Die Staatsverschuldung führt zu einer Lastenverschiebung in die Zukunft, was wir angesichts der aktuellen Entwicklung, wie zum Beispiel der demografischen Entwicklung im eigenen Land, nicht mehr verantworten können. Der Bevölkerungsrückgang verändert bereits heute unsere Dörfer und Städte. Ein Ende ist noch nicht zu sehen.
Insofern ist die Frage zu stellen, wer diese Zinsen zahlen soll, wenn wir weniger werden, aber weiterhin davon ausgehen, dass wir Straßen, Kindergärten und Schulen, die Sanierung von Städten und Dörfern auf dem bisherigen Niveau beibehalten wollen.
Soll sich der Staat - das ist die große Angst vieler, die das schon erlebt haben - seiner Schulden etwa durch eine schleichende oder auch galoppierende Inflation entledigen? - Ich denke, das kann niemand wollen.
Wir sollten auch einmal an die Kolleginnen und Kollegen denken, die nach uns hier sitzen und etwas gestalten wollen. Wir müssen uns bewusst machen: Wenn wir weiterhin mehr oder weniger ungebremst Kredite nach bisherigem Muster aufnehmen, beschneiden wir den nachfolgenden Landtagen und Regierungen in schmerzlicher Weise die Möglichkeit, selbst über die Verwendung der zukünftigen Steuereinnahmen zu entscheiden. Die meisten wissen sicherlich, dass wir weiterhin pro Jahr einen Sanierungsbedarf in Höhe von rund 200 bis 250 Millionen € zu bewältigen haben.
Ganz kurz zu einigen Neuregelungen. Wir sollten uns noch einmal verdeutlichen, dass dieses Parlament kraft eigener Kompetenz neben dem Bundesgesetzgeber noch einiges selbst regeln kann. Gemäß Artikel 143d Abs. 1 des Grundgesetzes ist die neue Verschuldungsregel ab dem Haushaltsjahr 2011 anzuwenden, also in einigen Monaten, nicht ab 2020, sondern tatsächlich ab dem kommenden Haushaltsjahr. Die Länder dürfen lediglich im Rahmen einer Übergangsregelung noch bis zum Haushaltsjahr 2019 optional Kredite nach der bisherigen Regelung aufnehmen. Das habe ich sehr ausführlich im Finanzausschuss erläutert.
Die Haushalte sind in den nächsten Jahren so aufzustellen, dass ab dem Haushaltsjahr 2020 keine Verschuldung mehr erforderlich ist. Eine Verschuldung ist dann in normalen Zeiten ausgeschlossen.
Die restriktive Fiskalpolitik ist uns damit per Grundgesetz zwingend vorgegeben. Dazu stehe ich. Das ist eine selbst gewollte Beschränkung der Politik, weil dies in den letzten Jahren leider nicht - jedenfalls nicht in allen Ländern, auch in Sachsen-Anhalt nicht - freiwillig passiert ist.
Ich glaube, den Streit, wer hierbei besser oder schlechter war, müssen wir nicht führen. Denn auch ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass wir in den verschiedenen Regierungsformen alle dafür gesorgt haben, ungefähr hälftig, dass diese 20 Milliarden € Schulden zusammengekommen sind.
Der sicherlich wesentlichste, wichtigste und ohne Zweifel auch anspruchsvollste Regelungsgehalt des Gesetzes besteht darin, dass wir auf eine Übergangsregelung vollständig verzichten wollen.
Mir ist sehr wohl bewusst, wir sind in diesem Punkt sehr ehrgeizig, ehrgeiziger als andere Länder, und wir müssen uns mächtig anstrengen, um diese Vorgabe ab 2011 umsetzen zu können. Aber ich denke, wir haben bei rückläufiger Bevölkerungszahl, rückläufigen Einnahmen, bei Diskussionen auf der Ausgabenseite und immer noch vorhandenen neuen Schulden keine andere Chance als die, das bis 2020 nicht schleifen zu lassen.
