Genauso verhielt es sich mit vielen Armeestandorten in der Fläche: abgeschirmt, intransparent, mit Belastungen für die Anwohner verbunden. Ich bin froh, dass dies alles mit der deutschen Wiedervereinigung verschwunden ist und dass dort, wo es Belastungen für die Bevölkerung gibt, diese mit ihr diskutiert und gemeinsam Lösungen gefunden werden.
Die Standorte der Bundeswehr sind heute feste, akzeptierte, integrierte und gewollte Teile der Regionen. Sie sind regionale Wirtschaftsfaktoren, bringen Beschäftigungseffekte durch Zivilbeschäftigte und bei den Versorgungsunternehmen der Region und sie sind eine Bereicherung für das städtische Leben. Sie erhöhen die Wohnungsnachfrage und stabilisieren die öffentliche Infrastruktur.
Im Fall des Gefechtsübungszentrums Altmark wäre die nach dem Abzug der sowjetischen Truppen begonnene Öffnung des Waldes ohne die Beräumung und Sicherung durch die Bundeswehr gar nicht möglich gewesen.
Der durchschnittliche Lohn eines Berufssoldaten liegt gerade hier im Osten über dem allgemeinen durchschnittlichen Lohn. Es handelt sich zudem auch noch um höherwertige Arbeitsplätze, die wir brauchen.
Wir haben gestern zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung eine Debatte darüber geführt, wo wir bei der Vollendung der Einheit stehen. Wir haben darüber diskutiert, was es heißt, die innere Einheit in all ihren Aspekten zu gestalten. Einer dieser Aspekte betrifft die Frage, wie der
Das ist eine Frage, die nach der Euphorie der Einheitsfeiern in der mühseligen Kleinarbeit des täglichen Zusammenfindens geklärt werden musste. Das ging weder geräuschlos noch ohne diverse Reiberein ab. Aber genau diese Fassetten des Einigungsprozesses mag Altbundespräsident Richard von Weizsäcker gemeint haben, als er am vergangenen Sonntag im „Tagesspiegel“ sagte: „Sich vereinigen, heißt teilen lernen. Das gilt bis zum heutigen Tag.“
Natürlich müsste das Teilen erst gelernt werden; denn niemand wird sich freiwillig von Einrichtungen trennen. Wenn wir davon ausgehen, dass dieser Wille noch heute besteht, dann gibt es heute die Chance, ihm etwas mehr gerecht zu werden. Es besteht die Chance, dass wir einer ausgeglichenen Verteilung etwas näher kommen, zum Beispiel wenn Schließungen von Standorten der Bundeswehr geplant wären und man diesbezüglich dem Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit folgen würde. Das wäre ein echter, ein greifbarer Beitrag zur inneren Einheit.
Vielleicht wird der eine oder andere sich fragen, auf welcher Grundlage der Antrag der Koalitionsfraktionen basiert. Die Bundesregierung hat eine Reform der Wehrpflicht und eine Verkleinerung der Bundeswehr angekündigt, aber noch nicht konkret unterlegt. Das ist richtig.
Bei allem, was aber bisher dazu in der Öffentlichkeit bekannt ist, scheint eines sicher zu sein: Bestandteil der Reform wird eine spürbare Reduzierung der Truppenstärke sein; eine Reduzierung der Standorte geht damit wohl unausweichlich einher.
Obwohl wir nichts Genaueres wissen, ist sich die Koalition in Sachsen-Anhalt in einem Punkt einig: Wehret den Anfängen! - Ja, wir wollen hier und heute das Signal aussenden: Wir stehen zur Bundeswehr in Sachsen-Anhalt.
Die Bundeswehrstrukturreform darf nicht zulasten Sachsen-Anhalts gehen. Wir setzen dabei auch auf eine breite Unterstützung in diesem Hohen Haus. Denn die Bundeswehr ist für uns alle ein wichtiger Standortfaktor. Das Ziel der Aufrechterhaltung aller Bundeswehrstandorte in Sachsen-Anhalt liegt dabei in unserem gemeinsamen Interesse, im Interesse der Entwicklung des Landes.
Natürlich ist das Standortargument keines, das Sachsen-Anhalt exklusiv anführen kann. Man würde uns die glühende Verfechtung des St.-Florian-Prinzips vorwerfen. Aber, meine Damen und Herren, der Vorwurf träfe uns zu Unrecht, denn es gibt Fakten, die für uns sprechen.
Fakt 1: Die Stationierungsdichte, also die Anzahl von Dienstposten pro 1 000 Einwohner, beträgt im Bundesdurchschnitt 3,5, in Sachsen-Anhalt nur 2,4, im Vergleich dazu im Freistaat Bayern 4,0 und in Schleswig-Holstein sogar 9,1 Dienstposten pro 1 000 Einwohner.
