Protokoll der Sitzung vom 10.12.2010

Die Verbände haben insoweit signalisiert, dass sie den Bundesverband auch noch mal aktivieren und dass wir uns dieses Vorhaben quasi von verschiedenen Seiten als Zukunftsvorhaben vornehmen und uns dafür stark machen, dass jedenfalls in Zukunft eine solche starke Richtervertretung möglich ist.

(Herr Wolpert, FDP: Eine ganz starke!)

Ich denke, wir haben mit den grundlegenden Änderungen im Bereich der Teilzeitbeschäftigung, aber auch damit, dass es uns gelungen ist, eine vollständige Regelung des Nebentätigkeitsrechtes und auch eine vollständige Regelung insbesondere zu den verfahrensrechtlichen Regelungen, Dienstunfähigkeit festzustellen, zu schaffen, schon viel erreicht.

Wir haben Anpassungen an die Regelungen der Personalvertretungsorgane insbesondere im Hinblick auf die Justizzentren vorgenommen, weil festgestellt worden ist, dass da besondere Voraussetzungen gelten, die eben auch im Hinblick auf die Personalvertretungsorgane geregelt werden müssen.

(Herr Tullner, CDU: Ja!)

Des Weiteren haben wir eine Veränderung im Hinblick auf die Anbindung der Richterdienstgerichte, die bei den Verwaltungsgerichten angesiedelt sind.

Uns ist es gelungen, schon im Kabinettsverfahren Änderungsanträge aufzugreifen. Wir haben also die Stellungnahmen, die im Rahmen der Kabinettsanhörung eingegangen sind, angeschaut, haben schon damals Veränderungen vorgenommen. Das war wirklich eine sehr vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit.

Es ist uns dann auch im parlamentarischen Verfahren gelungen, die Dinge, die in der Anhörung von den Verbänden vorgetragen worden sind, aufzugreifen. Insbesondere im Bereich des Nebentätigkeitsrechtes, aber auch bei den von mir schon erwähnten Mitbestimmungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten ist es uns gelungen, auf die Stellungnahmen einzugehen und den Wünschen jedenfalls teilweise zu entsprechen.

Auf den Dualismus bin ich schon eingegangen. Hierzu begrüße ich ausdrücklich den Entschließungsantrag, der

aus meiner Sicht sehr deutlich den Willen dieses Hohen Hauses zum Ausdruck bringt, hierbei für die Zukunft bundesweit eine Veränderung zu erreichen. Dafür mache ich mich gerne auch im nächsten Jahr stark. Deshalb bitte ich Sie, dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung, dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen und dem Entschließungsantrag zuzustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Jetzt hören wir die Redebeiträge der Fraktionen. Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Wolpert das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich möchte mit Ihrer Erlaubnis die Rede mit einem Zitat beginnen. Der Vertreter des Verbandes der Verwaltungsrichter und -richterinnen sagte in der Anhörung wörtlich - ich zitiere -:

„Die Legislaturperiode nähert sich dem Ende zu. Der Verband meint, es wäre eine gute Idee, wenn Sie die weiteren Beratungen über den Gesetzentwurf, der nach unserer Auffassung als Beratungsgrundlage schlecht und untauglich ist, einstellen.

Es gibt für den Landtag … keinen Grund, über jedes Stöckchen zu springen, das ihm hingehalten wird. Das entspricht weder der Würde dieses Hauses noch der Bedeutung des Gegenstandes, über den Sie beraten.

Gerade einmal ein gutes halbes Jahr vor dem Ende der Legislaturperiode wird Ihnen ein Entwurf vorgesetzt, der insbesondere im Bereich der richterlichen Mitbestimmung von keinerlei Gestaltungswillen getragen ist als der feststehenden Absicht, das, was bisher galt, unverändert fortzuschreiben und auf die Dauer zu zementieren.“

Meine Damen und Herren, Recht hat er.

(Zustimmung bei der FDP)

Das Schlimme ist: Das war die Anhörung zu dem Entwurf. Schlimm ist, dass er immer noch Recht hat. Denn das, was jetzt bei der Beratung herausgekommen ist, entspricht immer noch dem, was er als kritikwürdig bezeichnet.

(Zustimmung bei der FDP)

Ja, Frau Ministerin, wir haben einiges verändert. Wir haben voraussetzungslose Teilzeitarbeitsmöglichkeiten geschaffen. Das gibt mehr Flexibilität für die Familie.

Wir haben sogar das Nebentätigkeitsrecht angefasst. Aber warum haben wir das bei den Richtern stringenter eingeschränkt als bei den anderen Beamten? Warum? - Weil wir ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Richtern haben, dass sie das Nebentätigkeitsrecht missbrauchen? - Nein, Sie haben gesagt, es ist ein so hohes Amt, das die Richter innehaben, dass man sie davor schützen muss. Ich halte diese Argumentation für schlichtweg blödsinnig.

Wenn so ein Richter die richterliche Unabhängigkeit hat, weil er ein so besonderes Amt hat, dann hat er auch ge

lernt, mit dem Amt umzugehen, und kann deswegen auch eine Nebentätigkeit genauso gut verantwortungsvoll ausüben wie jeder andere Beamte in diesem Land. Insoweit ist diese Einschränkung völliger Schwachsinn. Es ist auch ärgerlich.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir haben einen umfassenden Änderungsantrag zum Mitbestimmungsrecht der Richter eingebracht.

(Herr Stahlknecht, CDU: Von den Niedersachsen abgeschrieben!)