Unser mittel- und langfristiges Ziel muss schließlich darin bestehen, nicht nur auf neue Kredite zu verzichten, sondern auch die alten Schulden in Höhe von 20 Milliarden € bei einem Haushaltsvolumen von 10 Milliarden € abzubauen. Genau dieses Ziel haben wir deshalb ebenfalls in § 18 Abs. 4 LHO aufgenommen.
Neben der Frage einer Übergangsregelung verbleibt diesem Parlament genaugenommen gar kein allzu großer Regelungsspielraum. Das will ich offen sagen. Es geht eigentlich nur noch um die Zulassung von Kreditaufnahmen bei konjunkturellem Abschwung sowie um die Modalitäten dieser Ausnahmeregelung.
Ich habe sehr ausführlich auch im Finanzausschuss darauf hingewiesen, wie dies mit dem Pensionsfonds, der Zukunftsstiftung und der Steuerschwankungsreserve zusammenhängt. Diese Architektur konnten wir in dieser Wahlperiode gemeinsam umsetzen, obwohl manche gedacht haben, das werden wir nicht schaffen. Manches hätte, wenn es die Finanzmarktkrise nicht gegeben hätte, viel besser wirken können, als es bisher der Fall war.
Die Grundsatzentscheidung über diese Modalitäten zu den Ausnahmeregelungen - das möchte ich auch so offen ansprechen - haben wir mit der Neufassung des Artikels 109 des Grundgesetzes mit unmittelbarer Geltung auch für die Länder bereits im Spätsommer 2009 getroffen. Ich habe auch darüber berichtet, dass in der letzten Sitzung des Stabilitätsrates vier Länder auch aufgrund dieser Regelung schon jetzt blaue Briefe erhalten haben.
Wir haben es gemeinsam geschafft, dass Sachsen-Anhalt von einem blauen Brief verschont bleibt. Die Restriktionen, die aus diesem blauen Brief folgen, werden gerade die Länder, die Konsolidierungshilfen bekommen, und die Landesparlamente noch nachhaltig spüren.
Wie diese Beschneidung der Haushaltsautonomie der Länder nicht hinnehmen will, der muss letztlich vor das Verfassungsgericht ziehen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Nach langen Debatten habe ich das aber aus kaum einem Parlament gehört, obwohl es am Anfang viele vorhatten.
Noch ganz kurz zu den Kernelementen. Erstens. Ab dem Haushaltsjahr 2011 ist der Haushaltsausgleich im Regelfall ohne Aufnahme neuer Kredite herzustellen.
Zweitens. In Zeiten konjunktureller Krisen sind Kredite bis zur Höhe der Einnahmeausfälle zulässig. Dies wird automatisch zu berechnen sein.
Drittens. Eine Kreditaufnahme ist ebenfalls zulässig bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen. Die Bewertung dieser Situationen ist laut dem Grundgesetz in ganz Deutschland einheitlich vorzunehmen.
Viertens. Die Kredite sind innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen. Die Tilgung hat spätestens im vierten auf die Kreditaufnahme folgenden Jahr zu beginnen.
Fünftens. Die Landesregierung hat einen verbindlichen Tilgungsplan aufzustellen, von dem man nur in Ausnahmesituationen abweichen darf. Sowohl die Aufstellung des Tilgungsplans als auch Abweichungen hiervon bedürfen der Zustimmung des Landtages.
Durch diese gesetzliche Neuregelung wird sowohl der Landesregierung als auch dem Parlament eine besondere Verantwortung auferlegt, die es in dieser Form und in dieser engen Verbindung noch nie gegeben hat. Diese Regelung ist deutlich strenger als vom Grundgesetz gefordert. Auch das habe ich angesprochen.
