Protokoll der Sitzung vom 06.10.2011

Wegen der durch Stark II eingeschränkten Möglichkeit der Kreditaufnahme hatte der Kreistag entschieden, den Überschuss zur Schuldensenkung zu verwenden und damit auch den Aufwand für den Schuldendienst zu senken.

Das Landesverwaltungsamt hat dies nicht genehmigt und den Kreis beauflagt, einen Nachtragshaushalt aufzustellen und die Kreisumlage in Höhe des Überschusses zu senken, da ein Überschuss im Erfolgsplan unzulässig sei und somit eine zu hohe Kreisumlage erhoben worden sei.

Ich frage die Landesregierung:

1. Alle Landkreise erheben zur Finanzierung ihrer Aufgaben eine Kreisumlage. Wie sollen die Landkreise die in der Gemeindeordnung verankerte Pflicht zur Rücklagenbildung erfüllen, wenn nach Auffassung des Landesverwaltungsamtes dazu nicht auch Mittel aus der Umlage eingesetzt werden dürfen? Besteht eine Regelungslücke für doppisch buchende Kreise, die Überschüsse aus dem Verwaltungshaushalt nicht dem Vermögenshaushalt zuführen dürfen?

2. Das Landesverwaltungsamt hat zugelassen, dass der Überschuss im Nachtragshaushalt auch anderweitig aufgezehrt werden kann. Wie ist eine solche Empfehlung einer Aufsichtsbehörde, die zu ungeplantem Mehraufwand und einer Schuldenausweitung führt, mit einer wirtschaftlich orientierten Ausgabeplanung eines Landkreises vereinbar?

Vielen Dank, Frau Hunger. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Stahlknecht.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Hunger, ich beantworte Ihre Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zunächst ist anzumerken, dass die Kreisumlage darauf ausgerichtet ist, Bedarfe des Kreises durch eine solidarische Umlage der kreisangehörigen Gemeinden zu finanzieren, für die der Kreis keine eigenen Mittel hat. In § 67 Absatz 2 der Landkreisordnung heißt es dazu:

„Soweit der Haushalt des Landkreises nach dem System der doppelten Buchführung geführt wird, kann der Landkreis, soweit seine sonstigen Erträge nicht ausreichen, um seine Aufwendungen zu decken, von den kreisangehörigen Gemeinden … eine Umlage erheben.“

Diesem Ansatz steht die Erhebung einer Umlage zur Ansammlung einer Rücklage systematisch entgegen; denn Rücklagen sind keine Aufwendungen. Insoweit ist die Argumentation des Landesverwaltungsamts zutreffend. Gleichwohl prüfen wir im Ministerium für Inneres und Sport unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände derzeit, inwieweit eine Modifizierung sinnvoll erscheinen könnte.

Es ergibt sich die Frage, inwieweit Fehlbeträge aus anderen Abrechnungszeiträumen in die Erhebung einer Umlage einbezogen werden können und inwieweit sozusagen im Umkehrschluss durch die Bildung von Rücklagen Fehlbeträge vermieden werden können sollen. Darüber wollen wir diskutieren.

Ich habe neulich gesagt, dass wir eine neue Kommunalverfassung erarbeiten wollen. Dann werden wir eine eindeutige Antwort darauf geben, wie wir mit dieser von uns selbst aufgeworfenen Frage umgehen wollen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. - Damit ist die Fragestunde abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen, SachsenAnhalt und Mecklenburg-Vorpommern zur Änderung des Staatsvertrages über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/304

Beschlussempfehlung Ausschuss für Finanzen - Drs. 6/434

Die erste Beratung fand in der 8. Sitzung des Landtages am 8. September 2011 statt. Der Berichterstatter des Ausschusses ist Herr Henke. Bitte, Herr Henke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zur Änderung des Staatsvertrages über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale - in der Drs. 6/304 wurde in der 8. Sitzung des Landtags am 8. September 2011 in erster Lesung behandelt.

Er beinhaltete die Zustimmung zu dem am 12. Juli 2011 unterzeichneten Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zur Änderung des Staatsvertrages über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale -, in dem die genannten Länder übereingekommen sind, die Kapitalausstattung dieser Bank neu zu ordnen.

Zur Erfüllung der künftigen Anforderungen gemäß Basel III und zur Durchführung des von der European Banking Authority (EBA) durchgeführten EUweiten Stresstests haben sich die Träger darauf verständigt, die in der NordLB vorhandenen stillen Einlagen und sonstigen Eigenkapitalelemente in Kernkapital umzuwandeln.

Hierzu war es erforderlich § 15 Absatz 1 und 2 des Staatsvertrages aufzuheben. Da somit auch die Regelung des § 15 Absatz 3 des Staatsvertrages, der die Höhe der Verzinsung der besonderen Kapitaleinlage regelt, entbehrlich wurde, konnte § 15 vollständig entfallen.

