Das Land Berlin hat eine Initiative in den Bundesrat eingebracht, mit der vorgeschlagen wird, die Ehe für gleichgeschlechtliche Personen zu öffnen. Das, finde ich, ist die logische Konsequenz aus der Argumentation, die ich Ihnen vorgetragen habe. Das ist bei Weitem keine Seltenheit. Das gibt es in den Niederlanden, in Belgien, in Kanada, in Spanien - das habe ich vorhin schon gesagt -, in Südafrika, in Norwegen, in Schweden, in Portugal und seit Kurzem auch in Island. Ich finde, das ist eine gute Idee.
Meine Damen und Herren! Wir beantragen an dieser Stelle eine Direktabstimmung über den Antrag - das will ich gleich sagen -, weil eine Ausschussüberweisung schlichtweg keinen Sinn macht.
Der Bundesrat wird über die Initiative des Landes Berlin am 21. September 2010 entscheiden. Ich finde, der Landtag von Sachsen-Anhalt sollte ruhig einmal eine klare politische Position beziehen.
Danke, Frau Bull, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Bischoff. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE soll die Landesregierung aufgefordert werden, dem Antrag des Landes Berlin im Bundesrat zuzustimmen, wie es Frau Bull am Ende Ihrer Rede gesagt hat. Damit soll die Bundesregierung aufge
fordert werden, einen Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts vorzulegen.
Nachdem im Februar 2001 das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft getreten ist, hat es im Bereich der Gleichstellung von Personen, die in einer Lebenspartnerschaft leben, mit Personen, die in einer Ehe leben, eine Reihe von Veränderungen gegeben. Das Bundesverfassungsgericht - darauf beziehen sich viele in den letzten Monaten - hat in mehreren Urteilen festgestellt, dass eine Diskriminierung der Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe nicht gerechtfertigt ist. Das gilt zum Beispiel im Bereich der Hinterbliebenenversorgung, was das letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts betrifft. In diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber zu einer entsprechenden Nachbesserung aufgefordert.
Ich will an dieser Stelle einen kleinen Einschub machen: Ich habe im Sozialministerium - in meinem Redemanuskript steht immer: „in meinem Haus“, aber das sage ich nicht; denn es ist ja nicht mein Haus, sondern unser Haus -
auch Beamte, von denen mir einer gesagt hat, er habe anfangs eher eine andere Auffassung vertreten, weil er an der Grundauffassung festgehalten habe, dass die Ehe besonders geschützt werden solle. Im Laufe der Zeit habe er aber festgestellt, dass man es durch die Rechtsprechung, durch die vielen Entscheidungen auch des Bundesverfassungsgerichts juristisch eigentlich nicht mehr begründen könne, warum es noch einen Unterschied - darauf komme ich noch - geben sollte. Das müsse er als Jurist akzeptieren, weil er keine anderen Begründungen habe.
Es gibt also offensichtlich eine innere Auseinandersetzung zwischen dem, was auch nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts rechtlich möglich ist, und dem, was jeder für sich entsprechend den eigenen Wertvorstellungen für richtig hält. Darüber einen Konsens herzustellen, ist wahrscheinlich die eigentliche Schwierigkeit.
Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz wurden grundlegende Benachteiligungen von gleichgeschlechtlichen Paaren abgeschafft. Es wurde ihnen ermöglicht, ihre Beziehung zu legalisieren. Dies hat für die Paare, die sich entschieden haben, sich zu verpartnern - das ist auch ein schwieriges Wort -, eine Reihe von Verbesserungen und Klarstellungen im alltäglichen Leben bewirkt und hat darüber hinaus auch zu einer Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung geführt. Eine komplette rechtliche Gleichstellung mit der Ehe hat bisher allerdings nicht stattgefunden.
Es gibt noch immer Unterschiede zur Ehe. In den Bundesländern gibt es verschiedene Stellen, die für das Rechtsinstitut - so heißt es - der eingetragenen Partnerschaft zuständig sind. Es gibt für verpartnerte Personen zum Beispiel kein Ehegattensplitting bei der Aufteilung der Steuerklassen.
Die Beendigung der Verpartnerung erfolgt nicht durch Scheidung, sondern durch Aufhebung. Nachpartnerschaftlicher Unterhalt ist nach einer Aufhebung der Verpartnerung nicht zwingend vorgeschrieben, sondern nur
in Härtefällen möglich. Auch die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes ist bisher bei verpartnerten Paaren nicht möglich.