Fakt 2: Mit den drei Garnisonsstädten Burg, Havelberg und Weißenfels ist Sachsen-Anhalt das Bundesland, das die geringste Anzahl an derartigen Bundeswehrstandorten aufweist.
Fakt 3: In Sachsen-Anhalt gibt es noch weitere Standorte, unter anderem in Altengrabow, in Aschersleben, in
Aber diese sind in der Berechung der Stationierungsdichte bereits enthalten, und trotzdem kommen wir nur auf diese geringe Anzahl.
Fakt 4: Das Gefechtsübungszentrum ist das modernste Gefechtsübungszentrum in Europa und hat auch eine europäische Bedeutung.
Wenn ich die vier Fakten zusammennehme, bleibt für uns nur eine Schlussfolgerung übrig: Sachsen-Anhalt darf keinen Standort verlieren. Das ist keine Anwendung des St.-Florian-Prinzips, sondern einfach die Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit in einer gesamtdeutschen Bundeswehr im Jahr 20 nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit.
Lassen Sie mich einmal mehr auf 20 Jahre deutsche Einheit zurückkommen. Eine genauso große Herausforderung wie die anstehende Reform war meines Erachtens die, der sich die Bundeswehr am 3. Oktober 1990 stellte. Mit dem 3. Oktober 1990 wurde nicht nur der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik vollzogen, sondern auch die Eingliederung der damaligen Nationalen Volksarmee in die Bundeswehr.
Um Mitternacht des 2. Oktober hörte die NVA auf zu existieren, zu bestehen. Am Tag der deutschen Einheit übernahm Verteidigungsminister Stoltenberg die Befehls- und Kommandogewalt über die gesamtdeutschen Streitkräfte. Gleichzeitig wurde in Berlin-Strausberg das Bundeswehrkommando Ost als zentrale Führungseinrichtung aller Truppenteile, Stäbe und Einrichtungen auf dem Gebiet des beigetretenen Deutschlands für eine Übergangszeit von mindestens sechs Monaten eingerichtet.
Blickt man auf die Menschen, so bedeutete dies, dass mit der Wiedervereinigung rund 90 000 Soldaten und 47 000 zivile Mitarbeiter unter die Befehls- und Kommandogewalt des Bundesverteidigungsministers traten. Blickt man auf die geostrategische Bedeutung, so ist festzuhalten: Mit der Wiedervereinigung wurden die neuen Länder Bestandteil des Nato-Vertragsgebiets.
Die Bundeswehr wuchs in den folgenden Jahren zur Armee der Einheit zusammen. Rund 6 000 Offiziere und rund 11 000 Unteroffiziere der früheren NVA wurden 1990 als Soldaten auf Zeit für zwei Jahre übernommen. Nach Ablauf der zwei Jahre integrierte die Bundeswehr 3 000 Offiziere und 7 600 Unteroffiziere der ehemaligen NVA als Berufssoldaten.
Für die betroffenen ostdeutschen Soldaten war diese Zeit sicherlich nicht einfach. Auch wenn Generalleutnant Jörg Schönbohm den wahren Satz gesagt hatte: Wir kommen nicht als Sieger zu Besiegten, sondern als Deutsche zu Deutschen, so konnte doch sicherlich mancher eine gefühlte Niederlage nicht leugnen.
Die besondere Erfolgsgeschichte der Bundeswehr ist aber, dass es gelang, diese Phase zu überwinden und gemeinsam stärker daraus hervorzugehen. Auch daran lohnt es, in der Woche nach dem 20. Jahrestag der deutschen Einheit zu erinnern. Die Bundeswehr ist auch die Armee der Einheit und sie ist an allen Standorten in Sachsen-Anhalt hervorragend in das öffentliche Leben integriert.
In Havelberg, Burg, Weißenfels und an den anderen Standorten sind die Soldaten eben nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern sie sind eingebettet in die örtlichen Gemeinschaften. Das ist - so habe ich mir sagen lassen - längst nicht überall so in Deutschland. In mancher westdeutschen Stadt entsinnt man sich wohl oft der Verbundenheit mit der Bundeswehr erst dann, wenn der Standort Gefahr läuft, geschlossen zu werden.
Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen. Es wäre schön, wenn wir gemeinsam das Signal aussenden könnten: Die Bundeswehr ist uns wichtig und Sachsen-Anhalt legt Wert auf jeden ihrer Standorte. - Vielen Dank.
