Ich habe zunächst die Freude, Seniorinnen und Senioren der Arbeiterwohlfahrt aus Kemberg auf der Tribüne begrüßen zu können.
Jetzt stimmen wir ab über die Beschlussempfehlung in Drs. 5/2975. Danach nimmt der Landtag den Bericht des Ausschusses zur Kenntnis und erklärt die Tätigkeit des Ausschusses für beendet. Wer stimmt dem zu? - Die Koalitionsfraktionen und die FDP. - Wer stimmt dagegen? - Einmal jemand aus der Fraktion DIE LINKE. - Wer hält sich der Stimme?
- Dann das Ganze noch einmal: Wer stimmt dafür? - Die Koalitionsfraktionen, die FDP und Frau von Angern. - Wer stimmt dagegen? - Niemand. - Wer enthält sich der Stimme? - Einige Stimmenthaltungen bei der Fraktion DIE LINKE. Damit ist das so beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 25 ist erledigt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich lege Ihnen heute den Entwurf der Landesregierung für ein Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag zwischen den Ländern Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg über die Übertragung der gerichtlichen Zuständigkeit in Staatsschutzstrafsachen vor.
Hintergrund sind mögliche Strafverfahren gegen Terroristen, die es zum Glück bisher in Sachsen-Anhalt nicht gegeben hat. Aber die aktuelle Gefährdungslage zeigt, dass es auch in Zukunft nicht ausgeschlossen ist, dass - was wir alle nicht wollen - auch in Sachsen-Anhalt derartige Straftaten begangen werden. Deshalb müssen wir für diesen Fall Vorsorge treffen.
Der Staatsvertrag bezieht sich auf Staatsschutzverfahren, die nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes als erste gerichtliche Instanz fallen. Nur diese Fälle sollen konzentriert werden. Für diese Verfahren begründet er nunmehr eine zentrale Zuständigkeit des Kammergerichtes in Berlin. Neben Terrorismus kommen hier auch Verfahren von Hoch- und Landesverrat in Betracht.
Nach der allgemeinen gesetzlichen Vorgabe ist für diese Verfahren in jedem Bundesland ein Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat. In Sachsen-Anhalt ist das das Oberlandesgericht in Naumburg.
Das GVG eröffnet aber ausdrücklich die Möglichkeit, durch Vereinbarung in einem Staatsvertrag die Zuständigkeit auch über Ländergrenzen hinweg zu bündeln. Davon haben bisher Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie Hamburg und Bremen Gebrauch gemacht, die ebenfalls solche gemeinsamen Staatsschutzsenate gebildet haben. Mit dem Ihnen vorliegenden Staatsvertrag kommen jetzt Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt hinzu.
In Sachsen-Anhalt hat es in den letzten fünf Jahren kein derartiges Staatsschutzverfahren gegeben. Die Justiz hat allerdings keinen Einfluss darauf, wie sich das in Zukunft entwickeln wird. Wir müssen feststellen, dass es sich hierbei um eine sehr schwierige Rechtsmaterie handelt, vor allen Dingen aber um Verfahren, die mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen sind. Das heißt, hier muss präventiv durch Investitionen Vorsorge getroffen werden, damit die räumlichen Bedingungen so gestaltet sind, dass sie diesen erhöhten Sicherheitsanforderungen entsprechen.
Da am Oberlandesgericht Naumburg diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, haben wir relativ frühzeitig den Kontakt zu anderen Ländern gesucht, die über diese Voraussetzungen verfügen. Wir haben in Berlin ein Partnerland gefunden, das genau diese Bedingungen erfüllt. Dies spricht dafür, dass wir eine solche Konzentration vornehmen. Beim Kammergericht in Berlin gibt es die erforderliche Sicherheitsinfrastruktur, ohne dass Investitionen vorgenommen werden müssen.
Das Land Berlin ist uns auch insoweit entgegengekommen, als wir eine sehr kostengünstige Vereinbarung getroffen haben. Als Gegenleistung für diesen gemeinsamen Staatsschutzsenat verpflichtet sich Sachsen-Anhalt in diesem Staatsvertrag, nur in den anfallenden Verfahren die Kosten für das Justizpersonal zu übernehmen. Also nur dann, wenn tatsächlich ein Verfahren durchgeführt wird, entstehen Kosten. Wir haben keinerlei Verpflichtung, uns beispielsweise bei der Unterhaltung der Sicherheitseinrichtungen zu beteiligen.
Ich denke, wir haben damit einen sehr guten Weg beschritten, um auf der einen Seite Vorsorge zu treffen, falls tatsächlich ein solches Verfahren in Sachsen-Anhalt durchgeführt werden müsste, und durch die Konzentration in Berlin die Bedingungen zu haben, die wir brauchen, um die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen.
Es ist nicht selbstverständlich, dass Länder auf hoheitliche Aufgaben verzichten. Aber in diesem Fall kann ich Ihnen wirklich bestätigen, dass in allen beteiligten Ländern, das heißt sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen-Anhalt, alle Kolleginnen und Kollegen, insbesondere auch die Präsidenten der Oberlandesgerichte, von Anfang an diese Lösung befürwortet haben, sodass es keinerlei Streitigkeiten im Hinblick auf die Verlagerung von Zuständigkeiten gab.