- Den haben wir teilweise nicht aus Niedersachsen abgeschrieben, aber an die dortige Regelung angelehnt. Den haben Sie mit der Begründung abgelehnt, er würde sich auf das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz beziehen, das anders gestaltet sei als das sachsen-anhaltische.

Das ist der Grund, warum Sie die Richter nicht mit einem anderen Mitbestimmungsrecht ausstatten wollen? Weil es in Niedersachsen ein Personalvertretungsrecht gibt, das bei uns nicht passt? Das ist die Begründung dafür, dass Richter anders vertreten werden sollen, als sie es wollen?

(Herr Kley, FDP: Das ist unvertretbar!)

- „Das ist unvertretbar“ ist ein schönes Bonmot. - Nein, auch das ist ein Scheinargument. Sie haben es nicht gewollt. Sie haben kein fortschrittliches Gesetz gemacht. Das, was Sie jetzt gemacht haben, ist Folgendes. Sie sagen: Wir haben kein fortschrittliches Gesetz gemacht; aber wir schauen einmal, wie es demnächst ausschaut und wie andere es machen.

Hallo? Sind wir hier im Landtag? Sind wir hier diejenigen, die unsere Gesetze beschließen? Oder warten wir immer, dass die Landesregierung irgendwo hingeht und guckt, wie es die anderen gemacht haben, und dann machen wir es auch?

Was ist das für ein Selbstverständnis, das Sie hier tragen, und das kurz vor dem Ende der Legislaturperiode? Sie wollen den Menschen draußen erzählen, dass Sie wiedergewählt werden wollen? So nicht, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Nunmehr erteile ich Herrn Stahlknecht das Wort für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es ist gelungen, ein ausgewogenes Richterneuregelungsgesetz auf den Weg zu bringen. Es sind Dinge, die für den eigentlichen Betrieb wichtig sind, gut und neu geregelt worden - angesprochen von der Ministerin, aber auch von Ihnen, Herr Wolpert, goutiert -: die Teilzeitbeschäftigung eben auch aus anderen als aus familiären Gründen, was eine höhere Flexibilität zulässt und auch die Möglichkeit gibt, sich als Richter in anderen Bereichen auszuprobieren, um diese Erfahrungen später in den eigentlichen Beruf einzubringen.

Wir haben eine vollständige Regelung zum Nebentätigkeitsrecht. Wir sind schon der Auffassung - das hat

nichts mit Misstrauen zu tun -, dass die richterliche Unabhängigkeit, die grundgesetzlich garantiert ist, eine hohe Sensibilität voraussetzt. Diese Sensibilität setzt eben auch voraus, eine andere Nebentätigkeitsregelung als im Beamtenbereich zu schaffen, in dem es keine Unabhängigkeit gibt.

Wir haben Regelungen für die Personalvertretungsorgane gefunden und wir haben auch eine organisatorische Anbindung der Richterdienstgerichte bei den Verwaltungsgerichten geschaffen.

Zutreffend ist, dass wir nicht den Ausführungen der Verbände gefolgt sind, den Dualismus von Präsidialräten und Richterräten abzuschaffen. Das hatte einerseits rechtliche Gründe, die genannt worden sind. Andererseits erschließt sich - insofern haben Sie Recht, dass wir das vielleicht auch nicht gewollt haben; ich rede jetzt für meine Fraktion - die Argumentation nicht.

Die Erfahrung zeigt, dass in den 15 oder 20 Jahren, in denen die Justiz in Sachsen-Anhalt existiert, mit Präsidialräten und Richterräten gut zusammengearbeitet worden ist, dass wir eine gute, funktionsfähige Justiz haben. Das zeigt ja, dass die vorhandenen Dinge gut funktionieren.

Ein Fortschritt ist aus unserer Sicht immer nur dann erforderlich, wenn es Dinge zu optimieren oder zu verbessern gilt. Wenn das nicht vorhanden ist, dann hilft es gelegentlich auch einmal, das zu bewahren, was wirklich gut ist - im positiven Sinne von konservativ zu sein.

(Herr Wolpert, FDP: Den Grundsatz hätten Sie auch bei der Gemeindegebietsreform anwenden sollen!)

- Das ist jetzt nicht das Thema.

(Heiterkeit bei der CDU - Frau Dr. Hüskens, FDP: Schade!)

Sie haben jetzt das Thema verfehlt. - Aber wir haben in dem Entschließungsantrag, dem ich bitte zuzustimmen, ein Stück weit schon geregelt, dass ein konstruktiver Dialog zwischen dem Ministerium auf der einen Seite und der Personalvertretung auf der anderen Seite erfolgt, sodass die von den Personalvertretungen einzubringenden Anregungen auch bei künftigen Entscheidungen mit umgesetzt werden können.

Der Änderungsantrag, den wir Ihnen vorgelegt haben, ist ein rein technischer, sodass es schade um die Zeit wäre, ihn hier ausführlich zu begründen. Ich denke, dass inhaltlich Wesentliche ist von Ihnen bei der Einbringung oder bei der Berichterstattung gesagt worden. Dass wir bei zwei Punkten unterschiedliche Auffassungen haben, haben wir im Ausschuss ausführlich erörtert. Insofern will ich meine Redezeit nicht voll umfänglich ausschöpfen.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf, dem vorliegenden Änderungsantrag und auch zu dem Entschließungsantrag. - Herr Präsident, herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Stahlknecht. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Tiedge. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon häufig feststellen müssen, dass die Föderalismusreform, die als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet ist, nicht viel an Kompetenzzuwachs für die einzelnen Bundesländer sowie an Verbesserungen für deren Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit gebracht hat.