Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Hinsichtlich der Finanzierung ermäßigter Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs sollen die an die Aufgabenträger zu zahlenden Beträge auf der Basis des Jahres 2009 neu justiert und bei Veränderungen des Gebietsstandes durch das für Verkehr zuständige Ministerium entsprechend angepasst werden.

In Artikel 2 Nr. 7 solle § 9 Abs. 1 Satz 5 des Gesetzentwurfs insofern geändert werden, als für die Zeit ab dem Jahr 2014 die Höhe der Zahlungen im Jahr 2013 durch gesetzliche Regelung festgesetzt werde. Im Gesetzentwurf war vorgesehen, die Höhe durch eine Rechtsverordnung der Landesregierung festzusetzen.

Die Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der SPD wurden mehrheitlich beschlossen.

Der bereits in der Drs. 5/2826 zur ersten Beratung an den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr überwiesene Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, der ebenfalls mit mehreren Punkten untersetzt war, sah unter anderem vor, den in Artikel 1 § 2 des Gesetzentwurfs geregelten Ausgleich von 90 % auf 100 % zu erhöhen und die Begrenzung der erstattungsfähigen Rabattierung von 25 % auf 50 % zu erhöhen, um die Fahrausweise im Ausbildungsverkehr deutlich preiswerter anbieten zu können und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu fördern.

In Artikel 2 Nr. 6 des Gesetzentwurfs solle des Weiteren der in § 8 Abs. 3 festgelegte und den Verkehrsunternehmen zur Verfügung stehende Betrag von 39 Millionen € auf 50 Millionen € erhöht werden.

In Artikel 2 Nr. 7 sollten § 9 Abs. 1 und 2 des Gesetzentwurfs eine geänderte Fassung erhalten, die als Basis für

die Berechnung der zu gewährenden Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr für die Jahre 2011 bis 2013 das Jahr 2009 als Basisjahr gesetzlich fixiert. Zudem solle es künftig dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben, die Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr festzulegen.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/2826 fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Vonseiten der Fraktion der FDP wurde beantragt, Artikel 2 Nr. 7, § 9 Abs. 1 Satz 5 betreffend, zu ändern. Danach solle für die Zeit ab dem Jahr 2014 die Höhe der Zahlungen im Jahr 2013 durch gesetzliche Regelungen und nicht, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, durch eine Rechtsverordnung durch die Landesregierung festgesetzt werden. Mit der im Gesetzentwurf enthaltenen Verordnungsermächtigung würde der Landtag auf einen Teil seines Budgetrechtes verzichten, was angesichts der Bedeutung des öffentlichen Personennahverkehrs unangebracht sei.

Aufgrund eines seitens der Fraktionen der CDU und der SPD vorliegenden und die gleiche Intention verfolgenden Änderungsantrages wurde der Antrag von der Fraktion der FDP zurückgezogen.

Die rechtsförmlichen Hinweise des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes fanden bei der Beratung Berücksichtigung.

Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr befasste sich in der 57. Sitzung am 1. Dezember 2010 abschließend mit dem Gesetzentwurf. Er verabschiedete mit 8 : 3 : 1 Stimmen die Ihnen in der Drs. 5/2999 vorliegende Beschlussempfehlung. Im Namen des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr bitte ich um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr für diese Berichterstattung, Herr Felke. - Für die Landesregierung hat der Minister für Landesentwicklung und Verkehr Herr Dr. Daehre um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen einschließlich der Landesregierung sind an einer Erhöhung der Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs interessiert. Diese Verpflichtung sind wir in der Koalitionsvereinbarung eingegangen, und mit dem heutigen Tag kommen wir zu dem Ergebnis, dass mit dem vorliegenden Gesetz die Politik der Landesregierung zum öffentlichen Personennahverkehr fortgesetzt werden kann, wonach die Finanzausstattung, die den kommunalen Aufgabenträgern für den ÖPNV zur Verfügung gestellt wird, streng an deren Verkehrsangebot und Verkehrserfolg zu koppeln ist.

Diese seit der Neuregelung des ÖPNV-Gesetzes im Jahr 2005 geltende Orientierung hat sich als Impuls für die Verbesserung des ÖPNV als ein Mix der Verkehrsträger bewährt. Das System hat zudem eine Reihe von Aufgabenträgern dazu ermutigt, ihre Mittelausreichung vom bisherigen reinen Defizitausgleich ohne Erfolgskon

trolle im Rahmen der Neuvergabe der Liniengenehmigungen auf eine erfolgsabhängige Mittelausrichtung umzustellen.