Deshalb bitte ich Sie um Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Recht und Verfassung und um eine zügige Behandlung, damit wir nach Möglichkeit noch in dieser Legislaturperiode dieses Zustimmungsgesetz verabschieden können. Damit schaffen wir die Grundlage dafür, dass der Vertrag ratifiziert und diese praktische Verfahrensweise umgesetzt werden kann. - Herzlichen Dank.
Danke sehr, Frau Ministerin, für die Einbringung. - Es ist dazu keine Debatte vereinbart worden. Wünscht dennoch jemand das Wort? - Das sehe ich nicht.
Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf in den Ausschuss für Recht und Verfassung überwiesen werden soll. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfes in Drs. 5/2981 in den Ausschuss für Recht und Verfassung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Gesetzentwurf in den Ausschuss überwiesen worden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland hat in der Nachkriegsgeschichte, was die wirtschaftliche Entwicklung, den Wohlstand und den
sozialen Frieden anbetrifft, eine Entwicklung genommen, die für viele Länder der Erde zum Vorbild geworden ist. Sie hat Erstaunen ausgelöst und sie hat natürlich Ursachen gehabt.
Für die Ursachen der Wohlstandsmehrung und den sozialen Frieden sind viele verantwortlich. Eine wesentliche Säule ist die Tarifautonomie gewesen. Es war eine Lehre aus der Weimarer Republik und aus der Nazidiktatur, dass man nach dem Ende des furchtbaren Krieges nicht die Politik in die Lohnfindung eingreifen lassen wollte. Man wollte die Tarifparteien stärken, damit diese autonom - Arbeitgeber und Arbeitnehmer -, eigenverantwortlich, ohne dass es Politik verhindern, falsch entwickeln oder beeinflussen könnte, die Bedingungen für Arbeit fixieren.
Dieses Modell der Tarifautonomie - grundgesetzlich geschützt - schützt die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und schützt eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung in der Republik. Die Tarifautonomie ist deshalb eines der wichtigsten Fundamente und Schlusssteine unserer sozialen Marktwirtschaft, bei der Markt und soziale Verantwortung unter einem Dach vereint werden.
Sie ist kein Teufelszeug, sondern sie ist der Garant für den sozialen Frieden und für die angemessene Teilhabe an dem, was viele Menschen zusammen erwirtschaften. Diese grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie darf nicht ausgehöhlt werden,
weder durch Rechtsprechung noch durch Missbrauch noch durch andere Dinge. Sie bedingt allerdings auch Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Tarifautonomie funktionieren kann.
Nun leben wir in einer extrem veränderten Arbeitswelt. In den letzten 20 Jahren haben sich weltweit nicht nur der Arbeitsmarkt und die Arbeitsbedingungen, sondern auch die Gesellschaft gewandelt. Eine Individualisierung hat dazu geführt, dass immer weniger Menschen bereit sind, sich langfristig zu binden: Weniger Menschen gehen in Parteien, weniger Menschen gehen in Gewerkschaften, weniger Menschen gehen in andere Organisationen.
Andererseits versuchen auch Arbeitgeber aus Not, aus Vorteilsnahme, aus den unterschiedlichsten Gründen - auch aus nachvollziehbaren Gründen -, sich immer weniger Organisationen anzuschließen, bei denen man sich, wenn man Mitglied wird, den Bedingungen dieses Verbandes unterwirft.
Das ist oftmals mit der Hoffnung verbunden, dass man, wenn man nicht Mitglied einer Organisation ist, die einen an bestimmte Verhaltensweisen bindet, vielleicht einen Vorteil hat, dass man flexibler sein kann oder am Markt vorteilhafter seine Dienstleistungen anbieten kann. Dass dies aber in vielen Fällen nachgewiesenermaßen ein Trugschluss ist, konnten wir auch feststellen. Eine Atomisierung der Arbeitgeberverbände ist genauso schlimm wie eine Schwächung der Gewerkschaften durch unterschiedlichste Dinge, die zu beobachten waren.
Die Koalitionsfraktionen der CDU und der SPD haben mit diesem Antrag hier vor allem das Ziel, ein Signal zu setzen. Alle hier im Haus wissen, dass es da durchaus Unterschiede gibt. Und wen würde es verwundern; immerhin ist die deutsche Sozialdemokratie mit knapp 150 Jahren eigener Geschichte aus einer Tradition der Gewerkschaften entstanden. Dass die SPD die eine oder andere Formulierung noch pointierter haben wollte, ist nicht verwunderlich.
Das Entscheidende ist aber, dass über die großen Grenzen hinweg eine Einigkeit gefunden werden kann, dass Tarifparteien wichtig, Tarifautonomie existenziell wichtig ist und dass die Tarifparteien gestärkt werden sollen, auch wenn es über Maßnahmen unterschiedliche Auffassungen geben kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind sehr froh, dass das Land Sachsen-Anhalt und Wirtschaftsminister Dr. Haseloff es hinbekommen haben, mit Tarifpartnern hier in Sachsen-Anhalt, mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ein Bündnis zu schmieden, um die Tarifparteien im Land zu stärken.