrags. Es gibt einen erheblichen Handlungsbedarf.

In den Beratungen über die Psychiatrieberichte sowie in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage von Frau Reinecke wurde ausgeführt, dass der Unterricht erlassgerecht erteilt werde. Das ist, so glaube ich, zugleich auch das Problem. Ich glaube, dass der Erlass in vielen Punkten tatsächlich erfüllt wird. Die Frage ist jedoch, entspricht der Erlass den Erfordernissen? - Wir meinen, nein.

In Kenntnis der konkreten kritischen Feststellungen des Psychiatrieausschusses hätte ich mir gewünscht, dass die Landesregierung darauf eingegangen wäre, wenn in der kleinen Anfrage gefragt wird, wie die Beschulung in den Einrichtungen bewertet werde.

Beispielsweise geht es um das Verfahren, schon im Frühjahr die Kontingente für das nächste Schuljahr anmelden zu müssen, oder um die Frage, warum dieser Unterricht so spät, in der Regel erst nach vier Wochen, einsetzt und auf so genannte Kernfächer beschränkt ist.

Nehme ich die Zahlen zum erteilten Unterricht, so werden im Durchschnitt pro Tag ein bis zwei Stunden Unterricht erteilt. Dies kann mit Blick auf die individuelle Situation sowie die Diagnose gut sein. Aber das ist eben der Durchschnitt. Das halten wir in dieser Form für nicht ausreichend.

Deshalb fordern wir unter Punkt 2 unseres Antrages die Landesregierung auf, ein Konzept zur Verbesserung des Krankenhausunterrichts vorzulegen. Nach meiner Kenntnis wird auch im aktuellen Bericht des Psychiatrieausschusses zur Beschulung in Kliniken Stellung genommen.

Mit der Annahme unseres Antrages wäre es möglich, im Januar 2011 im Sozialausschuss nicht nur den jährlichen Psychiatriebereicht zu behandeln, sondern sich auch mit den Fragen des Krankenhausunterrichts zu beschäftigen und einen Vorschlag der Landesregierung zur nachhaltigen Verbesserung des Krankenhausunterrichts zumindest zur Kenntnis zu nehmen, damit man weiterarbeiten kann.

Einige Kriterien, die bei der Erarbeitung wichtig sind, haben wir formuliert. Wichtig erscheint uns außerdem - wobei wir das für selbstverständlich halten und es deshalb nicht ausdrücklich formuliert haben -, wie die Landesregierung flexibel, frühzeitig und mit entsprechend ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern die individuelle Situation der Kinder und Jugendlichen, tatsächlich auf den Einzelfall bezogen, berücksichtigt bzw. berücksichtigen kann.

Nach unserer Kenntnis besteht nur in Einzelfällen eine Stammlehrerschaft. Auch ein spezielles Fortbildungsprogramm ist mir nicht bekannt. Seitens der Landesregierung wird eingeräumt, dass die Zusammenarbeit mit den Heimatschulen zu wünschen übrig lässt. Wie soll das positiv verändert werden? Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung hierbei? Diese und andere Fragen möchten wir vor allem konzeptionell ansprechen und beraten. Es wäre auch hilfreich, wenn gute Beispiele aus anderen Bundesländern zu dieser Problematik verallgemeinert werden könnten.

Damit bin ich bei Punkt 3 unseres Antrages. Er zielt darauf ab, mögliche positive Beispiele und Anregungen aus anderen Bundesländern zu diesem Thema aufzugreifen und sie für unsere Kinder und Jugendlichen fruchtbar zu machen.

Der Antrag sollte zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Bildungsausschuss überwiesen werden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr für die Einbringung, Herr Dr. Eckert. - Für die Landesregierung spricht Kultusministerin Frau Professor Wolff. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Organisation des Krankenhausunterrichts und das eingesetzte Unterrichtsvolumen in Sachsen-Anhalt sind vergleichbar mit den meisten anderen Bundesländern.

Krankenhausunterricht wird vor allem in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie in onkologischen Kliniken vorgehalten. Hier sind längere Behandlungszeiten die traurige Regel, während in anderen Kliniken die Behandlungszeiten nur im Einzelfall vier Wochen überschreiten. Nach einem längeren Klinikaufenthalt schließt sich häufig eine ambulante Behandlung an, sodass noch Hausunterricht oder Einzelunterricht erforderlich sind, ehe der reguläre Schulbesuch wieder aufgenommen werden kann.

Der Unterricht im Krankenhaus soll die Therapie unterstützen und vermitteln, dass die Erkrankung überwunden werden kann oder dass man mit ihr leben kann. Das klingt vielleicht überraschend, aber vielleicht sollte man

sich in diesem Zusammenhang vergegenwärtigen, dass Arbeitnehmer in ähnlichen Situationen schlichtweg krankgeschrieben sind und dann gar nicht arbeiten und nicht belastet werden dürfen, und das möglicherweise mit guten Gründen.

Da stationär aufgenommene Kinder und Jugendliche krank sind, ist auf jeden Fall davon auszugehen, dass sie schulisch nicht voll belastbar sind. Deshalb ist der Unterrichtsumfang geringer als für gesunde Schulpflichtige, was wiederum nahelegt, den Unterricht auf Kernfächer, vor allem Deutsch und Mathematik, zu konzentrieren.

Nochmals: Im Vordergrund steht die medizinische Behandlung und die soll unterstützt werden.