Protokoll der Sitzung vom 12.11.2010

Gestatten Sie mir zunächst, weil ich denke, dass ich derjenige bin, der die letzten zwei Legislaturperioden als Minister mit erlebt hat, in Richtung der FDP zu sagen: Wenn ich mich richtig entsinne - ich sage aber noch einmal: wenn ich mich richtig entsinne -, dann hat die Koalition von CDU und FDP beschlossen, kein Gesetz, sondern eine Verordnung zu machen.

(Heiterkeit bei der CDU - Herr Miesterfeldt, SPD: Ja! - Herr Kosmehl, FDP: Gegen meine Stimme! - Herr Miesterfeldt, SPD: Die zählt offensichtlich nichts! - Herr Kosmehl, FDP: Ich bin Parlamenta- rier mit Herz und Seele!)

- Sehen Sie, Herr Kollege, da müssen Sie Mehrheiten akzeptieren. - Nein, jetzt müssen Sie wirklich ernsthaft zuhören, weil das nämlich ganz entscheidend ist, was wir damals gemeinsam beschlossen haben.

Wir haben beschlossen: im Benehmen - nicht im Einvernehmen, meine Damen und Herren. Das Einvernehmen, das ich erst gar nicht wollte, weil es komplizierter ist, hat die SPD dann in die Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben. Damit wir uns darüber im Klaren sind: Wir sind in dieser Koalition, was die Beteiligung des Parlaments beim Landesentwicklungsplan betrifft, einen Schritt weiter gegangen als vorher in der Koalition mit der FDP.

(Beifall bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Ge- nau so ist es! - Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Wenn wir „im Benehmen“ beschlossen hätten, dann wäre das für die Regierung einfacher gewesen. Wir haben in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen, dass wir das im Einvernehmen beschließen werden. Ich habe damals versucht, es zu ändern. Das ist mir nicht gelungen. Das muss man akzeptieren. Bei Mehrheiten - das ist in einer Demokratie so - steht das. Darin sind wir uns erst einmal einig. Ich denke, es ist erst einmal sehr wichtig zu sagen, dass diese Koalition mehr für das Parlament getan hat, als wir es vorher mit Schwarz-Gelb vorhatten.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Dr. Hüskens, FDP: In der Praxis nicht!)

- Ich bin doch schon froh, dass sie ruhig bleibt. Das ist doch schon in Ordnung.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Jetzt zum Inhalt, meine Damen und Herren. Wenn man sich den Landesentwicklungsplan anschaut und ihn mit den Punkten vergleicht, die heute angesprochen worden sind - berechtigt oder unberechtigt -, dann ist das Verhältnis der relativ größten Zahl von Punkten, die unstrittig sind, zu den strittigen Punkten, die Sie aufgeschrieben haben, ein Erfolg.

Wir haben im Prinzip ein paar Knackpunkte, die Sie angesprochen haben und die in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind. In der Öffentlichkeit ist dieser Landesentwicklungsplan teilweise runterdekliniert worden auf zentrale Orte. Da kann jeder mitreden. Das ist relativ einfach.

Als Zweites geht es um das Thema Rohstoffe. Meine Damen und Herren! Das ist ein Problem. Es ist doch völlig klar: Wenn an einer Stelle ein Rohstoff abgebaut wird, in deren Nähe ich wohne, dann finde ich das nicht lustig. Deshalb müssen wir das abwägen. Dieser Landesentwicklungsplan ist ein Rahmen für die Fachplanung - nicht mehr und nicht weniger.

Ein rohstoffarmes Land wie Sachsen-Anhalt muss versuchen, das, was wir haben, zu erhalten, damit wir es später nicht aus China holen müssen, sondern sagen können, dass wir es noch haben. Wenn wir es derzeit nicht brauchen, müssen wir es nur sichern. Das ist unsere Aufgabe. Da baut morgen noch niemand ab. Da wird noch nicht gesprengt und nichts. Wir sind aber aufgefordert, dieses zu erhalten.

Dann müssen wir sehen, dass wir die Braunkohle erhalten. Vielleicht sind wir in 30, 40 Jahren einmal froh, dass wir noch Braunkohle in der Erde liegen haben.

(Zustimmung von Herrn Miesterfeldt, SPD - Frau Fischer, SPD: So ist es!)

Dann müssen wir sehen, ob wir die Braunkohle brauchen, wenn wir keine anderen Möglichkeiten haben, die Probleme der Energiewirtschaft zu lösen. Aber so lange wird dort Landwirtschaft betrieben. Darauf wird nicht gebaut, sodass später irgendetwas abgerissen werden müsste.

Wenn wir in der Altmark Hohlräume haben, dann muss man untersuchen, was dort hineinpasst, und macht eine ordentliche Planung. Am Ende hat der eine oder andere immer gesagt: Wir wollen das mit CO2 verfüllen. Das Thema ist erledigt. Aber es würde doch niemand auf die Idee kommen, morgen zu sagen: Es wird CO2 verpresst, Methan kommt hinein oder irgendetwas anderes. Dann durchlaufen wir erst die entsprechenden Verfahren.