Auf Landesebene hat das Kabinett gerade den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesrechts aufgrund der bundesrechtlichen Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Anhörung freigegeben. Es war ein Auftrag des Landtags aus dem Jahr 2009, diese Anpassung in allen Landesgesetzen bis Ende des Jahres 2010 vorzunehmen. Demnächst wird den Landtag also ein Artikelgesetz erreichen.
Ausgehend davon, dass bei Ehepaaren ebenso wie bei verpartnerten Paaren das Zusammenleben auf Dauer angelegt ist und die Partner füreinander Fürsorge- und Einstandspflichten wahrnehmen, stellt sich angesichts der modernen Entwicklung nun die Frage, ob eine vergleichbare Lebenssituation für homosexuelle Paare nur durch eine Angleichung des Rechts der Lebenspartnerschaft an die rechtlichen Grundlagen der Ehe erreicht werden kann oder ob es sinnvoll ist, das Institut der Verpartnerung auch bei homosexuellen Paaren durch das Institut der Ehe zu ersetzen. - Darum geht es, wenn man immer sagt, dass man das eine für das andere öffnen möchte.
Das Land Berlin als Antragsteller des Entschließungsantrags im Bundesrat geht davon aus, dass nur durch die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare ein vollständiger Abbau der Diskriminierung erreicht werden kann.
Nach Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates - übrigens Ehe und Familie gleichrangig; also der Ort, an dem auch Kinder groß werden; so werden Ehe und Familie definiert.
(In den Reihen der CDU fällt eine leere Getränke- flasche zu Boden - Frau Bull, DIE LINKE: Da knallen die Korken!)
Allerdings - das ist eine wichtige Einschränkung, die für mich in der Konsequenz nachzuvollziehen ist - hat das Bundesverfassungsgericht der Theorie des Abstandsgebots eine klare Absage erteilt. Bisher war es immer die Auffassung gewesen, dass es einen Unterschied geben müsse, dass die Ehe einen besonderen Status gegenüber der Verpartnerung habe. Diesem Abstandsgebot hat das Bundesverfassungsgericht eine klare Absage erteilt. Das bedeutet, dass der besondere Schutz von Ehe und Familie nicht dazu führen darf, dass andere Lebensformen demgegenüber schlechter gestellt werden.
Mein Jurist hat mir dazu gesagt, das sei für ihn nur schwer verdaulich, weil er eine andere innere Auffassung habe, man müsse dies aber akzeptieren. Vor diesem Hintergrund wäre es aber jedenfalls möglich, zum Beispiel das Ehegattensplitting auch für verpartnerte Personen einzuführen.
will ich jetzt nicht alles vortragen. Das wird im Rechtsausschuss sicherlich noch einmal behandelt werden.
Ich möchte eher noch zu der Frage kommen, ob es einen zwingenden Grund dafür gibt, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Grundsätzlich können alle bisher für die Ehe geltenden Privilegien auch für verpartnerte Personen gesetzlich geregelt werden. Man muss hier also ähnlich öffnen. Man kann umgekehrt sagen: Alles, was für die Ehe möglich ist, kann man auch auf das Rechtsinstitut der Verpartnerung übertragen.
Der Unterschied bliebe allerdings die Bezeichnung. Das eine bleibt Ehe, das andere bleibt Verpartnerung. Allein aus der unterschiedlichen Bezeichnung der Rechtsinstitute eine Diskriminierung abzuleiten halte ich allerdings für weit hergeholt. Das könnte man auch lassen.
In anderen europäischen Staaten können gleichgeschlechtliche Paare ebenso heiraten wie heterosexuelle Paare und sind mit eben denselben Rechten ausgestattet. Die Rechtsinstitute sind allerdings in den einzelnen Staaten unterschiedlich ausgestaltet. Die Kompetenz für die entsprechenden gesetzlichen Regelungen liegt allein beim Gesetzgeber.
Die Öffnung - das sei einfach nur einmal rechtlich gesagt, das ist nicht meine oder unsere Überzeugung - der Ehe für homosexuelle Paare hätte rechtlich die Konsequenz, dass das erst seit weniger als einem Jahrzehnt geltende Lebenspartnergesetz hinfällig würde und abgeschafft werden könnte, da es ja für heterosexuelle Paare lediglich ein Rechtsinstitut zur Legalisierung der Beziehung - nämlich die Ehe - gibt.