Sechstens. Die bis heute aufgelaufenen Schulden sind kontinuierlich entsprechend den gegebenen fiskalischen Möglichkeiten zu tilgen. Damit stellt § 18 der Landeshaushaltsordnung strengere Anforderungen als das Grundgesetz, das keine derartige Verpflichtung beinhaltet. Aber wir müssen, wie gesagt, gerade angesichts der rückläufigen Bevölkerungszahl darangehen, die aufgelaufenen 20 Milliarden € sukzessive abzubauen. Ansonsten ist der Zinslast nicht mehr Herr zu werden.
Siebentens. Der Landesregierung wird auferlegt, dem Landtag jährlich über die Tilgungsfortschritte zu berichten.
Achtens. Im Einklang mit der verfassungsmäßigen Vorgabe, konjunkturelle Schwankungen nur noch symmetrisch berücksichtigen zu dürfen, werden die Vorsorgeelemente in der Landeshaushaltsordnung deutlich gestärkt. Kurz gesagt: In konjunkturell guten Zeiten bilden wir Rücklagen.
Bei der Beratung des Ausschusses für Finanzen ist zu Recht auf die Kompliziertheit des neuen Regelwerks hingewiesen worden. Man erinnert sich bei der Lektüre der neuen Vorschriften zur Schuldenbremse vielleicht an ein Wort von Halifax:
Im vorliegenden Fall mögen auch die Volkswirte ihren Beitrag geleistet haben in der Diskussion über das konjunkturelle und das strukturelle Defizit. Das ist schon eine Krux.
Die Ursache der Kompliziertheit liegt allerdings in Artikel 143d Abs. 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Konsolidierungshilfegesetz. § 18 LHO haben wir dagegen so abgefasst, dass auch einfache Berechnungsmethoden zulässig sind. Bis zum Jahr 2019, also so lange, wie wir die Konsolidierungshilfen in Höhe von 80 Millionen € pro Jahr in Anspruch nehmen können, bleibt uns aber gar nichts anderes übrig, als dieses komplizierte Verfahren zu akzeptieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob alle, die nun zugehört oder getuschelt haben, die weitreichenden Konsequenzen dieser Schuldenbremse in den letzten Monaten haben aufnehmen können. Ich glaube, ich habe meine Schuldigkeit getan, das Parlament ausführlich zu informieren. Bei der Beratung
(Zustimmung bei der SPD - Herr Tullner, CDU: Außer die Neuen! - Herr Wolpert, FDP: Keine Freibriefe!)
Ich weiß, dass einige das alles viel besser, schneller und günstiger machen könnten. Ich für meinen Teil habe jedenfalls mit der gesamten Landesregierung sehr verantwortungsvoll, denke ich, das umgesetzt, was wir in der Föderalismuskommission auch alle gemeinsam wollten.
ist die Gesamtverschuldung in Deutschland um einen Betrag in Höhe von 3 Millionen € gestiegen. Insofern sieht man, dass es notwendig ist - -
- Wissen Sie, Herr Kley, man kann das alles lustig finden. Man kann sich auch draußen hinstellen und sagen, man sei viel besser. Ich bin aber dankbar dafür, dass wir überhaupt damit begonnen haben, so etwas zu machen. Andere Regierungen hätten das vorher schon tun können. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Zur Kürze ist nur so viel zu sagen, dass Sie acht Minuten und 36 Sekunden überzogen haben.
Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Bullerjahn außerordentlich dankbar für seine Rede. Dadurch, dass er überzogen hat, muss ich mich jetzt nicht so sputen. Ich weiß allerdings auch, dass mich der böse Blick meines parlamentarischen Geschäftsführers verfolgt. Er muss nämlich aufpassen, dass wir rechtzeitig fertig werden. Wir haben heute noch Listenparteitag.
Ich bitte, Kollege Tullner, darum, das zu bedenken und es heute sozusagen im kollegialen Miteinander nicht so weit hinauszuzögern. Okay? - In Ordnung.