Danke sehr, Frau Budde, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Minister Hövelmann. Bitte sehr.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, denke ich, gedenken wir heute des gestern in Afghanistan gefallenen Soldaten. Wir tun dies mit Respekt und Hochachtung vor der Leistung der Soldatinnen und Soldaten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr ist gegenwärtig - so der Bundesverteidigungsminister - mit rund 7 000 Soldatinnen und Soldaten in zehn internationalen Einsätzen aktiv. Sie tut dies in dem Selbstverständnis zu helfen, wo Hilfe notwendig ist, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln und, wenn nötig, um für Sicherheit und Frieden zu kämpfen und deutsche Bürgerinnen und Bürger im Einsatzgebiet zu schützen.
Mit 7 000 Soldatinnen und Soldaten in Kampfeinsätzen - und hiermit sei, so darf ich wiederum den Bundesverteidigungsminister zitieren, ihre Belastungsgrenze erreicht - hat die Bundeswehr bei ca. einer Viertelmillion Soldatinnen und Soldaten unstrittig einen ungenügenden Wirkungsgrad.
Um ihren Auftrag besser erfüllen zu können, steht die Bundeswehr gegenwärtig - das ist Ihnen bekannt - vor großen Reformanstrengungen. Der Reformbedarf wird durch den Beschluss der Bundesregierung ergänzt, dass die Bundeswehr bis zum Jahr 2014 einen Konsolidierungsbeitrag für den Bundeshaushalt in Höhe von 8,3 Milliarden € erbringen soll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesverteidigungsminister hat vor diesem Hintergrund bisher zweimal in politischen Sitzungen des Verteidigungsausschusses des Bundesrates den Ländern seine Reformvorstellungen erläutert. Bei der letzten politischen Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundesrates am 1. September 2010 hat er fünf Reformmodelle vorgestellt und eine eigene Präferenz für das so genannte Modell Nr. 4 erkennen lassen.
Hiernach soll die Armee auf rund 165 000 Soldatinnen und Soldaten verkleinert werden. Darunter sollen mindestens 7 500 Freiwillige sein, die einen Wehrdienst von
Die Aussetzung der Wehrpflicht hat er in der Sitzung des Verteidigungsausschusses ausdrücklich unter den Vorbehalt der zustimmenden Parteitagsbeschlüsse der CDU und der CSU gestellt, welche wohl abzuwarten sind, bevor mit einem Fortgang der Reform zu rechnen ist. Die anstehenden Bundesparteitage von CDU und CSU darf man unter diesen Voraussetzungen wohl ohne Übertreibung als historisch bezeichnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegenwärtig werden also wichtige politische Weichenstellungen für die Zukunft der Bundeswehr vorgenommen. Es ist richtig, dass auch der Landtag von Sachsen-Anhalt diesen Prozess begleitet. Die Landesregierung tut dies intensiv.
Um es ganz deutlich zu machen: Die Bundeswehr ist in Sachsen-Anhalt in der Bevölkerung verankert. Das ist gut so und das soll auch so bleiben. Deshalb stelle ich dieser Tage viele Aktivitäten und Bemühungen im Lande fest, die mithelfen sollen, die Bundeswehrstandorte in Sachsen-Anhalt zu sichern.
Denn Fakt ist: Im Zuge der Bundeswehrstrukturreform ist deutschlandweit mit einem Abbau der Truppenstärke und mit der Schließung von Standorten zu rechnen. In diesen Prozess müssen wir frühzeitig unsere Interessen und Argumente einbringen.
Wir haben Sachargumente. Wie im Antrag der Koalitionsfraktionen richtig festgestellt wird, ist Sachsen-Anhalt mit drei Garnisonsstädten das Bundesland, das die geringste Zahl derartiger Bundeswehrstandorte aufweist. Auch die Hinweise auf andere Standorte sind richtig. Hinsichtlich der Stationierungsdichte hat Frau Kollegin Budde bereits das Richtige gesagt.
Will die Bundeswehr also ihren Anspruch auf Flächenpräsenz aufrechterhalten und will sie die Lasten der Reform gerecht auf alle Länder verteilen, dann kommt die Schließung eines Standortes in Sachsen-Anhalt jedenfalls nicht in Betracht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann das Bemühen der Bundesregierung verstehen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht über Standortfragen zu sprechen. Aber aus der Erfahrung auch mit Reformen in unserem Lande wissen wir, diese Haltung ist lebensfremd. Eine Kreisgebietsreform ohne Rücksicht auf die Kreissitzfrage diskutieren zu wollen, um nur ein Beispiel zu nennen, mag in der Schreibstube funktionieren, aber nicht vor Ort.
Ich wünsche dem Bundesverteidigungsminister bei der Reform im Interesse Deutschlands und im Interesse der Bundeswehr eine glückliche Hand. Aus meiner Sicht muss die Bundeswehr eine Bündnisarmee bleiben mit der Folge, dass angemessene Fähigkeiten zur Verteidigung des Bündnisgebietes weiterhin vorzuhalten sind.