Vorrangiges Ziel dieses Änderungsgesetzes ist es, von der Länderöffnungsklausel im Bereich der Ausgleichsleistungen für Ausbildungsverkehre nach § 64a des Personenbeförderungsgesetzes des Bundes bezogen auf § 45a Gebrauch zu machen. Die entsprechenden Regelungen wurden in Artikel 2 Nr. 7 des Gesetzentwurfs in Bezug auf § 9 getroffen.

Die Gesetzesinitiative geht von den Grundsätzen und Zielen der ÖPNV-Gestaltung im Land aus, wonach die Gestaltungskraft der kommunalen Aufgabenträger durch Zusammenführung der Aufgaben- und Finanzverantwortung schrittweise gestärkt werden soll. Deshalb sollen die Ausgleichsleistungen für den Ausbildungsverkehr in Sachsen-Anhalt künftig nicht mehr unmittelbar an die Unternehmen, sondern zweckgebunden an die Aufgabenträger, nämlich die Landkreise und die kreisfreien Städte, ausgereicht werden.

In den Gesetzentwurf wurde der ausdrückliche Hinweis aufgenommen, kommunale Rechtsgrundlagen zu schaffen, die eine offene, transparente und diskriminierungsfreie Ausreichung der Mittel an die Unternehmen gewährleisten. Hierzu möchte ich anmerken, dass die kommunalen Aufgabenträger im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung handeln müssen. Es steht das Angebot meines Hauses, die Aufgabenträger individuell zu beraten, um gangbare Lösungen zu finden.

Der bei den Unternehmen vorhandenen Befürchtung, die Aufgabenträger könnten die Mittel anderweitig einsetzen, wurde mit einer klaren Zweckbindung und einer Rückzahlungsverpflichtung bei einem nicht vollständigen Einsatz für die Belange des Ausbildungsverkehrs begegnet.

Der Entwurf schreibt wegen der Systemumstellung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der tendenziellen Zunahme flexibler Bedienformen für die nächsten drei Jahre eine Finanzausstattung für den Ausbildungsverkehr in Höhe von jeweils 31 Millionen € fest. Die Zahlen der letzten Jahre lagen darunter. Ich denke, das ist auch ein Erfolg dieser Koalition, dass wir uns auf die 31 Millionen € verständigt haben.

Durch die Zusammenführung der bisher getrennten Finanzausstattung für den ÖPNV und den Ausbildungsverkehr werden nicht nur die verkehrsplanerischen Möglichkeiten der Landkreise und kreisfreien Städte erweitert. Es besteht für sie nunmehr die Möglichkeit, die bisher getrennten Verwaltungseinheiten organisatorisch zu bündeln.

Zum Entwurf möchte ich in der gebotenen Kürze einige Punkte näher beleuchten, die in den Landtagsbratungen kontrovers angesprochen wurden und in der Folge zum Teil durch die gemeinsamen Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der SPD aufgegriffen wurden. Ich stimme diesen im Ausschuss mehrheitlich beschlossenen Änderungsanträgen ausdrücklich zu.

Dies betrifft unter anderem den bereits eingeleiteten Rückzug des Landes aus der Investitionsförderung. Hierzu möchte ich anmerken, dass im Rahmen der Aufgabenübertragung an die kommunalen Aufgabenträger zu den 36 Millionen € als Ausgangswert aus den bisher vom Land zur Förderung von schadstoffarmen Bussen

eingesetzten Mitteln eine Aufstockung der Zuweisungen um nunmehr jährlich etwa 4 Millionen € vorgesehen ist.

Als sehr positiv möchte ich hervorheben, dass es gelungen ist, eine Regelung in Abstimmung mit dem Landkreistag zu finden, die einen maßvollen finanziellen Druck auf die kommunalen Aufgabenträger ausübt, damit sie sich mit ihrem ÖPNV in das ÖPNV-Gesamtsystem einordnen. Hierbei gibt es tatsächlich Handlungsbedarf. Einige kommunale Aufgabenträger zeigen aber auch mit sehr guten Beispielen, wie es funktionieren kann.

Meine Damen und Herren! Zur Sicherung einer aufgaben- und verkehrsträgerübergreifenden Einführung von Zukunftstechnologien im ÖPNV-Gesamtsystem in Sachsen-Anhalt soll ein so genannter Zukunftsfonds geschaffen werden. Herr Felke wies schon darauf hin, dass wir diesen Zukunftsfonds mit Mitteln in Höhe von 1 Million € ausgestattet haben. Er dient der Finanzierung von Vorhaben zur Entwicklung und Umsetzung der Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsstrategien gemäß dem Plan des öffentlichen Personennahverkehrs des Landes Sachsen-Anhalt. Dieser Zukunftsfonds kommt letztlich auch den kommunalen Aufgabenträgern zugute.