Hierfür war das Zustimmungsgesetz erforderlich, das nach der Einbringung durch den Finanzminister, der im Moment leider nicht im Raum ist, am 8. September 2011 ohne Debatte mit den Stimmen aller Fraktionen an den Ausschuss für Finanzen überweisen wurde.

Die Beratung im Ausschuss für Finanzen erfolgte in der 5. Sitzung am 21. September 2011 ebenfalls ohne Debatte und endete mit der einstimmigen Empfehlung an das Hohe Haus, dem Gesetzentwurf in unveränderter Fassung zuzustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Henke. - Es wurde vereinbart, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen. Damit können wir in das Abstimmungsverfahren eintreten. In Anwendung des § 32 Absatz 2 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen

vor, über die vorliegende Beschlussempfehlung in ihrer Gesamtheit abzustimmen; es sei denn, dass ein anwesendes Mitglied des Landtags eine getrennte Abstimmung verlangt. - Das ist nicht der Fall.

Wir stimmen über die selbständigen Bestimmungen, über die Gesetzesüberschrift - sie lautet: Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zur Änderung des Staatsvertrages über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale - und das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit sind die selbständigen Bestimmung und die Überschrift einstimmig angenommen worden. Das Gesetz ist einstimmig so beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 4 ist erledigt.

Wir unterbrechen die Sitzung für 60 Minuten und treffen uns um 14 Uhr an dieser Stelle wieder.

Unterbrechung: 12.57 Uhr.

Wiederbeginn: 14 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns fortfahren mit dem Tagesordnungspunkt 5:

Erste Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und des Gesetzes über die Verbandsgemeinde in SachsenAnhalt

Gesetzentwurf Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/441

b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und des Verbandsgemeindegesetzes

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/448

Einbringer zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ist Herr Grünert und zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung Herr Minister Bullerjahn. Bitte, Herr Grünert, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn die Reihen noch ziemlich karg besetzt sind, will ich dennoch den Versuch unternehmen, die Zukunftsfähigkeit des Landes Sachsen-Anhalt auch an der Neugestaltung des kommunalen Finanzausgleichs festzumachen, welcher nach unserer Auffassung grundhaft neu strukturiert werden muss.

Die bisherigen Debatten um den kommunalen Finanzausgleich verdeutlichen, dass die Landesregierung die Zuweisungen über das Finanzausgleichsgesetz weiter kürzen will. Dass damit die Erfüllung der kommunalen Aufgaben sowohl im übertragenen als auch im freiwilligen Bereich infrage gestellt wird, scheint weder den Finanzminister noch die Landesregierung wirklich ernsthaft zu interessieren.

Wie ernst die Lage der Kommunen tatsächlich ist, wurde auf den „Kommunalpolitischen Dialogen“ am 15. und 16. August 2011 sehr eindrucksvoll dargestellt. Wer sich ernsthaft mit den Argumenten auseinandersetzt, kann erkennen, dass das Maß zur Umsetzung des Artikels 87 und insbesondere des Artikels 88 Absatz 1 der Landesverfassung erheblich unterschritten wird.

Dass die kommunale Finanzausstattung in der Vergangenheit ungenügend war, belegt unter anderem die Höhe der kommunalen Schulden, die sich zum 31. Dezember 2010 auf mehr als 3,6 Milliarden € beliefen. Den anwesenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern Populismus zu unterstellen, zeugt aus unserer Sicht von Arroganz und Unfähigkeit der Reflexion der objektiven Lage.

Nicht zuletzt die öffentlichen Resolutionen von Stadträten und Kreistagen, welche in den nächsten Tagen an alle Fraktionen des Landtages gerichtet werden, machen deutlich, dass über den Regierungsweg die kommunale Selbstverwaltung finanziell und rechtlich ausgehöhlt wird.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn es denn stimmt, dass die Landesregierung dem Finanzausgleichsgesetz tatsächlich eine aufgabenbezogene Finanzierung unterstellt, dann ist der permanente Versuch der Kürzung der Finanzausgleichsmasse - nunmehr auf rund 1,5 Milliarden € - politisch und fachlich vollkommen unbegründet. Wenn dann noch der Finanzminister erklärt - ich zitiere die „Volksstimme“ vom 28. September 2011 -:

„Komischerweise haben sich alle für arm erklärt, selbst Kommunen mit hohen Steuereinnahmen. Da müssen wir gegenhalten.“

- das sind nicht unsere Gegner, das sind unsere Mitgestalter -,

„Wenn einer mehr haben will, muss der andere weniger kriegen. Es geht ums Solidarprinzip, das keiner überdehnen darf - niemand.“

dann wird deutlich, dass Sie den Anspruch des Artikels 88 Absatz 1 der Landesverfassung offensichtlich nicht begriffen haben, nach dem das Land eine den Aufgaben angemessene Finanzierung sicherzustellen hat, unabhängig davon, ob das Land das leisten kann oder nicht. Dieser Grundsatz steht nun einmal in unserer Landesverfassung.

Das sichert auch die Allzuständigkeit der Kommunen.