Wir dürfen auch die Demografie nicht vergessen. Meine Damen und Herren, wir haben einen demografischen Prozess. Es kann nicht mehr so bleiben, wie wir das vor 15 Jahren beschlossen haben. Der Landesentwicklungsplan hat 22 Mittelzentren enthalten, die für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes unheimlich wichtig sind, weil ich in einem Mittelzentrum ganz bestimmte Sachen vorhalten muss und kann. Ich finde das Thema Staßfurt hochinteressant. Man stelle sich einmal vor, diese Landesregierung, diese Koalition hätte Staßfurt zu einem Grundzentrum herabgestuft.

(Herr Dr. Schrader, FDP: Darum geht es nicht! Andersherum! - Unruhe)

- Nicht doch, Herr Schrader. Nun hört doch mal zu! Wir können doch nachher noch ein bisschen diskutieren. Der Nachmittag ist so schön heute. Da machen wir das schon.

Es geht ganz einfach um Folgendes: Ich mache Ihnen nicht zum Vorwurf, dass Sie im Prinzip sagen, was Ihnen nicht passt. Aber dass Sie zufälligerweise zwei Orte herausgreifen, Blankenburg und Hettstedt, weil die beiden protestiert haben, ist schon bemerkenswert.

Sie haben Gräfenhainichen oder Klötze und die anderen Orte, die wir auch alle herabgestuft haben, nicht mit erwähnt. Von diesen Städten habe ich keinen Protest gehört. Ich habe keinen Protest aus der Altmark gehört, weil Klötze nicht mehr Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums ist. Die haben das in Ruhe hingenommen und gesagt: Jawohl, wir akzeptieren das.

Sie haben nur die beiden Städte aufgegriffen, die draußen ein bisschen Stimmung gemacht haben. Aber dann hätte man sich gleichermaßen für Gräfenhainichen einsetzen müssen; denn die haben die gleichen Probleme. Dort hätte man auch fragen können: Wieso? Oder Wanzleben, weshalb nicht auch Wanzleben?

Wir haben den Mut gehabt zu sagen, aufgrund des demografischen Wandels müssen wir das jetzt machen. Das Leben ist nicht immer so einfach, wie man es sich vielleicht vorstellt.

Am Ende ist ein Landesentwicklungsplan kein Produkt des Bauministers oder des Verkehrsministers, sondern es ist eines der Landesregierung. Ich wundere mich, dass in den Debattenreden von der Opposition nicht erwähnt wurde, dass erstmals ein Kapitel enthalten ist, das sich mit Wissenschaft befasst.

Meine Damen und Herren! Es gab andere Landesentwicklungspläne von anderen Koalitionen. Aber das Thema Wissenschaft stand nie im Mittelpunkt. Wir wissen, dass Bildung sehr wichtig ist. Jetzt haben wir es erstmalig mit aufgenommen. Ich bitte Sie, solche Dinge nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch einmal zu erwähnen.

Dieser Landesentwicklungsplan wird außerhalb von Sachsen-Anhalt gelesen. Wir haben die Schwerpunkte Wissenschaft, Wirtschaft und Umwelt mit dem Umweltbericht. Es ist nicht leicht, das alles miteinander in Einklang zu bringen bei manchmal auch widersprechenden Interessen. Aber es war unsere Aufgabe, das alles unter einen Hut zu bringen.

Es waren acht verschiedene Ministerien mit unterschiedlichen Auffassungen zu dem einen oder anderen Thema zu koordinieren. An dieser Stelle möchte ich Frau Paepke - sie ist schon mehrfach erwähnt worden - und ihren Mitarbeitern Dank sagen

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

für die vielen stundenlangen Beratungen, die dort durchgeführt worden sind. Dabei haben die einzelnen Ministerien gesagt, dass sie es so oder so sehen. So gab es mit dem Umweltministerium Diskussionen über das eine oder andere Thema.

Lieber Jürgen Stadelmann, nachdem du den Hut im Umweltministerium mit auf hattest, hast du auch das eine oder andere etwas anders gesehen. Das bringt die Sache mit sich. Es ist nicht einfach, dann den Ausgleich mit André Schröder oder mit anderen herzuzustellen.

Am Ende mussten wir mit dem Entwurf in die Koalitionsfraktionen gehen. Die Koalitionsfraktionen, die Fraktionen der CDU und der SPD sagten: Ja, wir tragen das mit. Aber es gab vorher viele Diskussionen. Es war ja nicht so, dass wir gesagt haben: Wir treffen uns mal im September und dann machen wir vier oder acht Wochen lang Landtagsdebatten. Das ist im Vorfeld in der Koalition über vier Jahre alles ordentlich abgelaufen.