Ich gehe davon aus, dass die hier von mir angesprochenen Aspekte so komplex sind, dass sie einer weiterführenden Diskussion bedürfen, besonders unter den Rechtsaspekten. Ich rege an bzw. unterstütze, dass zumindest über die Rechtslage noch einmal ausführlich im Ausschuss für Recht und Verfassung sowie im Sozialausschuss beraten wird. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin schon etwas verwundert. Ich glaube, DIE LINKE will mit ihrem Antrag erzwingen, dass unsere Landesregierung im Bundesrat dem dort eingebrachten Antrag zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts zustimmt.
Gestützt wird Ihr Antrag auf die Begründung, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 7. Juli 2009 festgestellt habe, dass die Ehe und die eingegangene Lebenspartnerschaft bezogen auf die Hinterbliebenenversorgung vergleichbar seien. Ist das auch richtig, ja? - Meine Damen und Herren, das ist richtig. Das Bun
desverfassungsgericht hatte bereits betont, dass es bezogen auf die Hinterbliebenenversorgung vergleichbar sei, und nicht pauschal behauptet, die Ehe sei das gleiche wie eine Verpartnerung.
Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat in älteren Entscheidungen aber auch gesagt - so ist es auch in der Kommentarliteratur zu finden -: Die Ehe ist die rechtlich geordnete Form einer auf Dauer angelegten Verbindung von Mann und Frau - ich betone: von Mann und Frau -, deren Eingehung auf der Willensübereinstimmung der Ehegatten beruht und deren Ordnungselement der staatlichen Mitwirkung durch einen Standesbeamten bedarf. Sie ist eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, die sich durch Kinder zur Lebens-, Wirtschafts- und Erziehungsgemeinschaft der Familie erweitert.
Die Ehe ist die rechtliche Form umfassender Bindung zwischen Mann und Frau. Sie ist die alleinige Grundlage einer vollständigen Familiengemeinschaft und auch als solche Voraussetzung für die bestmögliche körperliche, geistige und seelische Entwicklung von Kindern. Ergo steht die Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau klar im Vordergrund.
Meine Damen und Herren, nicht dass Sie mich hier falsch verstanden haben: Ich begrüße jede Form von Lebensgemeinschaft, egal welchen Geschlechts - wie auch immer - und unabhängig davon, wer mit wem zusammenlebt. Es geht mich auch nichts an, was hinter den Kulissen, hinter den Betten geschieht. Ich bin der Auffassung, jeder soll nach seiner Fasson selig werden.
Meine Damen und Herren, ich respektiere die Entscheidung von Menschen gleichen Geschlechts, die in einer anderen Form von Partnerschaft als der Ehe ihren Lebensentwurf verwirklichen. Auch in diesen Beziehungen werden Werte gelebt,
die für unsere Gesellschaft grundlegend sind. Dennoch gebietet Artikel 6 des Grundgesetzes - er wurde eingangs schon genannt - eine Privilegierung der Ehe zwischen Mann und Frau, die nicht - wie es hier DIE LINKE in ihrer Begründung schreibt - von Nachteilen geprägt ist.
Meine Damen und Herren! Wir von der CDU möchten uns von weiteren Beratungen und Diskussionen zu diesem Thema nicht ausschließen. Weitergehende Argumente dazu - in welcher Richtung auch immer - höre ich gern. Aus diesem Grund beantrage ich die Überweisung des Antrags zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht und Verfassung sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Soziales.
Wo Sie so schön lachen: Ich habe noch einen anderen Hinweis, gerade bezüglich der Öffnung der Ehe: Warum nehmen Sie nicht eine weitere Öffnung in das Gesetz hinein? Das wäre vielleicht für die nächste Sitzung ganz schön und für das Fortbestehen unseres Landes. Sie sind ja auch für Kinder usw. Warum nehmen Sie nicht eine Öffnung des Gesetzes hinein wie bei den Mormonen? Da wir einen Frauenüberschuss haben, könnten wir eine Ehe mit vier Frauen genehmigen. Das wäre vielleicht auch eine Möglichkeit.