Wichtig erscheint mir die Beibehaltung der Regelung, dass bei Ausgleichszahlungen zur Finanzierung rabattierter Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr die Rabattierungsgrenze von 25 v. H. des Preises eines vergleichbaren Zeitfahrausweises im Nichtausbildungsverkehr als Berechnungsbasis gilt. Die entsprechende bundesrechtliche Regelung mit der Rabattierungsgrenze war schon bisher Grundlage der Berechnung nach § 45a des Personenbeförderungsgesetzes und der entsprechenden Ausgleichsverordnung.

An der Begrenzung der Rabattierung als Berechnungsbasis sollte unbedingt festgehalten werden, da anderenfalls die Gefahr bestünde, dass die für die Ausbildungsbeförderung zur Verfügung stehenden Mittel anderweitig verbraucht werden. Unberührt von dieser Regelung bleibt, wie der jeweilige Aufgabenträger mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln umgeht. Der Aufgabenträger kann auch höhere Rabattierungen gewähren.

Mein Appell an die kommunalen Aufgabenträger lautet hier: Geht sorgsam mit den ausgereichten Mitteln um! Denn, meine Damen und Herren, im Jahr 2014 kommt es zur Revision der Regionalisierungsmittel und wir wissen nicht, wie die Finanzströme danach fließen werden. Deshalb ist dieser Appell mehr als berechtigt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Abschluss zum Ausdruck bringen, dass wir mit Magdeburg - - Jetzt ist Frau Fischer nicht da. Aber Herr Sturm ist da.

(Zuruf von der CDU: Magdeburg! - Herr Tullner, CDU: Naumburg!)

- Ja, na sicher. - Ich möchte sagen, dass wir mit Magdeburg, Halle, Dessau, Halberstadt und Naumburg nunmehr fünf Städte haben, in denen Straßenbahnen fahren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Und wie sagt man so schön in Naumburg?

(Zuruf von der CDU: „Wilde Zicke“!)

- „Wilde Zicke“ heißt sie dort wohl.

(Beifall im ganzen Hause)

- Herr Sturm, die „Wilde Zicke“ kann jetzt immer planmäßig fahren. Ich habe die herzliche Bitte, dass Sie öfter einmal diese Straßenbahn benutzen.

(Herr Tullner, CDU: Viele reden darüber, sie geht los! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Ja, richtig, wunderbar. - Meine Damen und Herren! Abschließend - um wieder von dem Bereich des Erheiternden wegzukommen - darf ich mich ganz herzlich zunächst einmal bei meinen Mitarbeitern bedanken. Meine Damen und Herren! Das ist ein Gesetz, das viele Rechtsvorschriften hat. Deshalb bedanke ich mich ganz herzlich bei Herrn Karnop, der alle Mitarbeiter vertritt.

Des Weiteren darf ich mich bei den Fraktionen bedanken, die gemeinsam mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst dieses Gesetzes so auf den Tisch gelegt haben, wie wir es heute verabschieden können. Einen herzlichen Dank Ihnen allen. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Als erster Debattenredner spricht Herr Henke für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach 20 Jahren gelingt es der Landesregierung noch immer nicht, einen von rechtsförmlichen und redaktionellen Beanstandungen freien Gesetzentwurf vorzulegen. Während der Ausschussberatungen zeigte sich die Unersetzbarkeit unseres Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes.

Das Problem wurde heute schon mehrfach angesprochen, sodass sich die Frage nach der Vorsätzlichkeit dieser vermeintlichen fachlichen Unzulänglichkeiten von Gesetzentwürfen der Landesregierung aufdrängt. Am fehlenden Wissen der Ministerialbeamten kann es nicht liegen.

Soll so möglicherweise eine inhaltlich tiefer gehende Erörterung in den Fachausschüssen gefördert werden, wenn - wie in diesem Fall - für die Beratungen im Innenausschuss die unvermeidbare 28-seitige Synopse des GBD nebst Vorblättern und Anlagen den Abgeordneten erst am Vorabend zugeht und so keine ausreichende Zeit zur Vorbereitung zur Verfügung steht

(Unruhe bei der CDU)

oder wenn bei der abschließenden Beratung am 1. Dezember 2010 im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr zu Beginn der Diskussion ein fünfseitiger detailreicher Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen als Tischvorlage ausgegeben wird?

Wir als Oppositionsfraktionen hatten uns bei der abschließenden Ausschussberatung diesem Verfahren nicht verweigert, ohne dabei unsere grundlegenden Einwände entkräftet zu sehen.