Das ist ein Prozess, meine Damen und Herren, den Sie anders mit hätten begleiten können. Jede Stellungnahme war im Internet abrufbar. Mehr Öffentlichkeitsarbeit kann man gar nicht darstellen. Dass am Ende nicht alle Wünsche, die in den Anträgen vorgebracht wurden, berücksichtigt werden konnten, ist nicht nur mir klar, das muss auch Ihnen klar sein.

Darum sage ich es noch einmal: Dieser Landesentwicklungsplan wird für die nächsten zehn, 15 Jahre als Verordnung gelten. Wenn es andere Mehrheiten geben sollte, meine Damen und Herren - darüber sind wir uns, so glaube ich, relativ schnell einig -, so ist eine Korrektur des Landesentwicklungsplanes in Form einer Verordnung einfacher, wenn sich die Situation in zwei, drei Jahren in dem einen oder anderen Punkt geändert hat.

Aber diese Koalition hat mit diesem Landesentwicklungsplan die Weichen für die Zukunft dieses Landes gestellt, und zwar in allen Ressorts. Deshalb bin ich allen, die daran beteiligt waren, dafür dankbar. Es ist uns gelungen, eine Ausgewogenheit zwischen Wirtschaft und Umwelt herzustellen.

Eine letzte Anmerkung. Herr Dr. Köck, ich schätze Sie als Fachmann. Sie haben sich in den letzten zehn, 15, 20 Jahren immer diesem Thema gewidmet. Aber bei der Enddiskussion über den Landesentwicklungsplan in diesem Jahr hätte ich mir konkrete Anträge gewünscht, über die man diskutieren kann. Ich sage das ohne Vorwurf, ganz locker. Ich hätte mir konkrete Anträge gewünscht.

(Herr Grünert, DIE LINKE: Das wurde nur einmal behandelt! Das war keine Beratung! - Unruhe)

- Also, Herr Grünert, ich habe heute wirklich versucht, Sie außen vor zu lassen. Deshalb lasse ich es auch. Lassen wir es einmal so stehen.

Mit diesem Landesentwicklungsplan kann das Land Sachsen-Anhalt zeigen, dass es wirtschaftsfreundlich ist und gleichzeitig die Umwelt mit betrachtet. Das ist vielleicht einer der größten Erfolge dieser Koalition.

(Beifall bei der CDU)

Denn letztendlich brauchen wir die Wirtschaft, die Wissenschaft und eine intakte Umwelt. - Herzlichen Dank.

Herr Minister, wie nicht anders zu erwarten, gibt es Nachfragen. Die Abgeordneten Herr Kley und Herr Kosmehl haben Nachfragen. Wollen Sie sie beantworten?

Aber selbstverständlich.

Zunächst ist Herr Kley an der Reihe und anschließend der Abgeordnete Herr Kosmehl.

Vielen Dank, sehr geehrter Herr Minister, dass Sie sich die Zeit nehmen, auf meine Frage zu antworten. Zum Thema Bildungsausschuss, in dem der Abgeordnete Herr Bergmann nicht sitzt, was nach seiner heutigen Rede, so glaube ich, auch seine Berechtigung hat.

(Oh! bei der CDU)

In diesem Ausschuss wurde von der FDP beantragt, die Namen der Hochschulen, die falsch waren, zu korrigieren. Das wurde dort abgelehnt mit der Begründung, das brauche man nicht. Jetzt haben wir das als den weisen Änderungsantrag der Koalition vorliegen, für den Sie sich gerade selbst gelobt haben. Da hätte vielleicht etwas mehr Diskussion gut getan.

Aber ich wollte Sie zu einem anderen Thema fragen, das dort aufkam, nämlich die Diskussion darüber, dass die unglückliche Definition der Grundzentren - 3 000 Einwohner irgendeines Ortsteils - zu massiven Eingriffen in die Schulentwicklungsplanung führen könnte, weil hier durch den Landesentwicklungsplan plötzlich andere Schwerpunkte gesetzt wurden. Diese Diskussion wurde beendet durch die Anmerkung des Kultusministeriums, das könne man durch Verordnung alles anders regeln, das sei nicht so schlimm.

Ist es die Ansicht der Landesregierung, dass der Landesentwicklungsplan an dieser Stelle nicht gilt, wenn er stört, oder waren Sie sich einig über die Ziele? - Das ist die eine Frage.

Die andere Frage ist, ich würde gern von Ihnen wissen, wie hoch der Betrag ist, den Sie ab dem nächsten Jahr an die regionalen Planungsgemeinschaften überweisen für die zusätzlichen Aufgaben, die Sie ihnen mit diesem Landesentwicklungsplan zugeteilt haben.

(Zustimmung von Herrn Grünert, DIE LINKE, und Herrn Lüderitz, DIE LINKE)